OLG Köln, Urteil vom 04.06.2020 – 23 U 9/19

Oktober 7, 2021

OLG Köln, Urteil vom 04.06.2020 – 23 U 9/19

Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Oktober 2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Rheinberg – 18 Lw 60/18 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten. Hinsichtlich des Räumungsausspruchs darf der Kläger die Vollstreckung seitens der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 5.000,00 € leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

Der Kläger begehrt von den Beklagten – aufgrund eines angeblich zustande gekommenen Vorvertrags – den Abschluss eines Landpachtvertrags, durch den das bestehende Pachtverhältnis über den 31.10.2019 hinaus um sechs Jahre bis zum 31.10.2025 verlängert wird. Widerklagend beansprucht die Beklagte zu 1) nach einer Kündigung des Landpachtvertrags vom 01.11.2013 die Verurteilung des Klägers zur Räumung und Herausgabe der an diesen verpachteten landwirtschaftlichen Flächen.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz im Übrigen wird gemäß §§ 48 Abs. 1 LwVG, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landwirtschaftsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht bewiesen, dass die Parteien einen verbindlichen Pachtvorvertrag geschlossen hätten. Die Widerklage sei begründet. Nach Beendigung des befristeten Pachtvertrages vom 01.11.2013 stehe der Beklagten zu 1) ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Pachtflächen gemäß § 596 Abs. 1 BGB zu.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser im Wesentlichen die erstinstanzliche Beweiswürdigung angreift. Ferner macht er geltend, das Landwirtschaftsgericht habe in Bezug auf die Widerklage nicht berücksichtigt, dass die „fraglichen Flächen“ nicht zum Gegenstand des Pachtvertrages gehören würden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagten zu verurteilen ihm gegenüber verbindlich zu erklären:

Wir sind damit einverstanden, dass zwischen dem Kläger als Pächter einerseits und der Beklagten zu 1) (Berufungsbeklagten zu 1 und Berufungswiderklägerin, im Folgenden nur „Beklagte“ genannt) als Verpächterin sowie dem Beklagten zu 2) (Berufungsbeklagten zu 2) als „Beteiligtem“ andererseits der bestehende schriftliche Pachtvertrag vom 01.11.2013 mit bisherigem Inhalt bis zum 31.10.2025 mit der Maßgabe verlängert worden ist, dass sich die Flurstücksbezeichnungen in § 1 des Pachtvertrages teilweise geändert haben und eine Zustimmung zur Unterverpachtung gemöß § 7 Abs. 1 des Pachtvertrages nicht erforderlich ist. Der Pachtvertrag hat folgenden Wortlaut:

§ 1 Pachtobjekt

(1) Verpachtet werden zur ausschließlich landwirtschafltichen Nutzung folgende Grundstücke der Gemarkung A (Grundbuch von A Blatt 72) Flur 15

– Flurstück 79, Landwirtschaftsfläche, B in Größe von 3,1147 ha und

– Flurstück 46, Landwirtschaftsfläche, C Verkehrsfläche in Größe von 4,6649 ha, jedoch mit Ausnahme der im Lageplan (Anlage K1) mit „D“ in Größe von 0,25 ha und „E“ in Größe von 0,4752 ha bezeichneten Flächen.

(2) Über die Lage, Größe und Beschaffenheit besteht zwischen den Pachtparteien Einigkeit.

(3) Lieferrechte werden nicht verpachtet.

§ 2 Pachtdauer

(1) Der Pachtvertrag wird über den 31.10.2019 hinaus um sechs Jahre bis zum 31.10.2025 verlängert. Der Pachtvertrag wird nach Ablauf über das vorstehende Vertragsende hinaus um jeweils ein Jahr fortgesetzt, sofern nicht durch eine der Vertragsparteien das Pachtverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten vor seinem jeweiligen Ablauf gekündigt wird.

(2) Das Pachtjahr läuft vom 01.11. eines Jahres bis zum 31.10. des darauffolgenden Jahres.

§ 3 Pachtpreis

(1) Der Pachtpreis beträgt für das gesamte Pachtobjekt 3.500,00 € (in Worten: Dreitausendfünfhundert Euro).

(2) Der Pachtpreis ist in zwei gleich hohen Teilbeträgen jeweils im Nachhinein fällig, und zwar jeweils am 01.06. und 01.11. eines jeden Jahres, zahlbar vorrangnig in bar oder gegebenenfalls in Absprache auf die vom Verpächter dem Pächter angegebene Bankverbindung.

(3) Weicht die tatsächliche Größe des Pachtobjektes nicht mehr als maximal 5 % von der in diesem Pachtvertrag zugrunde gelegten Größe ab, bleibt der vereinbarte Pachtpreis unverändert, anderenfallls ist dieser der prozentualen Abweichung entsprechend anzupassen.

§ 4 Bewirtschaftung

(1) Der Pächter ist verpflichtet, das Pachtobjekt ordnungsgemäß und nach guter fachlicher Praxis zu bewirtschaften.

(2) Änderungen der Nutzugsart, die über die Pachtdauer hinauswirken, bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verpächters.

§ 5 Abgaben und Versicherungen

(1) Alle auf dem Pachtobjekt ruhenden, alljährlich anfallenden öffentlichen Abgaben und Lasten (u.a. Kommunal-Abgaben und Umlage zur Landwirtschaftskammer) trägt der Verpächter.

(2) Der Pächter hat die ihm als Betriebsunternehmer in Rechnung gestellte Umlage zur landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zu tragen.

§ 6 Vorkaufsrecht

Der Verpächter gewährt dem Pächter ein Vorkaufsrecht gemäß § 463 BGB an den unter § 1 aufgeführten Grundstücken, sofern das Pachtobjekt nicht innerhalb des familiären Umfeldes (Kinder, Enkel, Schwiegersohn) ganz oder teilweise über einen Kaufvertrag veräußert wird.

Der Verpächter verpflichtet sich, den Pächter von einer Verkaufsabsicht, insbesondere von einem Kaufvertrag mit einem Dritte, Kenntnis zu geben.

§ 7 Sonstiges

(1) Der Pächter ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verpächters nicht berechtigt, die Nutzung des Pachtobjektes ganz oder teilweise einem Dritten zu überlassen, insbesondere unterzuverpachten. Dieser Zustimmung bedarf es jedoch nicht, wenn der Pächter seinen landwirtschaftlichen Betrieb an seinen familiären Hofnachfolger oder Herrn F, G 20, H (aus Gründen der Gesundheit oder des Alters) verpachtet oder mit diesen eine Gesellschaft zur gemeinsamen Nutzung eingeht.

(2) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform; mündliche Abreden sind unwirksam. Mündliche Vereinbarungen über die Aufhebung der Schriftform sind nichtig.

(3) Sollte eine Regelung dieses Pachtvertrages unwirksam sein, so wird die Wirksamkeitt der übrigen Vertragsteile davon nicht berührt. Für diesen Fall verpflichten sich die Pachtparteien, ein wirksame Regelung zu treffen, die der unwirksamen Regelung wirtschaftlich möglichst nahe kommt.

(4) Im Übrigen gilt das gesetzliche Pachtrecht.

H, den …

Als Beteiligter unterzeichnet J den Vertrag mit.

2. die Beklagten zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.348,27 € nebst 5 Prozent Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen;

3. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagten erklären, mit einer Verlängerung des in den Gründen zu I. im Einzelnen wiedergegebenen Pachtvertrags einverstanden zu sein.

Das Landwirtschaftsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger den ihm obliegenden Beweis dafür, dass zwischen ihm und den Beklagten ein mündlicher Pachtvorvertrag in Bezug auf die streitgegenständlichen Flächen geschlossen worden ist, nicht erbracht hat.

Die Beweisaufnahme erster Instanz ist einer Überprüfung durch das Berufungsgericht nur insoweit zugänglich, als gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründet sind und eine erneute Feststellung gebieten. Dies bedeutet, dass eine Überprüfung nur daraufhin erfolgen kann, ob die Beweisaufnahme an einem Rechtsfehler leidet, also in sich widersprüchlich ist, den Denkgesetzen zuwiderläuft oder wesentliche Teile des Beweisergebnisses unberücksichtigt lässt oder ob konkrete Gesichtspunkte vorhanden sind, die einen solchen Rechtsfehler bei der Tatsachenfeststellung möglich sein lassen und deshalb Zweifel am erstinstanzlich gefundenen Ergebnis begründen. Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil weder zu beanstanden noch im Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Konkrete Anhaltspunkte, die einen Rechtsfehler bei der Tatsachenfeststellung als möglich erscheinen lassen, sind vorliegend nicht ersichtlich und werden von der Berufung auch nicht aufgezeigt.

Zwar hat der Zeuge K bekundet, es habe am 18.11.2016 ein Gespräch auf dem Hof L stattgefunden, in dem der Beklagte zu 2) mitgeteilt habe, „dass dann – gemeint ist das Nichtzustandekommen des Grundstückskaufvertrags – natürlich der Pachtvertrag weiterlaufen würde“. Dem habe der Kläger zugestimmt, allerdings mit der Maßgabe, dass der Pachtvertrag zu den gleichen Konditionen fortgeführt würde. Beide Beklagten hätten dann angegeben, dass dieser selbstverständlich zu den alten Konditionen fortgeführt würde. Die Beteiligten hätten sich später per Handschlag verabschiedet. Dies hat der Zeuge K dahin gewertet, dass man sich „darauf“ die Hand gegeben habe.

Diese Angaben hat das Landwirtschaftsgericht aber berücksichtigt. Es hat jedoch in Ansehung der abweichenden Angaben der Beklagten, wonach am 18.11.2016 noch keine verbindlichen Absprachen getroffen worden seien, in berufungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht die gemäß § 286 ZPO erforderliche Gewissheit gewinnen können, dass die Bekundungen des Zeugen K und die korrespondierenden Erklärungen des Klägers zutreffen. Dieses Vorgehen ist vom Wortlaut des § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO gedeckt. Der Tatrichter kann im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben einer Partei nach § 141 Abs. 1 ZPO unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht – auch nicht mittels Parteivernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt – beweisen kann und ihnen den Vorzug vor Zeugenaussagen oder den Bekundungen des als Partei vernommenen Prozessgegners geben (BGH NJW-RR 2018, 249 Rn. 11).

Für seine Beweiswürdigung hat das Landwirtschaftsgericht tragfähige Argumente gefunden. Es trifft insbesondere zu, wie es das Landwirtschaftsgericht ausgeführt hat, dass der Kläger nicht in der Position war, Bedingungen hinsichtlich des Pachtvertrages zu stellen, da ein rechtsverbindlicher Vorvertrag in Bezug auf den in Aussicht genommenen Grundstückskaufvertrag nicht zustande gekommen war. Dies räumt der Kläger nunmehr selbst ein, indem er ausführt, allen Beteiligten sei klar gewesen, dass die mündliche Vereinbarung noch notariell beurkundet werden musste. Angesichts der Formunwirksamkeit der mündlichen Abreden in Bezug auf eine möglichen Veräußerung der landwirtschaftlichen Flächen an den Kläger kommt es auch nicht darauf an, ob einer Eigentumsübertragung auf den Kläger ferner ein der Beklagten zu 1) zustehendes Vorkaufsrecht entgegengestanden hätte.

Die weiteren Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landwirtschaftsgerichts verfangen nicht. Insbesondere ist nicht maßgeblich, wie der Kläger das behauptete Verhalten der Beklagten nach dem objektiven Empfängerhorizont verstehen durfte. Entscheidend ist vielmehr, ob nach freier Überzeugung des Landwirtschaftsgerichts die Behauptung des Klägers, man habe sich rechtsverbindlich über den Abschluss eines Pachtvertrages für weitere 6 Jahre geeinigt, für wahr zu erachten ist. Dabei kann das Verhalten der Beklagten nur insoweit berücksichtigt werden, als es nach dem Maßstab des § 286 ZPO als erwiesen angesehen werden kann.

Die E-Mail des Beklagten zu 2) vom 19.12.2016 rechtfertigt keine von der Beweiswürdigung des Landwirtschaftsgerichts abweichende Beurteilung. Der Kläger wertet deren Inhalt allein ausgehend von der Prämisse, dass am 18.11.2016 bereits ein verbindlicher Pachtvorvertrag geschlossen wurde. Die E-Mail, in der es unter anderem heißt

„Wir würden den offenen Punkt mit der Geldrückgabe klären und kurz besprechen, welche Änderungen sind mit den beiden Pachtflächen zukünftig ergeben werden.“

ergibt aber auch – und vor allem – dann einen Sinn, wenn noch kein Pachtvorvertrag zustande gekommen war. Denn in diesem Fall könnte mit der E-Mail vorgeschlagen worden sein, sich über den Inhalt eines zukünftig noch abzuschließenden Vertrags auszutauschen. Dem steht auch das Wort „Änderungen“ nicht entgegen. Zum einen erstrebte der Kläger die Klarstellung, dass die Flächen „E M“ und „N L“ nicht Gegenstand des Pachtvertrages sind und damit jedenfalls eine Änderung des Wortlauts des ursprünglich bestehenden Pachtvertrages. Zum anderen sollten auch nach den Angaben des Zeugen K – die mit dem schriftsätzlichen Vortrag des Klägers korrespondieren – die auf die Beklagte zu 1) zu übertragenden Flächen neu eingemessen werden. Hieraus konnten sich ebenfalls Änderungen ergeben.

Auch die E-Mail vom 29.05.2017 des Beklagten zu 2) begründet keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landwirtschaftsgerichts. Darin teilt de Beklagte zu 2) mit, dass die landwirtschaftlichen Flächen zwischenzeitlich auf die Beklagte zu 1) übertragen wurden und erbittet die Zahlung der Pacht an diese. Ferner wird ausgeführt, soweit auf Seiten des Klägers noch „Fragen/Änderungsbedarfe“ bestünden, würden die Beklagten gerne zur Verfügung stehen. Dieses Gesprächsangebot lässt sich zwanglos mit der bevorstehenden – mit der Eigentumsumschreibung im Grundbuch eintretenden (BeckOGK/Harke, § 566 Rn. 33) – Rechtsnachfolge der Beklagten zu 1) gemäß §§ 593b, 566 BGB erklären.

Die weiteren Ausführungen der Berufung dazu, dass die „Grundübereinstimmung“ zwischen den Parteien „hinsichtlich des noch schriftlich zu fixierenden Pachtvertrages“ auch bei den Gesprächen am 28.12.2016 und 21.06.2017 fortbestand, gehen fehl. Denn eine derartige Übereinstimmung hat das Landwirtschaftsgericht – zu Recht – nicht festgestellt. Dass im Gespräch vom 28.12.2016 rechtsgeschäftliche Erklärungen hinsichtlich eines abzuschließenden Pachtvertrages abgegeben wurden, behauptet der Kläger selbst nicht. Dieser trägt vielmehr vor, es seien bei diesem Anlass keine rechtsgestaltenden Erklärungen abgegeben worden. Angesichts dessen kommt es auf die weiteren Erwägungen des Landwirtschaftsgerichts dazu, warum in diesem Gespräch kein Vorvertrag geschlossen wurde, nicht mehr an.

Die Berufung kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Äußerung des Beklagten zu 2) im Rahmen seiner Anhörung stützen, der Vater der Beklagten zu 1) sei „sehr glücklich gewesen, dass das Ganze so hinbekommen worden sei“. Denn diese Äußerung kann nicht nur in dem von der Berufung präferierten Sinn verstanden werden, dass darunter neben der Rückgängigmachung des Kaufs „auch die im Gegenzug zur Wahrung des nachbarschaftlichen und auch familiären Frieden getroffene Vereinbarung zur Verpachtung der ursprünglich zu verkaufenden Flächen“ falle. Vielmehr kann der Beklagte zu 2) – gerade vor dem Hintergrund des Umstandes, dass nach seinen Angaben noch keine rechtsverbindliche Vereinbarung in Bezug auf eine Verlängerung des Pachtverhältnisses getroffen worden war – ohne Weiteres auch gemeint haben, dass der Vater der Beklagten zu 1) froh darüber war, dass die Rücknahme seiner erklärten Verkaufsbereitschaft nicht zu einem Zerwürfnis mit dem Kläger geführt hatte.

Berufungsrechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Würdigung des Landwirtschaftsgerichts, die von der Zeugin K bekundete Äußerung des Beklagten zu 2), „Dann maken wir dat so“, könne sich auch darauf bezogen haben, dass die Beklagten sich noch Gedanken über den Inhalt des Vertrags hätten machen und dann einen Entwurf hätten fertigen wollen.

Soweit der Kläger aus der Zeugnisverweigerung des Zeugen L, des Vaters der Beklagten zu 1), schließen möchte, dieser habe nicht zum Nachteil der Beklagten aussagen wollen, ist dies unzulässig. Aus der Verweigerung des Zeugnisses gem. § 383 ZPO dürfen, da die Entscheidung über die Zeugnisverweigerung allein dem Zeugen obliegt, im Rahmen der Beweiswürdigung keine Schlussfolgerungen zum Nachteil einer Partei gezogen werden (BGH NJW 2018, 68, 70).

Anlass für die vom Kläger beantragte erneute Vernehmung der Zeugen K besteht nicht.

2.

Das Landwirtschaftsgericht hat weiter zu Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1) nach Beendigung des auf die Dauer von 6 Jahren geschlossenen Landpachtvertrages vom 01.11.2013 gemäß § 596 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe der landwirtschaftlichen Flächen hat. Nach § 2 des Vertrages endete das Pachtverhältnis zum 31.10.2019, nachdem die Beklagte zu 1) es mit Schreiben vom 21.08.2017 rechtzeitig gekündigt hatte.

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass „die fraglichen Flächen … nicht zum Gegenstand des Pachtvertrages gehörten“, bezieht sich dies ersichtlich nur auf die sogenannten Flächen „D“ und „E L“, nicht hingegen auf die übrigen landwirtschaftlichen Flächen. Der Einwand, die Flächen „D“ und „E L“ seien nicht Gegenstand des Pachtvertrages, trifft indes nicht zu. Diese Flächen sind Bestandteil des Flurstücks 46 und damit gemäß § 1 des Pachtvertrages vom 01.11.2013 mitverpachtet worden. Dass die ursprünglichen Vertragsparteien entgegen des Wortlautes des Pachtvertrages die Flächen „D“ und „E L“ übereinstimmend von einer Verpachtung hätten ausnehmen wollen, ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger zur Akte gereichten handschriftlichen „Vereinbarung“ zwischen ihm und dem Zeugen K vom 28.10.1990, ausweislich derer die „Pachtflächen D und E“ „im Pachtpreis O. K von insg. 5.180,- DM nicht enthalten“ und „nur der Form halber im Pachtvertrag aufgeführt“ worden sind (Anlage K 13). In dieser Vereinbarung wird vielmehr bekräftigt, dass der Pachtvertrag die beiden Flächen miteinschließt; klargestellt wird lediglich, dass für diese keine Pacht geschuldet wird. Hätten die Vertragsparteien die beiden Flächen von einer Verpachtung ausnehmen wollen, hätte es nahegelegen, dies spätestens im Jahr 1990 klarzustellen, als die Problematik offensichtlich bekannt geworden ist.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Von der Möglichkeit, von Schuldnerschutzanordnungen nach § 713 ZPO abzusehen, macht der Senat keinen Gebrauch. Zwar geht der Senat davon aus, dass sich der Rechtsmittelstreitwert vorliegend nicht nach § 8 ZPO, sondern gemäß § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers bemisst, das der Senat – in Übereinstimmung mit dem Landwirtschaftsgericht – mit dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Pacht bemisst. Da die vorliegende Konstellation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass im Anschluss an ein bestehendes Pachtverhältnis der Abschluss eines weiteren Pachtvertrages erreicht werden soll, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, steht aus Sicht des Senats jedoch nicht unzweifelhaft fest, dass die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel stattfindet, nicht vorliegen, wie es § 713 ZPO verlangt. Denn das Rechtsmittelgericht ist an eine Wertfestsetzung des unteren Gerichts nicht gebunden.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens beträgt 12.250,00 €, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG. Der Senat teilt die Auffassung des Landwirtschaftsgerichts, dass sich der Streitwert des auf Abschluss des Pachtvertrages gerichteten Begehrens nicht nach § 41 GKG richtet. Denn zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der ursprüngliche Landpachtvertrag vom 01.11.2013 auf 6 Jahre geschlossen war und somit grundsätzlich zum 31.10.2019 endete, sofern nicht sich das Pachtverhältnis wegen Fehlens einer – fristgerechten – Kündigung um ein Jahr verlängerte. Die Parteien streiten vielmehr über die Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger einen weiteren Landpachtvertrag abzuschließen. Der Wert dieser Verpflichtung bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an dem angestrebten Vertragsschluss (vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschluss vom 26.11.2009, 8 W 348/09). Anders als der Kläger meint, entspricht sein Interesse nicht der Summe der Pachten, die auf die zu vereinbarende Vertragslaufzeit entfallen. Die vereinbarungsgemäß zu zahlenden Pachten stellen das Entgelt für den durch den Vertrag begründeten Anspruch auf Gebrauchsgewährung und Fruchtgenuss dar; dieser selbst ist vorliegend jedoch nicht streitgegenständlich (vgl. Hanseatisches OLG Bremen, Beschluss vom 29.01.1993, 2 W 116/92). Deshalb erscheint es dem Senat gerechtfertigt, das Interesse des Klägers in Anlehnung an § 9 ZPO lediglich mit dem Dreieinhalbfachen der Jahrespacht zu bemessen.

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