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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat die Zahlung des Klägers an die Sparkasse A zu Unrecht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt. |
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1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.S. von § 19 Abs. 1 EStG Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind (z.B. Senatsurteile vom 23. März 2001 VI R 175/99, BFHE 195, 225, BStBl II 2001, 585; vom 22. Oktober 2015 VI R 22/14, BFHE 251, 344, BStBl II 2016, 179, und Senatsbeschluss vom 2. Februar 2011 VI R 15/10, BFHE 232, 494, BStBl II 2011, 456; Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672, unter C.III.1.a). Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (z.B. Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 30. Juni 2010 VI R 45/09, BFHE 230, 348, BStBl II 2011, 45, und in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672, unter C.III.1.a). |
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Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt, die mit den Aufwendungen in Zusammenhang stehen. In diesem Fall sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH-Urteile vom 17. Juni 2010 VI R 33/08, BFH/NV 2010, 2051, und vom 8. März 2006 IX R 107/00, BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446, jeweils m.w.N.). |
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2. Nach diesen Grundsätzen ist die Zahlung des Klägers an die Sparkasse A als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Der Kläger leistete die Zahlung nach den Feststellungen des FG, um die Anrechnung der bei der Sparkasse A geleisteten Dienstzeiten im Rahmen der ihm von der Sparkasse B zugesagten Versorgung nach dem BeamtVG für Beamte auf Zeit, die Wahlbeamte sind, zu erreichen. Die Sparkassen A und B sind gemäß § 1 Abs. 1 des Sparkassengesetzes des Freistaates Sachsen rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. |
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Nach § 1 der zwischen den beteiligten Sparkassen geschlossenen Übertragungsvereinbarung übertrug die Sparkasse A den Wert der vom Kläger erworbenen Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung auf die Sparkasse B. Voraussetzung hierfür war nach § 3 der zwischen der Sparkasse A und dem Kläger getroffenen Vereinbarung der „vollständige finanzielle Kostenausgleich“ durch den Kläger. Die Zahlung des Klägers sollte mithin rechtlich und wirtschaftlich der Erhöhung der nachträglichen Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) bei der Sparkasse B dienen. Denn durch die Übernahme der Versorgungsanwartschaft und die damit verbundene Anrechnung der bei der Sparkasse A abgeleisteten Dienstzeiten erhöhten sich die ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten des Klägers bei der Sparkasse B. Da die Höhe des Ruhegehalts des Klägers bei der Sparkasse B entsprechend §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 66 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BeamtVG u.a. von der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit abhängt, führt deren Erhöhung auch zu höheren (künftigen) Versorgungsbezügen des Klägers. Damit stand die Zahlung in objektivem Zusammenhang mit den künftigen Versorgungsbezügen des Klägers gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und diente auch subjektiv der Erzielung dieser Einkünfte. Die Zahlung ist folglich im Streitjahr, in dem sie geleistet wurde (§ 11 Abs. 2 EStG), als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehbar. |
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3. Die Zahlung wurde –entgegen der Auffassung des FA und des FG– demgegenüber nicht zur Begründung einer Anwartschaft auf eine Leibrente i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG geleistet. Sie stellt damit keine Anschaffungskosten i.S. von § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs dar, die nach ständiger Rechtsprechung des BFH jedenfalls nicht schon im Jahr der Zahlung steuerlich zu berücksichtigen sind. |
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Beamte können und müssen regelmäßig keine Aufwendungen tätigen, um sich ruhegehaltsfähige Dienstzeiten „zu erkaufen“. Die Berechnung, Berücksichtigung und Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten ist im BeamtVG (§§ 6 ff. BeamtVG) gesetzlich geregelt. Sie bemisst sich grundsätzlich u.a. nach der Dienstzeit, die der Beamte im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst und sonstige Zeiten bestimmter Berufstätigkeiten und Ausbildungszeiten können nach Maßgabe des Gesetzes als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden (§§ 10, 11, 12 BeamtVG). Eine Regelung, nach der Beamte ihre ruhegehaltsfähige Dienstzeit durch eine Geldleistung erhöhen können, kennt das Gesetz nicht. |
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Ein Beamter zahlt nur „fiktive“ Beiträge für seine Altersversorgung. Für ihn werden keine Beiträge abgeführt. Stattdessen zahlt der Dienstherr entsprechend geringere Bezüge aus. Obschon der Beamte als Gegenleistung für seine Dienst- und Treuepflicht lebenslang alimentiert wird und er deshalb während seiner Tätigkeit ein rechtlich geschütztes Anwartschaftsrecht auf Versorgungsleistungen im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit erwirbt, ist ihm dieses Anwartschaftsrecht einkommensteuerrechtlich nicht zuzurechnen, sondern vermittelt ihm erst nach Abschluss der Erwerbsphase eine geldwerte Rechtsposition (BFH-Urteil in BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446). Der Beamte wendet aus seinem Vermögen nichts auf und erhält deshalb nach den Wertungen des Gesetzes mit der Pension kein eigenes bereits versteuertes Kapital zurück (s. dazu Urteil des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618, unter C.II.2.a aa, C.V.1.; Söhn, Steuer und Wirtschaft –StuW– 2003, 332 ff.; Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht 2004, 1721, 1723; Musil, StuW 2005, 278, 279 f.). |
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Aber auch dann, wenn der Steuerpflichtige –wie im Streitfall der Kläger– eine Zahlung leistet, um die bei der Berechnung der Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu berücksichtigenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten zu erhöhen, erwirbt er damit keinen Kapitalanteil und deshalb auch kein ihm steuerrechtlich zuordenbares Wirtschaftsgut (Rentenanwartschaftsrecht), das (teilweise) zu sonstigen Einkünften aus Leibrenten führt. Hierdurch unterscheidet sich der Streitfall von den Sachverhalten, die den BFH-Urteilen vom 7. Februar 1990 X R 36/86 (BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062) und vom 21. Oktober 1996 VI R 46/96 (BFHE 181, 318, BStBl II 1997, 127) zugrunde lagen. Es kommt bei Einkünften aus einer beamtenrechtlichen Versorgung weder in der Phase des aktiven Dienstes noch bei der Auszahlung der Versorgungsbezüge zu einem bloßen Vermögenstausch; Umschichtungen vollziehen sich vielmehr allein innerhalb des öffentlichen Haushalts (so BVerfG-Urteil in BStBl II 2002, 618, unter C.II.2.a aa). Selbst wenn ein Beamter an seinen Dienstherrn (ausnahmsweise) etwas leistet, um seine (volle) Pension zu erhalten, fließt ihm dieser Betrag nach seiner Pensionierung nicht wieder zurück (BFH-Urteil in BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446). |
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Nichts anderes gilt im Streitfall für die dem Kläger zugesagte Pension nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Die vom Kläger geleistete Zahlung diente rechtlich und wirtschaftlich dazu, mit der Übertragung der vom Kläger bei der Sparkasse A nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erworbenen, entsprechend §§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 BeamtVG mangels Ableistung der Mindestdienstzeit von fünf Jahren noch verfallbaren Versorgungsanwartschaften die Anrechnung der bei der Sparkasse A geleisteten Dienstzeiten durch die Sparkasse B zu erreichen. Hierdurch sollten sich die dem Kläger später zufließenden Versorgungsbezüge bei der Sparkasse B erhöhen. Das Anwartschaftsrecht auf Versorgungsleistungen ist aber auch bei einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen dem Versorgungsberechtigten einkommensteuerrechtlich nicht als ein eigenes Wirtschaftsgut zuzurechnen, sondern vermittelt erst nach Abschluss der Erwerbsphase eine geldwerte Rechtsposition. Folglich kann die Zahlung eines Geldbetrags für die Übertragung eines solchen –während der Erwerbsphase steuerrechtlich irrelevanten– Anwartschaftsrechts ebenfalls keine Anwartschaft auf eine Leibrente i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG begründen. |
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4. Es handelt sich bei der fraglichen Zahlung des Klägers nach alledem um eine Aufwendung zur Erwerbung von Einnahmen gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, mithin um (vorab entstandene) Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Ließe man die Zahlung unberücksichtigt, würde sie doppelt besteuert. Denn der Kläger wendet aus versteuertem Einkommen etwas auf, was später voll der Besteuerung unterliegt. Eine Besteuerung der (späteren) Versorgungsbezüge lediglich mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG kommt –wie zuvor dargelegt wurde– mangels Vorliegens eines verrenteten Kapitals bei der dem Kläger von der Sparkasse B zugesagten Versorgung nach dem BeamtVG für Beamte auf Zeit, die Wahlbeamte sind, auch nicht teilweise in Betracht. |
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5. Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem FA übertragen (§§ 100 Abs. 2 Satz 2, 121 Satz 1 FGO). |
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |
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