OLG Köln, Beschluss vom 12.08.2019 – 5 W 22/19

Oktober 9, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 12.08.2019 – 5 W 22/19

Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 8.6.2019 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2.5.2019 – 3 O 334/18 – und die hilfsweise erhobene Gegenvorstellung werden als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

Die Klägerin nimmt die beklagten Zahnärzte wegen des Vorwurfs von Behandlungsfehlern auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Die Kammer hat unter dem 10.4.2019 einen Beweisbeschluss erlassen. Mit zwei Schriftsätzen vom 29.4.2019 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten gebeten, die getroffenen Anordnungen zum einen hinsichtlich der ihrer Meinung unklaren Anknüpfungstatsachen im Hinblick auf § 404 a ZPO zu präzisieren, zum anderen, einzelne Formulierungen des Beweisbeschlusses zu überprüfen und zu ändern. Dies hat die Kammer mit Beschluss vom 2.5.2019 abgelehnt.

II.

Die sofortige Beschwerde war ebenso wie die hilfsweise erhobene Gegenvorstellung als unzulässig zu verwerfen. Der Beschluss vom 2.5.2019, mit dem die Kammer den Antrag der Klägerin abgelehnt hat, ihren Beweisbeschluss zu ändern und den Sachverständigen in einer den Vorstellungen der Klägerin entsprechenden Weise anzuleiten, ist grundsätzlich nicht anfechtbar. Dies entspricht – anders als die Klägerin ausführt – nicht etwa der Auffassung „von einigen“, sondern ist allgemein anerkannte Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (dazu Nachweise etwa bei Baumbach/Lauterbach § 355 Rn. 9, § 358 Rn. 6, § 404a Rn. 11; Zöller-Greger, § 358 Rn. 4 und unten BGH), insbesondere aber gefestigte Auffassung des BGH (etwa Beschl. v. 18.12.2008, I ZB 118/07; MDR 2009, 645 f.; ferner Beschl. v. 29.11.2016, VI ZB 23/16) und des erkennenden Senates (etwa Beschl. v. 15.5.2019, 5 W 3/19). Der BGH (aaO, MDR 2009, 645) hat hierzu ausgeführt:

„Anordnungen des Prozessgerichts nach § 404a Abs. 4 ZPO sind als Bestandteil oder Ergänzung des Beweisbeschlusses (§§ 358, 358a ZPO) wie dieser nicht selbstständig mit Rechtsmitteln anfechtbar (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, ZPO, 67. Aufl., § 404a Rdn. 11, § 355 Rdn. 9; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 404a Rdn. 17). Bei einem Beweisbeschluss handelt es sich um eine prozessleitende Anordnung. Diese kann nur mit den gegen die Endentscheidung gegebenen Rechtsmitteln zur Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht gestellt werden, weil mit der Zulassung einer selbstständigen Anfechtung der Beweisanordnung durch die Beschwerdeinstanz unzulässigerweise in die Sachentscheidungskompetenz des Prozessgerichts eingegriffen würde (allg. M., vgl. BGH, Beschl. v. 4.7.2007 – XII ZB 199/05, NJW-RR 2007, 1375 Tz. 8; MünchKomm.ZPO/Heinrich, 3. Aufl., § 355 Rdn. 20; Musielak/Stadler, ZPO, 6. Aufl., § 358 Rdn. 3; Stein/Jonas/Berger aaO § 358 Rdn. 5; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 358 Rdn. 4; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 115 Rdn. 36).“

Der Senat sieht sich nicht veranlasst, hiervon abzuweichen. Dass die Kammer hinsichtlich der Frage einer sinnvollen Verfahrensgestaltung, einer sachgerechten Anleitung des Sachverständigen und einer Formulierung der Beweisfragen in Bezug auf deren Klarheit und Neutralität anderer Auffassung ist als die Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter, muss die Klägerin damit innerhalb der Instanz hinnehmen und gegebenenfalls im Rahmen des etwaigen Rechtsmittels gegen die Endentscheidung der Kammer überprüfen lassen.

Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, der eine Durchbrechung des dargestellten Grundsatzes rechtfertigt. Von einem seitens der Klägerin nur pauschal behaupteten Verfahrensstillstand kann keine Rede sein, so dass auch nicht etwa eine sofortige Beschwerde in analoger Anwendung von § 252 ZPO in Betracht käme. Der Beschluss ist auf eine zügige Bearbeitung durch den Sachverständigen angelegt. Verzögerungen (die ohnehin nicht mit einem Verfahrensstillstand gleichzusetzen wären) treten einzig durch die seitens der Klägerin eingelegten Rechtsbehelfe und sonstigen Anträge (hier etwa die an den Präsidenten des Landgerichts gerichtete IFG-Anfrage) ein.

Erst recht kann keine Rede davon sein, dass die Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 103 GG irreversibel betroffen wäre. Das BVerfG (NVwZ 2005, 681) hat ebenso wie der BGH (Beschl. v. 28.5.2009, I ZB 93/08, NJW-RR 2009, 1223) ausnahmsweise eine sofortige Anfechtbarkeit des Beweisbeschlusses zugelassen, wenn sonst das rechtliche Gehör der Partei ebenso wie ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt würde und ihr dadurch ein Schaden droht, der durch ein Rechtsmittel gegen die Endentscheidung nicht wieder gut zu machen wäre. Dies betraf den Fall, wo der (asylsuchenden) Klägerin bei Durchführung des Beweisbeschlusses Gefahr für Leben und Gesundheit gedroht hätte, oder wo – ohne vorherige Anhörung der Partei – ein psychiatrisches Gutachten über deren Prozessfähigkeit angeordnet wurde. Der hier gegebene Fall, dass dem Sachverständigen mit der allgemein gehaltenen Formulierung, er möge die Behandlungsunterlagen der Beklagtenseite zugrunde legen, nicht klarer gesagt wird, welche Teile der Dokumentation er wie zugrunde zu legen habe, bzw. wie die von der Klägerin so gesehenen Widersprüche aufzulösen sind, ist damit im Hinblick auf seine Grundrechtsrelevanz nicht vergleichbar. Es liegt auch keine Irreversibilität vor. Letzteres gilt schon für den weiteren Verfahrensablauf innerhalb der Instanz. Es ist unschädlich und nicht unüblich, das schriftliche Gutachten zunächst ohne weitere Vorgaben an den Sachverständigen erstellen zu lassen, um auf der Basis seiner allgemeinen medizinischen Ausführungen von Seiten des Gerichts später (typischerweise im Rahmen einer mündlichen Erläuterung) zu entscheiden, welche der Anknüpfungstatsachen relevant und berücksichtigungsfähig sind und welche nicht. Mit fehlendem guten Willen der Kammer hat dies nichts zu tun.

Weder zu einem irreversiblen Schaden noch zu einem Verfahrensstillstand führen ferner die verdeutlichenden Klammerzusätze in der Beweisfrage 2 [„Soweit ein Behandlungsfehler (überhaupt) vorliegt…“ und „Oder handelt es sich (lediglich) um ein Verhalten, das zwar …?“]. Was die Klägerin meint, wenn sie hier die Grenze zwischen erlaubtem und nicht mehr erlaubtem richterlichem Verhalten berührt oder gar überschritten sieht, ist dem Senat schlicht nicht verständlich. Offenbar meint die Klägerin, ihr Bevollmächtigter werde hier auf „feinsinnige“ Weise nicht ganz ernst genommen. Wenn die Klägerin tatsächlich dieser Auffassung sein sollte, wäre ein eventuelles Ablehnungsgesuch das gegebene Mittel, gewiss aber nicht die sofortige Beschwerde gegen den Beweisbeschluss. Allerdings – dies sei in aller Klarheit gesagt – wäre der Gedanke, die Mitglieder der Kammer würden über die gewählten Formulierungen eine Herabwürdigung der Person des Bevollmächtigten oder gar der Klägerin betreiben und sich damit dem Vorwurf des Anscheins einer Voreingenommenheit aussetzen, aus Sicht einer vernünftig und ruhig abwägenden Partei schlicht abwegig. Bei objektiver Betrachtung sind die gewählten Formulierungen nichts anderes, als sie behaupten zu sein, nämlich sprachliche Verdeutlichungen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen (schon deshalb, weil die sofortige Beschwerde selbst bereits unstatthaft ist).

Streitwert: 30.000.- €.

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