OLG Koblenz, Beschluss vom 24.09.2020 – 6 W 271/20

Oktober 2, 2021

OLG Koblenz, Beschluss vom 24.09.2020 – 6 W 271/20

Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 8. Juli 2020 (dort unter Ziffer II.) wird zurückgewiesen.

Gründe
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der sie die Erhöhung der Wertfestsetzung für den am 8. Juli 2020 durch Beschluss festgestellten Vergleich um 19.499 € begehren, ist nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 68 Abs. 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Sie ist deshalb zurückzuweisen.

1. Zu Recht hat das Landgericht für den Vergleich keinen höheren Wert festgesetzt. Der Wert des Vergleichs entspricht dem Wert des erstinstanzlichen Verfahrens. Diesen hat das Landgericht in Höhe des Kaufpreises des Fahrzeugs von 19.499 € festgesetzt.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist der Wert für den Vergleich nicht nochmals um den Wert des Kaufpreises von 19.499 € zu erhöhen.

a) Nach Nr. 1900 des Kostenverzeichnisses in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG entsteht eine Gebühr von 0,25, soweit ein gerichtlicher Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird. Die Gebühr fällt an, soweit der Vergleich der Parteien über die verfahrensgegenständlichen Ansprüche hinausgeht und weitere, nicht anhängige Ansprüche regelt und damit der Wert des Vergleichsgegenstandes den Wert des Verfahrensgegenstandes übersteigt (Stix in BeckOK Kostenrecht, GKG KV 1900 Rdnr. 3 und 40/41).

b) Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

aa) Zwar enthält der Vergleich unter I. Ziffer 2.2 eine Abgeltungsklausel, wonach die Abgeltungsregelungen unter Ziffer 2.1 – sofern durch diese nicht bereits erfasst – im Wege eines echten Vertrags zugunsten Dritter gem. § 328 BGB auch für solche Ansprüche gegen den Verkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie die …[A] AG und deren Konzerngesellschaften oder sonstige Dritte gelten. Daraus folgt jedoch kein Vergleichsmehrwert unter dem Gesichtspunkt, dass – wie die Beschwerdeführer geltend machen – der Kläger den Kaufpreis in Höhe von 19.499 € auch gegenüber Dritten, etwa dem Verkäufer des Fahrzeugs oder einer Tochtergesellschaft, hätte geltend machen können. Es ist anerkannt, dass bei der Streitwertbemessung eine Wertaddition nicht stattfindet, wenn die verfolgten Ansprüche wirtschaftlich identisch sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2003 – VI ZR 418/02, NJW-RR 2004, 638 Rdnr. 5 m.w.Nachw., zitiert nach juris – betreffend Rechtsmittelbeschwer; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 5 Rdnr. 8 – zum Zuständsigkeits- und Rechtsmittelstreitwert; Stix, aaO; Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, 4. Aufl., GKG § 39 Rdnr. 2 jeweils zum Gebührenstreitwert). Von wirtschaftlicher Identität ist bei gegen Gesamtschuldnern gerichteten gleichen Ansprüchen auszugehen; der Grund dafür liegt darin, dass der Kläger die von den mehreren Beklagten geforderte Leistung aus Gründen des materiellen Rechts insgesamt nur einmal verlangen kann (BGH, aaO, Rdnr. 6 m.w.Nachw.).

bb) So liegt der Fall auch hier. Der Kläger hat die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeugs mit dem Dieselmotor EA 189 auf Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Streitwert für das Verfahren – einschließlich des Vergleichs – auf den vollen Kaufpreis des Fahrzeugs von 19.499 € festgesetzt. Eine etwaige Klage gegen Dritte, mit der der Kläger – nochmals – Rückzahlung des vollen Kaufpreises verlangt hätte, wäre auf das gleiche wirtschaftliche Interesse gerichtet (vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 24. Februar 2020 – 7 U 244/19 sowie OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6. April 2020 – 13 U 483/19, jeweils in dem von den Beschwerdeführern selbst vorgelegten Anlagenkonvolut). Der Wert des Vergleichs erschöpft sich deshalb in dem Kaufpreis des Fahrzeugs, dessen Rückzahlung der Kläger insgesamt – allenfalls – nur einmal hätte verlangen können.

cc) Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beschwerde auch deshalb unbegründet ist, weil etwaige – hier mitabgegoltene – Ansprüche gegenüber Dritten auf Rückzahlung des Kaufpreises zwischen den Parteien des vorliegenden Verfahrens nicht streitig waren (vgl. dazu etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Juni 2020 – 17 U 96/20, MDR 2020, 1082 und OLG Brandenburg, Beschluss vom 12. August 2020 – 1 W 9/20, jeweils zitiert nach juris).

2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

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