AG Kreuzberg, Urteil vom 16.09.2021 – 8 C 85/21

März 21, 2022

AG Kreuzberg, Urteil vom 16.09.2021 – 8 C 85/21

Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 269,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.03.2021 sowie 40,00 € Verzugspauschale nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe
Die Klage ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Kläger haben als Gesamtgläubiger gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 269,91 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 428 BGB sowie in Höhe von 40,00 € aus § 288 Abs. 5 BGB.

Die Kläger haben die von der Beklagten geforderten Nachzahlungsbeträge aus den beiden streitgegenständlichen Betriebs- und Heizkostenabrechnungen für die Zeit vom 01.09.2019 bis zum 30.09.2019 für die R. Straße (…) und für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 für die R. Straße (…) unter Vorbehalt an die Beklagte bezahlt, so dass die Hauptforderung in Höhe von 269,91 € dem Betrag entspricht, den die Kläger ohne Rechtsgrund bezahlt haben, weil die streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen in einzelnen Positionen nicht bzw. nicht in voller Höhe begründet sind.

Im Einzelnen:

I. Betriebskostenabrechnung für die Zeit vom 01.09.2019 bis zum 30.09.2019 für die R. Straße (…)

1. Wachdienst

Die Position Wachdienst ist um die Hälfte, mithin in Höhe von 49,74 € zu kürzen.

Das Gericht vermag entgegen der Ansicht der Kläger in der Benennung dieser Position unter den sonstigen Betriebskosten im Mietvertrag keine überraschende Klausel im Sinne von § 305c BGB zu erkennen, da gerade in der R. Straße, die gerichtsbekannt ein Hotspot der linksradikalen Szene ist, mit der Beauftragung eines Wachdiensts durch den Eigentümer zu rechnen ist. Demzufolge hätten die Kläger bei der Sichtung des Mietvertrags ein besonderes Augenmerk auf diese Position richten und vor Abschluss des Mietvertrags bei der Beklagten auch nachfragen können, in welcher Höhe voraussichtlich diese Betriebskostenposition zu Buche schlagen werde.

Bei der Frage, ob Kosten für die Beauftragung eines Wachdiensts als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden können, ist darauf abzustellen, ob die Beauftragung des Wachdiensts im Wesentlichen nur den Interessen des Vermieters in Form des Schutzes seines Eigentums oder aber den Interessen der Mieter in Form des Schutzes ihrer körperlichen Unversehrtheit und des Schutzes ihres Eigentums erfolgt. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der R. Straße – wie bereits ausgeführt – um einen Hotspot der linksradikalen Szene, die bekanntermaßen vor Angriffen auf Personen und schwerwiegenden Anschlägen auf das Eigentum der von ihnen als Gegner empfundenen Kapitalisten und Gentrifizierer nicht zurückschreckt. Mithin haben sowohl die Beklagte als Vermieterin als auch die Kläger als Mieter ein Interesse daran, dass derartige Übergriffe der linksradikalen Szene verhindert bzw. zumindest eingegrenzt werden. Soweit die Beklagte als Vermieterin darauf hinweist, dass die Kosten für die Behebung von dadurch entstandenen Schäden an ihrem Eigentum durch bestehende Versicherungen übernommen würden, überzeugt diese Argumentation nicht, da zum einen davon auszugehen ist, dass die von der Beklagten zu leistenden Versicherungsbeiträge nach Geltendmachung entsprechender Versicherungsleistungen steigen werden, und zum anderen für die Beklagte zumindest ein erheblicher Verwaltungskostenaufwand für die Organisation entsprechender Schadensbeseitigungen zu tragen wäre. Soweit die Kläger als Mieter darauf hinweisen, dass trotz der Beauftragung des Wachdiensts beispielsweise in Keller in ihrem Haus eingebrochen worden sei, überzeugt auch diese Argumentation nicht, da das Gericht davon ausgeht, dass ohne einen Wachdienst die Art, die Häufigkeit und die Intensität der zu befürchtenden Angriffe erheblich höher wäre.

Im Ergebnis hält es das Gericht daher für sachgerecht, die angefallenen Kosten für den Wachdienst hälftig zwischen Vermieter und Mieter aufzuteilen (vgl. hierzu Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 556 BGB, Rn. 213, unter Hinweis auf LG Köln WuM 2004, 400).

2. Rauchwarnmelder

Die Position Rauchwarnmelder in Höhe von 2,91 € ist komplett zu streichen, da unstreitig diese Position auch die Anmietkosten für die Rauchwarnmelder umfasst und diese nicht umlagefähig sind (Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 556 BGB, Rn. 230).

3. Hausmeister/Hauswart

Diese Position ist nicht zu kürzen, da die Beklagte getrennte Verträge für Verwaltungshilfeleistungen (Anlage B3), für Instandhaltungsarbeiten (Anlage B4) und für Hausmeisterleistungen (Anlage B5) abgeschlossen hat und sie unstreitig nur die Kosten, die im Rahmen des Vertrages für die Hausmeisterleistungen entstanden sind, als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt hat. Der Einwand der Kläger, dass die Positionen 2.7, 2.9 und 5.1 in der Leistungsbeschreibung des Vertrages über die Hausmeisterleistungen sich mit den Kosten für die Hausreinigung überschneiden, ist unberechtigt. Denn die Sauberhaltung der auf dem Grundstück befindlichen Gehwege, Grünflächen und Innenhöfe von Papier und Unrat sowie die Entleerung der Papierkörbe (Position 2.7) gehören nicht unmittelbar zur Reinigung des Hauses, sondern betreffen das Grundstück drumherum. Auch die Reinigung der technischen Räume (Position 2.9) fällt nachvollziehbarer Weise in den Tätigkeitsbereich des Hausmeisters, da die mit der regelmäßigen Hausreinigung beauftragten Kräfte keine Erfahrung mit technischen Anlagen haben und insoweit ansonsten zu befürchten wäre, dass diese bei der Reinigung der betreffenden Räume Schäden anrichten. Die Bereitstellung der Müllgefäße zur Abholung und der Rücktransport der leeren Behälter (Position 5.1) fällt ebenfalls nachvollziehbarer Weise in den Aufgabenbereich eines Hausmeisters, der regelmäßig engmaschig vor Ort ist, und nicht in den der Reinigungskräfte, die zwar regelmäßig, aber im Zweifel nur im Wochenrhythmus vor Ort sind.

II. Betriebskostenabrechnung für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 für die R. Straße (…)

1. Wachdienst

Die Position Wachdienst in Höhe von 410,48 € ist um die Hälfte, mithin in Höhe von 205,24 €, zu kürzen. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

2. Rauchwarnmelder

Die Position Rauchwarnmelder in Höhe von 12,02 € ist wiederum komplett zu streichen. Auch diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

3. Hausmeister/Hauswart

Diese Position ist nicht zu kürzen. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

Im Ergebnis errechnet sich ein Zahlungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte in Höhe von 269,91 € (49,74 € + 2,91 € + 205,24 € + 12,02 €) entsprechend des Betrages, um den die beiden streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen überhöht waren.

Der Anspruch der Kläger auf Zahlung einer Verzugspauschale in Höhe von 40,00 € folgt aus § 288 Abs. 5 BGB. Die Kläger haben mit Schreiben vom 31.01.2021 (Anlage K5) die streitgegenständlichen Positionen in den Betriebskostenabrechnungen gerügt und die Hausverwaltung der Beklagten zur Rückzahlung aufgefordert. Die Beklagte, die der Rückzahlungsforderung der Kläger nicht nachkam, geriet daher gemäß § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB in Verzug.

Der Zinsanspruch für die Hauptforderung folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich gemäß § 286 Abs. 2 Satz 1 BGB spätestens seit dem geltend gemachten Zeitpunkt (dem 04.03.2021) im Verzug.

Zinsen für die Verzugspauschale in Höhe von 40,00 € wurden erst mit der Anspruchsbegründung geltend gemacht, die der Beklagten am 12.05.2021 zugestellt worden ist. Der Zinsanspruch besteht daher gemäß § 291 BGB erst ab dem 13.05.2021.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Position Aufzugsanlagen in der Betriebskostenabrechnung für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 für die R. Straße (…) in Höhe von 38,10 € in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2021 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der Beklagten aufzuerlegen, da diese erst in ihrer Klageerwiderung erläutert hat, dass in der zugrunde liegenden Abrechnung der Firma K. vom 28.08.2019 ein Schreibversehen hinsichtlich der Hausnummer vorlag, das erst im Nachhinein handschriftlich verbessert wurde. Die Kläger hatten diese Position daher zunächst zu Recht gerügt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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