OLG Köln, Beschluss vom 28.05.2019 – 15 U 36/19

Oktober 10, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 28.05.2019 – 15 U 36/19

Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 22.1.2019 (1 O 79/18) wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe
Die Berufung der Klägerin unterliegt gemäß § 522 Abs. 2 ZPO der Zurückweisung durch Beschluss, weil das Rechtsmittel – im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO offensichtlich – keine Aussicht auf Erfolg hat, die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordern und eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht veranlasst ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 – 4 ZPO).

Die Klägerin ist auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss vom 23.4.2019, auf die Bezug genommen wird und an denen der Senat auch in der geänderten Besetzung weiter festhält, hingewiesen worden. Auch unter Berücksichtigung ihres weiteren Vorbringens im Schriftsatz vom 20.5.2019 ist keine ihr günstigere Beurteilung der Sach- und Rechtslage geboten.

1. Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass es sich bei der Beklagten um eines der in Deutschland führenden Telekommunikationsunternehmen handelt, das eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte anbietet, deren Details die Kunden möglicherweise nicht vollständig überblicken können, kann nicht dazu dienen, einen eigenständigen Beratungsvertrag zwischen den Parteien anzunehmen. Denn scheidet dies nach der herrschenden Rechtsprechung im Regelfall deshalb aus, weil die beratende Tätigkeit des Verkäufers gerade als Teil der Absatzbemühungen anzusehen ist und bedarf es daher besonderer und außergewöhnlicher Umstände, um eine vertragliche Verpflichtung eigener Art neben dem Kaufvertrag zu begründen (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.1997 – VIII ZR 238/96, NJW 1997, 3227 m.w.N.), vermag der Senat solche Umstände auch in der Marktstellung eines Verkäufers oder in der Vielfalt der von ihm angebotenen Produkte nicht zu erkennen. Die in heutiger Zeit bestehende Technisierung bzw. Digitalisierung vieler Lebensbereiche mag es zwar mit sich bringen, dass Kunden ohne eine fachliche Beratung vielfach nicht in der Lage sind, die für ihre Anforderungen jeweils „passenden“ Produkte zu identifizieren. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es vorliegend nicht um die vermeintlich einem Laien nicht mögliche Bedienbarkeit oder die generelle technische Eignung des Kaufgegenstandes, sondern vielmehr um dessen Eignung für einen von der Klägerin konkret gewünschten Zweck geht. Die Offenlegung eines solchen konkreten Einsatzzwecks gegenüber dem Verkäufer ist jedoch – unabhängig von der Größe dessen Unternehmens oder der Vielfalt seiner Produkte – primär Aufgabe des Käufers, wenn nicht – wie auch hier nicht – besondere Umstände eine abweichende Betrachtung gebieten.

2. Soweit die Klägerin weiter geltend macht, der für sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses tätige Systemadministrator A habe keine detaillierten Kenntnisse bezüglich Videokonferenzanlagen gehabt, kann auch dies ihre Berufung nicht stützen.

Allein die von der Klägerin wiedergegebene Definition des Begriffes „Systemadministrator“ im Online-Portal Wikipedia sagt nichts über die konkreten Fähigkeiten des jeweiligen Trägers dieser Berufs- bzw. Tätigkeitsbezeichnung aus. Gegen die Annahme fehlender Kenntnisse bei Herrn A spricht in tatsächlicher Hinsicht schon, dass die von der Beklagten angebotenen Videokonferenzanlagen ausweislich der Bekundungen der Zeugin B von Herrn A „technisch beurteilt“ wurden und dieser die Auskunft erteilt habe, „dass das passen würde“ (vgl. Bl. 194). Die Zeugin B hat weiter bekundet, dass „die Empfehlung zum Kauf der C … von unserem Systemadministrator“ kam, was den Schluss auf entsprechende technische Kenntnisse und Fähigkeit von Herrn A nahelegt.

Selbst wenn aber auf Seiten der Klägerin solche Kenntnisse über die konkrete Funktionsweise der jeweiligen Videokonferenzanlagen tatsächlich nicht vorhanden gewesen sein sollten, ist nicht dies entscheidend, sondern vielmehr die Frage, welcher objektiv erkennbare Beratungsbedarf der Kläger sich aus Sicht der Beklagten ergab. Diese konnte in Person des Zeugen D aufgrund der Einbindung von Herrn A auf Seiten der Klägerin schon nicht erkennen, dass die Klägerin vermeintlich nur laienhafte Vorstellungen/Vorkenntnisse im Hinblick auf Videokonferenzanlagen sowie deren Einsatz in der konkreten technischen Umgebung ihres Unternehmens hatte, was gegebenenfalls die Pflicht des Zeugen D begründet hätte, von sich aus bei der Klägerin nach deren Vorstellungen zur Beschaffenheit der Videokonferenzanlage zu forschen oder aber dem Angebot vom 24.2.2016 weitergehende Informationen als die mitübersandten Datenblätter beizufügen (vgl. dazu OLG Köln, Urt. v. 22.10.1993 – 19 U 62/93, juris).

3. Auch der erneut erhobene Einwand der Kläger dahingehend, dass sich die Beklagte den Inhalt der Mitteilung der Zeugin B an den Zeugen E zurechnen lassen müsse, ändert nichts an der im Beschluss vom 23.4.2019 dargelegten Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Denn wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin den Beweis nicht führen können, dass diese Angaben der Zeugin B zum konkreten Einsatzzweck der Videokonferenzanlage an die dafür zuständigen Mitarbeiter der Beklagten weitergeleitet wurden. Im Hinblick darauf, dass der Zeuge E als Servicetechniker für Telefonanlagen weder befähigt noch von der Beklagten beauftragt war, einen Kunden in detaillierter Form zum Thema Videokonferenzanlage zu beraten, kommt bezüglich der ihm gegenüber mitgeteilten technischen Anforderungen eine Zurechnung analog § 166 BGB nicht in Betracht. Da die Klägerin auf der einen Seite verlangt, dass die Beklagte die vermeintlich fehlenden Kenntnisse des für sie tätigen Systemadministrators zur technischen Beurteilung einer Videokonferenzanlagen erkennt, darf sie auf der anderen Seite auch nicht davon ausgehen, dass die Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten, der – wovon der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf Basis der erstinstanzlichen Feststellungen auszugehen hat – sich ihr als Servicetechniker für Telefonanlagen vorgestellt und auf seine fehlenden tiefgreifenden Kenntnisse bezüglich Videokonferenzanlagen hingewiesen hat, ein für sie zufriedenstellendes Ergebnis erbringt.

4. Auf die weiteren Ausführungen der Klägerin zur Frage des abgelehnten Beratungsgespräches mit dem Zeugen D (Seite 4 des Schriftsatzes vom 20.5.2019) kommt es für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht an, weil – wie bereits im Beschluss vom 23.4.2019 dargelegt – die Klägerin zunächst eine fehlerhafte Beratung durch die Beklagte darzulegen und zu beweisen hat, wobei ihr die Beweisführung dahingehend nicht gelungen ist, dass die Zeugin B die konkreten Anforderungen an die Videokonferenzanlage auch gegenüber dem Zeugen D – als dem dafür zuständigen Mitarbeiter der Beklagten – kundgetan hat.

5. Da die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vom 24.7.2018 selbst erklärt hat, mit der Klage Ansprüche aus dem Gesichtspunkt einer Pflichtverletzung vor Vertragsschluss gegen die Beklagte geltend macht, die nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegeben sind und aus dem streitgegenständlichen Geschehen auch keine Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangt werden kann, kommt eine Pflicht der Beklagten zum Abbau bzw. zur Abholung der im Eigentum der Leasinggeberin stehenden Geräte nicht in Betracht.

6. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 15.545,99 Euro

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