Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 17.02.2020 – 15 WF 14/20

April 17, 2022

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 17.02.2020 – 15 WF 14/20

Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Verpflichteten wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Luckenwalde vom 9. Dezember 2019 – 31 F 135/19 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Anträge des Berechtigten vom 26. September, vom 13. und vom 29. Oktober, vom 25. November und vom 4. Dezember 2019 auf Festsetzung von Ordnungsgeld gegen die Verpflichtete werden zurückgewiesen.

Für das Verfahren erster und zweiter Instanz werden Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Gründe
I.

Die sofortige Beschwerde der Verpflichteten ist gem. § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft; sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.

Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Das Amtsgericht hat gegen die Verpflichtete zu Unrecht wegen Verstoßes gegen die in dem Vergleich vom 14.06.2019 – 31 F 135/19 – enthaltene Umgangsregelung Ordnungsgeld und Ersatzordnungshaft angeordnet. Aus diesem Grund kann auch die vom Amtsgericht getroffene Kostenentscheidung keinen Bestand haben. Für die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Wertfestsetzung fehlt die gesetzliche Grundlage.

Zutreffend ist das Amtsgericht allerdings davon ausgegangen, dass gem. § 89 Abs. 1 FamFG gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung in einem Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs zuwiderhandelt, ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angeordnet werden kann.

Im Ansatz nicht zu beanstanden ist ebenfalls die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Ansicht, dass gem. § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG auch ein gerichtlich gebilligter Vergleich über die Regelung des Umgangs Vollstreckungstitel i.S.v. § 89 Abs. 1 FamFG sein kann.

Hingegen scheidet die Vollstreckung aus einer bloßen Vereinbarung der Beteiligten, die nicht gerichtlich gebilligt worden ist, aus (Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 86 FamFG, Rn. 3; Keidel/Giers, FamFG, 20. Aufl., § 86, Rn. 10; Staudinger/Dürbeck, BGB, (2019), § 1684, Rn. 532.3; BeckOK-FamFG/Sieghörtner, 33. Ed., § 86, Rn. 7; Musielak/Borth/ Grandel, FamFG, 6. Aufl., § 86, Rn. 3; Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 4. Aufl., § 86, Rn. 17; OLG Frankfurt, FamRZ 2019, 1451).

Die Frage, ob von der gerichtlichen Billigung eines Vergleichs bereits dann auszugehen ist, wenn er protokolliert worden ist, oder ob es vielmehr der ausdrücklichen Entscheidung hierüber in einem gesonderten Beschluss i.S.d. § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG bedarf, hat der Bundesgerichtshof noch vor Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Beschluss vom 10.07.2019 – XII ZB 507/18 – (= FamRZ 2019, 1616) dahin entschieden, dass die Protokollierung eines Vergleichs nicht seine konstitutive Billigung beinhaltet, sondern es hierfür eines gesonderten Beschlusses bedarf, der eine eigene – wenn auch eingeschränkte – Kindeswohlprüfung voraussetzt. Die gerichtliche Billigung des Vergleichs sei die Voraussetzung für die Vollstreckbarkeit. Erst durch die Billigung trete die Erledigung des Verfahrensgegenstandes ein, nicht etwa bereits durch den Abschluss bzw. die Protokollierung des Vergleichs.

Dieser Ansicht des Bundesgerichtshofes schließt sich der Senat an.

Das Amtsgericht hat bislang keine Entscheidung getroffen, mit der es den Vergleich vom 14.06.2019 gerichtlich gebilligt hat.

Dem nach Abschluss des Vergleichs erlassenen Beschluss vom 03.07.2019 ist eine solche Billigung nicht – auch nicht im Wege der Auslegung – zu entnehmen. Im Tenor ist die Billigung des Vergleichs nicht ausgesprochen. Nach den Entscheidungsgründen des Beschlusses ist davon auszugehen, dass das Amtsgericht gerade keine Billigungsentscheidung treffen wollte. Denn darin ist ausgeführt, der Vergleich entfalte unmittelbar verfahrensbeendende und das Amtsgericht bindende Wirkung, sodass lediglich die deklaratorische Feststellung der Verfahrensbeendigung zu erfolgen habe. Eine ausdrückliche Entscheidung über die gerichtliche Billigung sei nicht erforderlich, da die Protokollierung des Vergleichs genüge.

Dann aber kann dem Beschluss nicht die Bedeutung einer Billigungsentscheidung beigemessen werden. Da der Vergleich vom 14.06.2019 als solcher, ohne förmliche Billigung des Familiengerichts, keine Vollstreckungsgrundlage darstellt, ist die Vollstreckung der darin enthaltenen Umgangsregelung mithin von Rechts wegen nicht zulässig. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 87 Abs. 5 i. v. m. § 81 Abs. 1 FamFG.

Die erstinstanzliche Entscheidung über die Festsetzung eines Verfahrenswertes war aufzuheben, um den Rechtsschein einer auch für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblichen Wertfestsetzung zu begegnen (OLG Brandenburg, AGS 2019, 230, m.w.N.).

Die Voraussetzungen des § 55 FamGKG, nach denen der Verfahrenswert für die Berechnung wertabhängiger Gerichtsgebühren von Amts wegen festzusetzen ist, liegen nicht vor. Da es sich bei dem Verfahren um eine Vollstreckungssache i.S.v. Hauptabschnitt 6 KV-FamGKG handelt, für das gem. KV-FamGKG Nr. 1602 eine Festgebühr anfällt, besteht für eine Wertfestsetzung gem. § 55 FamGKG kein Grund. Eine Wertfestsetzung kann auch nicht gem. § 33 RVG erfolgen, da eine solche nur auf Antrag veranlasst ist, den jedoch keiner der Beteiligten gestellt hat.

Einer Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren bedarf es aus den vorgenannten Gründen wegen der für das Beschwerdeverfahren geltenden Festgebühr nach KV-FamGKG Nr. 1912 ebenfalls nicht.

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