OLG Köln, Urteil vom 14.04.2016 – 15 U 193/15

November 9, 2021

OLG Köln, Urteil vom 14.04.2016 – 15 U 193/15

Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 21.10.2015 (28 O 114/15) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

Der Kläger ist Präsident der Bundesnetzagentur und nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen einer Berichterstattung in Anspruch, die am 14.12.2014 in der Printausgabe der „C2“ und ab diesem Tage im Online-Angebot „Cplus“ veröffentlicht wurde. In diesem Beitrag wurde unter dem Titel „Wird die Ex von T gemobbt, weil sie noch ein Kind bekam?“ über eine intime Beziehung des Klägers zur Leiterin der Pressestelle der Bundesnetzagentur, Frau G, sowie seine eventuelle Vaterschaft hinsichtlich ihres zweiten Kindes spekuliert. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 85, 127 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es liege keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers vor, die eine Geldentschädigung rechtfertigen könne. Hinsichtlich der Berichterstattung über eine mögliche intime Beziehung zwischen dem Kläger und Frau G habe bereits die Zeitschrift „T2“ am 13.5.2013 entsprechend berichtet, so dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt sowohl privat als auch beruflich mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert worden sei. Angesichts dessen sei die weitere Berichterstattung der Beklagten über dieses Thema nicht als schwerwiegend anzusehen, denn der Kläger habe die erste Berichterstattung über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren nicht angegriffen. Auch die Berichterstattung über eine vermeintliche Vaterschaft des Klägers sei nicht als schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts anzusehen. Denn zum einen sei aufgrund der sozialen Dimension der Angelegenheit bei der Geburt eines Kindes lediglich die Sozialsphäre, jedenfalls aber nicht der Kern der Privatsphäre betroffen. Zum anderen habe sich auch in Bezug auf die vermeintliche Vaterschaft die Eingriffsintensität dadurch erheblich verringert, dass sich der Kläger nicht gegen die Berichterstattung in der Zeitschrift „T2“ zur Wehr gesetzt habe. Bereits durch diese frühere Berichterstattung sei das Gerücht über eine Liebesziehung zwischen dem Kläger und Frau G in die Öffentlichkeit gelangt. Folglich habe mit der Geburt des (zweiten) Kindes von Frau G ein weiteres Gerücht über eine mögliche Vaterschaft des Klägers auch ohne eine entsprechende Berichterstattung der Beklagten entstehen können. Die Beklagte habe auch nicht in der Weise berichtet, dass sie einen Verdacht als feststehende Tatsache mitgeteilt habe und aus diesem Grunde eine Geldentschädigung gerechtfertigt sei. Auch die fehlende Anhörung des Klägers wiege in diesem Zusammenhang nicht schwer genug, denn dem Leser werde jedenfalls mitgeteilt, dass der Kläger die Vorwürfe zurückweise. Dies, so sei zu unterstellen, wäre auch seine naheliegende Reaktion im Rahmen einer Anhörung gewesen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass nicht allein die Geburt des Kindes von Frau G Anlass für die Berichterstattung der Beklagten sei, sondern auch der Umstand, dass diese nach Rückkehr aus dem Mutterschutz von ihrer Position als Leiterin der Pressestelle versetzt worden sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und verfolgt seinen erstinstanzlichen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von mindestens 7.500 Euro weiter. Er macht geltend, das Landgericht habe fehlerhaft darauf abgestellt, dass bei Beurteilung der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung von einer ungeklärten Verdachtslage auszugehen sei. Tatsächlich habe die Beklagte jedoch bereits vor ihrer Berichterstattung aufgrund seiner und der Stellungnahme von Frau G gewusst, dass kein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliege. Angesichts des Umstandes, dass die von der Beklagten verbreiteten Gerüchte unstreitig unzutreffend seien und die Beklagte im Vorfeld der Berichterstattung von ihm davon in Kenntnis gesetzt worden sei, müsse von einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung ausgegangen werden. Der Bericht zeichne sich durch eine besondere Rücksichtslosigkeit aus, weil die Beklagte vorsätzlich mit Falschinformationen gehandelt habe. Ihre rein kommerziellen Motive zeigten sich auch darin, dass sie trotz der Stellungnahme des Klägers an ihrer Berichterstattung festgehalten habe, um dann wenige Stunden nach der Veröffentlichung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Zwar habe er die frühere Berichterstattung in der Zeitschrift „T2“ nicht gerichtlich angegriffen. Die damalige Berichterstattung habe jedoch keine angebliche Vaterschaft thematisiert. Zudem werde der Leser durch die Berichterstattung der Beklagten zu der falschen Annahme geführt, die Zeitschrift „T2“ habe den Sachverhalt über die intime Beziehung zwischen ihm und Frau G recherchiert, obwohl auch dieser Bericht lediglich Gerüchte wiedergegeben habe. Auch habe die Berichterstattung der Beklagten eine gänzlich andere Qualität als die Berichterstattung der Zeitschrift „T2“, weil nicht nur eine angebliche Liebesziehung durch ein Wortspiel angedeutet, sondern ausdrücklich auf eine „Liebesaffäre“ Bezug genommen und dem Kläger eine Vaterschaft untergeschoben werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 21.10.2015 (28 O 114/15), berichtigt durch den Beschluss vom 1.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung, mindestens jedoch einen Betrag in Höhe von 7.500 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.1.2015 zu zahlen,

2. an den Kläger einen Betrag in Höhe von 729,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, Frau G habe die Vaterschaft des Klägers in einem Hintergrundgespräch mit dem Reporter P nicht ausdrücklich dementiert und diesem die Existenz des entsprechenden Gerüchts innerhalb und außerhalb der Bundesnetzagentur bestätigt. Insofern ist die Beklagte der Ansicht, sie habe nicht wider besseres Wissen falsche Tatsachen verbreitet. Auch angesichts der Dementi, die der Kläger und Frau G „in letzter Minute“ erklärt hätten, sei sie nicht verpflichtet gewesen, von der Berichterstattung abzusehen, zumal keiner der beiden zu diesem Zeitpunkt eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt habe. Die Zeitschrift „T2“ habe hinsichtlich seiner – aus Sicht der Beklagten sorgfältig recherchierten – Berichterstattung erst dann (nämlich am 09.01.2015) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, als ihm die eidesstattlichen Versicherungen des Klägers und Frau Gs vorgelegen hätten. Da die vermutete Beziehung zwischen dem Kläger und Frau G möglicherweise Einfluss auf die Besetzung einer hoch dotierten Stelle innerhalb der Bundesnetzagentur gehabt habe, sei Gegenstand der Berichterstattung vorrangig die Amtsführung des Klägers und nicht die Details seines Privatlebens. Eine verkürzte oder irreführende Wiedergabe der „T2“-Berichterstattung habe die Beklagte nicht vorgenommen. Aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten sei angesichts der Datumsangabe in der Berichterstattung erkennbar, dass die Zeitschrift „T2“ zu einem Zeitpunkt über das Gerücht berichtet habe, als Frau G noch nicht schwanger war. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass gerade ihre Berichterstattung die Beziehung des Klägers zu seiner Ehefrau erheblich beeinträchtigt habe. Dies widerspreche im Übrigen auch dem eigenen Vortrag des Klägers, wonach seine Familie bereits den im T2 wiedergegebenen Gerüchten keinen Glauben geschenkt habe.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Ihm steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB nicht zu, weil die Berichterstattung der Beklagten schon keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, jedenfalls aber im Hinblick auf die vorangegangene und vom Kläger nicht angegriffene Berichterstattung der Zeitschrift „T2“ kein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer solche Entschädigung besteht.

Im Einzelnen:

1. Zwar hat die Beklagte dadurch, dass sie nicht lediglich das Zitat aus der Berichterstattung der Zeitschrift „T2“ wiedergibt, sondern einen eigenen Verdacht bezüglich eines intimen Verhältnisses zwischen dem Kläger und Frau G äußert und diesen noch um den Verdacht einer Vaterschaft des Klägers erweitert, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Gestalt seiner Privatsphäre verletzt.

a. Sie hat mit ihrer Berichterstattung nicht nur eine Drittäußerung wiedergegeben, sondern einen eigenen Verdacht über ein intimes Verhältnis zwischen dem Kläger und Frau G sowie über die mögliche Vaterschaft des Klägers aufgestellt. Aus einer Gesamtschau der streitgegenständlichen Berichterstattung vom 14.12.2014, in welcher die Mobbing-Geschehnisse um Frau G in einen direkten Zusammenhang mit der Geburt ihres zweiten Kindes gestellt werden, die keine „wunderschöne Nachricht“ sei und dessen Vater sie nicht nennen will, ergibt sich aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten, dass die Beklagte einen eigenen Verdacht erheben will. Denn auch wenn der Passus „Seitdem tuscheln die Beamten über eine vermeintliche Liaison und sogar darüber, ob der Behördenboss der Vater der G-Tochter sei“ ebenso wie die im vorherigen Satz wiedergegebene Äußerung der Zeitschrift „T2“ in Fettdruck gesetzt ist und damit optisch eine inhaltliche Zugehörigkeit zu diesem Zitat eines Dritten hervorgerufen wird, ist für den durchschnittlichen Leser schon aufgrund der Datumsangaben erkennbar, dass im Zeitpunkt der ersten Berichterstattung durch die Zeitschrift „T2“ („im vergangenen Jahr“) ein „Getuschel der Beamten“ über eine mögliche Vaterschaft des Klägers noch gar nicht möglich war. Denn wenn die Beklagte am 14.12.2014 berichtet, dass Frau G „im Herbst“ ein zweites Kind zur Welt brachte und im November an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte, ist aufgrund der ebenfalls im Beitrag genannten und daher auch dem unkundigen Leser vermittelten Dauer der Schutzfrist von acht Wochen nach der Geburt klar erkennbar, dass diese im September 2014 stattgefunden haben muss. Damit bestand die Schwangerschaft von Frau G bei Berichterstattung durch die Zeitschrift „T2“ im Dezember 2013 wenn überhaupt, dann jedenfalls kaum in äußerlich erkennbarer Form. Die Mitteilung, dass Mitarbeiter der Bundesnetzagentur über eine Vaterschaft des Klägers spekulieren und das Gerücht, dass der Kläger der Vater dieses Kindes sei, ist damit eine Berichterstattung der Beklagten, die inhaltlich über die frühere Informationsvermittlung durch die Zeitschrift „T2“ hinausschießt.

b. Diese Berichterstattung stellt einen Eingriff in die Privatsphäre des Klägers dar und zwar sowohl hinsichtlich des Verdachts, er unterhalte ein intimes Verhältnis mit Frau G, als auch hinsichtlich des Verdachts, er sei der Vater ihrer zweiten Tochter. Zwar betrifft eine Äußerung über ein (außereheliches) intimes Verhältnis zweier Menschen auch deren Sexualleben, so dass grundsätzlich eine Betroffenheit der Intimsphäre in Betracht käme. Die bloße Mitteilung ehebrecherischer Beziehungen ohne die Bekanntgabe diesbezüglicher Einzelheiten tangiert jedoch nicht die Intimsphäre (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.1999 – VI ZR 264/98, juris Rn. 14; OLG München, Urt. v. 31.7.2014 – 18 U 308/14, beckonline Rn. 57; im Ergebnis auch OLG Köln, Urt. v. 18.5.1999 – 15 U 4/99, BeckRS 1999, 30059856). Insbesondere gilt dies in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem der Kläger als Präsident einer Bundesbehörde aufgrund seines Amtes in der Öffentlichkeit steht, die vermeintliche Beziehung zu einer Bediensteten seiner Behörde bestehen soll und keine Details des intimen Verhältnisses mitgeteilt, sondern vielmehr vorrangig Bedenken zur Auswirkung des vermeintlichen Verhältnisses bei der Berufung der Beamtin auf ihre Stelle geäußert werden. Hier ist vielmehr nur die Privatsphäre des Klägers, diese allerdings in ihrem Kernbereich, betroffen (vgl. insoweit auch: BGH, Urt. v. 29.6.1999 – VI ZR 264/98, juris Rn. 14; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.11.2005 – 14 U 169/05, juris Rn. 42).

Auch hinsichtlich der Berichterstattung der Beklagten über die vermeintliche Vaterschaft des Klägers ist die Privatsphäre betroffen. Aufgrund des Umstandes, dass schon die intime Beziehung zwischen dem Kläger und Frau G unstreitig nicht bestand, ist mit der Geburt des Kindes von Frau G keine soziale Dimension eröffnet, die es rechtfertigt, diese Geburt der Sozialsphäre des Klägers zuzuordnen. Wird nämlich die intime Beziehung zwischen der Mutter des Kindes und dem vermeintlichen Vater schon dem Grunde nach in Abrede gestellt und stellt eine entsprechende Äußerung damit einen Eingriff in die Privatsphäre dar, dann muss dies gleichermaßen für Äußerungen über das „Ergebnis“ einer solchen intimen Beziehung gelten. Mit der Geburt des Kindes wird insoweit, da die intime Beziehung zwischen seiner Mutter und dem Kläger eben nicht unstreitig ist, keine für die Außenwelt wahrnehmbare Auswirkung geschaffen, weil – ebenso wie die Beziehung als solche – die Erzeugerstellung des Klägers gerade nicht feststeht und man damit nicht aus der Existenz des Kindes auf das intime Verhältnis seiner Mutter zum Kläger zurückschließen kann (vgl. dazu OLG Hamburg, Urt. v. 13.9.1990 – 3 U 129/90, NJW-RR 1991, 98; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.11.2005 – 14 U 169/05, juris Rn. 42).

2. Nach Ansicht des Senats ist die durch die Berichterstattung der Beklagten erfolgte Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers jedoch nicht so schwerwiegend, dass sie die Zuerkennung einer Geldentschädigung erfordert.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage, ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Denn die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung findet ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. BGH, Urt. v. 15.9.2015 – VI ZR 175/14, juris Rn. 38 m.w.N.). Insoweit sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen.

Bei Würdigung dieser Gesamtumstände ist vorliegend zu berücksichtigen, dass bereits in der 1 ½ Jahre zurückliegenden Berichterstattung der Zeitschrift „T2“ von dem Verdacht einer intimen Beziehung des Klägers zu Frau G die Rede war, ohne dass diese Berichterstattung vom Kläger in der Folgezeit gerichtlich oder außergerichtlich angegriffen wurde. War damit der Kläger bereits durch diese Berichterstattung in der Öffentlichkeit dem (unberechtigten) Vorwurf einer intimen außerehelichen Beziehung zu einer Angehörigen der von ihm geführten Behörde ausgesetzt, so stellt die Berichterstattung der Beklagten zunächst lediglich eine Aktualisierung der früheren Berichterstattung in der öffentlichen Wahrnehmung dar. Zwar ist die Privatsphäre des Klägers durch eine unwahre bzw. zumindest unbewiesene Tatsachenbehauptung betroffen und hat der Bundesgerichtshof im Hinblick auf eine solche Fallgestaltung in seiner Entscheidung vom 17.12.2013 (VI ZR 211/12, juris Rn. 41) ausgeführt, dass es sich nicht mindernd auf das Gewicht der Persönlichkeitsrechtsverletzung auswirkt, wenn bereits vor dem angegriffenen Beitrag in anderen Veröffentlichungen über den Betroffenen berichtet wurde. Denn weder würden unbewiesene Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters deswegen zulässig, weil sie auch von anderen aufgestellt worden sind, noch verliere der Betroffene durch die erste belastende Berichterstattung seine Ehre und soziale Anerkennung in dem Sinne, dass diese Schutzgüter nicht erneut oder nur mit geringerer Intensität verletzt werden könnten. Vorliegend ist jedoch entscheidend zu berücksichtigen, dass zwischen der Berichterstattung durch die Zeitschrift „T2“ und der Berichterstattung der Beklagten ein Zeitraum von immerhin 1 ½ Jahren lag, in welchem der Kläger die Verbreitung des entsprechenden Gerüchtes nicht beanstandet hat. Darüber hinaus hat die Beklagte im Hinblick auf die vermeintliche intime Beziehung des Klägers zu Frau G keine weiteren (unzutreffenden) Tatsachen behauptet, sondern schlicht die damalige Berichterstattung der Zeitschrift „T2“ wiederholt.

Die Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Beklagte – im Vergleich zu der früheren Berichterstattung – ihrem Beitrag einen überschießenden Informationsgehalt gegeben hat, indem sie nicht nur über das Gerücht eines intimen Verhältnisses, sondern auch über das Gerücht einer Vaterschaft des Klägers berichtet hat. Der gegenüber der früheren Berichterstattung durch die Beklagte vorgenommenen Erweiterung des betreffenden Gerüchts kommt insoweit kein eigenständiger Verletzungscharakter in hinreichender Schwere zu. Bedeutung und Tragweite des Eingriffs werden für den Kläger maßgeblich dadurch bestimmt, dass ihm in bestehender Ehe eine intime Beziehung zu einer Frau nachgesagt wird, die als Bedienstete seiner Behörde zu ihm in einem dienstrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis steht und dass ihm – nach den Mutmaßungen der Berichterstattung – aufgrund dieses intimen Verhältnisses Unregelmäßigkeiten bei der Besetzung der Stelle des Pressesprechers vorgeworfen werden. Alle diese Umstände sind der Öffentlichkeit jedoch bereits durch die vorangegangene und vom Kläger nicht angegriffene Berichterstattung der Zeitschrift „T2“ bekannt gemacht worden. Insofern bestand die Belastung des Klägers, in der Öffentlichkeit als ein Behördenchef dargestellt zu werden, der durch unsachliche Bevorzugung einer Bewerberin bei der Vergabe eines gut dotierten Postens seine Amtspflichten verletzt und dies aufgrund einer intimen Beziehung zu der betreffenden Bewerberin tut, bereits ab diesem deutlich früheren Zeitpunkt, ohne dass der Kläger sich dagegen zur Wehr gesetzt hat. Die streitgegenständliche Berichterstattung der Beklagten führt lediglich zu einer Aktualisierung dieses Gerüchts sowie zu der – im Gesamtverhältnis nicht hinreichend schwerwiegenden – Erweiterung um die Mutmaßung einer Vaterschaft.

Schließlich kann eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung auch nicht im Hinblick auf Anlass und Beweggrund der Berichterstattung durch die Beklagten bejaht werden. Denn die Gerüchte um die Vaterschaft des Klägers und um sein angebliches intimes Verhältnis werden nicht allein zur Befriedigung von Neugier oder Sensationslust der Leser wiedergegeben, sondern sie werden im Kontext mit der Thematik einer möglicherweise angreifbaren Postenvergabe in der Bundesnetzagentur bzw. mit der Thematik des Mobbings einer dort tätigen Behördenangehörigen diskutiert, womit Fragestellungen von erheblichem öffentlichem Interesse betroffen sind. Darüber hinaus hat die Beklagte in ihrer Berichterstattung unmittelbar im Anschluss an die Wiedergabe des Gerüchtes über die Vaterschaft des Klägers – insoweit ebenfalls in Fettdruck – darüber berichtet, dass sowohl der Kläger als auch Frau G dieses Gerüchte über ihre Anwälte haben zurückweisen lassen.

3. Selbst wenn man zugunsten des Klägers entgegen der vorstehenden Ausführungen von einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Beklagte ausgeht, fehlt es jedenfalls an einem unabwendbaren Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch stehen beim Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Aspekte der Genugtuung des Opfers sowie der Prävention im Vordergrund. Folglich liegt ein unabwendbares Bedürfnis für die Zubilligung einer Geldentschädigung nur dann vor, wenn sich im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung aller maßgeblicher Umstände des Einzelfalles der Angriff gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richtet, wenn das Schamgefühl durch die Persönlichkeitsverletzung berührt ist bzw. sie ein Gefühl des Ausgeliefertseins verursacht (vgl. Wenzel (Burkhardt), Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 14, Rn. 128).

Diese Gesichtspunkte kommen vorliegend nicht zum Tragen. Im Hinblick auf die vom Kläger eingeforderte Genugtuung ist zu berücksichtigen, dass er die vorangegangene Berichterstattung durch die Zeitschrift „T2“ über einen Zeitraum von 1 ½ Jahren nicht beanstandet hat und damit die Beeinträchtigung seines Rufes in der Öffentlichkeit bzw. in seinem Privatleben gegenüber Familie und Bekannten in diesem Zeitraum hingenommen hat. Die Zuerkennung einer Geldentschädigung ist schließlich auch nicht aus Präventionsgesichtspunkten geboten. Denn da die Berichterstattung der Beklagten keine reine Mitteilung von Gerüchten zur Befriedigung von Neugier und Sensationslust darstellt, sondern sich in erster Linie mit den Personalveränderungen bzw. vermeintlichen Missständen in der Bundesnetzagentur befasst und zudem das Dementi des Klägers in unmittelbaren Zusammenhang mit der Wiedergabe des Gerüchtes erwähnt, kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers vorsätzlich und nur zum Zweck der Gewinnerzielung erfolgt ist.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Wert des Berufungsverfahrens: 7.500 Euro

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