VG Bayreuth, Urteil vom 17.01.2022 – B 7 K 21.425

März 1, 2022

VG Bayreuth, Urteil vom 17.01.2022 – B 7 K 21.425

Tenor
1. Der Beklagte wird – unter entsprechender Aufhebung des Bescheids der Regierung … vom 15.09.2021 – verpflichtet, dem Kläger eine Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 5.937,96 EUR nebst Aufwendungen für soziale Sicherung in Höhe von 1.093,43 EUR, mithin eine Gesamtentschädigung in Höhe von 7.031,39 EUR zu gewähren. In Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Entschädigung nach § 56 und § 58 IfSG wegen Quarantäne des Klägers im Zusammenhang mit der „Corona-Pandemie“.

Der Kläger, im März 2020 u.a. geschäftsführender Gesellschafter des MVZ B … und Gesellschafter des MVZ K …, nahm – nach Bekanntwerden eines positiven „Corona-Testergebnisses“ bei einer Mitarbeiterin im OP-Bereich in B … – am Nachmittag des 17.03.2020 Kontakt mit dem Gesundheitsamt am Landratsamt B … auf. Laut Aktenlage wurde aufgrund einer telefonischen Anordnung des Leiters des Gesundheitsamts gegenüber dem Kläger der Sprechstundenbetrieb im MVZ B … an diesem Tag um 17:45 Uhr geschlossen, was der Kläger dem Gesundheitsamt mit E-Mail vom 17.03.2020 (20:04 Uhr) bestätigte. Mit E-Mail vom 18.03.2020 (09:06 Uhr) teilte der Leiter des Gesundheitsamts B … dem Kläger mit, dass alle direkten Kontaktpersonen seit dem „08.03.2020“ mit der infizierten Mitarbeiterin sich für 14 Tage in häuslicher Quarantäne aufzuhalten hätten, wobei die vierzehntägige Quarantäne jeweils ab dem letzten direkten Kontakt beginne. Ferner wurde der Kläger aufgefordert, dem Gesundheitsamt eine Liste mit allen Patienten und Mitarbeitern, die direkte Kontaktpersonen gewesen seien, vorzulegen. Der Kläger befand sich daraufhin vom 18.03.2020 bis zum 30.03.2020 in häuslicher Quarantäne. Der Sprechstundenbetrieb des MVZ B …und des MVZ K …war während dieser Zeit eingestellt.

Mit Bescheid vom 30.03.2020 betätigte die … B … gegenüber dem Kläger die durch das Gesundheitsamt B … am 19.03.2020 (wohl gemeint 18.03.2020) mündlich ausgesprochene Anordnung der häuslichen Quarantäne (Ziff. 1 des Bescheids) und stellte fest, dass die angeordnete Quarantäne mit Ablauf des 14. Tages nach dem Kontakt mit der infizierten Person (Tag des Kontaktes: 16.03.2020) ende, soweit der Kläger nicht im Laufe der 14 Tage selbst positiv auf SARS-CoV-2 getestet werde.

Mit Datum vom 16.04.2020 wurden bei der Regierung … Anträge auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG für den Kläger und mehrere im Betrieb beschäftigte Mitarbeiter gestellt, worauf die Regierung … der Klägerseite am 02.09.2020 mitteilte, dass der Kläger einen Antrag auf Verdienstausfallentschädigung für Selbstständige stellen müsse, wenn er Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit beziehe. Daraufhin stellte der Kläger am 30.09.2020, eingegangen bei der Regierung …am 07.10.2020, einen Entschädigungsantrag für Selbstständige hinsichtlich seiner selbstständigen Tätigkeit als MVZ B …für den Absonderungszeitraum vom 17.03.2020 bis 30.03.2020.

Nach mehrmaligem Schriftverkehr und telefonischer Erörterung der Sach- und Rechtslage zwischen dem Kläger und dem Entschädigungssachbearbeiter des Beklagten gewährte die Regierung … dem Kläger mit Bescheid vom 12.03.2021 eine Entschädigung in Höhe von 5.924,90 EUR. Zur Begründung der Entschädigungshöhe wurde im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Entschädigung bestehe für die Zeit vom 19.03.2020 bis zum 30.03.2020. Der Verdienstausfall betrage in diesem Zeitraum 4.779,30 EUR. Aufwendungen zur sozialen Absicherung seien in Höhe von 1.145,60 EUR erstattet worden, mithin ein Gesamtbetrag in Höhe von 5.924,90 EUR.

Mit Schriftsatz vom 12.04.2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

Der Bescheid der Regierung … vom 12.03.2021 wird aufgehoben.

Dem Kläger wird eine seinem Antrag auf Entschädigung entsprechende Verdienstausfallentschädigung für die dem Kläger gegenüber angeordnete Quarantäne gewährt.

Zur Klagebegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Verdienstausfallentschädigung für die angeordnete Quarantäne erhalten. Der klägerische Betrieb habe zwischen dem 17.03.2020 und dem 30.03.2020 vollständig (100%) geruht. Der Kläger hätte ein Bruttoarbeitseinkommen in Höhe von 64.244,41 EUR und somit ein Nettoarbeitseinkommen von 43.891,75 EUR erzielt, welches auf den maßgeblichen Zeitraum anzurechnen sei.

Mit Schriftsatz vom 21.05.2021 beantragt der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, der Bescheid vom 12.03.2021 sei rechtmäßig. Dem Kläger stehe kein höherer Anspruch als der Gewährte zu. Gegenüber dem Kläger sei ausweislich des Bescheids vom 30.03.2020 die Absonderung für die Zeit vom 19.03. bis zum 30.03.2020 angeordnet worden. Nur für diesen Zeitraum habe für ihn die Pflicht zur häuslichen Absonderung bestanden. Zugunsten des Klägers werde davon ausgegangen, dass er insoweit als Ansteckungsverdächtiger abgesondert worden sei, da Krankheitsverdächtige in Bezug auf eine Absonderung erst durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.05.2020 (BGBI. I S.1018) mit Wirkung vom 23.05.2020 in den Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG aufgenommen worden seien. Ein Anspruch gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG bestehe somit dem Grunde nach. Nach § 56 Abs. 3 Satz 1 IfSG gelte als Verdienstausfall das Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV), das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechenden Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang zustehe (Netto-Arbeitsentgelt). Nach Satz 4 gelte dies bei Selbstständigen entsprechend mit der Maßgabe, dass ein Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen sei.

Vorliegend sei der Berechnung ein Jahresbruttoeinkommen von 675.382,00 EUR zugrunde gelegt worden. Dieser Betrag ergebe sich aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid 2018. Dabei handele es sich um Einkünfte im Zusammenhang mit dem MVZ B … Die Einkünfte aus dem MVZ K … in Höhe von 95.552,00 EUR seien nicht berücksichtigt worden, da im betreffenden Zeitraum im MVZ K … keine stationären Leistungen mehr hätten erbracht werden können. Der Kläger trage zwar vor, es habe die theoretische Möglichkeit der Behandlung von Betriebs- und Arbeitsunfällen bestanden, da keine Schließung seitens der … angeordnet gewesen sei. Dies könne jedoch nicht den Ansatz der vollständigen Gewinnbeteiligung im Rahmen der Berechnung der Verdienstausfallentschädigung rechtfertigen. Im Übrigen fehle es jedenfalls auch an einem kausalen Zusammenhang mit der Absonderung des Klägers. Auch wenn sich der Kläger nicht in Quarantäne befunden hätte, erscheine es aus Sicht des Beklagten als höchst unwahrscheinlich, dass der Kläger allein, da keine anderen Ärzte verfügbar gewesen seien, im MVZ K … die notfallmäßige Behandlung von Betriebs- und Arbeitsunfällen hätte sicherstellen können.

Der Jahresbruttobetrag sei im Rahmen der Berechnung auf einen Monatsbetrag von 56.281,83 EUR heruntergerechnet worden. Davon seien (fiktive) Steuern in Höhe von 25.145,48 EUR sowie Aufwendungen für soziale Sicherung in Höhe von 2.864,00 EUR in Abzug gebracht worden. Der Betrag der Aufwendungen ergebe sich aus den vorgelegten Nachweisen ( … Kranken-/Pflegeversicherung 684,07 EUR und Beitrag Ärzteversorgung 1.944,43 EUR). Die Beiträge für … Lebensversicherung (131,77 EUR) sowie für die … Ärzteversicherung (301,20 EUR) seien nicht berücksichtigt worden, da im Hinblick auf den Beitrag zur Ärzteversorgung bei Hinzurechnung die Aufwendungen nicht mehr als angemessen im Sinne des § 58 Satz 1 IfSG erschienen. Die Aufwendungen von insgesamt 3.297,00 EUR seien anteilig entsprechend dem Verhältnis des angesetzten Bruttoeinkommens (675.382,00 EUR) zu dem sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Gesamtgewinn (= Einkünfte lt. Einkommensteuerbescheid aus „aktiver Tätigkeit“: Beteiligung B … 675.382,00 EUR, Beteiligung K … 95.552,00 EUR, freiberufliche Tätigkeit 6.362,00 EUR = 777.296,00 EUR) berechnet worden, was anrechenbare Sozialaufwendungen in Höhe von 2.864,00 EUR ergebe. Nach dem Abzug von Steuern und Sozialaufwendungen ergebe sich ein monatliches Nettoeinkommen von 28.272,35 EUR. Die kalendertägliche Entschädigung im Monat März (31 Tage) betrage somit 912,01 EUR. Für den Quarantänezeitraum von 12 Tagen ergebe sich mithin ein Verdienstausfall von 10.944,41 EUR. Da nach den Angaben des Klägers sein Anteil am Unternehmenserfolg 43,67% betrage, ergebe sich insoweit anteilig ein Verdienstausfall von 4.779,30 EUR. Zusätzlich sei dem Kläger für 12 Tage Quarantänezeitraum der anteilige Betrag von 1.145,60 EUR an den oben errechneten Sozialaufwendungen gem. § 58 Satz 1 IfSG erstattet worden.

Mit Schriftsatz vom 08.07.2021 führte die Klägerseite aus, der vom Beklagten in der Klageerwiderung zugrunde gelegte Sachverhalt sei unrichtig. Es werde fälschlicherweise ein Einkommen von 28.272,35 EUR statt dem tatsächlichen, in der Klage dargelegten, Einkommen zugrunde gelegt. Dieser Betrag sei Bemessungsgrundlage für 100% des dem Kläger zuzurechnenden Vergütungsausfalls. Die Frage, ob und wie weit Mitarbeiter zur Entstehung des Vergütungsanspruchs beigetragen hätten, sei unwesentlich.

Mit Schriftsatz vom 22.07.2021 trug der Beklagte ergänzend vor, mit Schriftsatz der Klägerseite vom 08.07.2021 sei nichts Neues vorgebracht worden. Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Verdienstausfall von Selbstständigen sei § 56 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 IfSG. Dabei müsse der Verdienstausfall ursächlich auf die Absonderung des Klägers zurückzuführen sein. Wie sich aus dem vorgelegten Steuerbescheid ergebe, könne das vom Kläger erzielte Einkommen daher nicht in voller Höhe zugrunde gelegt werden. Der Gewinnanteil für das MVZ K … könne in die Berechnung nicht einbezogen werden, da die Quarantäne des Klägers insoweit nicht ursächlich für die Schließung des MVZ K … sei. Darüber hinaus könne nicht der gesamte Gewinn aus den Beteiligungen im Rahmen des Verdienstausfalls berücksichtigt werden, da dieser nicht ausschließlich auf die (ausgefallene) Arbeitsleistung des Klägers zurückzuführen sei. Der Kläger habe insofern selbst angegeben, dass der ihm zuzurechnende Anteil am Unternehmenserfolg 43,67 v.H. betrage. Dies sei im Rahmen der Berechnung berücksichtigt worden.

Mit Schriftsatz vom 01.09.2021 führte die Klägerseite im Wesentlichen aus, es sei bereits der Entschädigungszeitraum fehlerhaft, da die Regierung … lediglich eine Entschädigung für 12 Kalendertage gewährt habe. Die Absonderung sei nicht erst ab dem 19.03.2020 angeordnet worden. Nach dem Bekanntwerden des positiven Corona-Falles habe bereits am 17.03.2020 eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt stattgefunden. Auf Anweisung des Gesundheitsamts habe der Kläger seinen Praxisbetrieb noch am 17.03.2020 einstellen müssen und sich, ebenso wie die gesamten ärztlichen Mitarbeiter sowie Teile des nichtärztlichen Personals, absondern müssen. Ein regulärer und vollständiger Praxisbetrieb sei dem Kläger auf dieser Grundlage ab dem 17.03.2020 nicht mehr möglich gewesen. Bereits am 17.03.2020 habe die regulär bis 19:30 Uhr andauernde Sprechstunde aufgrund der telefonischen Absonderungsanordnung nicht mehr zu Ende geführt werden können. Am 18.03.2020 sei der Praxisbetrieb vollständig geschlossen gewesen. Der Berechnung der Verdienstausfallentschädigung gem. § 56 IfSG sei somit ein Zeitraum von 14 Kalendertagen (17.03. bis einschließlich 30.03.2020) zugrunde zu legen.

Weiterhin sei der Verdienstausfall des Klägers in voller Höhe zu berücksichtigen. Für den vorgenommenen anteiligen Abzug unter Bezugnahme auf den Anteil des Klägers am Unternehmenserfolg (43,67%) bestehe insoweit kein Raum. Der Kläger sei Gesellschafter der MVZ B …sowie der MVZ K … Die Umsätze beider Gesellschaften seien der dem Kläger zu gewährenden Verdienstausfallentschädigung zugrunde zu legen. Auch im MVZ K … sei aufgrund der Quarantäneanordnung die Möglichkeit entfallen, im Rahmen des dortigen regulären Betriebs Arbeitsunfälle zu behandeln. Arbeitsunfälle würden im MVZ K … ausschließlich durch sog. Durchgangsärzte behandelt. Sämtliche der zugelassenen Durchgangsärzte, einschließlich des Klägers, seien jedoch von der Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts betroffen gewesen, so dass es dem Kläger gleichermaßen wie am Praxisstandort in B … nicht mehr möglich gewesen sei, den Regelbetrieb in K … aufrechtzuerhalten. Auf den Kläger entfalle im Rahmen seiner Beteiligungen an der MVZ B …sowie der MVZ K …ein Umsatzanteil von 43,67% der in den Gesellschaften erzielten Umsatzerlöse. Mit Blick auf die Umsatzerlöse in Höhe von insgesamt 1.807.281,12 EUR sei der Umsatzanteil des Klägers von 43,67% bereits in dem vom Kläger im Rahmen seiner Antragstellung angegebenen Ausgangswert in Höhe von 789.201,91 EUR (hiervon 675.382,00 EUR betreffend die MVZ B …und 95.552,00 EUR betreffend die MVZ K … ) hinreichend berücksichtigt. Dennoch nehme die Regierung … im Rahmen der Berechnung einen erneuten Abzug auf Grundlage einer anteiligen Beteiligung am Unternehmenserfolg vor. Die somit doppelt vorgenommene Berücksichtigung der anteiligen Beteiligung des Klägers am Unternehmenserfolg erfolge ohne rechtliche Grundlage. Der vom Kläger erzielte Umsatzanteil in Höhe von 789.201,91 EUR bestimme sich nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und berücksichtige sowohl die quotale Beteiligung des Klägers an den Gesamtumsatzerlösen, als auch darin inbegriffen sämtliche im Betrieb entstehende Kosten für das vom Kläger angestellte Personal. Ohne weitere Berücksichtigung müsse daher bleiben, inwieweit weitere Mitarbeiter zur Erzielung dieser Umsätze beigetragen hätten. Der vom Kläger erzielte Umsatzanteil bilde das vom Kläger tatsächlich vereinnahmte Einkommen als äquivalent zu der Vergütung eines angestellten Arbeitnehmers.

Weiterhin sei der vorgenommene Steuerabzug mit 25.145,48 EUR in fehlerhafte Höhe erfolgt. Soweit der Gewinn aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit nach Maßgabe des vorangegangenen Steuerbescheids die Berechnungsgrundlage für die Verdienstausfallentschädigung bilde, sei gleichermaßen die in diesem Zeitraum festgesetzte Steuer anzusetzen. Mit Einkommensteuerbescheid vom 17.06.2020 sei für das Jahr 2018 eine Einkommensteuer in Höhe von 197.413,00 EUR festgesetzt worden. Anteilig abzuziehen seien auf dieser Grundlage lediglich Steuern in Höhe von ein Zwölftel der festgesetzten Steuer, mithin ein Betrag in Höhe von 16.427,92 EUR.

Nach gerichtlichem Hinweis vom 01.09.2021, wonach der angenommene Beginn der Quarantäne (19.03.2020) und damit der Entschädigungszeitraum im Hinblick auf die Korrespondenz mit dem Gesundheitsamt fraglich sein könnte, erließ die Regierung … am 15.09.2021 einen Änderungsbescheid, der den 18.03.2020 in den Entschädigungszeitraum einbezog und dem Kläger nunmehr eine Gesamtentschädigung in Höhe von 6.418,65 EUR gewährte.

Im Übrigen wurde Seitens des Beklagten mit Schriftsatz vom 15.09.2021 gegenüber dem Gericht ausgeführt, dass eine weitergehende Abhilfe nicht in Betracht komme. Die Einbeziehung des Ausfalls des MVZ K … scheitere nach wie vor an den bereits erläuterten Gründen. Der Ausfall des Klägers sei nicht ursächlich dafür gewesen, dass in K … keine Leistungen erbracht werden konnten. Die Schließung dort sei in der Quarantäne der angestellten Ärzte begründet. Der Gewinnanteil des MVZ K … sei deshalb bei der Berechnung der Verdienstausfallentschädigung unberücksichtigt zu lassen. Dem Einwand des Klägers, die Kürzung der Entschädigung auf den Anteil des Klägers am Unternehmenserfolg sei unberechtigt, da der Umsatzanteil bereits im Rahmen der Ausgangswerte hinreichend berücksichtigt worden sei, sei entgegenzuhalten, dass hier konsequent der „steuerliche“ Gewinnanteil und der Anteil am Unternehmenserfolg verwechselt werde. Der Kläger sei nach eigenen Angaben im zu beurteilenden Zeitraum mit 93% (gesellschaftsrechtlich) an der MVZ B …beteiligt gewesen. In Höhe dieser Beteiligung werde ihm der Gesamtgewinn dieser GbR steuerlich zugerechnet und im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen. Diese steuerliche Zurechnung bilde die Bemessungsgrundlage für die Entschädigung. Daneben sei zu beurteilen, in welcher Höhe die Quarantäne des Klägers Einfluss auf den Umsatz (und damit auf den Gewinn) der GbR habe. Dies spiegele der Anteil des Klägers am Unternehmenserfolg (43,67%) wider.

Um dies plastisch darzustellen, wurde folgendes Beispiel ausgeführt: „Anzunehmen sei, dass der Kläger nicht aktiv tätig wäre, sondern lediglich an der GbR beteiligt wäre, ohne selbst am operativen Geschäft teilzunehmen. Sein Anteil am Unternehmenserfolg wäre dann wohl 0%, da er zu den Umsätzen nichts beitrüge. Wenn ausschließlich der Kläger, nicht aber die anderen Ärzte in Quarantäne wären, käme es nicht zu einem Verdienstausfall, da der Betrieb ja uneingeschränkt weiterliefe. Selbst wenn alle anderen Ärzte ebenfalls in Quarantäne wären, käme es nicht zu einem weiteren in der Person des Klägers begründeten Verdienstausfall, seine Quarantäne wäre nicht ursächlich für den Ausfall.

Nun beträgt der Anteil des Klägers am Unternehmenserfolg 43,67%. Befände sich ausschließlich der Kläger in Quarantäne, sänke der Umsatz hypothetisch um 43,67%, jedoch blieben durch die Leistung der angestellten Ärzte 56,33% des Umsatzes erhalten und es entstünde in dieser Höhe kein Verdienstausfall. Gleiches würde gelten, wenn sich neben dem Kläger alle weiteren Ärzte in Quarantäne befinden. Ursächlich für den Verdienstausfall des Klägers sei nur seine Verhinderung. Zwar fällt ihm tatsächlich mehr aus, dieser Mehrausfall (56,33%) ist jedoch nicht in seiner Person begründet, sondern in der Quarantäne der angestellten Ärzte.“

In Zahlen ausgedrückt bedeute dies vorliegend Folgendes: Der Gesamtgewinn der Gesellschaft (gemeint MVZ B … ) betrage 726.217,00 EUR. Ohne Leistung des Klägers betrage dieser 409.078,00 EUR (56,33% von den angestellten Ärzten erwirtschaftet). Der steuerliche und gesellschaftsrechtliche Gewinnanteil des Klägers an diesem Gewinn betrage 380.443,00 EUR (93%). Der steuerliche Gewinnanteil betrage laut Steuerbescheid 675.382,00 EUR. Somit sei es durch die Quarantäne des Klägers zu einem Verdienstausfall in Höhe von 294.939,00 EUR gekommen. Dies entspreche 43,67% von 675.382,00 EUR. Der Verdienstausfall sei damit zutreffend am Beitrag des Klägers zum Unternehmenserfolg bemessen worden. Die Zugrundelegung des Gesamtgewinns sei keine korrekte Rechengröße, da die Quarantäne der angestellten Ärzte zwar zu einem Umsatzstopp geführt habe, dies aber nicht in der Quarantäne des Klägers begründet gewesen sei. Maßgeblich bei der Berechnung des Verdienstausfalls sei die Kausalität der konkreten Quarantäne für den jeweiligen Verdienstausfall.

Der Anteil des Klägers am Unternehmenserfolg sei auch nicht etwa doppelt berücksichtigt worden. Der Ausgangsbetrag müsse – wie dargelegt – der steuerliche Gewinnanteil sein, Maßgabe für die Entschädigung aber der Anteil am Unternehmenserfolg. Dies differenziere die Klägerseite nicht hinreichend.

Soweit die Klägerseite weiter geltend mache, sofern der Gewinn nach Maßgabe des vorangegangenen Steuerbescheids die Berechnungsgrundlage für die Verdienstausfallsentschädigung bilde sei gleichermaßen die in diesem Zusammenhang festgesetzte Steuer anzusetzen – und sei damit die für das Jahr 2018 festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von 197.413,00 EUR maßgeblich -, so sei dies zwar vom Standpunkt der Klägerseite folgerichtig, jedoch sachlich unzutreffend. Es sei nur die Steuerlast des auf den Verdienstausfall betroffenen Gewinnanteil des MVZ B … zu berücksichtigen. Die anteilige Steuerlast Gewinnanteil K … sowie die sonstigen Einkünfte des Klägers seien nicht zu berücksichtigen. Eine Ermittlung der zu berücksichtigten Steuer – wie vom Kläger vorgenommen – aus der Gesamtsteuerlast unter Berücksichtigung aller Einkünfte würde zudem zu einem niedrigeren Nettoeinkommen führen und damit die Berechnungsgrundlage für die Verdienstausfallentschädigung mindern, was im Ergebnis eine Verschlechterung seiner Position darstelle. Selbst bei Einbeziehung des MVZ K … hätte die Steuerlast anteilig ermittelt werden müssen.

Abschließend erklärte sich der Beklagte im Schriftsatz vom 15.09.2021 mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Mit Schriftsatz vom 08.10.2021 erklärte sich die Klägerseite ebenfalls mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Ergänzend führte die Klägerseite aus, es werde an der mit Schreiben vom 01.09.2021 dargelegten Rechtsaufassung festgehalten. Der Verdienstausfall des Klägers sei in voller Höhe zu berücksichtigen. Die Umsätze beider Gesellschaften (MVZ B … und MVZ K … ) seien der zu gewährenden Verdienstausfallentschädigung zugrunde zu legen. Unzutreffend und inkonsequent sei die Auffassung des Beklagten, der Ausfall des Klägers sei nicht ursächlich dafür gewesen, dass in K … keine Leistungen erbracht werden konnten. Wie bereits dargelegt, erbringe man Leistungen in K … und B … von denselben Ärzten – einschließlich dem Kläger. Aufgrund der Quarantäneanordnung sei es daher an beiden Praxisorten gleichermaßen nicht möglich gewesen, den Praxisbetrieb aufrechtzuerhalten. Soweit der Beklagte davon ausgehe, dass der persönliche Anteil des Klägers am Unternehmenserfolg 43,67% betrage, sei zumindest in diesem Umfang der Ausfall des Klägers auch kausal dafür, dass in K … keine Leistung erbracht werden konnte.

Im Übrigen bestehe auch für den Abzug auf Grundlage des von der Regierung … dargelegten Anteils des Klägers am Unternehmenserfolg kein Raum. Ausschließlich der vom Kläger erzielte Umsatzanteil bilde das vom Kläger tatsächlich vereinnahmte Einkommen als Äquivalent zu der Vergütung eines angestellten Arbeitnehmers und sei daher der Berechnung des Verdienstausfalls des Klägers als Selbstständigem gem. § 56 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 IfSG zugrunde zu legen. Dies sei bereits deshalb erforderlich, um Selbstständige im Rahmen des Anspruchs auf Verdienstausfall nicht schlechter zu stellen als Arbeitnehmer. Im Übrigen sei im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit des Klägers gegenüber anderweitigen selbstständigen Tätigkeiten die Besonderheit des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung zu berücksichtigen. Dieser liege der Abrechenbarkeit ärztlicher Leistungen zugrunde und erfordere es in besonderem Maße, dass der Kläger nicht nur mit den von ihm selbst erbrachten ärztlichen Leistungen befasst sei, sondern auch die auf angestellte Ärzte delegierten ärztlichen Leistungen in engem Kontakt anleite und überwache. Die Unmöglichkeit dieser erforderlichen Leitung sei kausal auf die für den Kläger angeordnete Quarantäne des Klägers zurückzuführen. Auf dieser Grundlage erweise sich auch der Vortrag des Beklagten, im Falle einer Quarantäne des Klägers könnten 56,33% des Umsatzes erhalten bleiben, als unzutreffend.

Mit Schriftsatz vom 14.10.2021 machte die Klägerseite den Änderungsbescheid der Regierung … vom 15.09.2021 zum Gegenstand des anhängigen Verfahrens.

Mit Schriftsatz vom 26.10.2021 erklärte der Beklagte, nachdem im Schriftsatz der Klägerseite vom 08.10.2021 nichts substantiell Neues vorgebracht worden sei, sei keine weitere Erwiderung veranlasst. Es werde um antragsgemäße Entscheidung im schriftlichen Verfahren ersucht, nachdem die Beteiligten übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet hätten.

Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe
I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer seinem Antrag vom 30.09.2020, eingegangen beim Beklagten am 07.10.2020, entsprechenden Entschädigung für den Zeitraum vom 17.03. bis 30.03.2020, soweit diese vom Beklagten nicht bereits erstattet wurde. Da die Klägerseite ihren Klageantrag nicht beziffert hat, bedarf es insoweit der Auslegung (§ 88 VwGO) durch das Gericht. Unter Bezugnahme auf den „Entschädigungsantrag für Selbstständige“ vom 30.09.2020 beansprucht der Kläger u.a. mit Klageschriftsatz vom 12.04.2021 im streitgegenständlichen Zeitraum ein Nettoarbeitseinkommen in Höhe von 43.891,75 EUR für sich (vgl. Bl. 2, 26, 47 und 97 der Gerichtsakte sowie Bl. 107 der Behördenakte). Daneben beantragte er für den Quarantänezeitraum die Erstattung von Ausgaben zur sozialen Sicherung in Höhe von 3.730,00 EUR (Bl. 107 der Behördenakte), mithin also eine Gesamtentschädigung in Höhe von 47.621,75 EUR. Abzüglich der vom Beklagten bereits gewährten Entschädigung in Höhe von 6.418,65 EUR (vgl. Bescheid vom 15.09.2021, Bl. 255 der Behördenakte), ist das Begehren des anwaltlich vertretenen Klägers (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2012 – 9 B 56.11 – juris; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 88 Rn. 3) im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung somit dahingehend zu verstehen, dass der Beklagte verpflichtet werden soll, dem Kläger eine Gesamtentschädigung in Höhe von 47.621,75 EUR bzw. – nach Abzug der bereits bewilligten und ausbezahlten 6.418,65 EUR – eine weitere Entschädigung in Höhe von 41.203,10 EUR zu gewähren.

II.

Über die so auszulegende Klage konnte das Gericht durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

III.

Die Klage hat teilweise Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung einer Gesamtentschädigung in Höhe von 7.031,39 EUR (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

1. Die Klage vom 14.10.2021 gegen den (Änderungs-)Bescheid der Regierung … vom 15.09.2021, mit dem eine Gesamtentschädigung in Höhe von 6.418,65 EUR gewährt wurde, ist zulässig, insbesondere wurde der Bescheid fristgerecht (§ 74 Abs. 2 VwGO) und in zulässiger Weise – jedenfalls als nachträgliche Klageerweiterung, die ebenfalls den Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 und 2 VwGO unterliegt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 91 Rn. 2 m.w.N.) – in das laufende Klageverfahren einbezogen. Unschädlich ist ferner, dass kein bezifferter Klageantrag hinsichtlich der begehrten Entschädigungshöhe gestellt wurde. Insoweit wurde jedenfalls der anspruchsbegründende Sachverhalt hinreichend dargelegt, so dass das Gericht den mit der Klage begehrten Entschädigungsbetrag ermitteln konnte (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 82 Rn. 10 m.w.N.).

Ob die (ursprüngliche) Klage vom 12.04.2021 gegen den Bescheid der Regierung …n vom 12.03.2021 mit „Bitte“ der Klägerseite vom 14.10.2021, „den Änderungsbescheid der Regierung … vom 15.09.2021 zum Gegenstand des anhängigen Verfahrens zu machen“ (vgl. Bl. 103 der Gerichtsakte), aufrechterhalten wurde – und in diesem Fall aber infolge eingetretener Erledigung unzulässig (geworden) ist -, kann dahinstehen. Insoweit ist der klägerische Schriftsatz vom 14.10.2021 nicht eindeutig, ob der Bescheid vom 15.09.2021 als Klagegegenstand anstelle des Bescheids oder neben den Bescheid vom 12.03.2021 treten soll. Der Beklagte hat jedenfalls mit Bescheid vom 15.09.2021 die Entschädigung komplett neu festgesetzt und nicht nur eine „Nachzahlung“ bewilligt. Zwar wurde mit Bescheid vom 15.09.2021 der ursprüngliche Bescheid vom 12.03.2021 nicht förmlich aufgehoben, gleichwohl hat sich dieser durch den Änderungsbescheid „auf andere Weise“ im Sinne des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt, da der Bescheid vom 15.09.2021, der insgesamt an die Stelle des Bescheids vom 12.03.2021 getreten ist, der Regelungswirkung des Bescheides vom 12.03.2021 die Grundlage entzogen hat, mithin der ursprüngliche Bescheid also inhaltlich „überholt“ wurde (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 43 Rn. 213; BVerwG, U.v. 9.5.2012 – 6 C 3.11 – juris). Eine prozessbeendende Erklärung hinsichtlich der Klage gegen den Bescheid vom 12.03.2021 wurde nicht abgegeben. Ob der Schriftsatz der Klägerseite vom 14.10.2021, mit dem der Änderungsbescheid der Regierung … vom 15.09.2021 zum Gegenstand des anhängigen Verfahrens gemacht wurde, den prozessualen Anforderung an eine (echte) Klageänderung im Sinne eines Austauschs der beklagten Bescheide genügt, bedarf vorliegend keiner vertieften Auseinandersetzung, da jedenfalls (auch) der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebliche Bescheid vom 15.09.2021 in zulässigerweise beklagt wurde.

2. Der Kläger hat aufgrund der vom Gesundheitsamt angeordneten Quarantäne gemäß § 56 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 56 Abs. 1, 2 und 3 IfSG in der zum Zeitpunkt der Quarantäne (März 2020) geltenden Fassung einen Anspruch auf Gewährung einer Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 5.937,96 EUR sowie auf Erstattung der Aufwendungen für soziale Sicherung („Versorgungsaufwendungen“) in Höhe von 1.093,43 EUR.

Nach der zum Zeitpunkt der Quarantäne maßgeblichen Fassung des § 56 Abs. 1, 2, 3 und 5 IfSG (vgl. hierzu grundlegend VG Bayreuth, U.v. 21.6.2021 – B 7 K 21.110 – juris; VG Bayreuth, U.v. 17.1.2022 – B 7 K 21.871 – juris; Eckart/Kruse in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK IfSG, Stand: 15.1.2022, § 56 Rn. 7 und 7.1 sowie 20a; VG Karlsruhe, U.v. 10.5.2021 – 9 K 67.21 – juris) erhält gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine Entschädigung in Geld, wer aufgrund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. Die Entschädigung bemisst sich gem. § 56 Abs. 2 und 3 IfSG grundsätzlich nach dem Verdienstausfall, bei Selbstständigen jedoch gem. § 56 Abs. 3 Satz 4 IfSG mit der Maßgabe, dass ein Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen ist. Die Entschädigung wird auf Antrag des Selbständigen von der zuständigen Behörde gewährt (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG).

Gemessen hieran ergibt sich folgende Entschädigungsberechnung, die im Anschluss im Detail erläutert wird:

Bruttoeinkommen jährlich (§ 15 SGB IV) 770.934,00 EUR

davon 1/12 (= Bruttoeinkommen monatlich) 64.244,50 EUR

abzüglich Steuern – 29.212,54 EUR

abzüglich „Sozialabgaben“ – 2.607,38 EUR

Nettoeinkommen monatlich 32.424,58 EUR

davon 1/31 (= tägliches Nettoeinkommen) 1.045,95 EUR

1.045,95 EUR x 13

Quarantänetage 13.597,35 EUR

davon 43,67% (= Verdienstausfall) 5.937,96 EUR

Versorgungsaufwendungen (monatlich) 2.607,38 EUR

davon 1/31 84,11 EUR

84,11 EUR x 13

Quarantänetage 1.093,43 EUR

Gesamtentschädigung 7.031,39 EUR

abzüglich Festsetzung mit B.v. 15.09.2021 – 6.418,65 EUR

„Nachzahlung“ 612,74 EUR

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist beim maßgeblichen Bruttoeinkommen auch der im Steuerbescheid ausgewiesene Gewinn in Höhe von 95.552,00 EUR aufgrund der Tätigkeit des Klägers im MVZ K … anzusetzen, so dass sich – über das vom Beklagten bereits berücksichtigte Bruttoeinkommen in Höhe von 675.382,00 EUR (MVZ B … ) hinaus – ein maßgebliches Gesamtbruttoeinkommen (laut Steuerbescheid 2018 und Aufschlüsselung der Steuerberaterin des Klägers) in Höhe von insgesamt 770.934,00 EUR ergibt. Die Auffassung des Beklagten, die Einkünfte aus dem MVZ K … seien nicht berücksichtigungsfähig, da im Quarantänezeitraum im MVZ K … keine stationären Leistungen erbracht werden konnten, es im Übrigen aber jedenfalls an einem kausalen Zusammenhang mit der Absonderung des Klägers fehle, verfängt nicht. Dieser Ansatz des Beklagten könnte allenfalls weiterverfolgt werden, wenn im Quarantänezeitraum in K … objektiv keine Möglichkeit bestanden hätte, Behandlungen durchzuführen und dementsprechend Einkommen zu erzielen. Nachdem der Kläger jedoch gegenüber dem Beklagten dargelegt hat, dass im MVZ K … Arbeitsunfälle ausschließlich von sogenannten Durchgangsärzten behandelt werden und eine Schließung des Praxisbetriebs seitens der … nicht angeordnet worden sei, verneinte der Beklagte die Berücksichtigung des Gewinns aus dem Betrieb in K … zuletzt im Wesentlichen mit der fehlenden Kausalität zur Quarantäne des Klägers. Insoweit führte der Beklagte wiederholt aus, es sei als höchst unwahrscheinlich anzusehen, dass der Kläger alleine – da alle anderen Ärzte ebenfalls in Quarantäne gewesen seien – im MVZ K … die notfallmäßige Behandlung von Betriebs- und Arbeitsunfällen hätte sicherstellen können. Mit dieser Argumentation des Beklagten dürfte beim Kläger aber auch der Gewinn aus dem MVZ B … nicht ansetzbar sein, da er auch – und erst recht – in B … alleine den Betrieb nicht hätte aufrechterhalten können, so dass seitens des Beklagten konsequenterweise das Bruttoeinkommen im Quarantänezeitraum mit 0,00 EUR hätte angesetzt werden müssen, was ersichtlich den gesetzlichen Vorschriften zur Verdienstausfallentschädigung zuwiderläuft. Da der Kläger glaubhaft dargelegt hat, dass er fortlaufend in den Betrieb des MVZ K … eingebunden war, insbesondere dort auch regelmäßig Sprechstunden abhielt bzw. berufliche Tätigkeiten ausübte, ist davon auszugehen, dass der Kläger auch während des Quarantänezeitraums an wechselnden Arbeitsorten tätig gewesen wäre. Warum nach Auffassung des Beklagten bei einem solchen „Zwei-Ort-Arbeitsmodell“ bzw. beim Innehaben mehrere Arbeitsstellen-/plätze nur das Einkommen an einem Arbeitsort/Arbeitsplatz ansetzbar sein soll, erschließt sich für das Gericht daher nicht.

b) Ausgehend von einem relevanten Jahresbruttoeinkommen i.S.d. § 15 SGB IV in Höhe von 770.934,00 EUR ergibt sich ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 64.244,50 EUR. Die Angaben des Klägers im Entschädigungsantrag vom 30.09.2020 (Bl. 107 der Behördenakte), wonach im Zeitraum des Tätigkeitsverbots/der Absonderung, mithin in den streitgegenständlichen 14 Tagen im März 2020, ein Bruttoeinkommen von 64.244,51 EUR erzielt worden wäre, sind für das Gericht so nicht nachvollziehbar. Obwohl auch der Bevollmächtigte des Klägers im Klageverfahren wiederholt pauschal auf den Entschädigungsantrag vom 30.09.2020 verweist und ausführt, dass der Kläger zwischen dem 17.03.2020 und dem 30.03.2020 aufgrund des vollständigen Ruhens des Betriebs ein Bruttoarbeitseinkommen in Höhe von 64.244,51 EUR erzielt hätte, handelt es sich bei diesem Betrag ersichtlich um das durchschnittliche Monatsbruttoeinkommen des Klägers im Jahr 2018 und nicht um das Bruttoeinkommen in 14 (Quarantäne-)Tagen.

c) Vom monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 64.244,50 EUR sind Steuern in Höhe von 29.212,54 EUR einkommensmindernd abzuziehen. Unter Berücksichtigung der Anzahl der Kinderfreibeträge von 5,0 – der Kläger ist verheiratet und wird mit seiner Ehefrau zusammenveranlagt, so dass das sog. „Halbteilungsprinzip“ vorliegend nicht greift (vgl. www.steuernetz.de/lexikon/kindergeld-kinderfreibetrag-und-erziehungsfreibetrag) – und der Steuerklasse III ergibt sich ein fiktiver Steuerbetrag für das Jahr 2020 von monatlich 29.212,54 EUR, der sich aus Lohnsteuer in Höhe von 25.912,16 EUR, Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.344,60 EUR und Kirchensteuer in Höhe von 1.955,78 EUR zusammensetzt (vgl. Lohn- und Einkommensteuerrechner des Bundesministeriums der Finanzen unter www.bmf-steuerrechner.de; Bl. 117 der Gerichtsakte bzw. die bereits im Verwaltungsverfahren seitens des Beklagten durchgeführte „Probeberechnung“ der fiktiven Steuer aus dem Jahr 2020 unter Berücksichtigung des Gewinns aus dem MVZ K … auf Bl. 181 der Behördenakte). Den Ansatz des fiktiven Steuerbetrags aus dem Jahr 2020 hält die Kammer für sachgerecht, insbesondere war im Rahmen der Berechnung der Billigkeitsentschädigung, einem pauschalierten Berechnungsverfahren, nicht (anteilig) die im Jahr 2018 gezahlte Steuer anzusetzen. Die im Einkommensteuerbescheid 2018 festgesetzte (Jahres-)Einkommensteuer in Höhe von 197.135,00 EUR (vgl. Bl. 118 der Behördenakte) ergibt sich schlussendlich aus einem Zusammenspiel mehrerer Einkunftsarten und abziehbarer Sonderausgaben, die teilweise mit dem quarantänebedingten Verdienstausfall in überhaupt keinem Zusammenhang stehen. Dementsprechend erweist es sich als zulässig und sachgerecht, dass ein fiktiver Steuerbetrag bezüglich des für den Verdienstausfall maßgeblichen Bruttoeinkommens zum Ansatz gelangt.

d) Vom monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 64.244,50 EUR sind weiterhin die Aufwendungen des Klägers für die soziale Sicherung im angemessenen Umfang (vgl. § 58 IfSG) abzuziehen. Dabei geht der Beklagte im Ansatz zutreffend davon aus, dass die beiden geltend gemachten Lebensversicherungen ( … Versicherung … und … Ärzteversicherung … ) nicht (mehr) angemessen im Sinne des § 58 IfSG sind. Wie die Sonderregelung des § 57 IfSG ist auch § 58 IfSG eine Folge des im Rahmen der Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 3 IFSG geltenden „Nettoprinzips“, wonach der Teil des Verdienstes, der auf Beiträge zur Sozialversicherung, Arbeitsförderung oder entsprechende Aufwendungen zur sozialen Sicherung entfällt, nicht als Verdienstausfall gilt und somit auch nicht in die Verdienstausfallsentschädigung einbezogen, aber gemäß § 58 IfSG (gesondert) erstattet wird (vgl. hierzu nachfolgend unter h). Erfasst sind gemäß § 58 IfSG Aufwendungen, die anstelle der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Renten- oder sozialen Pflegeversicherung treten, z.B. Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegepflichtversicherung, freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung und berufsständige Versorgung. Die Angemessenheit der Aufwendungen ist daher im Vergleich zum Beitrags- und Leistungsspektrum der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung zu beurteilen, da § 58 IfSG auf eine Gleichbehandlung gesetzlich versicherungspflichtiger und nicht versicherungspflichtiger Personen abzielt (vgl. Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 58 Rn. 3; Eckart/Kruse in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK IfSG, Stand: 15.1.2022, § 58 Rn. 2, 6 und 7).

Ausgehend von diesen Grundsätzen und im Hinblick auf die von Gesetzes wegen (nur) beabsichtigte Gleichbehandlung mit den erstattungsfähigen Aufwendungen bei Arbeitnehmern, lässt der Beklagte den Ansatz der beiden Lebensversicherungen zutreffend außen vor. Bei der dem Bescheid vom 15.09.2021 zugrundeliegenden Berechnung (vgl. Bl. 261 der Behördenakte) hat der Beklagte jedoch in rechtswidriger Weise einen zu hohen Beitrag für die private Krankenversicherung des Klägers in Abzug gebracht. Der (angesetzte) monatliche Beitrag zur privaten Krankenversicherung ( … Krankenversicherung … ) in Höhe von 1.352,20 EUR beinhaltet nämlich nicht nur die Beiträge für die „persönliche“ Versicherung des Klägers, sondern offensichtlich auch teilweise Beiträge für die bei ihm mitversicherten Kinder. Der auf den Kläger entfallende Anteil beläuft sich hingegen lediglich auf 684,07 EUR monatlich (vgl. Bl. 124 der Behördenakte). Neben den Aufwendungen für die private Krankenversicherung des Klägers in Höhe von 684,07 EUR ist weiterhin der monatliche Beitrag in Höhe von 1.944,83 EUR, der an die Bayerische Ärzteversorgung gezahlt wird, als angemessene Aufwendung für die soziale Sicherung ansetzbar. Im konkreten Fall des Klägers können jedoch von den angemessenen Aufwendungen in Höhe von 2.628,90 EUR (= 684,07 EUR + 1.944,83 EUR) nur 99,1815215%, und damit ein Betrag in Höhe von 2.607,38 EUR, Berücksichtigung finden, da sich die Aufwendungen zur sozialen Sicherung auch auf die weiteren freiberuflichen Tätigkeiten des Klägers, die im Steuerbescheid 2018 mit 6.362,00 EUR ausgewiesen ist, erstrecken. Unter dieser Prämisse hat der Kläger ein Bruttoeinkommen in Höhe von 777.296,00 EUR (MVZ B … 675.382,00 EUR, MVZ K … 95.552,00 EUR und sonstige freiberufliche Tätigkeit 6.362,00 EUR), welches jedoch im hiesigen Verfahren auf einen Betrag von 770.934,00 EUR zu „bereinigen“ ist, da ein Verdienstausfall während der Quarantäne für die „sonstige freiberufliche Tätigkeit“ weder von der Klägerseite beantragt wurde, noch anderweitig ersichtlich ist. Das im vorliegenden Verfahren maßgebliche Bruttoarbeitseinkommen in Höhe von 770.934,00 EUR macht dabei 99,185215% des Einkommens aus, auf das sich die „Sozialabgaben“ beziehen, so dass bei anteiliger Berücksichtigung mit dem vorstehenden Prozentsatz im Ergebnis berücksichtigungsfähige Aufwendungen zur sozialen Sicherung in Höhe von 2.607,38 EUR verbleiben.

e) Ausgehend vom maßgeblichen monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 64.244,50 EUR und abzüglich der Steuern in Höhe von 29.212,54 EUR sowie abzüglich der Aufwendungen zur sozialen Sicherung in Höhe von 2.607,38 EUR ergibt sich demnach ein klägerisches Nettoarbeitseinkommen von monatlich 32.424,58 EUR, was wiederum im Quarantänemonat März 2020 einem kalendertäglichen Nettoarbeitseinkommen von 1.045,95 EUR entspricht.

f) Das kalendertägliche Nettoarbeitseinkommen ist – wie von der Regierung im Bescheid vom 15.09.2021 zutreffend angenommen – zunächst mit 13 Quarantänetagen zu multiplizieren, was ein Nettoarbeitseinkommen von 13.597,35 EUR für den Quarantänezeitraum vom 18.03.2020 bis 30.03.2020 ergibt. Entgegen der Auffassung des Klägers besteht kein Anspruch auf Berücksichtigung von 14 Quarantänetagen. Der streitige 17.03.2021 ist insoweit nicht berücksichtigungsfähig. Nach dem klägerischen Vortrag wurde die Sprechstunde – nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt – am 17.03.2020 gegen 17:45 Uhr (vorzeitig) geschlossen. Regulärer Sprechstundenbetrieb wäre bis 19:30 Uhr gewesen (vgl. Bl. 26/27 der Behördenakte und Bl. 64 der Gerichtsakte). Von daher käme für den 17.03.2020 ohnehin allenfalls eine anteilige Entschädigung bezüglich des ganztägigen Nettoarbeitseinkommens in Höhe von 1.045,95 EUR in Betracht. Vorliegend hat der Kläger aber am 17.03.2020 keinen Verdienstausfall infolge der Quarantäneanordnung erlitten. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass ohne die Quarantäneanordnung der Sprechstundenbetrieb eineindreiviertel Stunden länger geöffnet gewesen wäre, als es letztlich tatsächlich der Fall gewesen ist. Die ärztlichen (Leitungs-) Tätigkeiten und die dazugehörigen Maßnahmen zur Gewinnerzielung des Klägers beschränken sich jedoch nicht auf die Untersuchung bzw. Behandlung im Sprechstundenbetrieb. Gerade in der vorliegenden Konstellation, in der am 17.03.2020 die bereits den ganzen Tag laufende Sprechstunde lediglich eineindreiviertel Stunden früher beendet wurde, ist davon auszugehen, dass der Kläger trotz Schließung der Sprechstunde in der Lage war, seinen betrieblichen Tätigkeiten – wenn auch eingeschränkt – nachzukommen. Erfahrungsgemäß haben Ärzte aufgrund des Sprechstundenbetriebs einen erheblichen Dokumentationsaufwand, der in der Regel im Anschluss an die Sprechstundenzeiten vorgenommen wird. Im Übrigen leitet und koordiniert der Kläger allein in B … einen Betrieb mit einer nicht unerheblichen Anzahl von ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern, so dass der Kläger am Abend des 17.03.2020 durch die vorzeitige Schließung der Praxis nicht „arbeitslos“ gewesen sein dürfte, sondern insbesondere organisatorische Maßnahmen im Hinblick auf die bevorstehende Quarantäne getroffen hat. Bereits aus dem E-Mailverkehr vom 17.03.2020 ergibt sich, dass der Kläger offensichtlich nach 20:00 Uhr noch beruflich „im Einsatz war“. Im Übrigen hat der Kläger gegenüber dem Beklagten selbst eingeräumt, dass sich der überwiegende Teil der Belegschaft ab 18.03.2020 in häuslicher Quarantäne befunden habe und der „tatsächlich gelebte Quarantäne-Zeitraum“ sich vom 18.03.2020 an erstreckte (Bl. 24 der Behördenakte). Weiterhin weist der Sachbearbeiter des Beklagten in einem internen Vermerk auf Bl. 206 der Behördenakte zutreffend darauf hin, dass auf einen Anteil „Homeoffice“ nach reichlicher Überlegung bei der Entschädigungsberechnung verzichtet worden sei, obwohl nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger als Hauptgesellschafter und Hauptumsatzerbringer während der Quarantäne zu Hause untätig gewesen sei, sondern vielmehr davon auszugehen sei, dass dieser organisatorisch tätig gewesen sei, um die Folgen der Quarantäne zu bewältigen und den Fortbestand des MVZ zu sichern, was – wenn auch keine originär ärztliche Aufgabe – jedenfalls unternehmerische Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers seien. Ein Erwerbstätiger erleidet nämlich trotz Quarantäneanordnung keinen Verdienstausfall, wenn dieser trotz des Verbots oder der Absonderung durch arbeitsorganisatorische Umstellungen (z.B. Homeoffice) seiner Erwerbstätigkeit weiterhin nachgehen kann. Soweit der bisherigen Erwerbstätigkeit aufgrund der Quarantäne nur teilweise nachgegangen werden kann, gebietet es der Anspruch auf Billigkeitsentschädigung nach § 56 IfSG, nur einen anteiligen Betrag zu bewilligen (vgl. Eckart/Kruse in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK IfSG, Stand: 15.1.2022, § 56 Rn. 35). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der Eigenart der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers ist ein (anteiliger) Verdienstausfall am 17.03.2020 weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Insoweit dürfte sogar den internen Überlegungen des Beklagten beizupflichten sein, dass ggf. weitere „Abschläge“ für die Möglichkeit gewisser Tätigkeiten während der Quarantäne möglich gewesen wären.

g) Der Verdienstausfall in Höhe von 13.597,35 EUR für 13 Quarantänetage ist schließlich nur in Höhe von 43,67% erstattungsfähig. Insoweit teilt das Gericht uneingeschränkt die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 15.09.2021. Da der Kläger (nur) mit 43,67% am Unternehmenserfolg beteiligt ist, ist auch seine Quarantäne nur in dieser Höhe für den Verdienstausfall ursächlich. Der Mehrausfall (56,33%) ist nicht in der Person des Klägers begründet, sondern in der Quarantäne der angestellten Ärzte, für die gesonderte Erstattungsverfahren liefen. Das Gericht teilt ferner die Einschätzung des Beklagten, dass bei einem derart großen Betrieb der Anteil des Klägers am Unternehmenserfolg mit knapp 44% ohnehin schon hoch angesetzt ist. Umgekehrt ausgedrückt bedeutet dies nämlich, dass der Kläger rund 44% des Umsatzes allein erwirtschaftet, während alle anderen Angestellten – lt. Bl. 181 der Behördenakte allein schon 13 Ärzte – zusammen nur in Höhe von rund 56% zum Unternehmenserfolg beigetragen haben. Trotz der wiederholt vorgetragenen „Strahlkraft“ des Klägers für den Betrieb vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass ohne die Anwesenheit des Klägers der Betrieb komplett zum Erliegen kommen würde, insbesondere, dass niemand dort in Behandlung gehen würde, wenn der Kläger persönlich nicht anwesend ist. Zwar mag es durchaus sein, dass auch der eine oder andere Arzt vom Kläger noch angeleitet wird bzw. dass gewisse Patienten nur vom Kläger persönlich betreut werden. In der Mehrzahl der Fälle bzw. Untersuchungen dürfte der Kläger aber persönlich mit den Patienten des MVZ gar nicht oder allenfalls in geringfügigem Umfang befasst sein. Letztlich würde das Argument der „Strahlkraft“ und der notwendigen Anwesenheit des Klägers für die Gewinnerzielung des MVZ dazu führen, dass bei Abwesenheiten des Klägers, beispielsweise wegen Urlaubs, Krankheit oder Tätigkeit im jeweils anderen MVZ, der Betrieb geschlossen werden müsste, weil sich ohne die Anwesenheit des Klägers kein Umsatz erzielen ließe. In diesem Zusammenhang weist die Kammer noch darauf hin, dass im vorliegenden Entschädigungsverfahren nach § 56 IfSG, für das die Regierung … zuständig ist, kein Anspruch auf Erstattung eines „Betriebsausfallschadens“ besteht (in diese Richtung wohl die Argumentation des Klägers auf Bl. 145 der Behördenakte). § 56 IfSG ist nämlich weder in direkter noch in analoger Anwendung auf Betriebsausfallschäden anwendbar (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 6.5.2021 – OVG 1 L 16/21 – juris; VGH Mannheim, B.v. 2.11.2021 – 1 S 2802.21 – juris; OVG Lüneburg, B.v. 27.10.2021 – 13 OB 385.21 – juris; VG München, B.v. 9.12.2021 – M 26b K 21.2520 – juris m.w.N.; OLG Hamm, U.v. 5.11.2021 – 11 U 44.21 – juris; OLG Köln, B.v. 20.9.2021 – 7 U 1.21 – juris; LG München I, U.v. 28.4.2021 – 15 O 10858.20 – juris; Eckart/Kruse in: BeckOK IfSG, Stand: 15.1.2022, § 56 Rn. 30 ff.; Gerhardt, IfSG, 5. Auflage 2021, § 56 Rn. 42 ff.). Nach § 56 IfSG kann vielmehr nur der Verdienstausfall beansprucht werden, der aus der Quarantäne des Klägers herrührt. Im Ergebnis steht daher dem Kläger (nur) eine Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 5.937,96 EUR zu.

h) Daneben hat der Kläger gemäß § 58 IfSG einen Anspruch auf Erstattung angemessener Versorgungsaufwendungen in Höhe von 1.093,43 EUR. Die angemessenen Versorgungsaufwendungen im Sinne des § 58 IfSG, die für die Berechnung des Verdienstausfalls vom Bruttoeinkommen abgezogen wurden (siehe oben), sind gemäß § 58 IfSG dem Kläger neben der Verdienstausfallentschädigung gesondert zu erstatten, da gemäß des nach § 56 Abs. 3 Satz 1 IfSG geltenden Nettoprinzips, der Teil des Verdienstes, der auf Beträge zur Sozialversicherung, Arbeitsförderung oder entsprechende Aufwendungen zur sozialen Sicherung entfällt, nicht als Verdienstausfall gilt und somit auch nicht in die Verdienstausfallentschädigung einbezogen wird. Der Sache nach handelt es sich daher um einen neben dem Hauptanspruch tretenden Aufwendungsersatzanspruch („Annex“) für Ausgaben zur sozialen Sicherung, die regulär aus dem Verdienst finanziert würden (vgl. Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 58 Rn. 2; Kruse in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK IfSG, Stand: 15.1.2022, § 58 Rn. 2). Damit sind die Aufwendungen zur angemessenen sozialen Sicherung in Höhe von 2.607,38 EUR monatlich, die bei der Berechnung des Verdienstausfalls anteilig vom Bruttoeinkommen abgesetzt wurden, gesondert (anteilig) zu erstatten. In Zahlen bedeutet dies erstattungsfähige Versorgungsaufwendungen im Kalendermonat März von 84,11 EUR täglich. Dies multipliziert mit den maßgeblichen 13 Quarantänetagen ergibt einen Gesamtbetrag von 1.093,43 EUR.

i) Dem Kläger steht damit eine Gesamtentschädigung in Höhe von 7.031,39 EUR (Verdienstausfall in Höhe von 5.937,96 EUR und Ersatzanspruch für Aufwendungen zur sozialen Sicherung in Höhe von 1.093,43 EUR) zu. Abzüglich der bereits mit Bescheid vom 15.09.2021 festgesetzten Entschädigung in Höhe von 6.418,65 EUR, steht noch ein Betrag in Höhe von 612,74 EUR aus, den der Beklagte dem Kläger noch zu erstatten hat.

3. Lediglich ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass dem Kläger kein (weitergehender) Anspruch auf Erstattung nicht gedeckter Betriebsausgaben zusteht. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 IfSG können bei einer Existenzgefährdung dem Entschädigungsberechtigten die während der Verdienstausfallzeit entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag im angemessenen Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden. Nach § 56 Abs. 4 Satz 2 IfSG erhalten Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach § 56 Abs. 1 IfSG ruht, auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben im angemessenen Umfang. Ein Antrag nach § 56 Abs. 4 IfSG wurde aber vom Kläger weder gestellt (vgl. Bl. 107 der Behördenakte), noch sind anderweitig nicht gedeckte Betriebsausgaben ersichtlich. Im Gegenteil, der Kläger erklärte im Verwaltungsverfahren selbst, dass er trotz der quarantänebedingten Schließung die während dieser Zeit laufenden Betriebskosten habe decken können (vgl. Bl. 147 der Behördenakte).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dem Kläger werden die gesamten Verfahrenskosten auferlegt, da der Beklagte – im Hinblick auf den klageweise geltend gemachten Entschädigungsanspruch – nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des finanziell leistungsfähigen Beklagten nicht.

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