OLG Köln, Beschluss vom 27.03.2017 – 15 U 183/16

Oktober 29, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 27.03.2017 – 15 U 183/16

Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 9.11.2016 (28 O 148/16) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Gründe
I.

Die Klägerin ist die Ehefrau des TV-Moderators K und nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Bildberichterstattung aus insgesamt vier Bildnissen in Anspruch, welche am 17.3.2016 auf dem Titel sowie im Innenteil der von der Beklagten verlegten Zeitschrift „T“ unter der Überschrift „Millionen für den Osten“ veröffentlicht wurden. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie der gestellten Anträge wird Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (Bl. 53 ff. d.A.) genommen.

Mit Urteil vom 9.11.2016 hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe weder ausdrücklich noch konkludent in die streitgegenständliche Veröffentlichung ihrer Bildnisse eingewilligt. Da die Bildnisse von der C-Party stammten, die im Jahre 2012 in C2 stattgefunden habe, sei der Klägerin weder bekannt gewesen noch habe sie vorhersehen könne, dass die Bildnisse vier Jahre später in einem Artikel über die Spendentätigkeit ihres Ehemannes veröffentlicht werden würden.

Es handele sich bei den streitgegenständlichen Bildnissen der Klägerin unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen der Parteien und insbesondere im Kontext der begleitenden Wortberichterstattung auch nicht um Bildnisse der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Die C-Party begründe zwar grundsätzlich als gesellschaftliches Ereignis ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das sich auch darauf erstrecke, welche Prominenten anwesend waren und von wem sie begleitet wurden. Jedoch habe sich die Beklagte gerade entschieden, nur über den Ehemann der Klägerin und dessen Spendenprojekte in dem bebilderten Artikel zu berichten und die C-Party sowie die Klägerin nur zu nennen, um das auf Seite 12 abgebildete Bildnis zu erläutern. Da der Beitrag aus Sicht eines Durchschnittslesers weder von der C-Party noch von der Klägerin noch von deren Ehe handele, könne der Bericht keinen Anknüpfungspunkt für eine öffentliche Zurschaustellung der streitgegenständlichen Bildnisse der Klägerin begründen. Allein die Nennung der C-Party und der Klägerin der Bildunterschrift sei kein Gegenstand des öffentlichen Informationsinteresses. Denn dies würde dazu führen, dass jegliche Bildnisse von Personen, die an einem gesellschaftlichen Ereignis teilgenommen hätten, in jeglichem Kontext und unabhängig von dem Gesamtkontext veröffentlicht werden könnten, sofern nur das gesellschaftliche Ereignis und die betroffene Person in der Bildunterschrift genannt würden. Auch wenn die Klägerin sich freiwillig mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit gezeigt habe, könne dies nicht zu einer Rechtfertigung dahingehend führen, diese Bildnisse einwilligungslos in jedem Zusammenhang veröffentlichen zu dürfen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Sie macht geltend, es liege bereits eine Einwilligung der Klägerin mit der streitgegenständlichen Bildberichterstattung vor, weil diese sich auf der C-Party mit ihrem Ehemann habe fotografieren lassen. Mit diesem Ereignis befasse sich die Berichterstattung auch, weil eine detaillierte Berichterstattung, wie das Landgericht sie gefordert habe, in diesem Zusammenhang nicht erforderlich sei. Der Klägerin sei bei ihrem Auftritt bekannt gewesen, dass die gefertigten Aufnahmen in der Presse Verwendung finden würden. Insofern müsse sie es auch hinnehmen, dass sich die Berichterstattung nur am Rande mit diesem Ereignis, daneben überwiegend jedoch mit der gesellschaftlichen Stellung ihres Ehemanns und seinen sozialen Aktivitäten befasse.

Des Weiteren seien auch die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gewahrt, weil die Berichterstattung darüber, dass der Ehemann der Klägerin Millionen in den Osten spende, einen zeitgeschichtlichen Vorgang betreffe. Weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur werde vertreten, dass die Zulässigkeit der Bildveröffentlichung eine über den – vorliegend gewahrten – Informationszweck hinausgehende detaillierte Beschreibung des abgebildeten Ereignisses erfordere. Gerade die mit einem Foto verbundene Personalisierung sei ein wesentliches Mittel der Informationsvermittlung. Die Darstellung prominenter Personen im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Selbstdarstellung und privater Lebensführung sowie bereits allein aufgrund ihrer Leitbild- und Kontrastfunktion diene der Befriedigung eines Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Aufgrund des Umstands, dass die Klägerin ihren prominenten Ehemann bei einer öffentlichen Veranstaltung begleitet habe, habe auch sie im Blickpunkt der Öffentlichkeit gestanden, die sich dafür interessiere, in wessen Begleitung eine prominente Person auftrete.

Die Beklagte beantragt,

das am 9.11.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (28 O 148/16) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten unterliegt der Zurückweisung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO, weil das Rechtsmittel – im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO offensichtlich – keine Aussicht auf Erfolg hat, die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordern und eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht veranlasst ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 – 4 ZPO).

Die Beklagte ist auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss vom 6.2.2017, auf den Bezug genommen wird, hingewiesen worden. Die Einwendungen der Beklagten im Schriftsatz vom 15.3.2017 geben keinen Anlass, von diesen Ausführungen abzuweichen.

1. Soweit die Beklagte sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2017 (1 BvR 967/15, zitiert nach juris) beruft, ist dieser Entscheidung bereits nicht zu entnehmen, dass Bildnisse von Personen, die sich im öffentlichen Raum bewegt haben und dabei fotografiert wurden, ohne weiteres stets von der Presse veröffentlicht werden dürfen. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich betont, dass im Rahmen des sog. abgestuften Schutzkonzeptes der §§ 22, 23 KUG das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an solchen Bildnissen im Hinblick auf den Gegenstand der Berichterstattung mit dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz des Betroffenen abgewogen werden müsse. Insofern bewirke die Anerkennung der Bedeutung der Presseberichterstattung für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung nicht automatisch, dass der besondere persönlichkeitsrechtliche Bildnisschutz des Abgebildeten stets zurückzutreten habe, also jedwede Bebilderung von Medienerzeugnissen verfassungsrechtlich gewährleistet sei (BVerfG, aaO, juris Rn. 16).

2. Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 9.2.2017 (1 BvR 967/15, juris Rn. 19) sind darüber hinaus im Hinblick auf dort vorliegenden Umstände, die Gegenstand der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Parteien waren, auf den hiesigen Fall nicht übertragbar.

Zwar hat die Klägerin sich bei der Veranstaltung, anlässlich derer im Jahre 2012 die streitgegenständlichen Bildnissen gefertigt wurden, mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit präsentiert und konnte schon aufgrund der Art des Ereignisses sowie der anwesenden Fotografen nicht die Erwartung haben, anlässlich dieses Auftritts nicht in den Medien abgebildet zu werden. Allein ein solcher öffentlicher Auftritt – in dem sich die Gemeinsamkeiten der jeweiligen Fallgestaltung erschöpfen – ist jedoch keine Rechtfertigung dafür, die streitgegenständlichen Bildnisse vier Jahre später und ohne Bezug zu dem betreffenden Ereignis wiederum zu veröffentlichen, um damit ein gänzlich anderes Berichtsthema zu illustrieren. Die Klägerin des hiesigen Verfahrens hat schon keinen dem Abgebildeten im Verfahren des Bundesverfassungsgerichts vergleichbaren Prominentenstatus, da sie selbst weder als Moderatorin noch in einer vergleichbaren Rolle über Jahre hinweg im Fernsehen aufgetreten ist. Vielmehr resultiert ihre Bekanntheit in der Öffentlichkeit allein aus ihrer Ehe mit Herrn K und den entsprechenden gemeinsamen Auftritten. Die in der genannten Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Gewichtung zugunsten von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG betrifft die Darstellung einer prominenten Person im öffentlichen Raum wenige Meter vor der Kanzlei der Verteidigerin am Morgen vor einem Hauptverhandlungstag in einem die Öffentlichkeit in hohem Maße berührenden Strafprozess. Das die Klägerin bei einer Jahre zurück liegenden Veranstaltung zeigende Bildnis ohne jeglichen Kontext zu der begleitenden Wortberichterstattung (nur) über die Aktivitäten ihres Ehemanns betrifft keine derartigen Besonderheiten und rechtfertigt deshalb auch keine unter dem Gesichtspunkt von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG vergleichbare Gewichtung. Die begleitende Wortberichterstattung der Beklagten betrifft – mit Ausnahme der Erwähnung ihres Namens in der Bildunterzeile auf Seite 12 – weder die Person noch eine Tätigkeit der Klägerin. Die von der Beklagten veröffentlichten Bildnisse stehen damit weder in einem zeitlichen noch in einem inhaltlichen Bezug zu der im Gesamtkontext zu berücksichtigen Wortberichterstattung; sie erweitern weder den Aussagegehalt durch Unterstreichung der Authentizität des Geschehens noch verfolgen sie das von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Informationsanliegen, die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken, da die Klägerin in diesem überhaupt nicht erwähnt wird.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Berufungsstreitwert: 40.000 Euro

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