OLG Köln, Urteil vom 10.10.2019 – 3 U 45/19 BSch

Oktober 9, 2021

OLG Köln, Urteil vom 10.10.2019 – 3 U 45/19 BSch

Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.02.2019 verkündete Grund- und Teilurteil des Moselschifffahrtsgericht St. Goar – 4 C 7/18 BSchMo – aufgehoben und der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Moselschifffahrtsgericht St. Goar zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherungsleistung in Höhe von 110 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

Die Parteien streiten um die Einstandspflicht der Beklagten für Schäden aus einem Schiffsunfall, der sich am 30.01.2018 auf der Mosel unterhalb der Schleuse von A etwa bei Mosel-Km 20,0 ereignete. Die Klägerin ist die niederländische Schiffsversicherung des GMS „B“, die dessen Schiffseigner B Binnenvaartbedrijf, Inhaber C, D E wegen des Schiffsunfalls Deckung gewährte und den Schaden regulierte. Der Schiffseigner trat nachfolgend seine Ersatzansprüche nach Maßgabe der als Anlage K 1 vorgelegten, undatierten Abtretungserklärung (Anlage K 1) an die Klägerin ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abtretungserklärung Bezug genommen.

Der Unfall ereignete sich wie folgt: Zum Unfallzeitpunkt war der Schiffsführer C mit dem GMS „B“ beladen mit 1050 t Weizen auf der Mosel in Talfahrt nach F in den Niederlanden unterwegs. Er hatte gerade die Schleuse von A verlassen und nahm am rechten Rand der Fahrrinne Fahrt auf. Der Schubverband MS „G“/SL „H“ befand sich zu diesem Zeitpunkt beladen mit 1658 t Kohle in der Bergfahrt nach Frankreich. Schiffsführer des Schubverbandes war der Beklagte zu 1). Während der Schiffsführer mit GMS „B“ Fahrt aufnahm, verfiel der am linken Ufer gestreckt stillliegende Schubverband MS „G“/SL „H“ mit dem Bug nach Backbord in das Fahrwasser des Talfahrers und versperrte diesem den Weg. Trotz eines von dem Schiffsführer eingeleiteten Ausweichmanövers des GMS „B“ und mehrfacher Versuche einer Kontaktaufnahme zu dem Schubverband mittels Funk nahm letzterer keine Kursänderung vor. Er kollidierte schließlich in einer Schräglage von etwa 45 Grad mit dem Steuerbord-Bug in dem Fahrwasser der Talfahrt mit dem Backbord-Bug des gestreckt im Fahrwasser liegenden GMS „B“. Dabei wurde das GMS „B“ beschädigt.

Unter dem Aktenzeichen 4 UR II 3/18 BSch wurde vor dem Moselschifffahrtsgericht St. Goar ein Verklarungsverfahren eingeleitet. In diesem wurde festgestellt, dass der Beklagte zu 1) als alleiniger Schiffsführer des Schubverbandes zum Kollisionszeitpunkt den Steuerstand verlassen und die unter Deck befindliche Toilette aufgesucht hatte, ohne den Schubverband zu sichern oder einen anderen Steuermann in das Steuerhaus zu bestellen. Der Schubverband trieb deshalb führerlos auf der Mosel dem Talfahrer GMS „B“ entgegen, weshalb es zu der stattgehabten Kollision kam.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage aus abgetretenem Recht die Feststellung der gesamtschuldnerischen Einstandspflicht der Beklagten für sämtliche aus der Kollision resultierenden Schäden begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafteten für die Folgen des Unfallereignisses in vollem Umfang. Nachfolgend hat sie die Klage unter Beibehaltung des Feststellungsantrages teilweise beziffert und behauptet, dem Schiffseigner seien neben dem Kaskoschaden an dem GMS „B“ gemäß der kontradiktorischen Schadentaxe ein Nutzungsausfallschaden für den Nutzungsausfall des Schiffes in dem Zeitraum vom 02.02.2018 bis zum 26.03.2018 in Höhe von 52.996,07 € sowie weitere unfallbedingte Kosten in Form von Expertenkosten zur Feststellung der Schiffsschäden, Kosten von Periskal sowie die Kosten des Verklarungsverfahrens entstanden. Wegen der Höhe und Zusammensetzung der Klageforderung wird auf den Klageerweiterungsschriftsatz vom 27.09.2018 Bezug genommen. Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, auch für den Feststellungsantrag bestehe mit Rücksicht darauf, dass der Schaden noch nicht abschließend bezifferbar sei, ein fortbestehendes Feststellungsinteresse. Insoweit hat sie darauf verwiesen, dass insbesondere eine Abrechnung der Kosten des Einsatzes der Feuerwehr I noch nicht erfolgt sei.

Nach Zustellung der Klageschrift haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 06.09.2018 ihre alleinige Haftung für das Unfallereignis dem Grunde nach anerkannt und in der Folgezeit mit Wertstellung zum 15.01.2019 den kontradiktorisch festgestellten und der Höhe nach unstreitigen Kaskoschaden in Höhe von 122.436,18 € an die Klägerin gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat sodann beantragt, 1) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 109.932,26 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.06.2018 und von 122.436,18 € vom 22.06.2018 bis zum 15.01.2019 sowie 2) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren Schäden zu ersetzen, die B Binnenvaartbedrijf, Inhaber C, als Schiffseigner des GMS „B“ aus der Havarie vom 30.01.2018 mit dem Schubverband MS „G“/SL „H“ auf der Mosel unterhalb der Schleuse A entstanden sind sowie 3) den Beklagten als Gesamtschuldnern die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Verklarungsverfahrens C, Amtsgericht – Schifffahrtsgericht – St. Goar – 4 UR II 3/18 BSch – aufzuerlegen. Die Beklagten haben beantragt, die Klage unter Berücksichtigung der übereinstimmenden Erledigungserklärungen abzuweisen.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dem Feststellungsantrag fehle es am Feststellungsinteresse, weil eine Bezifferung der Ansprüche möglich sei. Insoweit haben sie darauf verwiesen, dass die von allen beteiligten Experten vorbehaltlos unterzeichnete kontradiktorische Schadentaxe – insoweit unstreitig – bereits seit dem 31.05.2018 vorliegt. Hilfsweise haben die Beklagten ihre Haftung dem Grunde nach anerkannt, jedoch Einwendungen zur Höhe des nach Bezifferung von der Klägerin geforderten Schadensersatzanspruches erhoben. Sie haben in diesem Zusammenhang insbesondere die Höhe des geltend gemachten Nutzungsausfallschadens bestritten. In diesem Zusammenhang haben sie die Höhe der klägerseits geltend gemachten Tagessätze zwar nicht beanstandet, wohl aber den behaupteten zeitlichen Umfang des havariebedingten Nutzungsausfalles. Insbesondere haben sie bestritten, dass das GMS „B“ vor der Kollision regelmäßig mehr als 5 Werktage pro Woche im Einsatz gewesen sei. Sie haben darüber hinaus die geltend gemachten Expertenkosten sowie die Kosten für Periskal für nicht nachvollziehbar gehalten und der Höhe nach bestritten.

Das Moselschifffahrtsgericht St. Goar hat mit am 14.02.2019 verkündetem und den Beklagten am 20.02.2019 zugestelltem Grund- und Teilurteil die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Nutzungsausfall in Höhe von 36.996,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.09.2018 zu zahlen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren Schäden zu ersetzen, die B Binnenvaardrijf, Inhaber C, als Schiffseigner des GMS „B“ aus der Havarie mit dem Schubverband MS „G“/SL „H“ auf der Mosel unterhalb der Schleuse A entstanden sind. Es hat darüber hinaus die Kosten des Verklarungsverfahrens den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt. Hiergegen richtet sich die am 20.03.2019 bei Gericht eingegangene und am 17.04.2019 begründete Berufung der Beklagten.

Mit der Berufung wenden sich die Beklagten mit prozessualen Erwägungen gegen den Erlass des Grund- und Teilurteils und begehren seine Aufhebung und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Moselschifffahrtsgericht. Sie halten den Erlass eines Grund- und Teilurteils in der gegebenen Situation, insbesondere mit Blick auf die Gefahr widerstreitender Entscheidungen für prozessual unzulässig. Darüber hinaus rügen sie, dass im Tenor des angefochtenen Urteils entgegen der gewählten Bezeichnung über den Grund des Anspruches gar nicht entschieden worden sei. Sie rügen ferner, dass eine Bezifferung der Kosten des Verklarungsverfahrens im Tenor unterblieben sei und vertreten die Auffassung, dies stelle in der Sache ein unzulässiges Feststellungsurteil dar.

Die Beklagten beantragen,

das Grund- und Teilurteil des Moselschifffahrtsgericht St. Goar vom 14.02.2018 aufzuheben.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung. Sie ist der Auffassung, die versehentlich fehlende Entscheidung zum Grund des Anspruches könne im Wege der Berichtigung gemäß § 319 ZPO nachgeholt werden. Die Klägerin hält das gewählte prozessuale Vorgehen für zulässig und meint, angesichts des Anerkenntnisses der Beklagten und der im Wege der Berichtigung zu treffenden Grundentscheidung bestehe eine Gefahr widerstreitender Entscheidungen nicht. Darüber hinaus handele es sich nicht um ein Grundurteil im eigentlichen Sinne, sondern um ein Anerkenntnis(grund)urteil nach § 307 ZPO. Eine Bezifferung der Kosten des Verklarungsverfahrens sei zutreffend unterblieben. Diese habe wie bei allen Kostenentscheidungen erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu erfolgen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Berufungsrechtszug zu den Akten gereichten Urkunden und Schriftsätze Bezug genommen.

II.

1.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig.

2.

Sie hat auch in der Sache Erfolg, so dass der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Amtsgericht St. Goar als Moselschifffahrtsgericht zurückzuverweisen ist.

(a) Unschädlich ist indes, dass das Moselschifffahrtsgericht – wie die Beklagten zu Recht rügen – es in der angefochtenen Entscheidung verabsäumt hat, den Erlass des Grundurteils im Tenor zum Ausdruck zu bringen (vgl. zum Tenor eines Grundurteils Zöller-Feskorn, ZPO 32. Auflage, § 304 Rn. 29). Denn eine „förmliche“ Aufnahme der Entscheidung zum Grunde in den Tenor der Entscheidung ist keine zwingende Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils, sofern sich der Wille zu seinem Erlass dem Inhalt der Entscheidung zweifelsfrei entnehmen lässt. Hierfür reicht zwar die vorliegend vom Moselschifffahrtsgericht gewählte Bezeichnung des Urteils als „Grundurteil“ allein nicht aus. Als ausreichend wird jedoch angesehen, wenn sich aus den Entscheidungsgründen des in Rede stehenden Urteils eindeutig ergibt, dass eine Entscheidung zum Grund ergehen sollte und auch ergangen ist (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O, § 301 Rn. 17; BGH NJW 2004, 949; BGH MDR 2017, 839). Kann dies festgestellt werden, besteht die auch von der Klägerin aufgezeigte Möglichkeit, die unterbliebene Tenorierung der Entscheidung zum Grunde als offensichtlichen Fehler im Wege der Berichtigung gemäß § 319 ZPO auch ohne Antrag einer Partei von Amts wegen zu berichtigen (vgl. hierzu Zöller-Feskorn, a.a.O., § 319 Rn. 21). Dafür wäre im Rahmen des Berufungsverfahrens auch der Senat zuständig (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 319 Rn. 22 m.w.N.). Der einleitende Satz der Entscheidungsgründe der amtsgerichtlichen Entscheidung (vgl. Seite 4, Bl. 173 d.A.) lässt einen solchen Willen des Moselschifffahrtsgerichts eindeutig erkennen, zumal in Verbindung mit der gewählten Bezeichnung des Urteils als „Grundurteil“.

Der Senat sieht sich dennoch außerstande, das angefochtene Urteil unter Vornahme dieser Berichtigung aufrechtzuerhalten, weil die Voraussetzungen, unter denen nach der Zivilprozessordnung der Erlass eines Grundurteils in Betracht kommt, nicht gegeben sind. Gemäß § 304 ZPO kann, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist, das Gericht über den Grund vorab entscheiden. Die Voraussetzungen des § 304 ZPO sind in allen Instanzen von Amts wegen zu prüfen (allg. M. vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 304 Rn. 28; BGH Urt. v. 14.10.1993, Az. III ZR 157/92, zit. n. juris; BGH NJW 2003, 2380; BGH MDR 2016, 1377; BGHZ 189, 356). Sinn dieser Vorschrift ist es, dem Prozessgericht mit Blick auf prozesswirtschaftliche Erwägungen die Möglichkeit einer echten Vorentscheidung des Prozesses einzuräumen, um Fragen, die nicht die Höhe, sondern allein den Grund des eingeklagten Betrages betreffen, unter Vermeidung zeitraubender und kostspieliger Beweisaufnahmen vorab abgeschichtet einer Entscheidung zuzuführen in der Hoffnung, dass bei einer Vorabklärung des Grundes später über die Höhe Einigkeit erzielt werden kann (vgl. hierzu BGH NJW-RR 1989, 1149; BGH NJW 1991, 1896). Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils ist damit einerseits, dass Gegenstand der Klage ein bezifferter Anspruch ist (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 304 Rn. 2 ff.; BGH, Urt. v. 14.10.1993, Az. III ZR 157/92; OLG Hamm, Urt. v. 18.10.2016, Az. 9 U 19/15, beide zit. n. juris). Denn nur dann kommt ein Streit über Grund und Höhe überhaupt in Betracht. Demgegenüber scheidet ein Grundurteil über einen unbezifferten Feststellungsantrag wesensgemäß aus, da bei diesem die Möglichkeit einer Trennung in Grund- und Betragsverfahren nicht gegeben ist (vgl. BGH Urt. v. 14.10.1993, Az. III ZR 157/92; OLG Hamm, Urt. v. 18.10.2016, Az. 9 U 19/15, beide zit. n. juris; BGH NJW 1991, 1896; OLG KOBLENZ MDR 2011, 944). Vorliegend sind daher allenfalls die Klageanträge zu 1) und 3), nicht aber der unbezifferte Feststellungsantrag zu 2) im Ansatz grundurteilsfähig mit der Folge, dass allenfalls ein Teil-Grundurteil hinsichtlich der Leistungsanträge, ggf. verbunden mit einem Teilurteil hinsichtlich des Feststellungsantrages in Betracht käme (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 304 Rn. 3 m.w.N.; BGH NJW 1991, 1896; BGH WM 1992, 432; BGH Urt. v. 14.10.1993, Az. III ZR 157/92, zit. n. juris; BGH MDR 1997, 774; BGH NJW 2003, 2380; BGHZ 182, 116; OLG Koblenz MDR 2011, 944; OLG Hamm, Urt. v. 18.10.2016, Az. 9 U 19/15, zit. n. juris). Es fehlt jedoch auch hinsichtlich der im Ansatz grundurteilsfähigen Leistungsanträge an der weiteren Voraussetzung des Streits über den Grund des Anspruches (vgl. zu diesem Erfordernis Zöller-Feskorn, a.a.O., § 304 Rn. 5; BGH NJW-RR 1989, 1149; BGHZ 143, 189; BGH NJW 1991, 1896; BGH NJW 1992, 2487; BGH MDR 2016, 1377). Ein solcher wird zwar bereits bei jeder nicht ganz fern liegenden Rechtsunsicherheit betreffend den Grund des Anspruches angenommen (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 304 Rn. 5). So soll selbst ein bloßes derzeitiges Nichtbestreiten des Anspruchsgrundes durch den Gegner dem Erlass eines Grundurteils nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung nicht schlechterdings entgegenstehen (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 304 Rn. 5; a.A. wohl BGH NJW 1992, 2487), wohl aber nach ganz h.M. ein ausdrückliches Zugeständnis der Haftung dem Grunde nach bei gleichzeitigem fehlenden Bestreiten des Eintritts eines ersatzfähigen Schadens als solchem durch den Gegner (vgl. die Nachweise bei Zöller-Feskorn, a.a.O., § 304 Rn. 5; BGH NJW-RR 1989, 1149; BGHZ 143, 189). Denn dann streiten die Parteien lediglich um die Höhe des Schadensersatzanspruches und der mit § 304 ZPO verfolgte Zweck kann nicht erreicht werden (vgl. BGH NJW-RR 1989, 1149; BGHZ 143, 189). Ein solcher Fall ist aber vorliegend gegeben. Die Beklagten haben in der Klageerwiderung ihre Haftung für das Unfallereignis und seine Folgen dem Grunde nach ausdrücklich anerkannt und damit dem Streit der Parteien entzogen und zugleich auch den Eintritt eines unfallbedingten Schadens nicht in Abrede gestellt.

Der Senat verkennt nicht, dass durch diese Rechtslage die Partei, die einen dem Grunde nach unstreitigen Anspruch geltend macht, gegenüber derjenigen Partei, die einen dem Grunde nach streitigen Anspruch geltend macht, in prozessualer Hinsicht schlechter gestellt wird. Soweit dieses Ergebnis in der Literatur jedoch vereinzelt zum Anlass genommen wird, jedenfalls im Falle einer Verbindung von Grund- und Teilurteil gemäß § 301 I 2 BGB eine berichtigende bzw. reduzierende Auslegung der Vorschriften der §§ 301 I 2, 304 BGB dergestalt vorzunehmen, dass auf das Erfordernis des Streits zum Grund gänzlich verzichtet wird (vgl. hierzu Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 17; Schmitz NJW 2000, 3622), vermag sich der Senat dem vor dem Hintergrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht anzuschließen. Die für diese Auffassung vorgebrachten Erwägungen mögen rechtspolitisch sinnhaft sein, entsprechen aus Sicht des Senates indes nicht dem geltenden Recht, sondern sind als contra legem anzusehen. Eine Änderung der Rechtslage bedürfte daher eines entsprechenden Tätigwerdens des Gesetzgebers (so „notfalls“ auch Schmitz NJW 2000, 3622). Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Auffassung auch nicht angeschlossen, sondern sich ablehnend geäußert (vgl. BGHZ 143, 189).

(b) Prozessual zu beanstanden ist ferner das vom Moselschifffahrtsgericht erlassene Teil(end)urteil hinsichtlich des unstreitigen Teils des klägerseits geltend gemachten Nutzungsausfallschadens, des Feststellungsantrages und der Kosten des Verklarungsverfahrens. Auch diese unterliegen der Aufhebung und Zurückverweisung. Denn auch die prozessualen Voraussetzungen, unter denen der Erlass eines Teilurteils prozessual zulässig ist, sind nicht gegeben. Dies ist vom Senat von Amts wegen zu prüfen (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 3, 23 m.w.N.; BGHZ 189, 356; offen lassend BGH NJW 2003, 2380). Der Verstoß gegen § 301 ZPO führt regelhaft zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 538 II Nr. 7 ZPO, ohne dass es eines – vorliegend aber sogar vorhandenen – Antrages der Parteien bedürfte, § 538 II 3 ZPO. Gemäß § 301 I 1 ZPO hat das Gericht durch Teilendurteil zu entscheiden, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. Voraussetzung für den Erlass eines Teilendurteils ist damit das Vorliegen eines teilbaren Streitgegenstands, bei dem einzelne Teile einer eigenständigen isolierten Entscheidung zugänglich sind (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 4; BGH NJW-RR 2009, 494), so wie dies etwa bei einer im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemachten Mehrheit von selbständigen prozessualen Ansprüchen (vgl. hierzu Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 5), bei der Geltendmachung einer Feststellungsklage hinsichtlich des unbezifferten Zukunftsschadens neben der Leistungsklage (vgl. hierzu Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 5 m.w.N.; OLG Koblenz NJW-RR 1988, 532) oder bloßen unselbständigen Rechnungsposten eines einheitlichen Schadensersatzanspruches, die ziffernmäßig oder auf andere Weise bestimmt und individualisiert sind, der Fall ist. Diese einzelnen Teile müssen entscheidungsreif sein (vgl. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 3, 11). Ungeschriebene weitere Voraussetzung ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Widerspruchsfreiheit des Teilurteils zum Schlussurteil. Insoweit stellt der Bundesgerichtshof hohe Anforderungen und fordert die gänzliche Unabhängigkeit des Teilurteils vom Reststreit, respektive die Widerspruchsfreiheit zum Schlussurteil (st. Rspr. BGH NJW 1996, 1478; BGHZ 143, 189; BGH NJW 2003, 2380; BGH NJW-RR 2009, 494; BGHZ 182, 116; BGHZ 189, 356; BGH MDR 2017, 839; OLG Hamm Urt. v. 18.10.2016, Az. 9 U 19/15, zit. n. juris; OLG Koblenz MDR 2011, 944; Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 3, 12 ff.). Es muss unter allen Umständen ausgeschlossen sein, dass das Teilurteil durch das über den Rest ergehende Schlussurteil in irgendeiner Weise noch berührt werden kann (BGH NJW 1996, 1478). Wird in dem Teilurteil eine Frage entschieden, die sich dem Prozessgericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder zumindest stellen kann – sei es auch nur bei einer abweichenden Beurteilung im Instanzenzug oder einem geänderten Prozessvortrag der Parteien – ist die Widerspruchsfreiheit zu verneinen (st. Rspr. BGH NJW 2003, 2380; BGH NJW-RR 2009, 494; BGHZ 189, 356; BGH MDR 2017, 839; Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 12 ff.). Das gilt auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (st. Rspr. BGHZ 189, 356; BGH MDR 2017, 839 m.w.N.). Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche insbesondere immer dann, wenn zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiellrechtliche Verzahnung besteht, etwa weil sie aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet werden oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (vgl. BGHZ 182, 116; BGHZ 189, 356; BGH MDR 2017, 839; OLG Hamm Urt. v. 18.10.2016, Az. 9 U 19/15, zit. n. juris; OLG Koblenz MDR 2011, 944).

Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze erweisen sich die vom Moselschifffahrtsgericht getroffenen Teilentscheidungen insgesamt als unzulässig. Zwar handelt es sich bei dem unstreitigen Teil des Nutzungsausfallschadens – was auch die Beklagten in der Berufungsbegründung zugestehen – um einen teilbaren Anspruch, der in der im Tenor ausgewiesenen unstreitigen Höhe zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung entscheidungsreif war. Jedoch fehlt es ohne gleichzeitige Entscheidung über den Grund des Anspruches an der Widerspruchsfreiheit zum Schlussurteil. Denn bei der Entscheidung über den streitigen Teil des Nutzungsausfallschadens wie auch die weiteren streitigen Schadenspositionen ist der Haftungsgrund vom Prozessgericht zu prüfen. Daran ändert auch das in der Klageerwiderung von den Beklagten erklärte Haftungsanerkenntnis dem Grunde nach nichts. Denn insoweit ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Rechnung zu stellen, dass zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Laufe des weiteren Verfahrens noch Streit über die Einstandspflicht der Beklagten aus dem Unfall entstehen könnte und die Rechtslage dann möglicherweise anders zu beurteilen ist (vgl. BGHZ 143, 189). Dies ist selbst bei Einordnung des Anerkenntnisses als Geständnis im Sinne der §§ 288 ff. ZPO prozessual nicht gänzlich ausgeschlossen und hindert den Erlass eines Teilurteils. Nichts anderes gilt für den Feststellungsantrag. Denn auch insoweit besteht bei in Rechnung zu stellender potentieller Änderung des Prozessvortrages der Beklagten im Hinblick auf die der Schlussentscheidung vorbehaltenen Schadenspositionen die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Gleiches gilt für die Teilendentscheidung über die Kosten des Verklarungsverfahrens. Diese begegnet darüber hinaus auch rechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung. Bei den Kosten des Verklarungsverfahrens handelt es sich – jedenfalls bei der vorliegend gegebenen Identität von Parteien und Streitgegenstand im Hauptsacheverfahren – anerkanntermaßen um einen Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens, der in aller Regel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gemäß § 91 ZPO notwendig ist (vgl. v. Waldstein/Holland, Binnenschiffahrtsrecht 5. Auflage, § 14 BinSchG Rn. 11; Senat VersR 1995, 486; OLG Karlsruhe VersR 1994, 367; OLG Hamburg BinSchiff 2018, 80; davon geht auch der Beschluss des Senats vom 10.11.2015, Az. 3 W 55/15 zit. n. juris inzident aus). Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits ist aber mit Rücksicht auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung insgesamt dem Schlussurteil vorzubehalten (vgl. hierzu Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 21 m.w.N.). Soweit von diesem Grundsatz aus prozessökonomischen Gründen in besonders gelagerten Fällen Ausnahmen zugelassen werden, wenn ein schutzwürdiges Interesse einer Partei an einer vorgezogenen Kostenentscheidung besteht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25.11.1959, Az.: V ZR 82/58, zit. n. juris; KG, Beschluss vom 21.08.2013, Az.: 5 W 170/13, zit. n. juris; Zöller-Feskorn, a.a.O., § 301 Rn. 21 m.w.N.), sind diese Ausnahmen vorliegend nicht einschlägig. Es handelt sich vielmehr in der Sache um eine Teilkostenentscheidung über einen gegenständlich beschränkten Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens, die prozessual nicht zulässig ist.

3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Aufhebende und zurückverweisende Urteile sind nach vorzugswürdiger Auffassung, der der Senat folgt, für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 59 m.w.N.; OLG München NZM 2002, 1032 m.w.N.). Denn auch wenn das Urteil selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt im eigentlichen Sinne hat, weil das angefochtene Urteil bereits mit der Verkündung des aufhebenden Urteils außer Kraft tritt (§ 717 I ZPO), kann aus ihm die Vollstreckung insoweit betrieben werden, als erst die Vorlage eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils das Vollstreckungsorgan nach §§ 775, 776 ZPO nötigt, eine eingeleitete Vollstreckung aus dem aufgehobenen Urteil einzustellen und getroffene Maßnahmen aufzuheben (Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 59; OLG München NZM 2002, 1032). Daran ist auch die Höhe der zu leistende Sicherheitsleistung zu bemessen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Diese ist vielmehr dem Schlussurteil vorbehalten (Zöller-Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 58).

4.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 II 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt bis zu 120.000 € (109.932,26 € zuzüglich 5.000 € für den Feststellungsantrag).

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.