Oberverwaltungsgericht des Saarlandes 2 B 179/21

September 2, 2021

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes 2 B 179/21

Die Zulässigkeit eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 47 Abs. 6 VwGO erfordert, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse besteht. Es fehlt, wenn der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos erscheint.

Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 15.000,- € festgesetzt.

Gründe
I.

Randnummer1
Die Antragstellerin betreibt in A-Stadt einen Gastronomiebetrieb, der die Geschäftsbereiche Bar, Shisha-Bar, Club und Nachtclub führt. Zum Geschäftskonzept gehört die Abgabe bzw. der Verkauf alkoholischer Getränke spätabends und nachts. Mit ihrem am 30.6.2021 beim Verwaltungsgericht des Saarlandes eingereichten, an das Oberverwaltungsgericht verwiesenen1 Eilantrag hat die Antragstellerin begehrt, § 7 Abs. 4 der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 24.6.2021 (VO-CP) und § 51 Abs. 1 der Verordnung zu Hygienerahmenkonzepten auf der Grundlage der VO-CP in der Fassung vom 24.6.2021 vorläufig außer Vollzug zu setzen.

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Die beanstandeten Vorschriften lauteten in der hier maßgeblichen Fassung vom 24.6.2021 im Wortlaut:

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§ 7 Abs. 4 VO-CP:

Randnummer4
„Den Betreibern von Verkaufsstellen im Sinne des saarländischen Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz-LÖG Saarland) vom 15.11.2006 (Amtsbl. S. 1974), zuletzt geändert durch Art. 6 Nr. 2 des Gesetzes vom 11.11.2020 (Amtsbl. I S. 1162), sowie dem Gaststättengewerbe nach dem saarländischen Gaststättengesetz vom 13.4.2011 (Amtsbl. I S. 206), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 12.6.2012 (Amtsbl. I S. 156), und sonstigen Gastronomiebetrieben jeder Art sind der Verkauf, die Lieferung und Abgabe von alkoholhaltigen Getränken in der Zeit von 1.00 bis 6.00 Uhr untersagt“.

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§ 51 Abs. 1 der Verordnung zu Hygienerahmenkonzepten auf der Grundlage der VO-CP in der Fassung vom 24.6.2021:

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„Gastronomische Betriebe im Saarland dürfen unter Beachtung folgender Maßnahmen öffnen:

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(1) Die Öffnungszeiten sind von 6.00 bis 1.00 Uhr beschränkt.“

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Die von der Antragstellerin in § 7 Abs. 4 VO-CP und § 51 Abs. 1 der Verordnung zu Hygienerahmenkonzepten beanstandeten Beschränkungen sind am 9.7.2021 aufgrund der Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 7.7.20212 außer Kraft getreten.

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Die Antragstellerin macht zur Begründung ihres Antrags im Wesentlichen geltend, die Voraussetzungen, die das Infektionsschutzgesetz vorsehe, um die Landegesetzgeber zum Erlass von Verordnungen zu ermächtigen, lägen nicht vor. Durch das Ausschankverbot und die Sperrstundenregelung werde ein wesentliches Element ihres Betriebes untersagt. Die Situation verschärfe sich dadurch, dass in den angrenzenden französischen Regionen entsprechende Verbote nicht gelten würden und daher Kundschaft vermehrt an vergleichbare Gastronomiebetriebe im französischen Grenzland verloren gehe. Alle vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen seien ihrerseits umgesetzt worden. In ihren Betriebsräumen sei eine äußerst leistungsstarke Entlüftung eingebaut worden. Es sei zu berücksichtigen, dass zurzeit jedenfalls kein relevantes Infektionsgeschehen stattfinde. Eine Sperrstunde könne im Übrigen kontraproduktive Effekte wie die Förderung privater Feiern haben. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Gastronomie einen relevanten Effekt auf das Infektionsgeschehen habe. Es liege daher ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufs- und die Gewerbefreiheit vor.

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Der Antragsgegner ist dem Antrag mit der Begründung entgegengetreten, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da sich der Antrag auf Regelungen beziehe, die mittlerweile außer Kraft getreten seien.

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Auf die Änderung der prozessualen Situation hat die Antragstellerin nicht reagiert. Sie hat trotz wiederholter Aufforderung des Senats weder zur Antragserwiderung noch zu der Frage nach Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung Stellung genommen.

II.

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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist bereits unzulässig und daher zurückzuweisen, da ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin nicht (mehr) besteht.

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Wie jedes verwaltungsgerichtliche Rechtsschutzbegehren erfordert auch die Zulässigkeit eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 47 Abs. 6 VwGO, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse besteht.3 Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis von Anträgen nach § 47 Abs. 6 VwGO ist dann gegeben, wenn die vorläufige Außervollzugsetzung eine Rechtsverletzung des Antragstellers (noch) beseitigen oder die zu erwartende Rechtsverletzung noch verhindern kann. Es fehlt, wenn der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos erscheint.4 In Anwendung dieses Maßstabs ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin entfallen, da die von ihr beanstandeten Beschränkungen in § 7 Abs. 4 VO-CP (Ausschankverbot) und § 51 Abs. 1 der Verordnung zu Hygienerahmenkonzepten auf der Grundlage der VO-CP in der Fassung vom 24.6.2021 (Sperrstundenregelung) gemäß der Neufassung dieser Verordnungen vom 7.7.20215 am 9.7.2021 außer Kraft getreten und auch in den nachfolgenden „Corona-Verordnungen“6 nicht mehr vorgesehen sind. Die von der Antragstellerin begehrte Außervollzugsetzung der Regelungen könnte ihr daher nach aktuell geltender Rechtslage keinen Vorteil mehr vermitteln. Sollte der Antragsgegner künftig gleichlautende Betriebsbeschränkungen verordnen, wäre die Antragstellerin gehalten, ggfs. erneut um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen.

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Der Antrag ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus dem § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Festsetzung orientiert sich an der Praxis des Senats für Gastronomiebetriebe. Da der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt, ist die Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht veranlasst.

Randnummer17
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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