OLG Köln, Beschluss vom 30.12.2021 – 2 Wx 336/21

Mai 18, 2022

OLG Köln, Beschluss vom 30.12.2021 – 2 Wx 336/21

Tenor
Der am 08.12.2021 erlassene Beschluss des Amtsgerichts Bonn, 940 AR 2957/19 K, wird aufgehoben, soweit die Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt hat. Die Sache wird zur Entscheidung über die Erinnerung gegen den Beschluss vom 09.09.2021 an das Amtsgericht Bonn zurückgegeben.

Gründe
Am 29.11.2019 ist der Beteiligte auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Bonn erschienen, um aus der Kirche auszutreten. Daraufhin hat der anwesende Justizbeschäftigte eine von ihm und dem Beteiligten unterschriebene Niederschrift über die Erklärung des Austritts des Beteiligten aus der evangelischen Kirche gefertigt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 1 d.A.). Dem Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift und eine Bescheinigung der Rechtspflegerin, wonach die Kirchenaustrittserklärung mit Ablauf des 29.11.2019 wirksam geworden ist, übersandt worden (Bl. 3, 4 d.A.).

Mit Schreiben vom 18.06.2021 hat der Beteiligte die Korrektur der Bescheinigung vorn 29.11.2019 verlangt (Bl. 5 d.A.). Er hat geltend gemacht, dass die Bescheinigung fehlerhaft sei, weil er nie in der evangelischen Kirche gewesen sei. Er sei von Kind an in der katholischen Kirche gewesen und aus dieser gemeinsam mit seiner Ehefrau am 29.11.2019 ausgetreten. Wäre ihm der Inhalt der Erklärung am 29.11.2019 vorgelesen worden, wäre der Fehler sofort aufgefallen. Die Verlesung sei aber unterblieben. Der Fehler habe sich erst jetzt aufgrund der ersten Gehaltsabrechnung seines neuen Arbeitgebers herausgestellt. In der Zwischenzeit habe er keine Kirchensteuer mehr zahlen müssen. Für die Jahre 2019 und 2020 habe er Kirchensteuererstattungen erhalten.

Mit Schreiben vom 23.06.2021 hat die Rechtspflegerin des. Amtsgerichts dem Beteiligten mitgeteilt, dass eine Umschreibung des im Jahr 2019 erfolgten Austritts nicht erfolgen könne. Die Angabe der Religionsgemeinschaft sei gem. § 3 Abs. 2 KiAustrG wesentlich. Ob sie zutreffe, werde bei der Antragsaufnahme nicht geprüft. Er habe die Erklärung unterschrieben. Ein Austritt aus der katholischen Kirche sei nicht erfolgt. Zum Austritt aus der katholischen Kirche müsse er einen neuen Antrag stellen (Bl. 7 ff. d.A.).

Nach weiteren Telefonaten zwischen der Rechtspflegerin und dem Beteiligten sowie weiterer Korrespondenz hat der Beteiligte um eine rechtsmittelfähige Entscheidung gebeten.

Durch Beschluss vom 09.09.2021 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den Antrag des Beteiligten, die mit Datum vom 29.11.2019 erteilte Kirchenaustrittsbescheinigung von evangelisch auf katholisch umzuschreiben, zurückgewiesen (BI. 18 ff. d.A.).

Gegen diesen dem Beteiligten am 14.09.2021 zugestellten Beschluss hat dieser mit am 13.10.2021 beim Amtsgericht Bonn eingegangenen Schreiben (ohne Datum) Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss vom 09.09.2021 aufzuheben und das Amtsgericht Bonn anzuweisen, die ihm am 29.11.2019 erteilte Kirchenaustrittsbescheinigung von evangelisch in katholisch umzuschreiben (Bl. 23 d.A.). Mit Schreiben vorn 26.10.2021, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 24 ff. d.A.), hat er die Beschwerde begründet.

Durch Beschluss vom 05.11.2021 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 27 f. d.A.).

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Umschreibung der Kirchenaustrittsbescheinigung vom 29.11.2019 von evangelisch auf katholisch ist in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 3 S. 1 FamFG nicht statthaft. Sie wird zur weiteren Behandlung gern. § 11 Abs. 2 S. 1 RPfIG als Rechtspflegererinnerung an das Amtsgericht zurückgegeben.

Die nach den §§ 1, 5 KiAustrG den Amtsgerichten übertragene Beurkundung von Kirchenaustrittserklärungen und die Erteilung von Bescheinigungen über den vollzogenen Austritt sind landesrechtliche Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne von § 486 FamFG (noch zum FGG: OLG Köln, Beschluss vom 18.09.2002 – 16 Wx 165/02, 16 Wx 166/02, NVwZ 2003, 1019, 1020). Zwar sieht das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) keine Vorschrift vor, die die Berichtigung gerichtlicher Vermerke im Sinne von § 28 Abs. 4 FamFG ausdrücklich regelt. Dennoch können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in gerichtlichen Vermerken jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag in entsprechender Anwendung von § 42 FamFG berichtigt werden (Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 28 Rn. 31). Allerdings ist ein Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung — so wie hier – zurückgewiesen wird, gern. § 42 Abs. 3 S. 1 FamFG nicht anfechtbar. Selbst wenn man die Möglichkeit zur Berichtigung von gerichtlichen Vermerken auch ohne Rückgriff auf § 42 FamFG für zulässig erachtet (so z.B. MüKo-FamFG/Ulrici, 3. Aufl. 2018, § 28 Rn. 38), wird die Anfechtbarkeit der Ablehnung einer Berichtigung eines Vermerks auch von diesen Literaturstimmen abgelehnt (MüKo-FamFG/Ulrici, 3. Aufl. 2018, § 28 Rn. 38).

Die Statthaftigkeit der Beschwerde wird auch nicht dadurch begründet, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses angegeben ist, dass gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde gern. § 58 FamFG gegeben ist. Denn eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung eröffnet keinen gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsweg (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 39 Rn. 15 m.w.N.).

Da die Ablehnung der Berichtigung der Kirchenaustrittserklärung und damit auch die auf der Kirchenaustrittserklärung beruhende Bescheinigung mit der Beschwerde nicht anfechtbar sind, ist die Sache zur Entscheidung über den als Erinnerung anzusehenden Rechtsbehelf, über den der Richter des Amtsgerichts nach Vorlage durch den Rechtspfleger endgültig entscheidet,, an das Amtsgericht zurückzugeben.

Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

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