OLG Köln, Urteil vom 08.10.2015 – 24 U 102/15

November 14, 2021

OLG Köln, Urteil vom 08.10.2015 – 24 U 102/15

Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln (Einzelrichterin) vom 29. Mai 2015 – 21 O 367/14 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.735,00 Euro nebst Zinsen in Höhen von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
G r ü nd e :

(Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 1 Nr. 1, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.)

I.

Die zulässige Berufung, mit der die Klägerin den Fortfall des Zurückbehaltungsrechts erreichen will, während sie die Abweisung der von ihr als Klageantrag zu 2. geltend gemachten Nebenforderung in Höhe von 612,80 € nebst Zinsen nicht angreift, ist begründet. Gegenüber der rechtskräftig ausgeurteilten Hauptforderung kann die Beklagte sich nicht mit Erfolg auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.

1.

Ein Anspruch auf Durchführung einer Ersatzvermittlung steht der Beklagten nicht – mehr – zu. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 12.6.2014 eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass sie eine Ersatzvermittlung nach fast einem Jahr ablehnt, ist es der Klägerin unmöglich geworden, eine solche vorzunehmen, mit der Folge, dass sie gemäß § 275 Abs. 1 BGB von ihrer Leistungspflicht befreit ist. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Klägerin ihrerseits fast ein Jahr lang untätig geblieben ist, obwohl sie wusste, dass das Arbeitsverhältnis mit dem ihr der Beklagten vermittelten Kandidaten Schneider bereits nach wenigen Tagen beendet worden war. Nachdem die Beklagte bereits mit Schreiben vom 17.7.2013 mitgeteilt hatte, dass sie nicht bereit sei den Rechnungsbetrag auszugleichen, und zugleich darum gebeten hatte, den Rechnungsbetrag gutzuschreiben, ohne eine Ersatzvermittlung zu erbitten, war die Klägerin nach Auffassung des Senats nicht gehalten, der Klägerin in der Folgezeit – sozusagen ins Blaue hinein – weitere Kandidaten vorzustellen.

2.

Hiervon abgesehen, verstößt die Ausübung des Zurückbehaltungsrecht vorliegend gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

a.

Anerkannt ist, dass sich derjenige nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen kann, der sich selbst nicht vertragstreu verhält. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss vielmehr derjenige, der sich in Verzug befindet, stets zunächst die Folgen seiner eigenen Vertragsverletzung beseitigen, bevor er sich auf § 320 BGB berufen kann, da ansonsten eine Vertragspartei aus ihrer eigenen Vertragsuntreue einen Vorteil ziehen würde (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1994 – X ZR 104/91, NJW-RR 1995,564 f., zit. nach juris Tz. 24.) So liegt der Fall hier, auch wenn ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB in Streit steht. Wäre die Beklagte ihrer Zahlungsverpflichtung pünktlich nachgekommen, hätte sie die Provision bei Fälligkeit am 1.7.2013 zahlen müssen. Daraus, dass sie das nicht getan hat, können ihr keine Vorteile erwachsen.

b.

Hinzukommt, dass die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Erfüllung einer Forderung wegen einer Gegenforderung verweigert wird, deren Klärung Schwierigkeiten bereitet und zeitraubend ist und wenn durch die Zurückbehaltung die Durchsetzung der Forderung des Gegners auf unabsehbare Zeit verhindert würde (OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.12.2014 – 23 U 36/04, NJW-RR 2005,364 ff.). Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Beklagten wäre es ohne Weiteres möglich, auf Dauer zu verhindern, dass die von der Klägerin geschuldete Gegenleistung erbracht wird, indem sie sich mit keinem von der Klägerin vorgeschlagenen Ersatzkandidaten/in einverstanden erklärt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.600 € (= Zeit und Kostenaufwand, der der Klägerin bei der Erfüllung des Gegenanspruchs entsteht, vgl. BGH, Beschluss v. 6.7.2010 – XI ZB 40/09, WM 2010,1673 ff.)

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