OLG Köln, Beschluss vom 03.05.2016 – 13 U 33/16

November 7, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 03.05.2016 – 13 U 33/16

Tenor
beabsichtigt der Senat, die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 21.12.2015 (17 O 197/15) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe
Die Berufung der Kläger ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, ist eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.

Die Berufung der Kläger kann keinen Erfolg haben. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Widerruf der Kläger vom 14.10.2014 hinsichtlich des Darlehensvertrages vom 8.8.2008 als verspätet angesehen. Deshalb kann der Hilfsantrag (Z. 2 der Berufungsanträge) keinen Erfolg haben. Ob die rechtliche Bewertung der Kammer zur Wirksamkeit des Widerrufs des Darlehensvertrages vom 4./7.9.2008 richtig ist, kann offen bleiben, weil jedenfalls die Berechnung der gegenseitigen Ansprüche (Z. 1 der Berufungsanträge) unzutreffend ist und dem Begehren der Kläger ein weitergehendes Feststellungsbegehren nicht entnommen werden kann. Deshalb kommt eine Feststellung wie mit Z. 1 der Berufungsanträge verlangt nicht in Betracht. Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Kläger keinen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzuges und auf den Ausgleich ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten haben. Im Einzelnen gilt:

1.

Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.?F. begann die 2-wöchige Widerrufsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich machte, erteilt wurde. § 355 BGB ist in seiner vom 8.12.2004 bis zu 10.6.2010 geltenden Fassung anwendbar.

Unstreitig haben die Kläger – hinsichtlich beider Darlehensverträge – weder innerhalb der Zwei-Wochen-Frist noch innerhalb der Monatsfrist des § 355 BGB a.F. den Widerruf erklärt. Das Widerrufsrecht erlischt zwar nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Recht belehrt wird. Vielmehr ergibt sich im Falle einer unzureichenden Belehrung ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht (BT-Drs. 14/9266 S. 45). Maßgeblich ist insoweit, ob der vom Gesetz mit der Einräumung eines Widerrufsrechts zu Gunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck mit der von der Beklagten konkret verwendeten Widerrufsbelehrung noch erreicht wurde. Dies ist nach der Auffassung des Senats in allen Punkten und hinsichtlich beider Widerrufsbelehrungen der Fall. Das gilt, obwohl sich die Beklagte als Verwenderin der Widerrufsbelehrungen nicht auf den Inhalt des vom Gesetzgeber in der BGB-Informationspflichten-Verordnung zur Verfügung gestellten, auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses anwendbaren Musters (§ 14 BGB-Info-V a.F., heute EGBGB 247 § 6 Abs. 2 S. 3.) berufen kann, weil sie nicht diesem Muster entsprechend belehrt hat. Der Wortlaut der hier streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen weicht in mehreren Punkten von dem Mustertext Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV ab, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat.

Wie aber ebenfalls bereits vom Landgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt wurde, führt das Abweichen vom Muster allein nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung, wenn die Einzelprüfung ergibt, dass den in § 355 BGB a.F. zum Ausdruck kommenden inhaltlichen Anforderungen entsprochen worden ist. Die an den Verbraucher gerichtete Belehrung muss vollständig und inhaltlich zutreffend sein. Sie hat, um ihren Zweck erreichen zu können, möglichst umfassend, unmissverständlich und aus der Sicht des Verbrauchers eindeutig zu sein (BGH, Urteil vom 13.1.2009, XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709, 710). Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteil vom 23.6.2009, – XI ZR 156/08 -, juris – Tz. 17f).

2.

Die den Klägern am 8.8.2008 erteilte Belehrung genügt den oben dargestellten Anforderungen. Der Beginn der Widerrufsfrist ist im Rahmen dieser Belehrung eindeutig bestimmt und hinreichend erläutert worden, wie der Senat zu einer inhaltlich identischen Widerrufsbelehrung bereits entschieden hat (13 U 168/14). Daran hält er fest. Der Inhalt der Belehrung entspricht den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung 2004 – 2010, wobei der letzte Spiegelstrich und der Zusatz „nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses“ auf § 312d Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 BGB (in der Fassung ab dem 29.7.2009) zurückgehen, da der Vertragsschluss im Wege eines Fernabsatzgeschäftes i.S.v. § 312 d BGB erfolgte. § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) erforderte keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB.

Auf die im Rahmen der Berufungsbegründung angeführten Entscheidung des BGH vom 4.7.2002 (I ZR 55/00) können sich die Kläger nicht berufen. Der Entscheidung lag ein in maßgeblicher Hinsicht abweichender Sachverhalt zugrunde. Während es im vorliegenden Fall (bezogen auf die in der Berufungsbegründung aufgegriffenen Formulierung, heißt, dass die Frist zu laufen beginnt „…, nicht jedoch vor dem Tag des Vertragsschlusses“, war die Voraussetzung in dem dem Urteil des BGH zugrunde liegenden Fall anders formuliert (nämlich mit dem Zusatz, der Lauf der Widerrufsfrist beginne „nicht jedoch, bevor die auf Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde.“). Während diese Formulierung – wie der BGH entschieden hat – das unrichtige Verständnis nahelegt, dass auch Fälle denkbar seien, in denen die Widerrufsfrist nicht bereits mit der Aushändigung der die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsurkunde zu laufen beginne, sondern erst mit der zeitlich nachfolgenden Abgabe der auf den Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers, kann ein solches Missverständnis bei der im vorliegenden Fall verwendeten Formulierung nicht entstehen. Über die für einen Vertragsschluss erforderlichen Voraussetzungen enthält der Belehrungstext entgegen der Auffassung der Kläger (S. 3 der Berufungsbegründung) keine Aussagen.

Soweit die Kläger weiterhin bemängeln, dass sie die Information zu den Besonderheiten des Fernabsatzvertrages vor Vertragsschluss nicht erhalten hätten, hat das Landgericht mit Recht auf ihre entgegenstehende, das Gegenteil bestätigende Quittung hingewiesen (Anlage B 1). Zudem haben die Kläger (S. 9 des Schriftsatzes vom 28.10.2015) letztlich auch lediglich vorgetragen, das Dokument sei „im Zuge des Vertragsschlusses“ wieder an die Beklagte zurückgelangt.

Schließlich ist die Widerrufsbelehrung zum Vertrag vom 8.8.2008 nicht deshalb fehlerhaft, weil sie unter der Überschrift „Verbundene Geschäfte“ eine Sammelbelehrung über die Folgen eines Widerrufs für verschiedene Arten von finanzierten Geschäften enthält – auch wenn hier unstreitig kein verbundenes Geschäft vorliegt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 07.07.2014, 23 U 172/13, CR 2015, 319, 321; OLG München, Urteil vom 09.11.2015, – 19 U 4833/14-, BKR 2016, 30, 32f).

Zunächst liegt kein inhaltlicher Fehler der Belehrung zum verbundenen Geschäft vor. Die Belehrung gilt insoweit – der Musterbelehrung folgend – unmissverständlich nur, „wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden“. Auch im Hinblick auf die vom Landgericht bereits angesprochene Einleitung zu diesem Abschnitt geht die Belehrung somit keineswegs davon aus, dass im streitgegenständlichen Fall tatsächlich ein verbundenes Geschäft vorliegt und ist mithin inhaltlich jedenfalls nicht unrichtig.

Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen oder verwirrende oder ablenkende Zusätze enthalten (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – ZR 156/08; juris-Tz. 24). Diese Regelung schließt nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend sind Ergänzungen als zulässig anzusehen, die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht hierzu rechnen Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken. Der Senat hält hinsichtlich der Belehrung über den Widerruf verbundener Geschäfte an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach eine nur vorsorgliche, inhaltlich jedoch zutreffende Belehrung über Voraussetzungen und Folgen eines verbundenen Geschäfts keinen unzulässigen Zusatz darstellt, auch wenn im konkreten Falle unstreitig kein verbundenes Geschäft vorliegt (OLG Köln, Beschluss vom 23.3.2015, – 13 U 168/14 -, juris – Tz. 6). Dass der Verbraucher selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen für ihn gelten, ist unschädlich, solange sie – wie vorliegend – so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht.

Die Frage, ob materiellrechtlich ein verbundenes Geschäft vorliegt, erfordert die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und mitunter die Beantwortung schwierigster Rechtsfragen. Dass es dem durchschnittlichen Verbraucher auf der Grundlage der Hinweise oftmals nicht ohne weiteres möglich ist, zu entscheiden, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, ist auf die komplizierte Rechtslage und nicht etwa auf Unklarheiten der Belehrung zurückzuführen. Da eine Widerrufsbelehrung unrichtig ist, wenn sie bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts nicht über dessen Rechtsfolgen belehrt (so BGH Urteil vom 15.12.2009 – XI ZR 45/09, juris – Tz. 12f), muss es einem Kreditinstitut möglich sein, die entsprechende Belehrung – wie in der Musterbelehrung vorgesehen – vorsorglich für den Fall vorzunehmen, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt, ohne dass dies einen „verwirrenden oder ablenkenden Zusatz“ darstellt (so auch OLG München, Urteil vom 09.11.2015, – 19 U 4833/14- , BKR 2016, 30, 33). Gegen einen Willen des Gesetzgebers, der Verwender müsse die Belehrung so genau anpassen, dass nur noch der konkrete Einzelfall des jeweiligen Verbrauchers erfasst wird, spricht auch, dass die Musterbelehrung seinerzeit im Gestaltungshinweis 10 nur vorsah, dass die Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen können – und nicht müssen -, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt. Auch soweit die Belehrung zum finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts zusätzlich zu der allgemeinen Belehrung aufgeführt wird, ergibt sich vorliegend aus der Darstellung mehrerer grundsätzlich denkbarer Fälle kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot.

3.

Was den Darlehensvertrag vom 4.7./9.2009 angeht, dessen Umwandlung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis das Landgericht festgestellt hat, ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten – was die Belehrung zum Fristbeginn angeht – ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie entspricht insoweit den gesetzlichen Vorgaben. Eine möglicherweise unzureichende Information zu den Besonderheiten des Fernabsatzes wirkt sich im konkreten Fall nicht aus (dazu Z. 4). Im Einzelnen:

a.

Der Senat vermag sich der Auffassung des Landgerichts, dass ein durchschnittlicher Kunde aus der streitgegenständlichen Belehrung (GA 24) herleiten könne, für den Fristbeginn genüge bereits der Erhalt eines Vertragsantrages der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung, nicht anzuschließen. Zwar enthielt die Belehrung – insoweit wie die der Entscheidung des BGH vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08) die Formulierung, dass die Widerrufsfrist mit der Übermittlung einer „Abschrift des Darlehensvertrages“ beginnt. Anders als das dem zeitlich ersten Darlehensvertrag zugrunde liegende Angebot der Beklagten war das zum zweiten Vertrag führende Angebot der Beklagten auch nicht als „Darlehensantrag“ bezeichnet, sondern mit „Darlehensvertrag“ überschrieben. Das ändert aber nichts daran, dass mit der Bezeichnung „Darlehensvertrag“ grundsätzlich ein bereits geschlossener, d.h. von beiden Seiten und damit auch vom Darlehensnehmer unterzeichneter Vertrag gemeint und dies auch für den Darlehensnehmer erkennbar ist. Das ergibt sich jedenfalls aus dem weiteren Belehrungstext, in dem für den Fristbeginn alternativ auf den Erhalt des Darlehensangebotes „des Darlehensnehmers … im Original oder in Abschrift -..“ … (Unterstreichungen durch den Senat)“ abgestellt wird. Das unterscheidet die streitgegenständliche Belehrung auch von derjenigen, die der Entscheidung des BGH vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08) zu Grunde lag, denn dort war der Fristbeginn lediglich daran geknüpft, dass dem Darlehensnehmer neben der Belehrung auch eine Vertragsurkunde oder – alternativ – „der“ schriftliche Darlehensantrag (Unterstreichung durch den Senat) oder einer Abschrift desselben zur Verfügung gestellt wurde. Im Streitfall heißt es dagegen „des Darlehensangebotes des Darlehensnehmers“, so dass nicht zweifelhaft ist, dass der Fristbeginn den Erhalt der eigenen Vertragserklärung des Darlehensnehmers voraussetzt. Darauf, dass der Vertrag nicht im Wege eines sog. „Präsenzgeschäftes“ geschlossen worden ist, kommt es daher nicht an.

Zweifel daran, dass das Begriffspaar „eine Vertragsurkunde“ von einem verständigen Durchschnittskunden in diesem Sinne verstanden wird, bestehen deshalb nicht. Selbst wenn das aber so wäre, wäre die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung dennoch nicht als fehlerhaft anzusehen. Sie entspricht nämlich – insoweit wörtlich und im Übrigen inhaltlich – der gesetzlichen Regelung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB in der für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung (8.12.2004 bis 10.6.2010), in der es heißt: „Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde (Unterstreichung durch den Senat), der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wurde“. Den gesetzlichen Anforderungen an die Belehrung ist damit im vorliegenden Fall Genüge getan. Dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung der gesetzlichen Vorschrift nicht insgesamt wörtlich entspricht, spielt keine Rolle. Auf eine vollständige und wörtliche Übernahme kommt es nur an, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist und sich der Darlehensgeber auf den durch die Anl. 2 zu § 14 BGB-Info-VO vermittelten Vertrauensschutz berufen will.

b.

Dass die Beklagte den Klägern die Informationen zu Fernabsatzverträgen auch hinsichtlich des zweiten Darlehensvertrages zur Verfügung gestellt hat, ergibt sich aus ihrem Vortrag – der sich insoweit nur zum zeitlich ersten Darlehensvertrag verhält – nicht. Die Kläger haben diesen Umstand schon erstinstanzlich gerügt (und mit der Berufungsbegründung – dort S. 4 – wieder aufgegriffen.

4.

Die Berufung der Kläger ist aber auch ungeachtet dessen unbegründet. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Anspruchsberechnung der Kläger fehlerhaft ist. Was den nach einer – unterstellten – Umwandung der Darlehensverträge in Rückabwicklungsschuldverhältnisse bestehenden Anspruch der Bank auf Wertersatz angeht, hat die Abrechnung aus den im angefochtenen Urteilen angegebenen Gründen auf der Grundlage des Vertragszinses zu erfolgen. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist gemäß § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen. Ist – wie hier – Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann der Verbraucher aber nachweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war mit der Folge, dass er nur den marktüblichen Zins zahlen muss. Diesen Nachweis hat das Landgericht zu Recht als nicht geführt angesehen. Es hat den marktüblichen Zinssatz in überzeugender Weise auf der Grundlage der EWU-Zinsstatistik für Wohnungsbaukredite an private Haushalte mit einer Laufzeit von über 10 Jahren bestimmt. Dabei hat es zu Recht an den Zeitpunkt des Vertragsschlusses angeknüpft und eine abschnittsweise Berechnung des marktüblichen Zinses abgelehnt. Ohne Erfolg hält die Berufung dem entgegen, angesichts von erheblichen Zinsänderungen während langandauernder Kredite sei auch für die Rückabwicklung eine dynamische Betrachtung angemessen. Im Gegenteil ist den Rückabwicklungsvorschriften – wie das Landgericht auch zutreffend ausgeführt hat – gerade zu entnehmen, dass es für die Bestimmung der Marktüblichkeit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommen muss. Denn maßgebend ist gemäß § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB in erster Linie die im Vertrag und damit bei Vertragsschluss bestimmte Gegenleistung. Dass dem Verbraucher durch den zweiten Halbsatz die Möglichkeit eingeräumt wird nachzuweisen, dass diese überhöht war, weil der Marktzins niedriger war, ändert nichts daran, dass der maßgebliche Anknüpfungszeitpunkt gemäß § 346 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BGB derjenige des Vertragsschlusses ist.

Schon in Anbetracht der unzutreffenden Vorgabe – Rückabwicklung beider Darlehensverträge – kann die dem Hauptantrag zugrunde liegende Bezifferung des der Beklagten nach Ansicht der Kläger allenfalls noch zustehenden Anspruchs nicht richtig sein. Wie das Landgericht sieht auch der Senat weder einen Anlass noch eine Möglichkeit, den Klageantrag zu 1) wie im angefochtenen Urteil angesprochen umzudeuten. Dagegen wendet sich auch die Berufung nicht. Schon deshalb – und unabhängig von den Ausführungen zu Ziffer 3 – kann die Berufung auch unter Berücksichtigung der möglichen Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung zum zweiten Darlehensvertrag (KfW-Darlehen) keinen Erfolg haben.

Zu den weiteren Berufungsanträgen (Z. 3 und 4) ergibt sich das gleiche Ergebnis aus den vorstehenden Ausführungen.

5.

Die Kläger haben Gelegenheit, zu den vorstehend erteilten Hinweisen innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Die Frist kann nur unter den Voraussetzungen des § 224 Abs. 2 ZPO oder mit Zustimmung des Gegners – durch Beschluss des Senats oder durch Verfügung des Vorsitzenden oder dessen Stellvertreters – verlängert werden. Auf die Möglichkeit einer kostensparenden Rücknahme der Berufung (KV Nr. 1220, 1222 zu § 3 Abs. 2 GKG) wird hingewiesen.

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