LG Meiningen, Beschluss vom 15.07.2021 – (47) 4 T 144/21

Februar 24, 2022

LG Meiningen, Beschluss vom 15.07.2021 – (47) 4 T 144/21

Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 27.05.2021, Az. 14 C 568/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe
A Die Beschwerdeentscheidung obliegt nach § 568 Abs. 1 ZPO dem Einzelrichter. Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, nach § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, aber unbegründet.

Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob von dem Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die die Befürchtung wecken könnten, der Richter stehe dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH, NJW 1995, 1677; BGH, NJW-RR 03, 1220).

Diese Voraussetzungen liegen aus den zutreffenden Gründen der ausführlich begründeten Entscheidung des Amtsgerichts nicht vor.

Die Beklagten wendet sich mit ihrem Befangenheitsantrag gegen eine Verfahrenshandlung des abgelehnten Richters, indem sie bemängeln, dass der Richter am Amtsgericht … eine unzutreffende Rechtsauffassung zur Anwendung des § 176 GVG im Hinblick das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Hauptverhandlung vertrete. Sie machen damit einen angeblichen Verfahrensverstoß des abgelehnten Richters zur Grundlage ihres Befangenheitsantrages. Die Befangenheitsablehnung ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung – worauf bereits das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss zutreffend hingewiesen hat – jedoch kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 08.01.2013, 3 W 146/12 – zitiert nach juris -; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 42, Rn. 28 m.w.N.). Verfahrensverstöße sind deshalb grundsätzlich kein Ablehnungsgrund (BGH, NJW-RR 2012, 61 = MDR 2012, 49 = JurBüro 2012, 221).

Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit des Richters ggü. der ablehnenden Partei (Zweibrücken MDR 82, 940; Brandenburg FamRZ 95, 1498; Bamberg FamRZ 98, 172; Frankfurt NJW-RR 2017, 191 Tz 16) oder Willkür beruht (BGH NJW-RR 2012, 61 Tz 7 = MDR 2012, 49; BayObLGZ 87, 218; MDR 88, 1063, jew mN; BAG NJW 93, 879 = MDR 93, 383; Saarbrücken NJW-RR 94, 766; dazu sa Rn 20 ff, 24). Dies ist jedoch vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Die Beschwerdeführer haben weder dargetan, dass die Entscheidung auf einer Voreingenommenheit des Richters ihnen gegenüber beruht, noch das die Rechtsauffassung des Richters zur Auslegung des § 176 GVG willkürlich ist. Das Amtsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass die Rechtsauffassung des Richters von § 176 Abs. 2 GVG gedeckt ist und er im Rahmen seines Ermessens gehandelt hat. Ob u.U. auch eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, ist im Rahmen der Befangenheitsprüfung unerheblich. Jedenfalls stellt sich die getroffene Entscheidung des Richters nicht als augenscheinlich willkürlich dar.

B Die notwendige Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO (BGH, NJW 2005, 2233 = Rpfleger 2005, 481 = BGH Report 2005, 1150 = MDR 2005, 1016; Herget in: Zöller, ZPO, § 91, Rn. 13 Stichwort „Richterablehnung“). Einer Gegenstandswertfestsetzung bedurfte es jedoch nicht. Zwar fallen anders als im Ausgangsverfahren im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung von Gerichtspersonen Gerichtsgebühren an. Diese werden jedoch nicht nach dem Wert berechnet. Es handelt sich vielmehr um Festgebühren (Nr. 1812 KV-GKG). Deshalb ist eine Wertfestsetzung für Gerichtsgebühren nach § 63 GKG nicht nur überflüssig, sondern auch unzulässig (OLG Rostock, Beschluss vom 02.08. 2013, 1 W 58/13 – zitiert nach juris – = OLG Report Ost 46/2013, Anm. 2 Schneider in: Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 13. Aufl., Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverständigen, Rn. 922 ff; Schneider, NJW-spezial 2010, 539). Etwas anderes folgt auch nicht im Hinblick auf die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren. Zwar löst das Beschwerdeverfahren für alle beteiligten Rechtsanwälte eine gesonderte Vergütung aus, da es sich nach §§ 15 Abs. 2 S. 2, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG um eine gesonderte Angelegenheit handelt, in der gesonderte Gebühren entstehen (Nr. 3500 ff. VVRVG). Hier erfolgt jedoch eine Festsetzung des Gebührenwerts nach § 33 RVG nicht von Amts wegen, sondern erst auf Antrag eines Rechtsanwaltes oder eines Beteiligten und hat sich auf das Vertragsverhältnis zu beschränken, für das die Wertfestsetzung beantragt wird (N. Schneider in: Schneider/Herget, a.a.O., Rn. 927; N. Schneider, NJW-spezial, a.a.O.).

C Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die hierfür in § 574 ZPO genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

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Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 27.05.2021, Az. 14 C 568/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe
A Die Beschwerdeentscheidung obliegt nach § 568 Abs. 1 ZPO dem Einzelrichter. Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, nach § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, aber unbegründet.

Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob von dem Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die die Befürchtung wecken könnten, der Richter stehe dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH, NJW 1995, 1677; BGH, NJW-RR 03, 1220).

Diese Voraussetzungen liegen aus den zutreffenden Gründen der ausführlich begründeten Entscheidung des Amtsgerichts nicht vor.

Die Beklagten wendet sich mit ihrem Befangenheitsantrag gegen eine Verfahrenshandlung des abgelehnten Richters, indem sie bemängeln, dass der Richter am Amtsgericht … eine unzutreffende Rechtsauffassung zur Anwendung des § 176 GVG im Hinblick das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Hauptverhandlung vertrete. Sie machen damit einen angeblichen Verfahrensverstoß des abgelehnten Richters zur Grundlage ihres Befangenheitsantrages. Die Befangenheitsablehnung ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung – worauf bereits das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss zutreffend hingewiesen hat – jedoch kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 08.01.2013, 3 W 146/12 – zitiert nach juris -; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 42, Rn. 28 m.w.N.). Verfahrensverstöße sind deshalb grundsätzlich kein Ablehnungsgrund (BGH, NJW-RR 2012, 61 = MDR 2012, 49 = JurBüro 2012, 221).

Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit des Richters ggü. der ablehnenden Partei (Zweibrücken MDR 82, 940; Brandenburg FamRZ 95, 1498; Bamberg FamRZ 98, 172; Frankfurt NJW-RR 2017, 191 Tz 16) oder Willkür beruht (BGH NJW-RR 2012, 61 Tz 7 = MDR 2012, 49; BayObLGZ 87, 218; MDR 88, 1063, jew mN; BAG NJW 93, 879 = MDR 93, 383; Saarbrücken NJW-RR 94, 766; dazu sa Rn 20 ff, 24). Dies ist jedoch vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Die Beschwerdeführer haben weder dargetan, dass die Entscheidung auf einer Voreingenommenheit des Richters ihnen gegenüber beruht, noch das die Rechtsauffassung des Richters zur Auslegung des § 176 GVG willkürlich ist. Das Amtsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass die Rechtsauffassung des Richters von § 176 Abs. 2 GVG gedeckt ist und er im Rahmen seines Ermessens gehandelt hat. Ob u.U. auch eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, ist im Rahmen der Befangenheitsprüfung unerheblich. Jedenfalls stellt sich die getroffene Entscheidung des Richters nicht als augenscheinlich willkürlich dar.

B Die notwendige Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO (BGH, NJW 2005, 2233 = Rpfleger 2005, 481 = BGH Report 2005, 1150 = MDR 2005, 1016; Herget in: Zöller, ZPO, § 91, Rn. 13 Stichwort „Richterablehnung“). Einer Gegenstandswertfestsetzung bedurfte es jedoch nicht. Zwar fallen anders als im Ausgangsverfahren im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung von Gerichtspersonen Gerichtsgebühren an. Diese werden jedoch nicht nach dem Wert berechnet. Es handelt sich vielmehr um Festgebühren (Nr. 1812 KV-GKG). Deshalb ist eine Wertfestsetzung für Gerichtsgebühren nach § 63 GKG nicht nur überflüssig, sondern auch unzulässig (OLG Rostock, Beschluss vom 02.08. 2013, 1 W 58/13 – zitiert nach juris – = OLG Report Ost 46/2013, Anm. 2 Schneider in: Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 13. Aufl., Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverständigen, Rn. 922 ff; Schneider, NJW-spezial 2010, 539). Etwas anderes folgt auch nicht im Hinblick auf die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren. Zwar löst das Beschwerdeverfahren für alle beteiligten Rechtsanwälte eine gesonderte Vergütung aus, da es sich nach §§ 15 Abs. 2 S. 2, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG um eine gesonderte Angelegenheit handelt, in der gesonderte Gebühren entstehen (Nr. 3500 ff. VVRVG). Hier erfolgt jedoch eine Festsetzung des Gebührenwerts nach § 33 RVG nicht von Amts wegen, sondern erst auf Antrag eines Rechtsanwaltes oder eines Beteiligten und hat sich auf das Vertragsverhältnis zu beschränken, für das die Wertfestsetzung beantragt wird (N. Schneider in: Schneider/Herget, a.a.O., Rn. 927; N. Schneider, NJW-spezial, a.a.O.).

C Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die hierfür in § 574 ZPO genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

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