OLG Köln, Urteil vom 16.03.2017 – 15 U 155/16

Oktober 31, 2021

OLG Köln, Urteil vom 16.03.2017 – 15 U 155/16

Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 17.08.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (28 O 32/16) abgeändert, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 29.02.2016 (28 O 32/16) aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Verfügungsklägerin.

Gründe
I.

Von an die Stelle eines Tatbestandes tretenden Ausführungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1,542 Abs. 2 S. 1 ZPO Abstand genommen.

II.

Die Berufung der Verfügungsbeklagten hat vollumfänglich Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig. Zwar ist das Original der Berufungsschrift vom 19.09.2016 ausweislich des Eingangsstempels (Bl. 151 d.A.) am 22.09.2016 und damit erst nach dem Ablauf der mit der Zustellung des angegriffenen Urteils am 18.08.2016 beginnenden Monatsfrist aus § 517 ZPO bei Gericht eingegangen. Indes ist aufgrund des beklagtenseits vorgelegten Fax-Sendeberichts mit den in der mündlichen Verhandlung erörterten Erwägungen des gerichtlichen Vermerks vom 10.10.2016 (Bl. 158 d.A.) zur Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass der Schriftsatz tatsächlich fristwahrend vorab per Fax übersandt worden ist und hier später nur im gerichtsinternen Postlauf verlorengegangen ist.

2. Die Berufung ist auch begründet.

a) Entgegen der Berufungsbegründung bestehen allerdings nicht schon Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Vollziehungsfrist i.S.d. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO durch die Verfügungsklägerin im Nachgang an das hier angegriffene Urteil des Landgerichts. Denn die Berufungserwiderung hat zutreffend darauf verwiesen, dass nach zu Recht herrschender Auffassung eine erneute Parteizustellung einer Unterlassungsverfügung nach deren bloßer Teilbestätigung im Widerspruchsverfahren durch Urteil nach Sinn und Zweck des § 929 Abs. 2 ZPO nicht etwa stets und in jedem Fall geboten ist, sondern als sonst schiere Förmelei zumindest dann entbehrlich sein muss, wenn die getroffene Anordnung inhaltlich im Urteil nur „eingeschränkt“ worden ist, also ein „Minus“ vorliegt (vgl. OLG Stuttgart v. 21.08.2008 – 2 U 13/08, GRUR-RR 2009, 194, 195; OLG Köln v. 17.01.2002 – 6 W 114/01, NJOZ 2002, 2002), oder dort (nur) eine „Präzisierung“ bzw. „Konkretisierung“ der Ausgangsverfügung erfolgt ist (vgl. OLG Karlsruhe v. 23.10.2002 – 6 U 77/02, OLGR 2003, 410, 412; für Ergänzung der konkreten Verletzungsform OLG Köln v. 17.01.2002 – 6 W 114/01, NJOZ 2002, 2002). Generell ist dabei maßgeblich, dass keine „wesentliche inhaltliche Änderung“ des Ausgangstenors erfolgt sein darf (vgl. OLG Hamburg v. 07.04.2015 – 7 W 49/15, NJW 2015, 2273; OLG Frankfurt v. 10.10.2013 – 6 U 181/13, BeckRS 2013, 20072; v. 22.12.2009 – 3 U 33/09, NJOZ 2010, 1212; OLG Köln v. 31.07.1998 – 6 U 205 / 97, GRUR 1999, 89; OLG Karlsruhe v. 9.10.1996 – 6 U 42/96, WRP 1997, 57, 59; KG v. 31.05.1996 – 5 U 889/96, NJW 1997, 1160). Entscheidend ist also, ob sich die letztlich ergangene gerichtliche Entscheidung wesentlich von der ursprünglich erlassenen einstweiligen Verfügung, die als solche bereits durch Parteizustellung vollzogen worden ist, abhebt. Eine bloße Formulierungsänderung bei einem in den maßgeblichen Punkten gleichem sachlichen Inhalt (bzw. einem „Minus“ dazu) setzt im Gegenzug folglich keine neue Vollziehungsfrist in Lauf. Bei der Betrachtung kann nicht schematisch darauf abgestellt werden, ob eine Verbotsverfügung mit bestimmten Maßgaben bestätigt oder der Antrag teilweise zurückgewiesen wird und der Gläubiger einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen hat. Denn selbst in dem zuletzt genannten Fall kann eine Änderung im Ergebnis doch nur „unwesentlich“ sein. Ob eine „wesentliche“ Änderung vorliegt, ist so vielmehr unter Berücksichtigung des von § 929 Abs. 2 ZPO bezweckten Schuldnerschutzes zu ermitteln. Der Schuldner soll nach der Regelung nur alsbald Klarheit darüber erhalten, ob der Gläubiger die Rechte aus einer einstweiligen Verfügung tatsächlich durchsetzen will. Hat der Gläubiger eine ursprünglich erlassene einstweilige Verfügung „vollzogen“ und können bei verständiger Würdigung keine Zweifel an seinem Willen bestehen, auch von einem im Lauf des weiteren Verfügungsverfahrens umformulierten und/oder eingeschränkten Unterlassungsgebot Gebrauch zu machen, ist unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes eine nochmalige Vollziehung folgerichtig nicht geboten. Unter Berücksichtigung dieser Prämissen war hier keine neue Zustellung erforderlich, da nur einige überbordende Unterstreichungen aus der Ausgangsverfügung geändert worden sind (insofern ein „Minus“) und auch das Landgericht ausweislich der angegriffenen Entscheidung selbst von einer schlichten Konkretisierung unter Annahme eines in der Sache vollständig begründeten (und deswegen kein Teilunterliegen bei der Kostenentscheidung hervorrufenden) Verfügungsbegehrens ausgegangen ist. In einem solchen Fall kann aus Sicht eines Schuldners verständigerweise nicht ohne weiteres angenommen werden, der Gläubiger habe am vom erstinstanzlichen Gericht aufrechterhaltenen „Verfügungsrest“ kein Interesse (mehr).

b) Indes fehlt es hier – was der Berufung zum Erfolg verhilft – am Verfügungsanspruch. Denn der Verfügungsklägerin stehen in der Sache nicht die von ihr nach der Teilrücknahme in erster Instanz weiterverfolgten und vom Landgericht in der angegriffenen Entscheidung zuerkannten Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Mitteilung des Geschlechts ihres Kindes, des Geburtsmonats und des Umstandes eines „längeren Zusammenlebens“ mit dem Vater im Vorfeld von Geburt und Hochzeit aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG zu.

Durch die entsprechende Berichterstattung wird zwar das Anonymitätsinteresse bzw. das Recht der Verfügungsklägerin auf informationelle Selbstbestimmung betroffen, doch fehlt es unter Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Fall an der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in das Rahmenrecht als zwingende Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch.

aa) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (BGH v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, NJW-RR 2007, 619 Tz. 11). Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BGH v. 05.11.2013 – VI ZR 304/12, ZUM 2014, 329 Tz. 11). Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die Aufdeckung der Anonymität des Betroffenen stets einen rechtswidrigen Eingriff in geschützte Rechte darstellt, denn das Persönlichkeitsrecht gewährt dem Einzelnen kein unbeschränktes dingliches „Herrschaftswissen“ über bestimmte Informationen, sondern findet seine Grenze in den Rechten Dritter – beispielsweise auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK. Die Grenzen sind im Wege einer Gesamtabwägung der betroffenen Grundrechtspositionen auszuloten (BGH a.a.O., v. 29.04.2014 – VI ZR 138/13, BeckRS 2014, 10270 Tz. 6). Insgesamt ist dabei vor allem danach zu differenzieren, hinsichtlich welches konkreten Umstands die Anonymität des Betroffenen durch die Berichterstattung aufgehoben wird. Da die unterschiedlichsten Umstände aus der Intim-, Privat- oder Sozialsphäre Gegenstand einer Berichterstattung sein können, muss sich auch die Abwägung dahingehend, ob und ggf. in welchem Umfang das Recht des Betroffenen auf Anonymität hinter einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten muss, primär danach richten, in welcher Sphäre das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen ist. Allein die Aufhebung der Anonymität an sich gibt in diesem Zusammenhang also nicht den Abwägungsmaßstab vor (vgl. auch Senat v. 17.05.2016 – 15 U 177/15, n.v.). Neben der absolut geschützten Intimsphäre – die hier ersichtlich nicht betroffen ist, da nicht über intime Details der Partnerschaft berichtet wird – bezeichnet die Sozialsphäre dabei denjenigen Bereich menschlichen Lebens und menschlicher Betätigung, der sich außerhalb der Privatsphäre in oder vor einer eingeschränkten oder auch unbeschränkten Öffentlichkeit abspielt und damit nicht mehr innerhalb desjenigen Rahmens, der einer Erörterung durch die Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist (Senat v. 17.05.2016 – 15 U 177/15, n.v.). Wird durch eine Berichterstattung die Sozialsphäre und dies nur aufgrund einer Mitteilung von – wie hier – unstreitig wahren Tatsachen betroffen, kann ein Unterlassungsanspruch grundsätzlich nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen bestehen, also etwa, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen wäre (BGH v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, NJW-RR 2007, 619 Tz. 13). Bei einer hingegen die Privatsphäre betreffenden Berichterstattung ist dies strenger: Der Schutz der Privatsphäre betrifft – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – in thematischer Hinsicht insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem Betroffenen einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu werden pflegen. Sowohl in räumlicher als auch thematischer Hinsicht gehört so zur Privatsphäre ein solcher Rückzugsbereich des Einzelnen, der das Bedürfnis verwirklichen hilft, von der öffentlichen Erörterung verschont gelassen zu werden; es geht um das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen (BVerfG v. 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07 u.a., NJW 2008, 1793 Tz. 47; BGH v. 25.10.2011 ? VI ZR 332/09, NJW 2012, 767; v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15, BeckRS 2016, 111827 Tz. 9). Unter diesen Bereich fallen nicht nur Vorgänge, deren öffentliche Erörterung als unschicklich gilt, deren Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder die nachteilige Reaktionen der Umwelt auslösen (BGH v. 25.10.2011 ? VI ZR 332/09, NJW 2012, 767 Tz. 15; v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15, BeckRS 2016, 111827 Tz. 9). Vielmehr gehören zur Privatsphäre alle Angelegenheiten, die dem Betroffenen nicht nur im häuslichen, sondern auch im außerhäuslichen Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichern (BVerfG v. 26.02. 2008 – 1 BvR 1602/07 u.a., NJW 2008, 1793, Tz. 47). Die Privatsphäre umfasst so alle persönlichen Informationen, von denen der Betroffene berechtigterweise erwarten kann, dass sie nicht ohne seine Einwilligung veröffentlicht werden (EGMR v. 06.04.2010 – 25576/04 Nr. 75– Flinkkilä u. a./Finnland, BeckRS 2012, 18735). Das Persönlichkeitsrecht umfasst insofern die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BGH v. 05.11.2013 – VI ZR 304/12, ZUM 2014, 329 Tz. 11). Darunter fallen u.a. Informationen über das – aus welchen Gründen auch immer – vom Betroffenen zuvor geheim gehaltene Beziehungsleben (BGH v. 17.02.2009 – VI ZR 75/08, NJW 2009, 1502, Tz. 11; BGH v. 22.11.2011 – VI ZR 26/11, NJW 2012, 763 Tz. 11; Senat v. 17.05.2016 – 15 U 177/15, n.v.; v. 20.01.2015 – 15 U 130/14, n.v.; v. 25.11.2014 – 110/14, juris; OLG Hamburg v. 13.09.1990 – 3 U 129/90, NJW-RR 1991, 98). Dieser Ausschnitt der Privatsphäre ist nicht nur gegen ungenehmigte Bild-, sondern auch gegen entsprechende Wortberichterstattungen geschützt (vgl. BVerfG v. 14.09.2010 – 1 BvR 1842/08 u.a., GRUR 2011, 255 Tz. 52; Senat, a.a.O.). Ein Schutzbedürfnis besteht dabei zudem auch und gerade für Personen, die aufgrund ihres Rangs oder Ansehens, ihres Amtes oder Einflusses, ihrer Fähigkeiten oder Taten besondere öffentliche Beachtung finden. Wer, ob gewollt oder ungewollt, zur Person des öffentlichen Lebens geworden ist, verliert nicht sein Anrecht auf eine Privatsphäre, die den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleibt (vgl. BVerfG v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96, NJW 2000, 1021, 1022).

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite aber bei einem Eingriff in die Privatsphäre nicht absolut fest, sondern muss durch Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der EMRK interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (BGH v. 22.11.2011 – VI ZR 26/11, NJW 2012, 763 Tz. 13). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Dabei sind das – im Bereich der Privatsphäre freilich besonders gewichtige – Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Äußerungsinteressen der Presse andererseits abzuwägen. Denn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (BGH a.a.O.), was schon wegen der Orientierungs- und Leitbildfunktion Prominenter in vielen Fällen zu bejahen sein wird. Gerade bei der Aufdeckung der Privatheit kommt dabei aber insbesondere – anders als bei sonstigen Äußerungen – auf die Wahrheit der berichteten Tatsachen zumeist nicht entscheidend an, weil der Kern der Verletzung in der Aufdeckung des Privaten und eben nicht in der Verfälschung der Wirklichkeit liegt (Senat v. 20.01.2015 – 15 U 130/14, n.v.). Hier bedarf es daher stets eines konkreten Berichterstattungsinteresses, das über die bloße Befriedigung der Neugier der Leser hinausreichen muss, und dass die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an Wahrung seiner Privatheit im Einzelfall überwiegt.

bb) Unter Anwendung dieser Prämissen hat das Landgericht – was die Verfügungsklägerin als solches akzeptiert hat – zu Recht die Tatsache der Eheschließung einerseits und der Geburt des Kindes andererseits der sog. Sozialsphäre zugeordnet. Es hat zutreffend angenommen, dass die Verfügungsklägerin eine Berichterstattung über diese unstreitig wahren Tatsachen aus ihrer Sozialsphäre jedenfalls angesichts ihrer fortwährenden – wenn auch nicht steten – Präsenz in der Öffentlichkeit hinzunehmen hat. Eine Eheschließung ist ein staatlicher Akt, der einer zuvor rein privaten Beziehung erstmals „Außenwirkung“ verleiht und an den vielfältige gesetzliche Rechtsfolgen geknüpft werden, weswegen – auch bei einer wie hier „heimlichen“ und von der Öffentlichkeit verborgenen – Hochzeit bei einer Berichterstattung darüber in der Tat die Sozialsphäre betroffen ist (Senat v. 17.05.2016 – 15 U 177/15, n.v.). Das ist nur anders, wenn zugleich – das betrifft dann die Privatsphäre – auch über Einzelheiten der vorherigen privaten Beziehung (Ort und Zeit des Kennenlernens, Dauer der Beziehung, Vorhandensein einer gemeinsamen Wohnung etc.) und/oder der heimlichen Hochzeit (Umstände und Details der Hochzeitsfeier, also Ort der Feier, Identität der Gäste, genauer Ablauf u.ä.) berichtet wird. Allein zur Sozialsphäre gehört jedoch, wenn lediglich darüber berichtet wird, dass sich die vorherige Beziehung (die als solche der Privatsphäre zuzurechnen war) nunmehr in einer Eheschließung nach außen „manifestiert“ hat (siehe Senat a.a.O. und EGMR v. 16.06.2016 – 68273/10 u.a., BeckRS 2016, 14000 – Sihler-Jauch Tz.36). Nichts anderes gilt – mit dem Landgericht – für die Frage, ob aus einer (als solches unstreitigen) Beziehung ein Kind hervorgegangen ist, da dieses Faktum ebenfalls soziale Bedeutung erlangt und nach außen dringt. Die Geburt wird begleitet von einem öffentlichen Statement (Geburtsurkunde) und der Begründung einer auch für Dritte relevanten rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung (vgl. EGMR v. 10.11.2015 – 40454/07, BeckRS 2016, 01283 Tz. 104; siehe ferner Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 5, Rn. 66 und 52 sowie Senat v. 14.04.2016 – 15 U 193/15, BeckRS 2016, 19799, wo freilich im Einzelfall die soziale Dimension fehlte, weil – anders als hier – unstreitig keinerlei Beziehung zwischen den vermeintlichen Eltern und damit auch keine Abstammung bestand; siehe ferner OLG Hamburg v. 13.09.1990 – 3 U 129/90, NJW-RR 1991, 98, wo die Vaterschaft jedoch als solche der Privatsphäre zugeordnet und die Berichterstattung deshalb einer Abwägung unterzogen worden ist).

(1) Angesichts dessen spricht nach Ansicht des Senats vorliegend schon einiges dafür, dass auch die gerade nicht näher mit privaten Details ausgeschmückte Berichterstattung über die hier angegriffenen „Randfragen“ der vorgenannten beiden Themenkreise aus der Sozialsphäre quasi als „Annex“ ebenfalls noch der Sozialsphäre zuzurechnen ist (und dann schon deswegen von der Verfügungsklägerin hinzunehmen wäre). Insbesondere die Äußerung, dass die Verfügungsklägerin „schon seit längerer Zeit“ vor der Hochzeit mit dem Kindsvater „zusammen gelebt“ haben soll, dürfte zwar trotz ihres in zeitlicher Hinsicht vagen Inhalts nicht völlig substanzarm sein, sondern einen gewissen (unstreitig wahren) Tatsachenkern beinhalten, doch liegt es nicht fern, zu unterstellen, dass sich der Gedanke fast allen verständigen Lesern der (zulässigen) Berichterstattung über die Hochzeit ohnehin mehr oder weniger aufgedrängt haben muss, weil heutzutage selten ein Paar ohne vorheriges Zusammenleben zum Standesamt schreitet. Der Senat hat im Urt. v. 17.05.2016 – 15 U 177/15 (n.v.) so etwa die ausschmückende (Begleit-)Angabe, dass eine heimliche Eheschließung in einer amerikanischen Millionenmetropole stattgefunden hatte und im Zeitpunkt der Berichterstattung „eineinhalb Jahre“ her war, ebenfalls insgesamt noch der Sozialsphäre zugeordnet, weil damit keinerlei Rückschlüsse auf Details der Eheschließung möglich waren, die als derart privat – weil den Augen der Öffentlichkeit entzogen – angesehen werden können, dass sie die Presse nicht offenbaren dürfte. Das wurde a.a.O. auch darauf gestützt, dass die gemachten Angaben (u.a. Nennung des Namens des Bräutigams, der Nennung des Ortes und des ungefähren Zeitpunktes der Hochzeit) gerade keinerlei weitergehende Beeinträchtigung für die Betroffenen über die ohnehin zu duldende Berichterstattung hinaus mit sich gebracht haben. Dies ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der angegriffenen Punkte vor allem wegen der weitgehenden Inhaltsarmut schwerlich anders. Insbesondere die unstreitig eine wahre Tatsache betreffende Äußerung, dass die Hochzeit „vor der Geburt“ stattgefunden hat, lässt sich im Zweifel zudem wohl auch schon deswegen der Sozialsphäre zuordnen, als der Umstand, dass das Kind damit ehelich ist, wegen der vielfältigen rechtlichen Wirkungen (siehe nur die Vaterschaftsvermutung aus § 1592 Nr. 1 BGB) ebenfalls Außenwirkung zeigt.

(2) Letztlich kann und soll das aber dahinstehen: Denn selbst wenn man – weil etwa mit der Äußerung zum Zusammenleben vor der Hochzeit das frühere private Beziehungsleben betroffen ist – mit dem Landgericht von einem Eingriff in die Privatsphäre ausgehen wollte, muss unter Abwägung aller widerstreitenden Positionen im Rahmen der Prüfung der Verletzung des Rahmenrechts jedenfalls im konkreten Fall von einer zulässigen Berichterstattung über die angegriffenen Punkte ausgegangen werden.

(a) Zwar ist das Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin betroffen, doch muss mit dem Vorstehenden – auch wegen der relativen Offenheit/Inhaltsarmut der angegriffenen Äußerungen und ihrer äußerst engen Verbindung zu der zulässigen Berichterstattung über die unstreitig wahren Tatsachen aus der Sozialsphäre – im Rahmen der Abwägung von einem verhältnismäßig geringfügigen Eingriff nur ganz am äußeren Rand der Privatsphäre ausgegangen werden. Dem Landgericht ist zwar sicherlich in dem Punkt zuzustimmen, dass nicht alle Details zur Geburt eines Kindes und zu einer Heirat sogleich soziale Dimension erlangen, dass gerade in der Summe die Mitteilung von zahlreichen Details aus dem Privatleben die Privatsphäre besonders empfindlich treffen kann und es im Rahmen der Abwägung auch gerade nicht auf den Wahrheitsgehalt der offenbarten Tatsachen und eine etwaige Verfälschung der Wirklichkeit ankommt, sondern allein auf die ungewollte Aufdeckung des Privaten (vgl. erneut Senat v. 20.01.2015 – 15 U 130/14, n.v.). Indes geht es – wie bereits angeführt – im konkreten Beitrag schwerlich um die Enthüllung von detaillierten Einzelheiten aus dem Beziehungs- und Familienleben der Verfügungsklägerin, sondern, wie die Verfügungsbeklagte zutreffend ausführt, eher um banale und beiläufige „Konkretisierungen“ in fast untrennbar verbundenen Randbereichen der als solche zulässigen Berichterstattung über Geburt und Hochzeit. Ein greifbarer und deswegen der Privatsphäre besonders schädlicher Detaillierungsgrad ist hier nach Ansicht des Senats ebenso wenig erkennbar wie eine weitergehende Beeinträchtigung über diejenige Beeinträchtigung hinaus, die durch die zulässige Berichterstattung über die der Sozialsphäre zuzurechnenden Tatsachen ohnehin bereits hervorgerufen worden ist. Die Berichterstattung ist zudem insgesamt keineswegs in abträglicher Weise erfolgt, so dass im Rahmen der Abwägung zu Gunsten der Verfügungsklägerin letztlich allein ein – dann nicht überragend schwerer – Eingriff in ihre Privatsphäre einzustellen ist.

Denn insofern erscheinen dem Senat insbesondere auch die weiteren Befürchtungen der Verfügungsklägerin und des Landgerichts zu etwaigen nachteiligen Folgen der Mitteilung des Geschlechts eines Kleinkindes (mit Blick auf die freie Entfaltung der Geschlechtszugehörigkeit) und des Geburtsmonats (mit Blick auf Rückrechenmöglichkeiten auf den Zeitpunkt der Zeugung) als eher überzogen – zumal das Landgericht selbst betont hat, dass eine „gewisse zeitliche Einordnung“ der Geburt des Kindes, welche lediglich die Sozialsphäre der Verfügungsklägerin betrifft, ohnehin hinzunehmen wäre. Der Senat verkennt dabei ausdrücklich nicht, dass Kinder eines besonderen Schutzes bedürfen, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen und ihre Persönlichkeitsentfaltung durch eine Berichterstattung deutlich empfindlicher gestört werden kann als die von Erwachsenen (BGH v. 05.11.2013 – VI ZR 304/12, ZUM 2014, 329 Tz. 17: v. 29.04.2014 – VI ZR 138/13, BeckRS 2014, 10270 Tz. 9; v. 28.05.2013 – VI ZR 125/12, NJW 2013, 2890 Tz. 19 f.). Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts eines Kindes kann dabei nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter selbst bemerkt – was hier wegen des Alters schon ausscheidet -, sondern auch dann, wenn Dritte persönlichkeitsbezogene Informationen verbreiten und dies dazu führen kann, dass dem Kind in Zukunft ggf. nicht mehr unbefangen begegnet wird oder dass es sich speziellen Verhaltenserwartungen ausgesetzt sieht (BGH a.a.O.). Der Schutzgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfährt insofern durch Art. 6 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 GG eine Verstärkung, die den Staat verpflichtet, die Lebensbedingungen des Kindes zu sichern, die für sein gesundes Aufwachsen erforderlich sind und zu denen insbesondere die elterliche Fürsorge gehört. Dies gilt auch für Kinder, deren Eltern prominente Personen sind (BGH a.a.O.). Doch ungeachtet der Frage, ob die Verfügungsklägerin insofern überhaupt selbst unmittelbar betroffen ist und sich auf diesen Aspekt im Prozess berufen kann (vgl. allg. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 44; zum KUG weitergehend etwa OLG Hamburg v. 21.11.2006 – 7 U 108/06, AfP 2007, 558; Korte, Praxis des PresseR, 2014, § 2 Rn. 124), ist – wie gezeigt – eine solche konkrete Gefahr für das Kindeswohl hier bei der reinen Mitteilung von Geschlecht und Geburtsmonat als solcher schon nicht erkennbar.

(b) Entgegen der Verfügungsklägerin und entgegen den offenbar allein von der Befriedigung der Leserneugier ausgehenden Ausführungen des Landgerichts ist bei der Abwägung zu Gunsten der Verfügungsbeklagten ein schutzwürdiges und im konkreten Fall letztlich auch überwiegendes Berichterstattungsinteresse festzustellen.

(1) Der Senat geht dabei allerdings – insofern im Einklang mit dem Landgericht – nicht schon davon aus, dass die Verfügungsbeklagte sich eine umfassende Berichterstattung über ihr Privatleben unter dem Gesichtspunkt einer sog. Selbstöffnung (dazu BGH v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15, BeckRS 2016, 111827 Tz. 12 m.w.N.) gefallen lassen muss. Zwar kann sich der Betroffene nach diesem Rechtsinstitut nicht mehr auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er der Öffentlichkeit preisgegeben hat. Er kann nämlich nicht gleichzeitig widersprüchlich den öffentlichkeitsabgewandten Schutz der Privatsphäre geltend machen, andererseits bereitwillig Einblicke gewähren, sich nach Bedarf diesem Einblick aber auch wieder verschließen (BGH v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15, BeckRS 2016, 111827 Tz. 12). Vielmehr muss die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, „situationsübergreifend und konsistent“ zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96, NJW 2000, 1021; von Strobl-Albeg, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 20013, Kap. 8 Rn. 75). Eine solche schädliche Selbstöffnung durch die Verfügungsklägerin liegt – wie das Landgericht zutreffend gesehen hat – hier aber nicht vor. Die Verfügungsklägerin hat ab 2009/2010 weder eine breite noch eine konsistente Selbstöffnung vorgenommen. Der Umstand, dass die Verfügungsklägerin in der Vergangenheit äußerst bereitwillig Berichte über ihre Ehe mit F und ihre beiden privaten Schicksalsschläge geduldet und sogar aktiv gefördert hat, hat nicht zur Folge, dass ihr Familien- und Beziehungsleben nunmehr insgesamt und für alle Zukunft geöffnet worden wäre und nicht sachverhalts- und situationsbezogen wieder verschlossen werden kann (vgl. allg. auch Senat v. 25.11.2014 – 15 U 110/14, juris). Die Verfügungsklägerin hat auch keinesfalls sprunghaft und situativ ihr Privatleben geöffnet und verschlossen; auch geht es hier nicht um die – rechtlich nicht gewollte – Durchsetzung eines Rechts auf jederzeitige Kontrolle des eigenen öffentlichen Auftritts und der eigenen Wahrnehmung (BVerfG v. 21.08.2006 – 1 BvR 2606/04, ZUM 2006, 868, 871). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die frühere Öffnung in einer strukturell anderen Lebenssituation als sog. „Spielerfrau“ bzw. nach dem Suizid des Mannes als trauende alleinerziehende Mutter – wiederum aber wiederum nur mit Blick auf die Ehe mit F und den tragischen Tod der gemeinsamen Tochter – erfolgt ist. Der Senat verkennt ausdrücklich nicht, dass die Verfügungsklägerin sich auch im Folgenden (zumeist im Kontext ihrer Stiftungsarbeit) fortlaufend, wenn nicht stetig, der Presse gegenüber geäußert hat und dabei durchaus auch weiterhin zu privaten Fragen, zur privaten Lebenssituation und zu ihrem inneren Glücksempfinden Stellung genommen hat (insbesondere zuletzt im Interview in der O vom 09.11.2015, Anlage B 19, AH II). Auch ihr G-Posting an A stellt eine vergleichbare an die Öffentlichkeit gerichtete Äußerung dar, die durchaus Einblick in ihre private Gefühlswelt vermittelt. Nichtsdestotrotz erfolgten letztlich auch diese Äußerungen der Verfügungsklägerin nach außen hin jedenfalls in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit vor allem weiter mit Blick auf ihr „altes“ Leben und die „alten“ Schicksalsschläge und – insofern zukunftsgewandt – mit Blick auf ihr weiteres Zusammenleben mit der – wiederum aber ebenfalls aus dem „alten“ Leben stammenden und deswegen der Öffentlichkeit bekannten – Adoptivtochter. Das hier streitgegenständliche Geschehen und ihr sonstiges Privatleben aus der Zeit nach der schwierigen Lebensphase der Verfügungsklägerin, nach dem großen „Cut“ im Leben durch den Suizid ihres ersten Mannes, hat die Verfügungsklägerin hingegen ganz stringent und durchgehend ausgeblendet und für sich behalten. Insofern muss ihr unbenommen sein, diese Teile ihres Privatlebens und ihren dahinter stehenden persönlichen „Neuanfang“ von der Öffentlichkeit grundsätzlich abzuschirmen. Unschädlich ist dann auch, dass die Verfügungsklägerin ihr Leben mit der Adoptivtochter – wie gezeigt – weiterhin zumindest teilweise der Presseberichterstattung geöffnet und die Tochter im Rahmen der Stiftungsarbeit sogar mit auf öffentliche Veranstaltungen genommen hat und dies zum Gegenstand einer Berichterstattung hat machen lassen. Denn auch die Adoptivtochter ist – wie die Verfügungsklägerin – für die öffentliche Wahrnehmung weiterhin untrennbar mit dem Schicksal von F verbunden und – selbst unter Berücksichtigung des Schutzes einer ungestörten Mutter-Kind-Entwicklung – ist es insofern wohl nur folgerichtig, dass die Verfügungsklägerin (nur) diesen Teil ihres Privatleben auch weiterhin nicht strikt von der Öffentlichkeit zu verschließen sucht.

Das seit 2009/2010 ansonsten erfolgte Einblickgewähren in ihre privaten Emotionslagen als solches genügt nicht für eine umfassende Selbstöffnung. Ein pauschaler Einblick (es gehe ihr „besser „bzw. sie sei wieder „glücklich“) kann – nach dem Motto „Zeit heilt alle Wunden“ – wiederum primär auf die privaten Schicksalsschläge bezogen betrachtet werden, ohne zugleich zwingend ein neues Familien- und Liebesleben insgesamt der Öffentlichkeit preiszugeben. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Privatsphäre eine Zone des Ungestörtseins verschaffen soll, in der Selbstentfaltung ohne unerwünschte Blicke der Öffentlichkeit stattfinden kann (BVerfG v. 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07 u.a., NJW 2008, 1793 Tz. 47). Prominente dürfen sich aus diesem Grund auch aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit wieder zurückziehen, selbst wenn sie in der Vergangenheit Einblicke in ihre Privatsphäre zugelassen haben (Senat v. 25.11.2014 – 15 U 110/14, juris); für einen menschlich so wichtigen Neuanfang nach einer „Zäsur“, wie sie die Verfügungsbeklagte erlebt hat, kann nichts anderes gelten.

(2) Indes folgt – entgegen dem Landgericht – dann ein die Interessen der Verfügungsklägerin im konkreten Fall überragendes Berichterstattungsinteresse an den mitgeteilten wenigen und – wie gezeigt – auch nicht zu privatintimen Angaben zur Hochzeit und zur Geburt jedenfalls aus dem Bedürfnis einer „Abrundung“ des auch von der Verfügungsklägerin selbst in der Öffentlichkeit gezeichneten Bildes einer alleinerziehenden Witwe und aus ihrer Leitbild- und Orientierungsfunktion.

Prominente Personen – zu denen die Klägerin trotz der verhältnismäßig langen Zeit seit dem Suizid ihres ersten Ehemannes jedenfalls aufgrund ihres öffentlichkeitswirksamen Engagements in der Stiftung auch weiterhin zählt – können der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen, die gerade bei Widersprüchen zur privaten Lebensführung schnell besonderen Anlass für ein Berichterstattungsinteresse bieten kann. Aber auch die Normalität ihres Alltagslebens kann anerkannterweise der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (st. Rspr., vgl. nur BVerfG v. 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07 u.a., NJW 2008, 1793 Tz. 60 ff.). Das gilt grundsätzlich sogar für nur rein unterhaltende Beiträge als wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte angewiesen sein. Hiernach gilt die Pressefreiheit im Ausgangspunkt auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen (BVerfG, a.a.O.; BGH v. 01.07.2008 – VI ZR 243/06 -, NJW 2008, 3138). Diese Abwägung obliegt den Gerichten, die hierbei auf die Prüfung beschränkt sind, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. Die Belange der Medien sind in einen möglichst schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsrechtsschutz des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre, der in Form der Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild sowie der Garantie der Privatsphäre verfassungsrechtlich fundiert ist (BGH v. 22.11.2011 – VI ZR 26/11, NJW 2012, 763; v. 09.02.2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432). Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist also von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt, weil sich das Persönlichkeitsinteresse dann regelmäßig gegenüber der Pressefreiheit durchsetzt (BGH v. 01.07.2008 – VI ZR 243/06, NJW 2008, 3138 Tz. 21; v. 09.02.2010 – VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Tz. 34; Senat v. 20.01.2015 – 15 U 130/14, n.v.).

Nach diesen Prämissen erörtert die angegriffene Berichterstattung aber eine Frage öffentlichen Interesses und dient nicht nur der Befriedigung der Neugier. Auch das Landgericht hat auf S. 13 der angegriffenen Entscheidung ein gewisses Interesse an der Klarstellung des öffentlichen Bildes der Verfügungsklägerin als alleinerziehender Witwe bejaht, dies aber dann auf die reine Mitteilung der Geburt eines Kindes und der Hochzeit beschränkt, weil im Übrigen schon kein Klarstellungsbedürfnis bestehe, da die Verfügungsklägerin sich dazu nicht geäußert habe und es somit kein klarzustellendes Bild gebe. Diese Sichtweise erscheint dem Senat zu eng. Richtig ist, dass auch die Verfügungsklägerin (natürlich) ein Recht auf Privatheit hat und sich so etwa grundsätzlich keine Berichterstattung über Details zu ihrem jetzigen Beziehungsleben, zu ihrer Hochzeit und zur Geburt ihres Kindes gefallen lassen muss. Richtig ist auch, dass allein das Interesse der Presse an einer möglichst detailreichen, glaubwürdigen und plastischen Berichterstattung nicht aus einem konkreten Anlass heraus sodann eine Berichterstattung „bis ins letzte Detail“ rechtfertigen kann. So berechtigt die insofern zum Ausdruck gebrachten Bedenken des Landgerichts sind, treffen sie den konkreten Fall jedoch nicht zur Gänze, da es – wie gezeigt – hier weniger um echte Detailmitteilungen geht, sondern nur Randbereiche zu einer ohnehin zulässigen und deswegen von der Verfügungsklägerin hinzunehmenden Berichterstattung über wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre Streitgegenstand sind. Es steht ansonsten außer Frage, dass das öffentliche Interesse an der Person der Verfügungsklägerin auch vor dem Hintergrund des öffentlichen Bildes als alleinerziehende Witwe nicht jedwede Berichterstattung über – möglicherweise flüchtige – privat gehaltene Liebesbeziehungen im Vorfeld rechtfertigen konnte und die Klägerin insofern auch schon mangels Selbstöffnung (siehe oben) das Recht hatte, allein gelassen zu werden. Jedenfalls aus Anlass einer Hochzeit – mag sie auch geheim gehalten worden sein – und der darin liegenden dauerhaften Manifestation einer zunächst rein privaten Liebesbeziehung nach außen, ändert sich die Ausgangssituation hingegen. Dabei geht es dann weniger um ggf. sogar mit einem Vorwurf verbundene und insofern „erforderlich“ werdende „Korrekturen“ einer (angeblich) bewusst unvollständigen Selbstdarstellung der Verfügungsklägerin. Denn man kann dieser mit den zutreffenden Überlegungen des Landgerichts schwerlich zum Vorwurf machen, dass sie in ihrem „neuen“ Leben mehr Wert auf Privatheit legt als zuvor. Dass gerade der hier streitgegenständliche Beitrag insofern gewisse Gegensätze zu öffentlichen Äußerungen der Verfügungsklägerin anspricht, ist insofern ohne Bedeutung.

Maßgeblich erscheint dem Senat hingegen vor allem die Erwägung, dass es (wertneutral) um eine Abrundung und Aktualisierung des öffentlichen Bildes der in der Öffentlichkeit bekannten Verfügungsklägerin geht und daran ein Berichterstattungsinteresse unverkennbar ist. Bei der Verfügungsklägerin handelt es sich – auch vor dem Hintergrund des durch die Stiftungsarbeit immer präsenten Andenkens an F – in der öffentlichen Wahrnehmung um eine äußerst bekannte Witwe, die die Öffentlichkeit an ihrem privatem Schicksalsschlag in ganz außergewöhnlichem Maß hat teilhaben lassen und deswegen dauerhaft in Erinnerung geblieben ist. Ihre ganz enorme Stärke und ihr Umgang mit der schwierigen Situation und auch der Erkrankung und dem Tod ihrer verstorbenen Tochter und ihres Mannes weisen der Verfügungsklägerin dabei – aller Kritik zum Trotz – zweifelsfrei Orientierungs- und Leitbildfunktion für andere Menschen zu. Dass gerade sie sich nunmehr zu einer neuen Heirat hat bewegen lassen und nochmals Mutter geworden ist, kann und wird insbesondere Menschen in Trauersituationen oder Menschen mit depressiven Grunderkrankungen durchaus Hoffnung geben können und (erneut) Vorbildfunktion haben und kann so – was wiederum in Einklang mit den Stiftungszielen steht – die Erkenntnis vermitteln helfen, dass Jedermann ein „Neuanfang“, ein Abschließen mit einem „alten Leben“ möglich ist, ohne damit zugleich das Andenken an die Toten und die Vorfälle aus der Vergangenheit hintanstellen zu müssen. Aus diesem Anlass – im Übrigen positiv – zu berichten und begleitend zur ohnehin zulässigen Berichterstattung über Geburt und Hochzeit als wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre – wie hier – in geringem Umfang in den äußersten Rand der Privatsphäre einzugreifen, muss sich die Verfügungsklägerin angesichts ihrer Präsenz in der Öffentlichkeit dann gefallen lassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – dadurch letztlich keine greifbaren Beeinträchtigungen eintreten, als durch die ohnehin hinzunehmende Berichterstattung über Hochzeit und Geburt als solches bereits eingetreten sind.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen basieren auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 1 (entsprechend), 708 Nr. 6, 711, 713, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO

Berufungsstreitwert: 25.000 EUR

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