FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2020 – 13 K 452/18

November 13, 2021

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2020 – 13 K 452/18

Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Kläger im Rahmen der von ihnen erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf die Anschaffungskosten des im Rahmen der Inanspruchnahme eines Nießbrauchs vermieteten Objekts in voller Höhe oder nur im Umfang der auf das Gebäude entfallenden Aufwendungen vornehmen können. Streitig ist außerdem, ob die AfA verteilt auf die voraussichtliche Lebensdauer des Längstlebenden von ihnen oder nur auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes zu gewähren ist.

Die im Dezember 1944 und im Oktober 1947 geborenen Kläger sind Eheleute, die zur Einkommensteuer der Streitjahre (2013 bis 2015) zusammenveranlagt werden. Bis 2013 lebten die Kläger in A unter der Anschrift [ … ] in einem Einfamilienhaus, dessen Eigentümerin zunächst allein die Klägerin gewesen war. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 23.12.2002 (Urkundenrolle Nr. xx/xxxx des Notars N in A) hatte die Klägerin dieses Hausgrundstück auf die drei gemeinsamen, zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen Kinder K 1, K 2 und K 3 übertragen. Dabei hatten sich die Klägerin und der an dem Vertrag beteiligte Kläger an dem Objekt ein Nießbrauchsrecht bis zum Tod des Längstlebenden von ihnen vorbehalten.

Zu Beginn des Jahres 2013 (des ersten Streitjahrs) fassten die Kläger den Entschluss, nach Süddeutschland umzuziehen, um dadurch künftig in räumlicher Nähe zu ihren Kindern, die zu diesem Zeitpunkt in B, C und D wohnten, und damit auch zu ihren Enkelkindern leben zu können. Aus diesem Grund trafen sie mit ihren drei Kindern am 07.01.2013 im Hinblick auf den deshalb beabsichtigten Verkauf der Aer Immobilie wegen der ihnen daran zustehenden Nießbrauchrechte eine privatschriftliche Vereinbarung folgenden Wortlauts:

„Die Eltern werden bei dem Verkauf der Immobilie ihre Nießbrauchsrechte löschen lassen. Die Nießbrauchsrechte sollen jedoch fortbestehen, und zwar in der Weise, dass aus dem Verkaufserlös eine oder mehrere andere Immobilien auf den Namen der Kinder erworben werden, an denen wiederum ein Nießbrauchsrecht zugunsten der Eltern bestellt wird. Bis dahin steht den Eltern das Nießbrauchsrecht an dem Erlös aus dem Verkauf der Immobilie [ … ] zu. Demgemäß ist der Kaufpreis auf das Konto der Eltern Nr. [ … ] bei der Landessparkasse zu A zu überweisen. Die Eltern stellen ihren Kindern den Verkaufserlös bei Erwerb einer oder mehrerer anderer Immobilien zur Verfügung, an denen den Eltern dann wieder das Nießbrauchsrecht zu bestellen ist.“

Im Anschluss daran veräußerte der Kläger durch notariell beurkundeten Vertrag vom 22.02.2013 (Urkundenrolle Nr. xx/xxxx des Notars N in A) – und zwar handelnd als vollmachtloser Vertreter für seine drei Kinder – das Hausgrundstück [ … ] in A für 475.000 EUR lastenfrei an fremde Dritte. Zugleich bewilligten beide Kläger in dem Vertrag im eigenen Namen die Löschung der bislang zu ihren Gunsten bestellten Nießbrauchsrechte. Der Kaufpreis wurde, nachdem die Kinder die Veräußerung genehmigt hatten, am 14.05.2013 vereinbarungsgemäß auf das gemeinsame Konto der Kläger überwiesen. Zur gleichen Zeit zogen die Kläger von A nach D – den Wohnort ihres Sohnes K 3 und von dessen Familie – um, wo sie unter der Anschrift [ … ] von dritter Seite eine Wohnung für sich angemietet hatten.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30.07.2013 (Urkundenrolle Nr. xxxx/xxxx des Notars L in D) erwarben die Kläger – hierbei handelnd als vollmachtlose Vertreter für ihre beiden Töchter – sowie ihr Sohn K 3 zum gemeinschaftlichen Miteigentum der drei Kinder eine Eigentumswohnung [ … ] [ …_ ] in D zum Kaufpreis von 280.000 EUR. Zugleich bestellten die Kläger – wiederum als vollmachtlose Vertreter für ihre beiden Töchter handelnd – sowie ihr Sohn K 3 durch notariell beurkundeten Vertrag vom 30.07.2013 (Urkundenrolle Nr. xxxx/xxxx des Notars L in D) zu ihren Gunsten ein lebenslängliches uneingeschränktes Nießbrauchsrecht an der Eigentumswohnung. Unter § 2 Abs. 6 dieses Vertrags war dazu Folgendes vereinbart:

„Die Nießbrauchsbestellung erfolgt in Fortsetzung des Nießbrauchsrechts, das den Berechtigten an einer nunmehr veräußerten Immobilie [ … ] in A zugestanden hat.“

Beide Vertragsschlüsse wurden von den Töchtern im Anschluss genehmigt. Der Kaufpreis von 280.000 EUR wurde am 30.09.2013 vom gemeinsamen Konto der Kläger an den Verkäufer überwiesen. Zudem wurden von diesem Konto die Maklerprovision, die Notargebühren, die Grunderwerbsteuer und die sonstigen Erwerbsnebenkosten (insgesamt weitere 27.805 EUR) bezahlt. In der Folgezeit vermieteten die Kläger diese Immobilie ab Oktober 2013 an einen Dritten.

Noch im Streitjahr 2013 erwarb der Kläger – wiederum als vollmachtloser Vertreter für seine drei Kinder – durch notariell beurkundeten Vertrag vom 14.11.2013 (Urkundenrolle Nr. xxxx/xxxx des Notars G in F) von einer Projektentwicklungsgesellschaft für 110.905 EUR das Sondereigentumsrecht an einem Appartement in einem noch in Bau befindlichen Pflegeheim in der [ … ] in H. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14.11.2013 (Urkundenrolle Nr. xxxx/xxxx des Notars G in F) vereinbarten die Kläger zudem mit ihren drei Kindern, für die sie dabei als vollmachtlose Vertreter auftraten, die Bestellung eines lebenslänglichen, uneingeschränkten Nießbrauchsrechts zu ihren Gunsten. Auch hier wurde in § 2 Ziff. 5 dieses Vertrags die folgende Vereinbarung getroffen:

„Die Nießbrauchsbestellung erfolgt in Fortsetzung des Nießbrauchsrechts, das den Berechtigten an einer nunmehr veräußerten Immobilie [ … ] in A zugestanden hat.“

Beide Vertragsschlüsse wurden von den drei Kindern im Anschluss genehmigt und der Kaufpreis sowie die Erwerbsnebenkosten (insgesamt 118.145 EUR) anschließend vom gemeinsamen Konto der Kläger an die Projektentwicklungsgesellschaft überwiesen. Der danach noch verbleibende Restbetrag aus der Veräußerung des Grundstücks in A in Höhe von 49.050 EUR befindet sich nach wie vor auf dem gemeinsamen Konto der Kläger.

In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2013 bezifferten die Kläger die ihnen im Zusammenhang mit der Vermietung des Objekts [ …_ ] in D entstandene AfA auf 3.848 EUR. Dabei gingen sie davon aus, dass sich die Anschaffungskosten für die Immobilie einschließlich der Nebenkosten auf insgesamt 307.805 EUR belaufen hatten. Zudem stellten sie sich auf den Standpunkt, dass dieser Betrag, da es dabei um ein als entgeltlich erworben anzusehendes Nießbrauchsrecht gehe, nach § 7 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf die durchschnittliche statistische Lebenserwartung des Längstlebenden von ihnen im Zeitpunkt des Besitzübergangs und damit auf 20 Jahre abzuschreiben sei.

Das beklagte Finanzamt (der Beklagte) folgte dem hinsichtlich der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage nicht. Er ging aufgrund einer Sachwertermittlung davon aus, dass der auf den Grund und Boden entfallende Anteil am Kaufpreis einschließlich der Erwerbsnebenkosten sich auf 44,31% und damit auf 136.388 EUR belaufen habe und lediglich der verbleibende Restbetrag von mithin 171.417 EUR auf das Gebäude entfallen sei und damit nur insoweit die Grundlage für die AfA-Bemessung bilde. Daraus errechnete der Beklagte für das Streitjahr 2013 bei einer (wie von den Klägern erklärt) angenommenen Nutzungsdauer von 20 Jahren eine AfA von 2.143 EUR, die er im Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 25.09.2014 nur in dieser Höhe zum Werbungskostenabzug zuließ.

Dagegen legten die Kläger am 29.10.2014 fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 24.01.1995 – IX R 40/92 (BFH/NV 1995, 770) entschieden habe, dass in einem solchen Fall zwar kein Vorbehaltsnießbrauch vorliege, das neue Nießbrauchsrecht, das der Fortsetzung des Nießbrauchsrechts an der zwischenzeitlich veräußerten Immobilie in A diene, jedoch als entgeltlich erworben anzusehen sei. Deshalb müssten die Abschreibungen auf die gesamten Anschaffungskosten des Nießbrauchsrechts vorgenommen werden.

In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 2014 bezifferten die Kläger die auf die Eigentumswohnung [ …_ ] in D entfallende AfA auf 15.410 EUR. Der Beklagte erkannte hiervon im Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 02.11.2015 nur 8.571 EUR als abziehbare Werbungskosten an. Dagegen legten die Kläger unter Hinweis auf ihre zum Vorjahr getätigten Ausführungen am 11.11.2015 ebenfalls Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte den Bescheid am 11.05.2017 aus nicht im Streit befindlichen Gründen ab.

Das Pflegeheim in H, in dem die Kläger Ende 2013 für ihre Kinder ein Pflegeappartement erworben hatten, wurde zum 01.04.2015 fertiggestellt. Im Anschluss daran erzielten die Kläger aufgrund ihres Nießbrauchsrechts aus diesem Objekt gleichfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für 2015 machten die Kläger erneut eine AfA auf das vermietete Objekt in D in Höhe von 15.391 EUR geltend, die der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 19.10.2017 gleichfalls nur in Höhe von 8.571 EUR anerkannte. Die AfA für das Pflegeappartement in H erkannte der Beklagte dagegen in der von den Klägern angegebenen Höhe von 4.670 EUR an. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Auch gegen ihn legten die Kläger am 06.11.2017 Einspruch ein.

Im Einspruchsverfahren stellte sich der Beklagte nun erstmals auf den Standpunkt, dass in Sachverhalten wie dem Streitfall der Vorbehaltsnießbrauch an dem neuen Grundstück nur das Surrogat für den Nießbrauch an dem früheren Grundstück darstelle und dass die AfA daher gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nur auf die Nutzungsdauer des Gebäudes bezogen werden könne. Für 2013 könne sich die AfA daher für das Objekt [ …_ ] in D nur auf 857 EUR anstelle der bisher gewährten 2.143 EUR und für die Folgejahre 2014 und 2015 nur auf 3.428 EUR anstelle der bislang angesetzten 8.571 EUR belaufen. Mit Blick darauf wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass sie die sich deshalb ergebende Steuernachzahlung durch Rücknahme der Einsprüche vermeiden könnten.

Nachdem die Kläger erklärt hatten, dass sie die Einsprüche nicht zurücknehmen würden, setzte der Beklagte die Einkommensteuer durch Einspruchsentscheidung vom 12.01.2018 für 2013 auf 2.463 EUR, für 2014 auf 3.961 EUR und für 2015 auf 5.581 EUR herauf und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Dazu führte er aus, dass die Rechtsprechung das Recht auf die Inanspruchnahme von AfA auch Vorbehaltsnießbrauchern zugesprochen habe, sofern und soweit sie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten selbst getragen hätten, bevor sie das betreffende Grundstück unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übereignet hätten. Nach dem BFH-Urteil vom 24.01.1995 – IX R 40/92 (BFH/NV 1995, 770) werde, wenn der Vorbehaltsnießbrauch an einem solchen Grundstück durch einen Nießbrauch an einem anderen Grundstück abgelöst werde, nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vorbehaltsnießbrauch an dem neuen Grundstück als Surrogat fortgeführt. Im Streitfall liege zwar nicht lediglich ein solcher Tausch vor, da die Kinder der Kläger den übertragenen Grundbesitz [ … ] in A zunächst veräußert und erst danach das neue Objekt [ … ] in D erworben hätten. Dabei hätten sie allerdings ausschließlich den Verkaufserlös aus der Veräußerung des früheren Grundstücks verwendet, so dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Kläger selbst die Anschaffungskosten des neuerworbenen Hausgrundstücks getragen hätten. Das Hausgrundstück sei daher nicht mit eigenen Mitteln der Kinder erworben worden. Bei erneuter Prüfung gebe es hingegen keine Hinweise darauf, dass die Kläger das Nießbrauchsrecht an dem neuen Grundstück entgeltlich oder auch nur teilentgeltlich erworben hätten. Vielmehr handele es sich als Surrogat für den Nießbrauch am früheren Grundstück in A um einen unentgeltlichen Erwerb des Nießbrauchsrechts. Deshalb könnten die Kläger die AfA nur entsprechend der Nutzungsdauer des Gebäudes [ … ] [ …_ ] in D und damit nur in Höhe von jährlich 2% der darauf entfallenden Anschaffungskosten, für 2013 also in Höhe von 857 EUR und für 2014 und 2015 in Höhe von 3.428 EUR, in Anspruch nehmen.

Dagegen wendet sich die am 15.02.2018 beim Finanzgericht (FG) eingegangene Klage. Mit ihr machen die Kläger geltend, dass die Auffassung des Beklagten, es handele sich um einen unentgeltlichen Erwerb der neuen Nießbrauchsrechte, unzutreffend sei. Dies ergebe sich eindeutig aus den BFH-Urteilen vom 24.01.1995 – IX R 40/92 (BFH/NV 1995, 770) und vom 26.11.1996 – IX R 33/94 (BFH/NV 1997, 643), denen auch das Schrifttum gefolgt sei. Entscheidend sei, dass kein Tausch der Grundstücke, die mit einem Nießbrauch belastet waren, vorgelegen habe. Denn ihre Kinder seien im Zeitpunkt der Aufgabe des Nießbrauchsrechts an dem verkauften Grundstück in A noch nicht Eigentümer eines anderen Grundstücks gewesen, an dem sie ihren Eltern im Tauschwege ein gleichwertiges Nießbrauchsrecht hätten einräumen können. Der Verkaufserlös an dem früheren Grundstück in A habe den Kindern der Kläger zugestanden. Dass sie darüber nicht frei hätten verfügen können, sei ohne Bedeutung. Zu bedenken sei zudem, dass der Wert des verzichteten Nießbrauchs an der Immobilie in A ihre – der Kläger – Gegenleistung für den Erwerb der neuen Nießbrauchsrechte darstelle. Jener Wert habe sich unter Zugrundelegung der statistischen Lebenserwartung der Klägerin auf 312.172 EUR belaufen und stelle insoweit Anschaffungskosten für den Erwerb der neuen Nießbrauchsrechte in D und H dar, für die der Verkaufserlös reinvestiert worden sei. Daraus ergäben sich anteilige Anschaffungskosten für das Nießbrauchsrecht an dem Objekt [ …_ ] in D von 202.291 EUR und für das Objekt [ … ] in H von 77.645 EUR. Die Jahres-AfA belaufe sich dann für das Objekt in D auf 10.196 EUR (bzw. in 2013 anteilig auf 2.549 EUR) und für das Objekt in H auf 4.271 EUR (und damit für 2015 anteilig auf 3.203 EUR).

Der Beklagte hat die Einkommensteuerfestsetzung für 2015 durch Bescheide vom 20.04.2018 und vom 15.05.2018 geändert und die Einkommensteuer auf zuletzt 6.513 EUR heraufgesetzt. Er ist dabei von einer jährlichen AfA für das Objekt [ … ] in H von 2.173 EUR ausgegangen, die er für das Jahr 2015 anteilig für die Monate April bis Dezember mit nur noch 1.623 EUR in Abzug gebracht hat.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide für 2013 vom 25.09.2014 und für 2014 vom 11.05.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.01.2018, sowie den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 15.05.2018 in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer auf den Betrag herabgesetzt wird, der sich bei Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung von 1.692 EUR im Veranlagungszeitrau 2013, von 6.768 EUR im Veranlagungszeitraum 2014 und von 8.348 EUR im Veranlagungszeitraum 2015, je hälftig verteilt auf den Kläger und auf die Klägerin, ergibt,

und

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass in dem Streitfall, der dem BFH-Urteil vom 24.01.1995 – IX R 40/92 (BFH/NV 1995, 770) zugrunde gelegen habe, die Tochter der dortigen Kläger das nachfolgend erworbene Hausgrundstück – und zwar insoweit anders als im vorliegenden Fall – teilweise durch Darlehensaufnahme selbst finanziert habe. Deshalb habe seinerzeit eine Kostentragung der Anschaffungskosten durch die Tochter vorgelegen. Im Streitfall seien die Grundstücke dagegen ausgetauscht worden. Der Vorbehaltsnießbrauch an der früheren Immobilie in A sei den Klägern zweifelsfrei unentgeltlich zugewendet worden, da sie das Objekt ihren Kindern zuvor unentgeltlich und im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übereignet hätten. Dieser unentgeltlich erworbene Nießbrauch habe sich an den Surrogaten in D und H lediglich fortgesetzt, weshalb die Kläger insoweit nur die AfA auf den Gebäudeanteil beanspruchen könnten. Bei Annahme eines entgeltlichen Nießbrauchs, wie er, mit der Folge eines höheren steuerlichen Abzugs – den Klägern vorschwebe, müssten im Übrigen die Kinder der Kläger korrespondierend in gleicher Höhe Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung versteuern.

Die Kläger haben der Möglichkeit einer solchen Versteuerung korrespondierender Einnahmen bei ihren Kindern mit der Begründung widersprochen, es habe sich bei der Erfüllung ihres – der Kläger – Anspruchs auf die Bestellung von Nießbrauchsrechten an den neuerworbenen Grundstücken allenfalls um nachträgliche Anschaffungskosten für den Erwerb des früher nießbrauchsbelasteten Grundstücks in A gehandelt, die – weil außerhalb der Fristen des § 23 EStG angefallen – für ihre Kinder einkommensteuerlich irrelevant seien.

Der Berichterstatter des erkennenden Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 11.12.2019 erörtert. Auf die darüber angefertigte Niederschrift sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der vom Beklagten geführten Steuerakten wird ergänzend verwiesen. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat verzichtet.

Gründe
Die Klage ist nicht begründet.

Die Einkommensteuerbescheide des Beklagten für 2013 und 2014 sind in der Gestalt, die sie durch die Einspruchsentscheidung vom 12.01.2018 erhalten haben, ebenso wie der innerhalb des Klageverfahrens zuletzt ergangene und gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 15.05.2018 rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Steuer darin zutreffend unter Berücksichtigung von AfA aus der Vermietung der Eigentumswohnung [ … ] [ …_ ] in D in Höhe von 857 EUR für 2013 und je 3.428 EUR für 2014 und 2015 sowie von AfA aus der Vermietung des Pflegeappartements in der [ … ] in H in Höhe von 1.623 EUR in 2015 festgesetzt. Eine höhere AfA steht den Klägern für die Streitjahre nicht zu.

1. Zu den Werbungskosten, die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG) von den Mieteinnahmen in Abzug zu bringen sind, gehören nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 Satz 1 EStG auch die AfA-Beträge, die auf solche Wirtschaftsgüter entfallen, die vom Steuerpflichtigen zur Einkünfteerzielung eingesetzt werden. Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr ein Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG, AfA in gleichen Jahresbeträgen). Die Absetzung bemisst sich hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG). Bei Gebäuden sind abweichend von diesen Bestimmungen als AfA jährlich 2% abzuziehen, soweit sie (was vorliegend in Bezug auf die Eigentumswohnung in D, [ …_ ], und das Pflegeappartement in H, [ … ], der Fall ist) nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und nach dem 31.12.1924 fertiggestellt worden sind (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts vermindert sich für dieses Jahr der AfA-Betrag um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung oder Herstellung vorangeht (§ 7 Abs. 1 Satz 4 EStG).

2. Zwischen den Beteiligten ist zum einen streitig, ob die Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter, die zur Erzielung der Vermietungseinkünfte eingesetzt worden sind, sich – so die Kläger –, weil es sich um jeweils entgeltlich erworbene Zuwendungsnießbrauche gehandelt hat, auf 202.291 EUR für das Objekt in D und auf 77.645 EUR für das Objekt in H belaufen, oder ob sie – so der Beklagte –, weil sie nur teilweise auf das vermietete Gebäude, zum Teil aber auch auf den dazugehörigen, nicht der Abnutzung unterliegenden Grund und Boden entfallen, nur anteilig in Höhe von 171.417 EUR für das Objekt in D und von 108.198 EUR für das Objekt in H in die Bemessungsgrundlage der AfA einfließen dürfen. Streitig ist daneben auch noch, ob sich – so die Kläger – die AfA-Sätze gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG nach der voraussichtlichen Nutzungsdauer des Nießbrauchsrechts und damit – da die Klägerin als die statistisch Längerlebende der Kläger im Jahr 2013 noch mit einer voraussichtlichen verbleibenden Lebensdauer von zwanzig Jahren zu rechnen hatte – auf jährlich ein Zwanzigstel der Bemessungsgrundlage und damit 5% bemessen lassen oder aber – so der Beklagte – gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG mit lediglich 2% jährlich anzusetzen sind.

3. Wie der BFH mit Urteil vom 24.01.1995 – IX R 40/92 (BFH/NV 1995, 770), auf das sich beide Beteiligten berufen, entschieden hat, ist grundsätzlich derjenige befugt, die AfA geltend zu machen, der den Tatbestand der Vermietung nach § 21 Abs. 1 EStG erfüllt und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut getragen hat. Diese Befugnis setzt nicht zwingend voraus, dass er auch bürgerlich-rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Wirtschaftsguts ist, so dass die Rechtsprechung das Recht auf die Inanspruchnahme von AfA auch einem Vorbehaltsnießbraucher zugesprochen hat, sofern und soweit er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat, bevor er das Grundstück unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übereignete, und der nunmehr aufgrund seines dinglichen Rechts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Denn er nutzt das Grundstück ununterbrochen aufgrund eigenen Rechts. Demgegenüber ist der Steuerpflichtige, wenn er ein Gebäude aufgrund eines ihm unentgeltlich zugewendeten Nießbrauchs nutzt, nicht AfA-berechtigt, wenn nicht er, sondern der Eigentümer die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat.

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat der BFH in seinem genannten Urteil (unter 1. b. der Entscheidungsgründe) die Möglichkeit erörtert und dahinstehen lassen, ob steuerrechtlich von dem Fortbestehen eines Vorbehaltsnießbrauchs ausgegangen werden kann, wenn ein mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastetes Grundstück mit Zustimmung des Berechtigten gegen ein anderes Grundstück getauscht und diesem an dem neuen Grundstück wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird. Dazu hat der BFH allerdings ausgeführt, dass sich dann – während sich zivilrechtlich der Nießbrauch an dem neuen Grundstück als Zuwendungsnießbrauch darstellt – nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vorbehaltsnießbrauch an dem neuen Grundstück als Surrogat fortsetzt.

4. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Frage aus dem vom BFH bereits angeführten Grund zu bejahen; der Vorbehaltsnießbrauch setzt sich also am eingetauschten Grundstück als Surrogat fort (gleicher Auffassung: Götz/Hülsmann, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2010, 2432, 2434; Binninger, DStR 1995, 1049, 1050, spricht insoweit anschaulich von einem „Vorbehaltsfolgenießbrauch“).

Anders als die Kläger meinen, gilt dies zudem nicht nur in Fällen, in denen der aus dem bisherigen Vorbehaltsnießbrauch verpflichtete Eigentümer über das eingetauschte Grundstück bei Veräußerung des bisher belasteten Grundstücks bereits verfügen konnte, sondern auch dann, wenn er erst durch den Veräußerungserlös, den er durch die lastenfreie Übertragung des Altgrundstücks erzielt, das neu zu erwerbende Grundstück finanzieren kann. Auch dann liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise noch ein Tausch der nießbrauchsbelasteten Grundstücke im Sinne des genannten BFH-Urteils vor. Denn dadurch trägt der Nießbrauchsberechtigte die Anschaffungskosten des neuerworbenen Grundstücks mittelbar in der Weise, dass er den Erwerb dieses Grundstücks durch den (bisherigen und neuen) Eigentümer dadurch ermöglicht, dass er auf seinen Vorbehaltsnießbrauch an dem ihm zuvor übertragenen Grundbesitz bzw. an dem ihn betreffenden Veräußerungserlös verzichtet. Lässt sich der Erwerb des Surrogats noch als „Tausch“ darstellen und trägt der Nießbraucher mittelbar die Anschaffungskosten für den Erwerb des Ersatzwirtschaftsguts, dann setzt sich der Vorbehaltsnießbrauch am Ersatzwirtschaftsgut (wirtschaftlich) fort (so zutreffend Götz/Hülsmann, DStR 2010, 2432, 2434)

Dem können die Kläger nicht entgegenhalten, dass der BFH in dem von ihm entschiedenen Streitfall das Vorliegen eines solchen Tauschs verneint hat. Denn dies war den Besonderheiten jenes Falles geschuldet. Dort hatte die Tochter nämlich – ebenso wie hier die Kinder der Kläger – den übertragenen Grundbesitz zunächst veräußert und anschließend ein neues Hausgrundstück erworben. Anschließend hatte sie jedoch – anders als die Kinder der Kläger – zur Finanzierung dieser Anschaffungskosten (die den Erlös erheblich überstiegen; die Anschaffungskosten beliefen sich dort auf 721.226 DM und der Verkaufserlös lediglich auf 405.500 DM, so dass der Kaufpreis durch den Erlös nur zu gut der Hälfte gedeckt war) neben der Verwendung des ihr zustehenden Veräußerungserlöses noch ein eigenes Darlehen aufgenommen. Deshalb hatten in jenem Fall bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht mehr die Eltern, sondern die Tochter die Anschaffungskosten des von ihr erworbenen Hausgrundstücks getragen. So liegt der Fall indessen nicht, wenn (wie vorliegend) der durch die lastenfreie Veräußerung erzielte Erlös vollständig zur Finanzierung des eingetauschten Grundstücks verwendet werden kann und absprachegemäß auch verwendet werden muss. Dann trägt, wirtschaftlich betrachtet, der Nießbrauchsberechtigte die Anschaffungskosten des eingetauschten Grundstücks. Er übt dann einkommensteuerlich weiterhin einen Vorbehaltsnießbrauch und keinen Zuwendungsnießbrauch aus. Das gilt jedenfalls dann, wenn (wie hier) vor der Löschung des ursprünglich vorbehaltenen Nießbrauchs sogar ausdrücklich vereinbart worden ist, dass künftig eine Nießbrauchsbestellung an dem neuerworbenen Objekt erfolgen muss, die zur Fortsetzung des bisherigen Nießbrauchsrechts bestimmt ist (so auch Götz/Hülsmann, DStR 2010, 2432, 2435). Besteht nämlich – wie auch im Streitfall – eine ausdrückliche, formfrei mögliche Vereinbarung zwischen Eltern (Nießbraucher) und Kindern (Eigentümer und Nießbrauchsverpflichtete), nach der sich das schuldrechtliche Nutzungsrecht am Erlös und später auch an dem aus dem Erlös finanzierten Ersatzgrundstück fortsetzt mit der Verpflichtung der Kinder, den Nießbrauch zunächst an dem Bankguthaben und beim späteren Kauf des Ersatzgrundstücks für die Eltern als dingliches Recht zu bestellen zu und zur Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen, setzt sich der Vorbehaltsnießbrauch einkommensteuerlich im Wege der Surrogation fort (so zutreffend Brambring, Deutsche Notar-Zeitschrift – DNotZ – 2003, 565, 570 f.).

5. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall haben die Kläger bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Anschaffungskosten für die Eigentumswohnung in D in Höhe von 171.417 EUR und Herstellungskosten für das Pflegeappartement in H in Höhe von 108.198 EUR getragen. Nur in dieser Höhe liegt mit dem auf das jeweilige Gebäude entfallenden Anteil an den Erwerbs- und Erwerbsnebenkosten – der zwischen den Beteiligten als solcher unstreitig ist – ein der Abnutzung unterliegendes Wirtschaftsgut vor. Da es sich dabei um die Anschaffung bzw. Herstellung von Gebäuden gehandelt hat, die nach dem 31.12.1924 fertiggestellt worden sind, beläuft sich die jährliche AfA hierfür auf 3.428 EUR bzw. auf 2.164 EUR und damit anteilig im Jahr der Anschaffung bzw. der Herstellung auf 857 EUR (in 2013 für das zum 01.10.2013 angeschaffte Objekt in D) bzw. auf 1.623 EUR (in 2015 für das zum 01.04.2015 hergestellte Objekt in H). Die Berechtigung der Kläger, diese Gebäude-AfA im Rahmen ihrer Vermietungseinkünfte aus eigenem Recht geltend zu machen, entsprach dem Sinn und Zweck nach zudem der Abrede, die sie mit ihren Kindern am 07.01.2013 als Bedingung für die Löschung des bisherigen Vorbehaltsnießbrauchs am Hausgrundstück in A getroffen hatten.

6. Bei dieser Sachlage stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob ihnen anstelle der AfA auf die Anschaffungskosten der Eigentumswohnung und des Pflegeappartements (jeweils abzüglich des auf den Grund und Boden entfallenden Anteils) die AfA auf ein entgeltliches oder teilentgeltliches Nutzungsrecht zusteht, nicht mehr. Denn das würde voraussetzen, dass es sich dabei um einen (teil-) entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch und nicht (wie dargelegt, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise) um einen (unentgeltlich) eingetauschten Vorbehaltsnießbrauch gehandelt hat.

7. Der Beklagte war auch nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen daran gehindert, die AfA gegenüber den ursprünglichen Festsetzungen zu Ungunsten der Kläger der Kläger herabzusetzen und die Einkommensteuer entsprechend zu erhöhen. Für das Streitjahr 2015 ergibt sich die entsprechende Änderungsbefugnis aus § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), da die Festsetzung vom 19.10.2017 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand und der Vorbehalt auch in der Einspruchsentscheidung vom 12.01.2018 und im nachfolgenden Bescheid vom 20.04.2018 bestehen geblieben ist. Für 2013 und 2014 hatte der Beklagte die Kläger vor Erlass der die Ausgangsbescheide verbösernden Einspruchsentscheidung ausdrücklich auf die nachteiligen Rechtsfolgen des § 367 Abs. 2 AO hingewiesen.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

9. Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob in Sachverhalten wie dem des Streitfalls von einem Tausch der (vorbehalts-) nießbrauchsbelasteten Grundstücke auszugehen ist, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

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