OLG Köln, Beschluss vom 09.12.2019 – 2 Wx 346/19

Oktober 8, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 09.12.2019 – 2 Wx 346/19

Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten vom 07.11.2019 gegen die am 31.10.2019 erlassene Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamts – Bonn vom 11.10.2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses bis zum 03.02.2020 verlängert wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 1) und 2) jeweils zu ½ zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe
I.

Im Grundbuch des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes ist der am 00.00.2018 verstorbene C als Eigentümer eingetragen. Die Beteiligte zu 2) ist ausweislich des Testamentsvollstreckerzeugnisses des Amtsgerichts Bonn vom 26.10.2018, 34 VI 745/18, als Testamentsvollstreckerin über den Nachlass des Herrn C ernannt worden (Bl. 30 d.A.).

Mit notarieller Urkunde vom 13.08.2019 – UR.Nr. …#/… des Notars Dr. J in Hamburg – hat die Beteiligte zu 2) in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin, vertreten durch die zur gemeinsamen Vertretung berechtigten Gesamtprokuristen Frau Dr. Q und Herrn M, den im Rubrum bezeichneten Grundbesitz an die Beteiligte zu 1) für 1.700.000,00 € verkauft, aufgelassen und die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Käuferin auf Übertragung des Eigentums ins Grundbuch bewilligt und beantragt (Bl. 15 ff. d.A.). Mit Schriftsatz vom 16.08.2019 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 1) beantragt (Bl. 14 d.A.).

Durch am 31.10.2019 erlassene Zwischenverfügung vom 11.10.2019 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass zur Eintragung der Auflassungsvormerkung die Genehmigung der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder der Beteiligten zu 2) erforderlich seien und eine Frist zur Behebung der Eintragungshindernisse eine Frist bis einschließlich 27.11.2019 gesetzt (Bl. 82 ff. d.A.). Zur Begründung hat das Grundbuchamt ausgeführt, dass eine Ermächtigung für die Gesamtprokuristen gem. § 49 Abs. 2 HGB im Handelsregister nicht eingetragen sei. Eine solche Ermächtigung sei zum Verkauf von Grundbesitz aber erforderlich.

Gegen diese dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten am 05.11.2019 zugestellte Zwischenverfügung haben diese mit am 11.11.2019 beim Amtsgericht Bonn eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt (B. 113 d.A.). Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass eine Ermächtigung gem. § 49 Abs. 2 HGB nur erforderlich sei, wenn es sich um eigene Grundstücke des Unternehmens handele. Die Veräußerung von fremden Grundstücken sei vom „normalen“ Umfang der Prokura gem. § 49 Abs. 1 HGB abgedeckt.

Durch am 13.11.2019 erlassenen Beschluss hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 114 f. d.A.).

II.

Die Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen in zulässiger Weise gem. § 73 GBO eingelegt worden.

In der Sache hat die Beschwerde indes keinen Erfolg. Das Grundbuchamt hat in der Zwischenverfügung vom 31.10.2019 zu Recht die Vorlage von Genehmigungen der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder der Beteiligten zu 2) zu dem notariell beurkundeten Vertrag vom 13.08.2019 verlangt. Denn die beiden für die Beteiligte zu 2) handelnden Prokuristen sind zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken nicht ermächtigt (§ 49 Abs. 2 HGB) und konnten die Beteiligte zu 2) bei Abschluss des Vertrages vom 13.08.2019 nicht wirksam vertreten.

In Literatur und Rechtsprechung wird zwar die Auffassung vertreten, dass eine Ermächtigung eines Prokuristen im Sinne des § 49 Abs. 2 HGB nur zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken des Kaufmanns erforderlich sei, nicht aber zur Veräußerung und Belastung fremder Grundstücke. Hierfür spreche, dass § 49 Abs. 2 HGB nur dem Schutz des Inhabers des Handelsgeschäfts diene (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3592; MüKo-HGB/Krebs, 4. Aufl. 2016, § 49 Rn. 42; Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 49 Rn. 4; OLG Hamm, Beschluss vom 13.10.2011 – 15 Wx 117/11, Rpfleger 2012, 209-211). Nach anderer Auffassung besteht die Beschränkung des § 49 Abs. 2 HGB unabhängig davon, wem das Grundstück gehört. Mangels Vertretungsmacht sei daher auch die Veräußerung eines fremden Grundstücks durch einen hierzu nicht ermächtigten Prokuristen im Namen des Inhabers des Handelsgeschäfts (schwebend) unwirksam. Hierfür spreche neben dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken traditionell kein Handelsgeschäft sei und der Kaufmann bei Bedarf jederzeit eine Ermächtigung gem. § 49 Abs. 2 HGB erteilen könne (Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Wagner/Wöstmann, HGB, 5. Aufl. 2019, § 49 Rn. 14; Staub/Joost, HGB, 5. Aufl. 2008, § 49 Rn. 31; LG Freiburg DNotZ 1992, 58, 59, bestätigt vom OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.1991 – 4 W 78/91, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht). Der Senat schließt sich im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und die Möglichkeit des Kaufmanns, einem Prokuristen jederzeit die Ermächtigung zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken einräumen zu können, der letztgenannten Auffassung an.

Da die in der Zwischenverfügung gesetzte Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses bereits abgelaufen ist, ist die Frist angemessen zu verlängern.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,00 €

IV.

Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 78 Abs. 2 Nr. 1 und 2 GBO. Die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob § 49 Abs. 2 HGB auch dann eingreift, wenn es sich nicht um die Veräußerung oder Belastung eines Grundstücks des Kaufmanns handelt, sondern um die Veräußerung oder Belastung eines fremden Grundstücks, hat grundsätzliche Bedeutung und stellt sich zudem in einer Vielzahl von Fällen, so dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt ist. Bislang gibt es zu dieser Frage – soweit ersichtlich – keine höchstrichterliche Rechtsprechung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben. Sie ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichung einer in deutscher Sprache abgefassten und unterschriebenen Beschwerdeschrift eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof, I-Straße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe) einzulegen. Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat zu begründen; diese Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses und kann auf Antrag durch den Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge)

2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar

a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;

b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

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