OLG Köln, Beschluss vom 28.06.2019 – 9 U 197/18

Oktober 10, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 28.06.2019 – 9 U 197/18

1. Im Sinne der sog. strengen Wiederherstellungsklausel stellt der Ausbau eines Wohnhauses mit drei barrierefreien, selbstständig nutzbaren Wohneinheiten und die Vergrößerung der Wohnfläche von vorher 200 m² auf 308,78 m² nach der Umsetzung des genehmigten An-/Umbaus eine wesentliche Abweichung von der bisherigen Nutzung als Einfamilienhaus dar.

◦ 2. Mit dem Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel, das subjektive Risiko des Versicherers zu begrenzen und ihn davor zu schützen, dass sich der Versicherungsnehmer durch Vortäuschen des Versicherungsfalls Vermögensvorteile verschafft, wäre es nicht vereinbar, wenn der Versicherungsnehmer die Neuwertspitze für das durch den Brand zerstörte Bestandsgebäude auf der Grundlage der Berechnungen des Sachverständigen verlangen könnte, die Kosten für den Anbau aber selber tragen will.

◦ 3. Die tatsächliche Ausführung der vertraglichen Wiederherstellungsleistung ist nicht im Sinne einer Prognoseentscheidung sichergestellt, wenn die Geschäftsführer und Gesellschafter der Klägerin einerseits und diejenigen der beauftragten Bauunternehmung andererseits identisch sind.

Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäߠ § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu den Hinweisen Stellung zu nehmen.

Gründe
Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senats aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren nur noch in Höhe von 59.936 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten weiter. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht auch insoweit die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Bewertung.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 59.936 € aus der Entschädigungsvereinbarung vom 25.03.2014 i.V.m. §§ 1 S. 1 VVG, 398 BGB nicht schlüssig dargelegt. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Neuwertspitze als auch der in der Vereinbarung geregelten Kosten.

Nach dem eindeutigen Wortlaut der Entschädigungsvereinbarung zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten vom 25.03.2014 (Anlage BLD 9, Bl. 223) erwirbt die Versicherungsnehmerin den Anspruch auf den Neuwertanteil i.H.v. 53.299 € nur, soweit und sobald sie innerhalb von 3 Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass sie die Neuwertentschädigung i.H.v. 213.197 € einschließlich Mehrwertsteuer verwenden wird, um Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen. Die Regelung in der Entschädigungsvereinbarung vom 25.03.2014 zur Entstehung des Anspruchs auf den Neuwertanteil entspricht insoweit § 26 Nr. 9 VGB 2002, welcher dem Versicherungsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls zugrunde lag. Die vertraglichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte auf Ersatz des Neuwertanteils gemäß § 1 S. 1 VVG i.V.m. §§ 1 Nr. 1, 4 Nr. 1a), 9 Nr. 1, 26 Nr. 1a) und Nr. 9 VGB 2002 im Sinne einer sog. strengen Wiederherstellungsklausel wurden in der Vereinbarung vom 25.03.2014 lediglich übernommen.

Nur mit dieser Einschränkung konnte der Anspruch auf die Neuwertspitze durch die Abtretung der Versicherungsnehmerin auf die Klägerin übergehen. Insofern greifen die Ausführungen der Klägerin nicht durch, dass bei der Bewertung, ob die Voraussetzungen der Wiederherstellungsklausel eingehalten seien, die Veräußerung des versicherten Objektes an eine Kapitalgesellschaft wie die Klägerin berücksichtigt werden müsse. Der Zessionar kann durch die Abtretung des Anspruchs nicht mehr Rechte erhalten, als der Versicherungsnehmerin als Zedentin zustanden. Die zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten in den Versicherungsbedingungen und der Entschädigungsvereinbarung vom 25.03.2014 ausdrücklich vereinbarte strenge Wiederherstellungsklausel sieht keine Ausnahmen oder Lockerung der Voraussetzungen für den Fall einer Veräußerung des versicherten Gebäudes nach dem Eintritt des Versicherungsfalls vor. Die von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen einer strengen Wiederherstellungsklausel sind auf den vorliegenden Fall uneingeschränkt anzuwenden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert sich eine strenge Wiederherstellungsklausel an dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck der Neuwertversicherung, den Schaden auszugleichen, der dem Versicherungsnehmer dadurch entsteht, dass er einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss, wenn er das zerstörte Gebäude wiederherstellt. Auf diesen tatsächlichen Schaden ist der Umfang des Ersatzanspruchs allerdings beschränkt (BGH, Urteil vom 20. April 2016 – IV ZR 415/14 -, juris; BGH, Urteil vom 21. Februar 1990 – IV ZR 298/88, VersR 1990, 488, juris; BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 148/10, r+s 2011, 433, juris). Die Neuwertversicherung soll grundsätzlich nicht auch solche Aufwendungen abdecken, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes bei seiner Wiedererrichtung verursacht wurden. Eine derartige Bereicherung des Versicherungsnehmers aus Anlass des Schadenfalles ist zu vermeiden, auch um das Interesse am Abbrennen des versicherten Gebäudes nicht zu fördern.

Zweck der Wiederherstellungsklausel ist es deshalb zum einen, die Bereicherung durch die Neuwertentschädigung auf den Teil zu beschränken, der das Bedürfnis für die Neuwertversicherung begründet, also auf die ungeplanten, dem Versicherungsnehmer erst durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben (BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 148/10, r+s 2011, 433, juris; BGH, Urteil vom 21. Februar 1990 – IV ZR 298/88, VersR 1990, 488, juris). Für den Versicherungsnehmer ersichtlich zielt die Bestimmung zum anderen aber auch auf die Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers, der davor geschützt werden soll, dass der Versicherungsnehmer – wie bei freier Verwendbarkeit der Versicherungsleistung – in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen (BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 148/10, r+s 2011, 433, juris; BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 – IV ZR 94/03, r+s 2004, 238, juris). Solche unerwünschten Vermögensvorteile können auch darin bestehen, dass der Versicherungsnehmer zwar bereit ist, die durch eine Erweiterung oder wesentliche Veränderung des Neubaus gegenüber dem Vorgängergebäude entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen, im Übrigen aber auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Gebäude bei der Finanzierung des neuen Bauvorhabens zurückgreifen kann. Wollte man dem Versicherungsnehmer diesen Zugriff auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus ungeachtet der Art und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes zur freien Verwendung gestatten, wäre auch dadurch das subjektive Risiko erhöht, weil Versicherungsnehmer dann ebenfalls versucht sein könnten, zur Teilfinanzierung eines Neubauvorhabens den Versicherungsfall vorsätzlich herbeizuführen (zum Ganzen BGH, Urteil vom 20. April 2016 – IV ZR 415/14 – m. w. N., juris).

Gemessen daran erfüllt der von der Klägerin vorgetragene geplante Um- und Ausbau des Wohnhauses mit 3 barrierefreien Wohneinheiten nicht die Voraussetzungen der vereinbarten strengen Wiederherstellungsklausel. Legt man den Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren zur Sanierung und zum Umbau des Bestandsgebäudes sowie zur Errichtung eines Anbaus zu Grunde, so läge in der Umsetzung der Pläne eine werterhöhende Erweiterung und wesentliche Veränderung des Neubaus gegenüber dem versicherten Vorgängergebäude, der nach dem Sinn und Zweck der Klausel einen Anspruch auf die Neuwertspitze nicht begründen kann. Mangels rechtlicher Erheblichkeit kann daher dahingestellt bleiben, ob der neue Tatsachenvortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO wegen eines Verstoßes des Landgerichts gegen die gerichtliche Hinweispflicht im Berufungsverfahren zuzulassen ist.

Bei dem gebotenen Vergleich zwischen dem von der Klägerin geplanten Wiederaufbau und dem vor dem Brand vorhandenen versicherten Gebäude ist der genehmigte Anbau mit zu berücksichtigen. Wie den im Berufungsverfahren vorgelegten Bauplänen (Anlage K 21, Bl. 466 ff.) zu entnehmen ist, bilden das durch den Brand beschädigte Bestandsgebäude und der geplante Anbau nach der Umsetzung der Pläne ein einheitliches Wohngebäude. Durch die vorgelegten Pläne ist die Behauptung der Klägerin widerlegt, bei dem Anbau handele es sich lediglich um einen Wintergarten. In dem Anbau befinden sich nach den Plänen auch Wohnräume. Durch den Anbau wird die Wohnfläche nach dem eigenen Vortrag der Klägerin (Bl. 459) erheblich erweitert, nämlich von 200 m² Gesamtwohnfläche des versicherten Gebäudes im Versicherungsschein (Bl. 133) gegenüber 308,78 m² nach der Umsetzung des genehmigten An-/Umbaus.

Zudem wird die Art und Zweckbestimmung des Gebäudes durch die Planungen der Klägerin wesentlich verändert. Nach dem im Zeitpunkt des Brandes am 08.01.2014 geltenden Nachtrag Nr. 4 zum Versicherungsschein mit Änderungsbeginn zum 20.01.2009 (Anlage BLD 1, Bl. 133) war ein Einfamilienhaus versichert. Unstreitig wurde das versicherte Gebäude im Zeitpunkt der Ausstellung des Nachtrags und bei Eintritt des Versicherungsfalls tatsächlich auch ausschließlich als Einfamilienhaus durch die Versicherungsnehmerin genutzt. Rechtlich unerheblich ist, dass bis zum Jahr 1998 im Erdgeschoss des Gebäudes eine Arztpraxis betrieben wurde. Denn diese vorübergehende Nutzung des Gebäudes zu freiberuflichen Zwecken war unstrittig bei der Ausstellung des Nachtrags Nr. 4 zum Versicherungsschein beendet. Sie fällt nicht unter den Versicherungsschutz und ist für die Frage nicht heranzuziehen, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der strengen Wiederherstellungsklausel erfüllt sind.

Der von der Klägerin beabsichtigte Ausbau des Wohnhauses mit drei barrierefreien Wohneinheiten stellt eine wesentliche Abweichung von der bisherigen Nutzung als Einfamilienhaus dar, wobei nach dem Klägervortrag unklar bleibt, ob nach der Fertigstellung eine Aufteilung in Wohnungseigentum beabsichtigt ist. Durch die Errichtung selbstständiger Wohneinheiten ist zumindest eine Vermietung an mehrere Mietvertragsparteien möglich. Dies hat Einfluss auf den Wert des Gebäudes auf dem Immobilienmarkt. Da es sich bei der Klägerin um eine Immobilienfirma handelt, die das Gebäude nicht selbst zu Wohnzwecken nutzen will, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sie beabsichtigt, durch die Errichtung mehrerer Wohneinheiten höhere Gewinne zu erzielen als bei einem bloßen Wiederaufbau und der Fortführung der bisherigen Nutzung als Einfamilienhaus. Dies widerspricht eindeutig dem Sinn und Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine derartige Bereicherung aus Anlass des Schadenfalles unbedingt zu vermeiden.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin sich bisher nicht zu dem Vortrag der Beklagten geäußert hat, dass die neu zu errichtenden drei barrierefreien Wohneinheiten möglicherweise Teil eines Seniorenstifts oder Altenheims sein könnten. Es versteht sich von selbst, dass eine Nutzung des Gebäudes als Teil einer gewerblich betriebenen Senioreneinrichtung nicht mit der vorherigen Zweckbestimmung als selbstgenutztes Eigenheim vergleichbar wäre. Die diesbezüglichen Unklarheiten gehen zulasten der Klägerin, die für das Vorliegen der Voraussetzungen der Entstehung eines Anspruchs auf die Neuwertspitze darlegungs- und beweispflichtig ist.

Dem Erfordernis der Wiederherstellung des Gebäudes in etwa derselben Größe und Zweckbestimmung kann auch nicht dadurch genügt werden, dass die Klägerin nur die Neuwertspitze für das durch den Brand zerstörte Bestandsgebäude auf der Grundlage der Berechnungen des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen begehrt, die Kosten für den Anbau selber tragen will und sie nach ihrem Vortrag bereits erhebliche Investitionen in das Vorhaben aufgebracht hat. Denn damit könnte allenfalls eine objektive Bereicherung der Klägerin hinsichtlich des Bestandsgebäudes ausgeschlossen werden. Darin erschöpft sich der Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel aber nicht. Stünde einem Versicherungsnehmer bzw. nach der Abtretung dem Zessionar ungeachtet der Art und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes die Neuwertentschädigung bis zur Höhe des Neuwerts des zerstörten Gebäudes in jedem Falle zu, würde dies das subjektive Risiko erhöhen, dem die Wiederherstellungsklausel entgegenwirken soll (zum Ganzen BGH, Urteil vom 20. April 2016 – IV ZR 415/14 -, juris).

Darüber hinaus ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass aufgrund der besonderen Umstände des streitgegenständlichen Einzelfalls eine Wiedererrichtung des Gebäudes trotz des vorgelegten Bauvertrags nicht sichergestellt ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf Seite 9 des angefochtenen Urteils, denen er sich anschließt. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Bewertung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es Sache des Tatrichters, die Sicherstellung nach den gegebenen Umständen im Streitfall festzustellen (BGH, Urteil vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 -, juris; BGH, Urteil vom 18.02.2004 – IV ZR 94/03 -, juris). Sie erfordert eine Prognose in dem Sinne, dass bei vorausschauend wertender Betrachtungsweise eine bestimmungsgemäße Verwendung der Entschädigung hinreichend sicher angenommen werden kann. Es bedarf diesbezüglich Vorkehrungen, die – auch wenn sie keine restlose Sicherheit garantieren – jedenfalls keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung aufkommen lassen, um Manipulationen möglichst auszuschließen. Das wird beispielsweise anzunehmen sein nach verbindlichem Abschluss eines Bauvertrages oder eines Fertighauskaufvertrages mit einem leistungsfähigen Unternehmer, wenn die Möglichkeit der Rückgängigmachung des Vertrages nur fernliegend ist oder wenn von der Durchführung des Vertrages nicht ohne erhebliche wirtschaftliche Einbußen Abstand genommen werden kann (BGH, Urteil vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 -, juris; BGH, Urteil vom 18.02.2004 – IV ZR 94/03 – juris; OLG Hamm, Urteil vom 12. Februar 2016 – 20 U 126/15 -, juris; Johannsen, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 8 Umfang der Entschädigung, Rn. 28 ff.).

Gemessen daran hat die Klägerin eine Sicherstellung der Wiederherstellung bis zum Ablauf der Dreijahresfrist am 08.01.2017 nicht nachvollziehbar dargetan. Unstrittig ist eine Wiederherstellung des Gebäudes bis zum heutigen Tag nicht erfolgt. Der vorgelegte Bauvertrag mit der L. Bauunternehmung GmbH (nachfolgend L.) reicht zum Nachweis einer Sicherstellung nicht aus. Wie die Beklagte unbestritten ausgeführt hat, sind die Geschäftsführer und Gesellschafter der Klägerin einerseits und der beauftragten L. andererseits identisch. Die Klägerin selbst spricht von der L. als ihrer „Schwestergesellschaft“. Aufgrund dieser personellen und wirtschaftlichen Verflechtung der Vertragsparteien kann der Bauvertrag jederzeit allein nach deren Gutdünken wieder aufgehoben und abgeändert werden. Sanktionen drohen der Klägerin insoweit nicht. Der Vertrag ist damit nicht hinreichend verbindlich, um eine tatsächliche Ausführung der vertraglichen Leistungen sicherzustellen (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 12. Februar 2016 – 20 U 126/15 -, Rn. 47 – 50, juris).

Außerdem ist bei der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, dass nach dem Vortrag der Klägerin nicht ausgeschlossen erscheint, dass eine Durchführung des geplanten Um- und Anbau an der Finanzierung scheitert. Die Klägerin hat auf Seite 6 ihres Schriftsatzes vom 14.11.2018 (Bl. 361) vorgetragen, dass ohne Erhalt der Versicherungsleistung die Finanzierung nicht gesichert sei. Zu den Einzelheiten der geplanten Finanzierung verhält sich der Vortrag der Klägerin nicht. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, welche Finanzierungslücken durch die begehrte Versicherungsleistung überbrückt werden sollen. Die mit der Berufung weiterverfolgte Forderung der Klägerin beläuft sich nur noch auf 59.936 €. Allein die mit der Firma L. vereinbarte Vergütung beträgt 253.312,16 € brutto. Hinzu kommen Kosten für die Planung und die Baugenehmigung. Angesichts dieser erheblichen Differenz zwischen der eingeklagten Neuwertspitze und den voraussichtlichen Kosten ist nicht auszuschließen, dass eine Verwirklichung des genehmigten Um- und Anbaus letztlich an der ohnehin nicht gesicherten Finanzierung scheitert.

Entgegen der Argumentation der Klägerin folgt eine Sicherstellung der Wiederherstellung nicht schon daraus, dass sie – wie sie behauptet – bereits erhebliche Kosten für die Planung und die Abrissarbeiten aufgewandt habe. Denn die aufgewendeten Kosten schließen nicht aus, dass die Klägerin das geplante Vorhaben, etwa mangels Finanzierung, aufgibt und das Grundstück in unfertigem Zustand weiterveräußert.

Die Klägerin hat die Voraussetzungen für die Zahlung weiterer Aufräumungs- und Abbruchkosten i.H.v. 6.637 € nicht nachvollziehbar dargetan und nicht geeignet unter Beweis gestellt. Voraussetzung für die Zahlung weiterer Kosten ist nach dem eindeutigen Inhalt der Entschädigungsvereinbarung vom 25.03.2014 (Bl. 223), dass die Versicherungsnehmerin bzw. die Klägerin als deren Zessionarin den Betrag nachweislich für die Aufräumung der Schadenstelle aufgewandt hat. Danach ist die Vorlage eines Nachweises über die tatsächliche Zahlung der Kosten erforderlich. Ein solcher Zahlungsnachweis fehlt. Die Beklagte hat durchgängig einen entsprechenden Zahlungsfluss bestritten. Einen Beleg über die tatsächliche Zahlung von Aufräumungskosten hat die Klägerin trotz dieses Bestreitens nicht vorgelegt. Angesichts der personellen Verflechtung der Klägerin mit der beauftragten Firma L. genügt zum Nachweis die Vorlage einer Rechnung nicht. Im Übrigen verhält sich der Vortrag der Klägerin nicht dazu, welche konkreten Leistungen in der vorgelegten Abschlagsrechnung der Firma L. vom 06.11.2015 (Bl. 275 ff.) allein dem Aufräumen der Schadensstelle in dem versicherten Gebäude zuzuordnen sind und nicht im Zusammenhang stehen mit dem darüber hinausgehend geplanten Umbau und Anbau, für den die Beklagte nicht eintrittspflichtig ist.

Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Sache hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Für die Klägerin besteht Gelegenheit, binnen 3 Wochen zu den Hinweisen des Senats Stellung zu nehmen. Auf die gemäß Nr. 1222 KV zum GKG bestehende Möglichkeit zur Kostenersparnis im Fall einer Berufungsrücknahme wird vorsorglich hingewiesen.

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