AG Dillenburg, Beschluss vom 08.11.2019 – 74 M 1012/19

August 24, 2022

AG Dillenburg, Beschluss vom 08.11.2019 – 74 M 1012/19

Tenor
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die von den Gläubigern beantragte Vollstreckung auszuführen.

Gründe
I.

Die Erinnerungsführer begehren die Räumung eines Grundstücks aus einer notariellen Unterwerfungserklärung in einem Grundstückskaufvertrag.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 06.09.2012 – UR.-Nr. /2012 des Notars N veräußerten die Erinnerungsführer das streitgegenständliche Grundstück an den Schuldner. Dieser zahlte den vereinbarten Kaufpreis nicht, sodass der Kaufvertrag mit notarieller Urkunde des Notars N – UR.-Nr. /2018 – rückabgewickelt wurde. Darin enthalten war eine einjährige Nutzungsvereinbarung zugunsten des Schuldners und gegen Zahlung eines Nutzungsentgelts. Seit Dezember 2018 zahlte der Schuldner das Nutzungsentgelt nicht mehr, sodass die Gläubiger aus der Urkunde vollstrecken wollten.

Der Gerichtsvollzieher hat die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars N – UR.-Nr. /2018 – mit der Begründung abgelehnt, die Vollstreckung sei gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht möglich, da der Anspruch den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betreffe.

Die Erinnerungsführer begehren mit ihrem Antrag vom 04.02.2019, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, die Räumung des Grundbesitzes, Grundbuch Blatt xxxx lfd. Nr. 1, xxx/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück von X, Flur X, Flurstück XX, Liegenschaftsbuch_, Hof- und Gebäudefläche, XXXXX, ar verbunden mit dem Sondereigentum an den Wohnräumen im Aufteilungsplan mit Nr. I bezeichnet sowie mit Sondernutzungsrecht an der Hoffläche Nr. 1 durchzuführen.

II.

Die Erinnerung ist zulässig und begründet.

Sie ist insbesondere gemäß § 766 Abs. 2 ZPO statthaft, das Gericht ist gemäß §§ 766 Abs. 1, 764 Abs. 2, 802 ZPO zuständig, die Erinnerungsführer sind erinnerungsbefugt und es besteht Rechtsschutzbedürfnis.

Die Erinnerung ist auch begründet, da der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars N – UR.-Nr. /2018 – zu Unrecht verweigert hat. Zwar ist die Unterwerfung der Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unzulässig, soweit der Anspruch den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Zwischen den Parteien des Grundstückskaufvertrages ist kein Mietvertrag im Sinne des § 535 BGB zustande gekommen. Es handelt sich stattdessen um eine Rückabwicklungsvereinbarung des ursprünglichen Kaufvertrages. Auch wenn dabei eine befristete, entgeltliche Nutzungsvereinbarung geschlossen wurde, sind die Vorschriften über die Wohnungsmiete nicht anwendbar. Die Willenserklärungen der Parteien waren nicht auf den Abschluss eines Mietvertrages gemäß §§ 535ff. BGB gerichtet, sondern dienten lediglich der Rückabwicklung des gescheiterten Kaufvertrages (vgl. Zöller ZPO, 33. Auflage 2020, § 794 Rn. 26.; AG Fritzlar, Beschluss vom 07.09.2005 – 9 M 2377/05).

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