OLG Köln, Beschluss vom 15.02.2016 – 13 U 151/15

November 12, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 15.02.2016 – 13 U 151/15

Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20.08.2015 (1 O 119/15) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe
I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein zwischen den Parteien am 12. Juli 1977 abgeschlossener, seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreifer, nicht voll besparter und von der Beklagten am 30. November 2014 gekündigter Bausparvertrag fortbestehe. Die Beklagte hat sich auf die Wirksamkeit der Kündigung berufen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. August 2015 abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe den Vertrag wirksam gekündigt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20.08.2015 (1 O 119/15) Bezug genommen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 25. August 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 3. September 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit am 9. Oktober 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. Er ist der Auffassung, dass es sich bei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB um eine verbraucherschützende Norm handele, auf die Beklagte ihre Kündigung nicht stützen könne. Zudem habe die Beklagte das Darlehen erst vollständig empfangen, wenn der Vertrag voll bespart sei, weil erst ab diesem Zeitpunkt der Sparer keine Möglichkeit mehr habe, das der Bausparkasse gewährte Darlehen aufzustocken.

Zudem habe die Beklagte die Möglichkeit, ihre Bausparbedingungen sogar nachträglich zu ändern (§ 32 ABB), von der sie indessen keinen Gebrauch gemacht habe; eine entsprechende Anfrage der Beklagten bei der BaFin sei wohl abschlägig beschieden worden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 25.08.2015 – 1 O 119/15 – festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. 654 343 00 über den 1.11.2014 hinaus fortbesteht,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Der Senat hat mit Hinweisbeschluss vom 11.1.2016, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Hierzu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.01.2015, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Stellung genommen.

II.

Die Berufung unterliegt der Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO.

1.

Die Berufung des Klägers ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 11.1.2016, die trotz der vom Kläger dagegen erhobenen Einwendungen die Zurückweisung der Berufung tragen.

Der Auffassung des Klägers, der Beklagten stehe ein Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1. Nr. 3 BGB a.F. (jetzt § 489 Abs. 1 Nr.2 BGB) nicht zu, vermag sich der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht anzuschließen.

Der Verweis des Klägers auf § 609a BGB a.F. führt vorliegend nicht weiter, da zum Einen der Wortlaut in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB („in jedem Fall“) keine Einschränkung vornimmt und eine solche auch nicht unter Verweis auf § 609a BGB a.F. unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialen vorgenommen werden kann. So lässt sich der BT-Drs 10/4741 entnehmen, dass im Falle eines einseitigen Zinsbestimmungsrechts bzw. eines Darlehens mit variablem Zinssatz das Kündigungsrecht als Gegengewicht ausgestaltet werden sollte, was gerade im vorliegenden Fall, mit festem Zinssatz und der Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht gegeben ist (vgl. auch

LG München I, Urteil vom 06. November 2015 – 3 O 241/15 – Rn. 27, juris). So hat der Gesetzgeber bei Erlass des § 609a BGB hinsichtlich des Kündigungsrechts nach § 609 a Abs. 1 Nr. 3 BGB, anders als bei dem Kündigungsrecht nach § 609 Abs. 1 Nr. 2 BGB, das nur einer natürlichen Person zustehen sollte, keinen Anlass dazu gesehen, das Kündigungsrecht nach der Art des Schuldners auszudifferenzieren. Bestätigt wird dies dadurch, dass der Gesetzgeber auch bei der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie das in Streit stehende Kündigungsrecht nicht bei den verbraucherschützenden Vorschriften aufgenommen, sondern in das allgemeine Darlehensrecht übernommen hat.

Soweit sich der Kläger auf ein Urteil des OLG Stuttgart beruft, geht dies fehl. Dem in Bezug genommenen Urteil lag kein Bausparvertrag, sondern ein Bonussparvertrag zu Grunde, bei dem das OLG Stuttgart zu Lasten der als Darlehensnehmerin auftretenden Bank eine teleologische Reduktion des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr.1 BGB angenommen hat. Mit einem Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB brauchte sich das OLG Stuttgart nicht näher zu befassen. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift war nicht eröffnet, weil die Leistung nicht vollständig empfangen war. Abgesehen hiervon hat das Oberlandesgericht Stuttgart ausdrücklich ausgeführt: „dd) Ob auch für § 489 Abs. 1 BGB bei Bausparverträgen eine andere Betrachtungsweise geboten wäre, die den Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparvertrages und den Vorschriften des Bausparkassengesetzes (BGHZ 187, 360, 364) Rechnung trägt, bedarf keiner Entscheidung (vgl. dazu u.a. Weber ZIP 2015, 961 ff. mwN). Der hier vorliegende Sparvertrag ist damit nicht vergleichbar“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 23. September 2015 – 9 U 31/15 -, Rn. 110, juris).

Soweit sich der Kläger auf das Urteil des OLG Stuttgart vom 23. September 2015 – 9 U 48/15 – berufen hat, geht dies abgesehen davon, dass nicht ein Bausparvertrag sondern wiederum ein Bonussparvertrag streitgegenständlich war, schon deshalb fehl, weil sich das OLG Stuttgart mit einer Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Abs. 1 BGB mangels einer entsprechenden Kündigung durch das Kreditinstitut nicht zu befassen brauchte (OLG Stuttgart, Urteil vom 23. September 2015 – 9 U 48/15 – Rn. 94, juris).

Aus dem ebenfalls von dem Kläger in Bezug genommenen Urteil des OLG München vom 21.11.2011 – 19 U 3638/11 – vermag der Kläger ebenfalls nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Dieses Urteil hat einen Sparkassenbrief zum Inhalt, auf den als Namensschuldverschreibung – wie das OLG München ausgeführt hat – ausschließlich die §§ 793 ff BGB, nicht indessen § 489 BGB Anwendung finden.

Nicht anzuschließen vermag sich der Senat auch der Auffassung des Klägers, einer wirksamen Kündigung durch die Beklagte stehe entgegen, dass es sich um eine unzulässige Teilkündigung handele, da sich die Bausparkasse mit ihrer Kündigung nicht nur aus der Rolle als Darlehensnehmerin, sondern auch aus der Rolle als Darlehensgeberin löse. Der Kläger verkennt insoweit, dass sich der Wechsel von der Rolle der Beklagten als Darlehensnehmerin zur Darlehensgeberin erst mit Inanspruchnahme des Bauspardarlehens, also Zustimmung zur Zuteilung durch den Bausparer vollzieht. Aus § 1 Abs. 2 BauspkG ergibt sich nichts anderes, denn danach ist Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Letzteres ist aber erst mit Annahme der Zuteilung der Fall.

§ 9 ABB schließt eine Kündigung der Bausparkasse nicht aus, sondern befasst sich lediglich mit Kündigungen des Bausparvertrages durch den Bausparer. Ebensowenig wird das Kündigungsrecht der Bausparkasse durch § 14 der ABB abbedungen. Im Übrigen ist das in Rede stehende Kündigungsrecht der Bausparkasse, wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt hat, nicht abdingbar.

2.

Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (siehe grundlegend hierzu BGHZ 151, 221, 223 f.; 154, 288, 291 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (s. MünchKommZPO/Wenzel 3. Aufl. § 543 Rdn. 7; Musielak/Ball, ZPO 7. Aufl. § 543 Rdn. 5 a, jew. m.w.Nachw.). Derartige Unklarheiten bestehen nicht, wenn abweichende Ansichten in der Literatur vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (s. nur BVerfG, NJW-RR 2009, 1026 Tz. 14; BGH, Beschluss vom 08. Februar 2010 – II ZR 156/09 -, Rn. 3, juris). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in vorgenanntem Sinne liegt nach Auffassung des Senats nicht vor. Dass einer Bausparkasse ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs.1 Nr. 2 BGB nach Ablauf von 10 Jahren nach Erreichen der Zuteilungsreife zusteht wird ganz überwiegend vertreten (OLG Hamm, Beschluss vom 26. Oktober 2015 – I-31 U 182/15, 31 U 182/15 -, juris; so Staudinger/Mülbert BGB § 489, Rn. 51; BeckOK BGB/Rohe BGB § 489 Rn. 10; Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 Rn. 8.1 ; Yildirim, VuR 2015, 258, 259; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079; wohl auch Jauernig/Berger BGB § 489 Rn. 5). Entgegenstehende Auffassungen werden für die hier vorliegende Konstellation soweit ersichtlich nur vereinzelt vertreten (vgl. Weber, BB 2015, 2185 – Horlemann, BB 2015, 2378). Abweichende obergerichtliche Rechtsprechung liegt soweit ersichtlich nicht vor.

3.

Schließlich erscheint auch eine mündliche Verhandlung angesichts des gegebenen Sach- und Streitstands und der relevanten rechtlichen Fragen nicht geboten, so dass die Berufung – wie bereits im Hinweisbeschluss angekündigt – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2 iVm § 711 ZPO.

Gegenstandswert: bis zu 40.903,00 €.

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