OLG Köln, Beschluss vom 13.04.2015 – 19 U 155/14

November 29, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 13.04.2015 – 19 U 155/14

Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 7.10.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bonn (2 O 373/10) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Vollstreckbarkeit nach diesem Beschluss richtet.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe
I.

Einer Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO bedarf es mangels Anfechtbarkeit des vorliegenden Beschlusses nach § 522 Abs. 3 ZPO nicht. Denn auch gegen ein aufgrund mündlicher Verhandlung ergangenes Urteil wäre keine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision statthaft (§§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO), da der Streitwert nicht mehr als 20.000,00 € beträgt.

II.

Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Rechtsmittels durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Zur Begründung wird zunächst auf die nachfolgend wiedergegebenen Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 12.3.2015 verwiesen:

Die zulässige Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Denn es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage verfahrensfehlerfrei und in der Sache zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 4.000,00 € aus § 637 Abs. 3 BGB oder einem anderen Rechtsgrund. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen werden. Das Berufungsvorbringen führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger aus den Vereinbarungen, welche die Parteien über die Herstellung eines Anhängers getroffen haben, keine Gewährleistungsansprüche zustehen, weil der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig ist.

Das in § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthaltene Verbot zum Abschluss von Werkverträgen, die Regelungen enthalten, welche dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Urteil vom 1.8.2013 – VII ZR 6/13, in: BGHZ 198, 141 ff.), der sich der Senat anschließt, jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:

Selbst nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers war für die Herstellung des Anhängers mit einem veranschlagten Gesamtaufwand von bis zu 6.000,00 € keine Mehrwertsteuer vereinbart worden, sollte keine Rechnung erstellt werden und der Auftrag sollte aus dem Insolvenzverfahren des Beklagten herausgehalten werden (vgl. etwa Seite 3 des Schriftsatzes vom 16.2.2011, Bl. 56 GA, und Seite 2 des Schriftsatzes vom 22.6.2011, Bl. 91 GA, sowie die Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2014, Bl. 252 ff. GA). Damit steht in Einklang, dass die Zahlungen des Klägers an den Beklagten in bar erfolgten, keine Rechnung mit Umsatzsteuer, sondern lediglich Kosten- und Zahlungsaufstellungen des Beklagten vorgelegt wurden und der von diesem in Ansatz gebrachte Stundenlohn mit 20,00 € für einen Handwerksmeister relativ gering ist. In einer Gesamtschau sprechen diese Umstände dafür, dass die Parteien zum beiderseitigen finanziellen Vorteil übereingekommen sind, die bei einer ordnungsgemäßen Abwicklung des Geschäfts bestehenden steuerlichen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Dass der Kläger einige Materialrechnungen per Überweisung beglichen hat, steht dem nicht entgegen, zumal sich die beabsichtigte Steuerverkürzung auf den Arbeitslohn des Beklagten bezieht. Dass sich das Geschäft – aus Sicht des Klägers – im Nachhinein nicht als lukrativ herausgestellt hat, führt ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung der für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Umstände des Vertragsschlusses.

Soweit der Kläger abweichend von seinem o.g. erstinstanzlichen Vortrag in der Berufungsbegründung behauptet, dass der Auftrag mit dem Insolvenzverwalter abgestimmt worden sei, handelt es sich erkennbar um eine bloße Mutmaßung und richtet sich das Beweisangebot auf Beiziehung der Akten des Insolvenzverfahrens sowie „gegebenenfalls Vernehmung des Insolvenzverwalters und des Richters“ abgesehen vom Fehlen der notwendigen Konkretisierung auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Im Übrigen ist die zweitinstanzliche Darstellung des Klägers auch insofern nicht plausibel, als einerseits dem Beklagten in dem am 12.2.2004 eröffneten Insolvenzverfahren in einer mündlichen Verhandlung im Mai 2007 im Zusammenhang mit einer Ankündigung der Restschuldbefreiung vom 24.5.2007 die Erlaubnis erteilt worden sei, wieder „eigenständig tätig“ zu werden und „ungefragt agieren“ zu dürfen, andererseits eine Aufhebung (der Ankündigung der Restschuldbefreiung?) am 13.7.2007 erfolgt sein soll und der Beklagte während der Ausführung des streitgegenständlichen Auftrags, der nach der Darstellung des Klägers im Juli 2008 erteilt wurde, keine Verbindlichkeiten eingehen durfte (Seite 3 der Berufungsbegründung).

2. Mangels Hauptanspruchs steht dem Kläger auch der des Weiteren geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten nicht zu.

3. Soweit das Landgericht die in der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers hinsichtlich des zunächst gestellten Herausgabeantrags zu sehende Feststellungsklage abgewiesen hat, greift der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung ausweislich seiner Berufungsanträge nicht an. Abgesehen davon schließt der o.g. Gesetzesverstoß auch Erfüllungsansprüche aus, so dass die erstinstanzliche Entscheidung auch insoweit zu Recht ergangen ist, weil die Klage nicht erst durch die Herausgabe des Anhängers unbegründet geworden ist, sondern von Anfang an unbegründet war.

4. Schließlich besteht auch keine Veranlassung, entsprechend der Anregung am Ende der Berufungsbegründung den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen, da kein entscheidungserheblicher Fehler des erstinstanzlichen Verfahrens vorliegt.

Soweit das Landgericht nicht explizit auf einen möglichen Verstoß der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG hingewiesen hat, beruht das angefochtene Urteil jedenfalls nicht auf einer etwaigen Verletzung von § 139 ZPO, weil die Klage aus den oben dargelegten Gründen auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsbegründung keinen Erfolg hat. Abgesehen davon hätten der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter aus dem Gang der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2014, bei der das Landgericht ausweislich des Protokolls zu Beginn beide Parteien eingehend zu für einen möglichen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz maßgeblichen Umständen befragt hat, unschwer die Relevanz dieses Aspektes erkennen können.

Ferner ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Ende 2010 erhobene Klage nicht schon früher abgewiesen wurde. Erst recht würde sich daraus kein zu einer abweichenden Entscheidung in der Sache oder zur Aufhebung und Zurückverweisung führender Grund ergeben. Die für die Annahme eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG und dessen Rechtsfolgen relevanten Erkenntnisse beruhen maßgeblich u.a. auf der in dem angefochtenen Urteil zitierten BGH-Entscheidung vom 10.4.2014 (VII ZR 241/13, in: BGHZ 201, 1 ff.) und den Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2014. Aufgrund der früheren Beweisanordnungen und – auf ausdrücklichen Wunsch der Parteien unterbreiteten – Vergleichsvorschläge des Landgerichts konnte der Kläger deshalb nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass die von Amts wegen zu prüfende Wirksamkeit der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nicht in Zweifel gezogen würde, zumal sich das Gericht auch in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium nicht später gewonnenen „besseren“ Erkenntnissen verschließen darf.

Die gegen diese Bewertung der Sach- und Rechtslage gerichteten Einwände des Klägers gemäß Schriftsatz vom 8.4.2015 veranlassen den Senat auch in der für die vorliegende Entscheidung zuständigen Besetzung nicht zu einer abweichenden Beurteilung:

Der Annahme einer Unwirksamkeit des in Rede stehenden Vertragsverhältnisses wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) stünde entgegen dem vom Kläger verfochtenen Standpunkt selbst eine rechtliche Einordnung als Werklieferungsvertrag (nach früherer Terminologie) nicht entgegen, weil § 1 Abs. 1 Satz 2 SchwarzArbG über aufgrund „reiner“ Werk- oder Dienstverträge erbrachte Werk- und Dienstleistungen hinaus auch für die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen i.S.d. § 651 BGB gilt (vgl. Ambs, in: Erbs/ Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze, 200. Ergänzungslieferung Oktober 2014, § 1 SchwarzArbG Rn 3). Insofern bedarf die Frage, ob die Vereinbarungen der Parteien über den Bau des Anhängers als Werklieferungsvertrag anzusehen sind, keiner abschließenden Beurteilung.

Auch im Übrigen sind die Einwendungen des Klägers nicht geeignet, das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 SchwarzArbG in Frage zu stellen, da aus den in dem Beschluss vom 12.3.2015 im Einzelnen dargelegten Gründen, denen der Kläger überwiegend nicht entgegen tritt, zahlreiche Umstände dafür sprechen, dass die Parteien zum beiderseitigen finanziellen Vorteil übereingekommen sind, die bei einer ordnungsgemäßen Abwicklung des Geschäfts bestehenden steuerlichen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Hieran ändert es auch nichts, dass – wie der Kläger behauptet – das Geschäft nicht umsatzsteuerpflichtig gewesen sei. Selbstverständlich dient das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz auch dazu, Einkommensteuerverkürzungen zu verhindern. Dass solche steuerlichen Verpflichtungen nicht bestanden oder erfüllt werden sollten, ist auch nach dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, inwiefern im konkreten Fall die Einkommensteuer „durchaus durch legale steuerliche Vorschriften auch variabel gehandhabt und sogar rechtlich zulässig umgangen werden kann“.

Ansonsten erhebt der Kläger keine Einwendungen gegen die in dem Beschluss vom 12.3.2015 dargelegte Beurteilung der Sach- und Rechtslage, auf die deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 713 ZPO (i.V.m. § 522 Abs. 3 ZPO und § 26 Nr. 8 EGZPO).

Streitwert des Berufungsverfahrens: 4.000,00 €

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