OLG Köln, Beschluss vom 12.05.2017 – 19 Sch 4/17

Oktober 29, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 12.05.2017 – 19 Sch 4/17

Der Antrag des Antragstellers auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens Nationale Anti Doping Agentur Deutschland gegen P und Deutscher Ringerbund vor dem Deutschen Sportschiedsgericht, Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS), Cstraße 5-10, L, Az. E, wird zurückgewiesen.

Die Kosten dieses Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe
I.

Der Antragsteller begehrt die Feststellung der Unzulässigkeit des gegen ihn von der Antragsgegnerin eingeleiteten schiedsgerichtlichen Verfahrens vor dem Deutschen Sportschiedsgericht, Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS), durch gerichtliche Entscheidung nach § 1040 Abs. 3 ZPO.

Der Antragsteller ist Ringer und in dieser Disziplin mehrfacher Deutscher Meister, hat an internationalen Wettbewerben teilgenommen und ringt in der Bundesliga. Die Antragsgegnerin ist die für Deutschland zuständige Nationale Anti-Doping Organisation (NADA). Weitere Schiedsbeklagte in dem von ihr eingeleiteten Schiedsgerichtsverfahren ist der Deutsche Ringerbund e.V. (DRB). Zwischen dem DRB und dem Antragsteller kam es am 10.01.2015 zu einer „Schiedsvereinbarung“ (Anlage ASt 9). Darin heißt es auszugsweise:

„Alle Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit der DRB-Anti-Doping-Ordnung (NADA-Code 2015) stehen und die einen Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen zum Gegenstand haben sowie eine Sperre des Athleten… nach sich ziehen können, werden nach der Sportschiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS, DIS-SportSchO) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden. Das DIS… entscheidet in diesen Fällen als Rechtsmittelinstanz (Berufungsinstanz)… Das anwendbare Recht sind die DRB-Bestimmungen sowie ersatzweise/analog die allgemeinen Rechtsgrundsätze des staatlichen Rechts (Zivilprozessordnung/Strafprozessordnung).“

Dem Antragsteller wird vorgeworfen, gegen die Anti-Dopingvorschriften verstoßen zu haben. Unter anderem soll er am 16.02.2016 eine Infusion mit mehr als 50 ml erhalten haben. Das Landgericht Freiburg hat mit Beschluss vom 30.05.2016 (Anlage ASt 1) festgestellt, dass die beim Antragsteller am 26.02.2016 durchgeführte Durchsuchung rechtswidrig gewesen sei, weil kein Anfangsverdacht bestanden habe.

Der DRB hat im Verbandsverfahren festgestellt, dass ein Verstoß gegen die Anti-Doping-Ordnung des DRB (DRB-ADO) nicht nachgewiesen werden könne. Der Antragsteller wurde freigesprochen und die vorläufige Suspendierung aufgehoben (Anlage ASt 2). Gegen diesen Bescheid legte die Antragsgegnerin mit Rechtsmittelschrift vom 30.08.2016 (Anlage ASt 3) zum Deutschen Sportschiedsgericht bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) Berufung ein. Sie hat beantragt, den Beschluss der Anti-Doping-Kommission des DRB aufzuheben und den Antragsteller mit einer Sperre zu sanktionieren. Mit der Klageerwiderung hat der Antragsteller die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gerügt. Auf Antrag des Antragstellers erließ das Schiedsgericht am 28.02.2017 einen Zwischenentscheid im Sinne von § 1040 Abs. 3 S. 1 ZPO (Anlage ASt 6), nach dem die Schiedsklage zulässig und insbesondere das Sportschiedsgericht zuständig sei. In der Verfügung vom 28.02.2017 (Anlage ASt 7) erklärte das Schiedsgericht weiter, dass das Schiedsverfahren nicht ausgesetzt werde.

Gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wendet sich der Antragsteller mit der vorliegenden Antragsschrift.

Er rügt, dass es an einer Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1 Abs. 1 und § 24 DIS-SportSchO i.V.m. § 1029 Abs. 1 ZPO fehle, da die Antragsgegnerin nicht Partei der Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 sei.

Die Antragsgegnerin könne sich zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auch nicht auf die Satzung des DRB oder die Rechtsordnung des DRB und die DRB-ADO berufen. Diese enthielten keine Schiedsklausel. Überdies würde eine Schiedsklausel den Antragsteller nicht binden, weil er nicht Mitglied des Deutschen Ringerbundes sei.

Die Zuständigkeit des Sportschiedsgerichts ergebe sich auch nicht aus der DIS-SportSchO, auf welche in der Schiedsvereinbarung Bezug genommen werde. Zwar könne die Antragsgegnerin nach § 57.1 der SportSchO ein Schiedsverfahren einleiten. Dies sei aber nur eine Regelung über das Verfahren im Sinne von § 1042 Abs. 3 ZPO, die nicht darüber hinweghelfe, dass die Antragsgegnerin nicht Partei der Schiedsvereinbarung sei. Erschwerend komme hinzu, dass die bei Abschluss der Schiedsvereinbarung am 10.01.2015 geltende DIS-SportSchO 2008 noch keine Berechtigung der NADA zur Einleitung des Schiedsverfahrens vor dem DIS enthalten habe. Ein solches Recht sei erst durch § 57 Abs. 1 der ab dem 01.04.2016 gültigen Fassung eingeführt worden. Zwar sei die Antragsgegnerin auch nach der DRB-ADO berechtigt, Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung des DRB-Rechtsausschuss I beim Deutschen Sportschiedsgericht einzureichen. Allerdings setze auch dies voraus, dass eine Schiedsvereinbarung zwischen den Beteiligten vorliege. Offenbar sei auch die Antragsgegnerin selbst davon ausgegangen, dass die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung geltende DIS-SportSchO und die DRB-Bestimmungen nicht ausreichten, um ein Schiedsverfahren zu führen. Ansonsten hätte sie nämlich die SportSchO nicht zu ihren Gunsten ändern lassen müssen.

Auch eine Schiedsvereinbarung zu Gunsten Dritter sei nicht gegeben. Die Antragsgegnerin werde in der Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 nicht erwähnt und auch eine Öffnungsklausel für die Beteiligung eines beliebigen Dritten sei nicht vereinbart worden. Eine Einbeziehung der Antragsgegnerin könne auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung erfolgen. Für den Antragsteller sei bei Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht ersichtlich gewesen, dass die Antragsgegnerin ein Recht haben solle, sich auf die Schiedsvereinbarung zwischen dem Antragsteller und dem DRB zu berufen und ein Schiedsverfahren unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges einzuleiten, obwohl der Antragsteller von dem DRB im Verbandsverfahren freigesprochen worden sei. Unvollständigkeiten oder Unklarheiten der Regelung in der Schiedsvereinbarung gingen zu Lasten der Antragsgegnerin. Der Antragsteller habe keine Zustimmung zur Einbeziehung der Antragsgegnerin erteilt. Die Durchführung des Schiedsgerichtsverfahrens ohne den Willen der Parteien der Schiedsvereinbarung verletze den Antragsteller in seinem Justizgewährungsanspruch. Die DRB-ADO enthielten zudem Regelungen (Beweiserleichterungen, Schlüsse aus dem Schweigen), die mit Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 EMRK nicht vereinbar seien.

Die Schiedsvereinbarung zugunsten Dritter sei zudem formunwirksam, weil eine solche nicht von der Antragsgegnerin unterzeichnet sei. Die Schiedsvereinbarung müsse von allen Beteiligten eigenhändig gemäß § 1031 Abs. 5 ZPO unterzeichnet sein, weil der Antragsteller Verbraucher sei. Der Antragsteller sei zum Zeitpunkt des angeblichen Verstoßes gegen das Anti-Doping-Gesetz im Februar 2016 Polizeibeamter zur Probe gewesen und habe daraus seinen Lebensunterhalt bestritten. Die Teilnahme des Antragstellers an der Bundesliga gehöre zur Privatsphäre und stelle keine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit dar. Die Schiedsvereinbarung sei nur geschlossen worden, damit der Antragsteller an internationalen und nationalen Wettkämpfen teilnehmen könne. Diesen Formmangel habe er auch bereits im schiedsgerichtlichen Verfahren mit dortigem Schriftsatz vom 06.02.2017 gerügt.

Der Antragsteller habe sich auch nicht freiwillig der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen. Auch insoweit liege ein Verstoß gegen den Justizgewährungsanspruch und Art. 6 EMRK vor.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass das schiedsgerichtliche Verfahren Nationale Anti Doping Agentur Deutschland gegen P und Deutscher Ringerbund vor dem Deutschen Sportschiedsgericht, Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS), Cstraße 5-10,L, Az. E, unzulässig ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass eine Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1029 Abs. 1 ZPO vorliege. Der Antragsteller habe am 10.01.2015 durch Unterzeichnung einer entsprechenden einzelvertraglichen Schiedsvereinbarung einem Schiedsverfahren vor dem Deutschen Sportschiedsgericht ausdrücklich zugestimmt. Die vom Deutschen Sportschiedsgericht im Schiedsverfahren zu entscheidende Frage, ob der Antragsteller einen Verstoß gegen die Anti Doping-Bestimmung begangen habe, der eine Sperre nach sich ziehe, sei vom Wortlaut der Schiedsvereinbarung eindeutig umfasst. Auch der Deutsche Ringerbund habe in seinem Regelwerk – Artikel 13.2.3.2 lit. (d) der DRB-Anti-Doping-Ordnung – der Beteiligung der NADA zugestimmt.

Angesichts der expliziten einzelvertraglichen Schiedsvereinbarung seien die Ausführungen des Antragstellers zu Verweisungsklauseln in Satzungen irrelevant.

§ 57.1 des SportSchO 2016, die der NADA ein Recht zur Rechtsmitteleinlegung einräume, finde auf das Schiedsverfahren E Anwendung. Sowohl nach § 1.2 der zum Zeitpunkt der Schiedsvereinbarung geltenden alten Fassung als auch der neuen Fassung der DIS-SportSchO sei die bei Beginn des schiedsgerichtlichen Verfahrens jeweils gültige DIS-SportSchO einschlägig. Die Einleitung des Schiedsverfahrens sei vorliegend am 30.08.2016 und somit zum Zeitpunkt der seit dem 01.04.2016 geltenden Fassung erfolgt. Eine solche Regelung wie in § 1.2 sei auch üblich. Der Regelungsinhalt des § 57.1 DIS-SportSchO ergebe sich im Übrigen auch direkt aus den Anti-Doping-Bestimmungen des DRB. Sie verweist auf Artikel 13.2.3.2 lit. (d) DRB-ADO.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass zu ihren Gunsten eine Drittwirkung der Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 bestehe. Die Schiedsvereinbarung sei echter Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB. In der Schiedsvereinbarung werde der NADA-Code 2015 erwähnt, welcher als Grundlage für die DRB-ADO diene. Diese Bestimmungen, die weitreichende Befugnisse der Antragsgegnerin gegenüber dem jeweiligen Athleten vorsähen, seien von allen Beteiligten so gelebt worden. Auch seien die Kontrollbefugnisse der Antragsgegnerin vom Antragsteller nicht in Zweifel gezogen worden. Die Rechtsbehelfsmöglichkeiten der NADA seien im Bereich des Sports allseits bekannt und dienten einer einheitlichen Rechtsprechung gerade in solchen Fällen, in denen die Fachsportverbände erstinstanzliche Disziplinarverfahren selbst durchführten. Die Rechtsbehelfsmöglichkeit der NADA sei für den Antragsteller insofern nicht überraschend gewesen. Es sei nicht erforderlich, dass die Antragsgegnerin als Dritte ausdrücklich in der Schiedsvereinbarung erwähnt werde. Ein solches Erfordernis ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des OLG Brandenburg vom 21.02.2013, Az: 5 U 80/11. Es entspreche auch dem grundsätzlichen Willen des DRB, dass eine Verbandsgerichtsentscheidung im Wege eines Schiedsverfahrens vor dem Deutschen Sportschiedsgericht und nicht vor einem staatlichen Gericht überprüft werden könne. Wenn die Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 nicht als Vertrag zu Gunsten Dritter qualifiziert werde, sei davon auszugehen, dass der DRB sein unstreitiges Recht zur Einreichung einer Schiedsklage vor dem Deutschen Sportschiedsgericht an die Antragsgegnerin abgetreten habe.

Die Schiedsvereinbarung sei auch nicht deshalb formunwirksam, weil der Antragsteller als Verbraucher einzustufen sei. Zur fehlenden Verbrauchereigenschaft verweist sie auf die Ausführungen des Schiedsgerichts auf den Seiten 7-8 des Zwischenentscheids vom 28.02.2017 und behauptet ferner unter Bezugnahme auf ihre Replik im Schiedsgerichtsverfahren, dass der Antragsteller erhebliche Einnahmen aus Wettkämpfen und durch Sponsorengelder erziele und er seinen Lebensunterhalt nicht hauptsächlich aus seiner Tätigkeit als Polizeibeamter auf Probe bestreite. § 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO sehe nur vor, dass die Schiedsvereinbarung in einer eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein müsse und diese keine anderen Regelungen enthalte. Der dadurch bezweckten Warnfunktion sei hier genüge getan. Auch könne weder von fehlender Freiwilligkeit des Athleten zum Abschluss der Schiedsvereinbarung noch von fehlender Prozessführungsbefugnis der Antragsgegnerin ausgegangen werden. Der Antragsteller wende sich auch nicht gegen die Zuständigkeit des Deutschen Sportgerichts für die dem Schiedsverfahren zugrunde liegende Anti Doping-Streitigkeit, sondern nur dagegen, dass dieses Schiedsverfahren von der NADA und nicht vom DRB eingeleitet werde. Die Klageberechtigung der NADA ergebe sich jedoch aus Artikel 13.2.3.2 lit. (d) DRB-ADO und §§ 1, 57.1 DIS-SportSchO.

Wegen des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach § 1040 Abs. 3 ZPO statthaft und innerhalb der Monatsfrist eingereicht worden. Das Oberlandesgericht Köln ist nach § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zuständig.

2. Der Antrag ist aber nicht begründet. Das Deutsche Sportschiedsgericht (DIS) hat für die Schiedsklage E seine Zuständigkeit zur Recht bejaht.

Die Antragsgegnerin ist klagebefugt und in die zwischen dem Antragsteller und dem Deutschen Ringerbund e.V. (DRB) am 10.01.2015 getroffene Schiedsvereinbarung wirksam einbezogen worden.

a) Zwar ist die Antragsgegnerin nicht Partei der vorgenannten Schiedsvereinbarung und ihr wird auch nicht ausdrücklich das Recht eingeräumt, Klage gegen den Athleten einzuleiten oder Partei in einem Schiedsverfahren zu sein. Die Einbeziehung der Antragsgegnerin in die Schiedsvereinbarung ergibt sich aber aus dem Verweis auf die DRB-Bestimmungen (DRB-Anti Doping Ordnung, NADA Code 2015) und auf die Sportschiedsgerichtsordnung der DIS (DIS-SportSchO).

Gem. § 57.1. der zum Zeitpunkt der Einreichung der Schiedsklage (bzw. des Rechtsmittels) geltenden DIS-SportSchO (2016) kann die NADA auch dann das in der Schiedsvereinbarung vorgesehene Schiedsverfahren einleiten, wenn sie nicht Partei der Schiedsvereinbarung ist. In die Geltung dieser Regelung haben sowohl der Antragssteller als auch der DRB mit Unterzeichnung der Schiedsvereinbarung eingewilligt. Für den DRB ergibt sich das schon daraus, dass er sich mit den DRB ADO 2015 ein Statut zu eigen macht, das umfassende Kontrollbefugnisse der NADA vorsieht und ihr in § 13.2.3.2. lit. (d) das Recht einräumt, einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung seines Rechtsausschusses beim Deutschen Sportschiedsgericht einzulegen. Aber auch der Antragsteller hat sich in der Schiedsvereinbarung der DRB ADO 2015 und der DIS-SportSchO unterworfen. Dies folgt – wie vom Schiedsgericht im Zwischenbescheid vom 28.02.2017 zutreffend angenommen – aus der in der Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 in Bezug genommenen DIS-SportSchO, nach deren § 1.2 die bei Beginn des Schiedsverfahrens (hier: Zustellung der Rechtsmittelschrift vom 30.08.2016 am 12.09.2016) und nach deren § 57.1 in der aktuellen Fassung (in Kraft seit dem 01.04.2016) die NADA auch dann ein Schiedsverfahren einleiten kann, wenn sie nicht Partei der Schiedsvereinbarung ist. Da die Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 keine Fassung nennt, kann der Antragsteller nicht einwenden, die Regelung in der Schiedsvereinbarung stünde im Widerspruch zu der Regelung in § 1.2 DIS-SportSchO. Zudem verweist das Schiedsgericht zu Recht auf Art. 13.2.3.2 lit (d) DRB ADO 2015, auf die in der Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 ebenfalls Bezug genommen wird und die damit vereinbart ist. Danach ist ausdrücklich festgelegt, dass der NADA eine Rechtsmittelbefugnis zukommt.

Da nach der Schiedsvereinbarung „alle Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit der DRB-Anti Doping Ordnung … stehen und die einen Verstoß gegen die Anti-Doping Bestimmungen zum Gegenstand haben sowie eine Sperre der Athleten … nach sich ziehen können“ vom DIS als Rechtsmittelinstanz entschieden werden, kommt auch zum Ausdruck, dass nicht nur solche Streitigkeiten vom DIS entschieden werden, in denen der Athlet und der DRB sich als Parteien gegenüberstehen, sondern auch solche, in denen das zuständige Gremium des DRB in dem gem. Art 12 der DRB ADO, §§ 17, 26 ff. Rechtsordnung des Deutschen Ringerbundes (RO) durchgeführten Disziplinarverfahren keinen Verstoß des Athleten gegen die Doping-Bestimmungen feststellt und die NADA von der ihr nach § 13.2.3.2. lit (d) eingeräumten Rechtsmittelbefugnis Gebrauch macht. Durch den weit gefassten Wortlaut der Schiedsvereinbarung („alle Streitigkeiten“) und den Hinweis auf den „NADA-Code 2015“ und das DIS als „Rechtsmittelinstanz“ wird einem Vertrauenstatbestand entgegengewirkt, dass Streitigkeiten in erster Instanz mit dem Disziplinarverfahren enden, wenn darin der Athlet von Dopingvorwürfen freigesprochen wird. Die Befugnisse der NADA sind in der DRB ADO weit gefasst (z.B. umfassende Kontrollrechte und Meldepflichten) und die vorgesehene Rechtmittelbefugnis der NADA ist ersichtlich gerade für den Fall zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gedacht, dass der jeweilige Sportfachverband das erstinstanzliche Disziplinarverfahren selbst durchführt. Insofern kann die Befugnis der Antragsgegnerin, ein Rechtsmittel gegen einen für den Athleten günstigen Beschluss im Verbandsverfahren einzulegen, nicht als überraschend angesehen werden.

b) Dem Schiedsgericht ist auch darin zu folgen, dass in der Bezugnahme auf die DIS-SportSchO und die DRB-Bestimmungen und den darin statuierten Klagebefugnissen der NADA ein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB zu sehen ist. Nicht erforderlich ist es, dass eine dreiseitige Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin, dem Antragsteller und dem DRB vorliegt und die Antragsgegnerin ausdrücklich Erwähnung findet. Vielmehr reicht es zur Begründung des Rechts der Antragstellerin (als „Drittem“), am Schiedsgerichtsverfahren vor dem DIS als Klagepartei teilzunehmen, dass ihr dieses in der in Bezug genommenen SportSchO mit Billigung der Parteien der Schiedsvereinbarung eingeräumt wird. Durch die am 10.01.2015 geschlossene Schiedsvereinbarung haben der Antragsteller und der DRB die Entscheidung des Rechtsstreits E den staatlichen Gerichten entzogen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Antragsteller Verbraucher im Sinne von § 13 BGB ist. Denn die vorliegende Schiedsvereinbarung genügt auch den strengen Formvorschriften des § 1031 Abs. 5 ZPO. Die Teilnahmemöglichkeit der NADA an dem Schiedsgerichtsverfahren ist eine Ausformung des schiedsgerichtlichen Verfahrens, die die Parteien der Schiedsvereinbarung ohne den „Dritten“ vereinbaren können. Die Form des § 1031 ZPO muss nur im Verhältnis zwischen Antragsteller und DRB gewahrt sein. Eines „Beitritts“ der Antragsgegnerin in der Form des § 1031 ZPO bedarf es nicht (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 1031 Rz. 18; BGH, Urteil vom 08.05.2014, III ZR 371/12, juris Rz. 31 a.E.). Die vom Antragsteller in Bezug genommenen Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21.02.2013, 5 U 80/11, juris Rz. 31, besagt nichts Gegenteiliges. Vielmehr ist daraus nur abzuleiten, dass ein Dritter nicht ohne dessen Willen in ein schiedsgerichtliches Verfahren hineingezogen werden kann, da dies einen Vertrag zu Lasten Dritter darstellte. Hier wird aber nicht zu Lasten der NADA eine Gerichtspflichtigkeit begründet, sondern ihr wird das Recht eingeräumt, ein Rechtsmittelverfahren einzuleiten. Eine derartige Einbeziehung von Dritten ist möglich (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.05.2012, 26 SchH 11/10, juris Rz. 71). Soweit der Antragsteller jetzt geltend macht, er sei mit der Rechtsmittelbefugnis der Antragsgegnerin nicht einverstanden, so ist dies unerheblich, weil er sich in der Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 mit der Geltung der diese Befugnis vorsehenden SportSchO und DRB-Bestimmungen einverstanden erklärt hat.

c) Soweit der Antragsteller in der Rechtsmittelschrift gegenüber dem Schiedsgericht (Anlage Ast 4) eingewandt hat, die Unterwerfung unter die Schiedsvereinbarung vom 10.01.2015 sei unwirksam, weil sie unfreiwillig erfolgt sei, so hat sich das Schiedsgericht im Zwischenentscheid vom 28.02.2017 (S. 8 ff.) mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Fall „Pechstein/International Skating Union“, Urteil vom 07.06.2016 – K ZR 6/15, juris Rz. 51 ff., und den kritischen Anmerkungen dazu auseinandergesetzt und ist der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Grundsatz gefolgt, dass durch das Verlangen des Sportverbandes, die Schiedsvereinbarung zur Teilnahme an nationalen oder internationalen Wettkämpfen zu unterzeichnen, die Marktmacht nicht missbraucht wird und Grundrechte des Athleten in der Regel nicht verletzt werden. Es hat auch zutreffend herausgearbeitet, dass die im Pechstein-Verfahren gerügten institutionellen Unzulänglichkeiten bei der Besetzung des CAS (dort geschlossene Schiedsrichterliste) und dort geltende, die Rechte des Athleten einschränkende Verfahrensregelungen (kein öffentliches Verfahren, kurze Fristen, kein Wiederaufnahmeverfahren) beim DIS-Sportschiedsgericht nicht vorliegen. Dagegen führt des Antragsteller in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 1040 Abs. 3 S. 2 BGB nichts an. Jedenfalls kann eine etwaige – hier vom Antragsteller schon nicht substantiiert behauptete – Fremdbestimmung bei der Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit der DIS bei der Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen aufgrund der höheren von der DIS einzuhaltenden rechtsstaatlichen Mindeststandards hingenommen werden.

d) Bezüglich der Prozessführungsbefugnis der Antragsgegnerin wird auf die Ausführungen zu oben 2 a) verwiesen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

4. Der Streitwert für das Verfahren wird gem. § 3 ZPO auf 20.000,- € festgesetzt (geschätztes Interesse des Antragstellers an der Nichtdurchführung des schiedsgerichtlichen Verfahrens).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft. Voraussetzung ist, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung eines Staatsvertrags beruht. Das Rechtsmittel kann nur auf Rechtsverletzungen gestützt werden. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich in deutscher Sprache einzulegen.

Die Rechtsbeschwerde muss binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe eingegangen sein. Die Rechtsbeschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat, die mit Zustellung der angefochtenen Entscheidung beginnt, zu begründen.

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