OLG Köln, Beschluss vom 14.11.2016 – 1 U 62/16

November 2, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 14.11.2016 – 1 U 62/16

Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 09.06.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 2 O 8/16 – wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die zulässige Berufung nach dem gegebenen Sachstand offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Da die zugrunde liegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3 und 4 ZPO), soll über das Rechtsmittel durch Beschluss entschieden werden.

I.

Zwischen den Parteien bestand aufgrund des Vertrages vom 03.11.2010 ein Mietverhältnis über eine Gewerbehalle in L, in welcher der Beklagte einen Getränkehandel betrieben hat. Das Mietverhältnis ist inzwischen beendet. Der monatliche Mietzins betrug 4.046,00 € einschließlich Betriebskostenvorschuss und Umsatzsteuer. Er war im Voraus spätestens am dritten Werktag zu entrichten.

Die Klägerin teilte dem Beklagten unter dem 28.01.2013 mit: „Die angemahnte Miete mit Betriebskosten und Umsatzsteuer für Januar 2013, sowie eine Miete lt Vollstreckungsauftrag sind immer noch nicht eingegangen! Wir sprechen nun das Vermieter Pfandrecht, mit allem in gebrauch befindlichen Gegenstände, aus und die fristlose Kündigung! Sie sollten uns die Räume in vertraglichen Zustand bis zum 30.01.2013 heraus geben!“ (Bl.12 GA). Am 28.01.2013 zahlte der Beklagte auf die Mietzinsansprüche für Januar 2013 2.092,00 €. Bei zwei weiteren Schreiben der Klägerin vom 30.01.2013 und 04.02.2013 wird erneut die fristlose Kündigung ausgesprochen bzw. das Stellen eines solventen Nachmieters gefordert (Bl.13, 14 GA). Der Beklagte kündigte seinerseits mit Schreiben vom 22.02.2013, das der Klägerin an diesem Tag zuging, das Mietverhältnis unter Berufung auf § 580 a Abs. 1 BGB ordentlich zum 30.05.2013. Das Objekt ist seit dem 15.03.2015 erneut vermietet.

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Mietzins-, Nutzungsentschädigungs- und Schadensersatzansprüche geltend für den Zeitraum Dezember 2013 bis zum 14.03.2015 über 55.162,26 €. Die Klägerin hat hierzu in erster Instanz die Ansicht vertreten, dass sie in ihrem Schreiben vom 28.01.2013 konkludent auch einen Widerspruch gegen eine Vertragsverlängerung erklärt habe. Die Kündigung des Beklagten habe daher keine rechtlichen Auswirkungen. Er schulde Mietzins bzw. Nutzungsentschädigung bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit bzw. bis zum Eintritt des neuen Mieters am 15.03.2015.

Das Landgericht hat die auf Zahlung eines Betrages von 55.162,26 € gerichtete Klage abgewiesen. Die Kammer hat zur Begründung ausgeführt, dass der Klägerin gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Restmietzins für den o.g. Zeitraum zustehe, da die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 28.01.2013 fristlos gekündigt habe, indes einer weiteren Fortsetzung des Mietverhältnisses gemäß § 545 BGB gerade nicht widersprochen habe. Mit dem weiteren Gebrauch der Mietsache sei das Mietverhältnis in ein solches auf unbestimmte Zeit umgewandelt worden, welches der Beklagte mit Schreiben vom 22.02.2013 gemäß § 580 a Abs. 1 BGB zum 31.05.2013 habe kündigen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin frist- und formgerecht Berufung eingelegt. Sie verfolgt mit der Berufung ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter und trägt hierzu nunmehr auch in zweiter Instanz vor, dass sie in ihrem Schreiben vom 28.01.2013 konkludent auch einer Vertragsverlängerung widersprochen habe. Mit den Worten „Sie sollten uns die Räume im vertraglichen Zustand bis zum 30.01.2013 herausgeben!“ sei die betreffende Erklärung des entgegenstehenden Willens zum Ausdruck gebracht worden. Erst recht gelte dies in Anbetracht aller drei Schreiben der Klägerin vom 28.01./30.01. und 04.02.2013, in denen ein entgegenstehender Wille der Klägerin zur Fortsetzung des Mietgebrauchs hinreichend zum Ausdruck gekommen sei. Der Beklagte schulde daher Mietzins bzw. Nutzungsentschädigung bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit bzw. bis zum Eintritt des neuen Mieters am 15.03.2015.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und weist – wie auch in den Parallelverfahren – erneut darauf hin, dass das Mietverhältnis wegen seiner ordentlichen und fristgerechten Kündigung mit Schreiben vom 22.02.2013 zum 31.05.2013 beendet worden sei. Da die Klägerin im Nachgang zu ihrer fristlosen Kündigung vom 28.01.2013 einer weiteren Fortsetzung des Mietverhältnisses gemäß § 545 BGB gerade nicht widersprochen habe, sei das Mietverhältnis durch den weiteren Gebrauch der Mietsache in ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit umgewandelt worden, welches er mit Schreiben vom 22.02.2013 zum 31.05.2013 habe kündigen können.

II.

Zu Recht hat die Kammer einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung rückständiger Mieten / einer Nutzungsentschädigung bzw. eines Kündigungsfolgeschadens für den Zeitraum Dezember 2013 bis Mitte März 2015 über 55.162,26 € gemäß § 535 Abs. 2 BGB bzw. § 546 a Abs. 1 BGB und §§ 280, 281 BGB verneint.

Zur Begründung nimmt der Senat inhaltlich Bezug auf den Hinweisbeschluss in diesem Verfahren vom 15.09.2016 sowie auf seine Entscheidungen in den Parallelverfahren 1 U 96/13 OLG Köln / 29 O 161/13 LG Köln und 1 U 42/15 OLG Köln / 37 O 410/13 LG Köln. Nach den Feststellungen des Senats in den genannten Verfahren, bei dem das auch hier streitige Mietvertragsverhältnis betroffen war, ist vorliegend davon auszugehen, dass ein vertraglicher Mietzinsanspruch der Klägerin gemäß § 535 Abs. 2 BGB jedenfalls daran scheitert, dass sie mit Schreiben vom 28.01.2013 das Mietverhältnis fristlos kündigte, darin aber nicht der Fortsetzung des Mietgebrauchs widersprach. Nach § 545 BGB S. 1 BGB verlängert sich ein Mietverhältnis nach Ablauf der Mietzeit bei Fortsetzung des Mietgebrauchs in ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, wenn nicht eine Seite ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. Die Vorschrift des § 545 BGB gilt auch für den Fall der Vertragsbeendigung durch fristlose Kündigung (BGH NJW 1980, 1577 (1578); Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl. 2016, § 545, Rdnr.2). Der Senat hält ausdrücklich daran fest, dass weder das Kündigungsschreiben vom 28.01.2013 (Bl.12 GA) noch die weiteren Schreiben der Klägerin vom 30.01.2013 (Bl.14 GA) und 04.02.2013 (Bl.13 GA) hinreichend deutlich einen entgegenstehenden Willen der Klägerin zur Fortsetzung des Mietgebrauchs zum Ausdruck bringen. Allein die mehrfache Verwendung des Begriffs „sollten“ in den Schreiben vom 28.01. und 04.02.2013 zeigt eine Abschwächung der Klägerforderung, zumal diese erneute Forderung zur Rückgabe bis zum 30.01.2013 am 04.02.2013 ohnehin keinen Sinn ergibt, sondern eher die floskelhafte Wiederholung eines Satzes aus dem Kündigungsschreiben vom 28.01.2013 darstellt.

Eine konkludente Widerspruchserklärung des Vermieters muss den Willen des Vermieters, die Fortsetzung des Vertrages abzulehnen, eindeutig ergeben. Denn der Zweck der Vorschrift besteht darin, Rechtsklarheit zwischen den Vertragsteilen darüber zu schaffen, ob der Vertrag fortbesteht oder nicht (BGH, Urteil vom 16.09.1987 – VIII ZR 156/86 – , Rdnr.29, 30, zitiert nach JURIS). Der Wille des Erklärenden, die Fortsetzung des Vertrages abzulehnen, muss also hinreichend deutlich zutage treten. In dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung liegt nicht in jedem Fall zugleich eine Widerspruchserklärung nach § 545 BGB (Schmidt/Futterer-Blank, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 545, Rdnr.21). Rechtsklarheit kann der Vermieter zwar auch dadurch schaffen, dass er bereits in der Kündigungserklärung den Willen zum Ausdruck bringt, die Fortsetzung des Mietvertrages endgültig abzulehnen. Allerdings kann nicht in jeder außerordentlichen Kündigung bereits eine Widerspruchserklärung gesehen werden. Die Entscheidung der Frage, ob in einer außerordentlichen Kündigung des Vermieters bereits die Erklärung liegt, die Fortsetzung des Vertrages abzulehnen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgebend sind das Gewicht der Kündigungsgründe und die Bedeutung, welche der Vermieter ihnen nach dem Inhalt der Erklärung beigemessen hat (BGH a.a.O.). So kann ein konkludent erklärter Widerspruch vorliegen, wenn der Vermieter eine höhere Miete fordert, weil hierin zum Ausdruck kommt, dass das Mietverhältnis jedenfalls nicht zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt werden soll. Dagegen reicht es nicht aus, wenn der Vermieter im Kündigungsschreiben lediglich Ausführungen zu den Rechtsfolgen einer Kündigung macht, etwa indem er den Mieter auffordert, die Räume „freizumachen und … zu übergeben“ (Schmidt/Futterer-Blank, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 545, Rdnr.21).

Im vorliegenden Fall spricht gegen eine Ablehnung der Fortsetzung des Vertrages neben der etwas abgeschwächten „Soll“-Formulierung zur Rückgabe der Mieträume auch der Kündigungsgrund. Allein die von der Klägerin vorgebrachten Mietrückstände lassen noch nicht den Willen zum Ausdruck kommen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen in jedem Fall abzulehnen. Unterstellt man etwa ab Zugang dieses Schreibens der Klägerin vom 28.01.2013 eine unverzügliche Einsicht des Beklagten und ein verlässliche zukünftige Zahlungsmoral, so ist nicht – jedenfalls nicht eindeutig und klar – erkennbar, dass die Klägerin auch unter diesen Gegebenheiten einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses endgültig ablehnend gegenüberstand. Eine erhebliche Verletzung der Rechte des Vermieters (etwa unbefugte Überlassung der Sache an einen Dritten, Gefährdung der Mietsache durch Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt etc.), die aus der Natur der Sache heraus einen ablehnenden Willen des Vermieters nahelegt, liegt hier nicht vor.

Der Beklagte konnte daher gemäß § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB das Mietverhältnis zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Die Anwendbarkeit des § 580 a Abs. 1 BGB folgt daraus, dass der ganz überwiegende Teil der vermieteten Räume aus Lagerräumen besteht. Mit Schreiben vom 22.02.2013 konnte der Beklagte sodann fristgerecht zum 30.05.2013 ordentlich kündigen. Das Mietverhältnis wurde hiermit zum 30.05.2013 beendet. Der Nutzungsentschädigungsanspruch des Vermieters gemäß § 546 a Abs. 1 BGB, auf den sich die Klägerin zur Durchsetzung ihres Zahlungsanspruches somit noch berufen kann, setzt eine Nichterfüllung der dem Mieter obliegenden Rückgabepflicht gemäß § 546 Abs. 1 BGB voraus. Nach den Feststellungen des Senats in dem genannten Parallelverfahren 1 U 96/13 ist vorliegend von einer Rückgabe der Mietsache im Verlaufe des 03.06.2013 auszugehen. Zur Begründung im Einzelnen wird auf den Inhalt des Senatsurteils vom 24.10.2014 Bezug genommen (dort S.9). Die Klägerin kann somit nur für die ersten drei Kalendertage des Monats Juni 2013 Nutzungsentschädigung verlangen (134,87 € x 3 = 404,61 €); dieser Betrag ist in dem genannten Verfahren bereits zuerkannt worden. An diesen Feststellungen hält der Senat auch im Rahmen dieses Verfahrens ausdrücklich fest.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 55.162,26 €

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.