Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.11.2011 – 12 CE 11.1961

Februar 8, 2021

Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.11.2011 – 12 CE 11.1961

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,– Euro festgesetzt.
Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch um den Rechtsanspruch der Antragsteller, von der Antragsgegnerin als Trägerin der städtischen Kooperationseinrichtung in der …straße in … konkrete erzieherische und organisatorische Maßnahmen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu verlangen.

Die Antragsteller zu 1 und 2, gesetzlich vertreten durch ihre Eltern, besuchen die o. a. Kooperationseinrichtung in …. Die Antragstellerin zu 3 ist die Mutter der Antragsteller zu 1 und 2.

Aufgrund von Krankheitsfällen im Dezember 2010 beantragten die Antragsteller am 8. März 2011 beim Verwaltungsgericht München, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten,

vorläufig bei allen in dieser Einrichtung betreuten Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres durch innerbetriebliche Verfahren sicherzustellen, dass jedes dieser Kinder nach jedem Toilettenbesuch sowie vor jedem Essen eine vollständige Reinigung der Hände mit Wasser und Seife sowie unter anschließender Anwendung eines alkoholischen Händedesinfektionsgels durchgeführt wird, bis die Kooperationseinrichtung einen eigenen Hygieneplan zur Erhaltung der Infektionshygiene in der Gemeinschaftseinrichtung aufstellt und die darin festzulegenden Hygienemaßnahmen anwendet,

hilfsweise die Kooperationseinrichtung zu verpflichten, vorläufig bei den Antragstellern zu 1 und 2 durch innerbetriebliche Verfahren sicherzustellen, dass diese nach jedem Toilettenbesuch sowie vor jedem Essen eine vollständige Reinigung der Hände mit Wasser und Seife sowie unter anschließender Anwendung eines alkoholischen Händedesinfektionsgels durchgeführt wird, bis die Kooperationseinrichtung einen Hygieneplan zur Einhaltung der Infektionshygiene aufstellt und die darin festzulegenden Hygienemaßnahmen anwendet.

Zur Begründung beriefen sich die Antragsteller auf bisherige gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Krankheitsvorfälle und auf einen fehlenden Hygieneplan.

Mit Schreiben vom 4. März 2011 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass es einen Hygieneplan für Kindergärten und Kooperationseinrichtungen gebe, der jedoch derzeit überarbeitet werde. Die Leiterin der betroffenen Einrichtung sowie eine Mitarbeiterin nähmen jeweils im März und April an der jährlichen obligatorischen Hygieneschulung teil. Es würden unter bestimmten Voraussetzungen regelmäßig mit den Kindern gemeinsam die Hände gewaschen und die Kinder würden auch dazu aufgefordert, ihre Hände selbst zu waschen. Selbstredend erfolge auch eine regelmäßige Kontrolle durch das pädagogische Personal.

Mit Schriftsatz vom 16. März 2011 machten die Antragsteller geltend, dass der Antragsteller zu 2 am 11. März 2011 erneut an schwerem Durchfall erkrankt sei. In einer Stuhlprobe seien Rotaviren nachgewiesen worden. Da die Inkubationszeit zwischen einem und drei Tagen betrage und sich der Antragsteller zu 2 an den fraglichen Tagen nur in der Kooperationseinrichtung aufgehalten habe, müsste die Ansteckungsquelle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Kooperationseinrichtung liegen. Ihren Antrag ergänzten sie daraufhin am 29. Juni 2011 um einen zweiten Hilfsantrag und beantragten,

die Kooperationseinrichtung zu verpflichten, vorläufig bei allen in dieser Einrichtung betroffenen Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres, jedenfalls jedoch bei den Antragstellern zu 1 und 2, durch innerbetriebliche Verfahren sicherzustellen, dass diese nach jedem Toilettenbesuch sowie vor jedem Essen eine vollständige Reinigung der Hände mit Wasser und Seife oder alternativ unter Anwendung eines alkoholischen Händedesinfektionsgels durchzuführen, bis die Kooperationseinrichtung einen Hygieneplan zur Einhaltung der Infektionshygiene aufstellt und die darin festzulegende Hygienemaßnahme anwendet.

Die Antragsgegnerin legte daraufhin mit Schriftsatz vom 6. Juli 2011 den Abschnitt über „Hygiene bei den Kindern des inzwischen hinsichtlich Kooperationseinrichtungen“ überarbeiteten Hygieneplans vor. Danach solle jedes Kind eine ordnungsgemäße Handwaschtechnik erlernen. Die gründliche Händereinigung müsse nach Verschmutzung nach der Töpfchen- oder Toilettenbenutzung, nach jedem Kontakt mit Tieren, vor dem Umgang mit Lebensmitteln und vor der Essenseinnahme erfolgen. Nach Verunreinigung mit infektiösem Material (Blut oder Erbrochenem) sei eine Händedesinfektion durchzuführen.

Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2011 stellten die Antragsteller die bisher gestellten Haupt- und Hilfsanträge um. Sie beantragten nunmehr und abweichend von der bisherigen Formulierung, die auf das Vorliegen eines Hygieneplanes abstellte,

(…) bis die Kooperationseinrichtung eine regelmäßige, d. h. eine mindestens 80 %ige Durchführungsquote, sowie zugleich wirksame, d. h. vollständige Reinigung der Hände der in der Einrichtung betreuten Kinder während deren Aufenthaltes in der Einrichtung mit Wasser und Seife nach jedem Toilettenbesuch und vor jedem Essen durch Vorlage eines schriftlichen Beobachtungsprotokolls, erstellt vom Betreuungspersonal der Einrichtung, über einen Zeitraum von zwei Monaten nachweisen kann.

Sie bemängeln weiterhin, dass in der Einrichtung kein funktionierendes System zur Vermittlung der korrekten Händehygiene bestehe.

Mit Beschluss vom 4. August 2011 lehnte das Verwaltungsgericht die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Es bestehe vorliegend kein Anordnungsanspruch. Die Antragsteller könnten gegenüber der Antragsgegnerin weder aus den einfach gesetzlichen Normen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) noch aus den Grundrechten ein subjektives Recht herleiten, dass die Kooperationseinrichtung verpflichtet werde, über die bereits bestehenden Hygienemaßnahmen hinaus eine regelmäßige, d. h. eine mindestens 80%ige Durchführungsquote sowie zugleich wirksame, d. h. vollständige Reinigung der Hände der in der Einrichtung betreuten Kinder während deren Aufenthaltes in der Einrichtung mit Wasser und Seife nach jedem Toilettenbesuch und vor jedem Essen durch Vorlage eines schriftlichen Beobachtungsprotokolles, erstellt vom Betreuungspersonal der Einrichtung über einen Zeitraum von zwei Monaten, nachzuweisen. Das ursprüngliche Begehren der Antragsteller sei erledigt, da zwischenzeitlich ein Hygieneplan erlassen worden sei. Soweit sich die Antragsteller im Übrigen auf § 16 Abs. 1 IfSG beriefen, sei dem entgegenzuhalten, dass der Antrag sich hier schon gegen den falschen Antragsgegner richte, denn die Antragsteller begehrten ausdrücklich die Verpflichtung der Kooperationseinrichtung selbst.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde vom 17. August 2011, mit der sie einwenden, das Prüfungsprogramm des Verwaltungsgerichtes sei bereits nicht ausreichend gewesen. Das Verwaltungsgericht habe nicht einmal ansatzweise geprüft, dass in dem Infektionsschutzgesetz eine gesetzliche Regelung vorliege, die nach seinen in § 1 Abs. 2 geregelten Zweck dazu diene, übertragbare Krankheiten beim Menschen vorzubeugen und die Weiterverbreitung von Infektionen zu verhindern. Gleiches gelte für die Verpflichtung der Gemeinschaftseinrichtung aus § 36 Abs. 1 IfSG zur Festlegung von innerbetrieblichen Verfahrensweisen zur Einhaltung und Umsetzung der Infektionshygiene. Der Anspruch auf Gesundheitsschutz ergebe sich aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Fehlerhaft habe das Verwaltungsgericht zudem darauf abgestellt, dass den Antragstellern kein Anordnungsanspruch aus § 16 Abs. 1 IfSG zustehe und sie sich insoweit gegen den falschen Antragsgegner richteten. Richtig sei vielmehr, dass die Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht die Einleitung von Aufsichtsmaßnahmen geltend gemacht habe, sondern vielmehr eine Verpflichtung der Gemeinschaftseinrichtung zur Einhaltung ihrer originären Pflichten zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Hygienestandards. Mit Schreiben vom 7. September 2011 reichten die Antragsteller eine schriftliche Stellungnahme einer Frau Dr. … vom 29. Juli 2011 nach, die mangelhafte Hygienezustände in der Kooperationseinrichtung auflistet.

Die Antragsteller nehmen Bezug auf den Antrag in der ersten Instanz. Ein darüber hinausgehender Antrag im Beschwerdeverfahren findet sich nicht in der Gerichtsakte.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zu den einschlägigen Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes Stellung genommen und seinen Beschluss auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten hinreichend begründet. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Kontrolle der Umsetzung von Hygienemaßnahmen weder Aufgabe des Einzelnen sei noch hierauf ein Anspruch bestehe, lasse ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen; jedenfalls ergebe sich ein solcher Rechtsanspruch nicht aus dem Infektionsschutzgesetz. Zu den einzelnen aufgelisteten Vorfällen könne im Nachhinein nicht Stellung genommen werden und es bestehe auch kein Hinweis darauf, dass bei Umsetzung der beschwerdeführerseits geforderten Maßnahmen Ausnahmefälle solcher Art in einer Regeleinrichtung verhindert werden könnten. Der Hygienestandard in der Einrichtung entspreche auch tatsächlich den Erfordernissen des Infektionsschutzgesetzes.

Die Antragsteller halten weiterhin an ihren im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltend gemachten Ansprüchen fest und stützen sich unter anderem auf die Formulierung des § 1 IfSG, wonach Zweck dieses Gesetzes sei, Leben und Gesundheit des Einzelnen wie der Gemeinschaft vor den Gefahren durch Infektionskrankheiten zu schützen. Ihnen gehe es um eine deutliche Verbesserung der Hände-Hygienemaßnahmen in der Kooperationseinrichtung und somit um eine Reduzierung der Auftretens- sowie Verbreitungshäufigkeit von Infektionskrankheiten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass im Beschwerdeverfahren kein konkreter Antrag gestellt worden sei. In der Beschwerdebegründung vom 24. August 2011 sei dazu aufgeführt, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen sei.

Die Landesanwaltschaft Bayern nimmt mit Schriftsatz vom 29. September 2011 dahin Stellung, dass sich die Beziehungen zwischen Eltern und Kindertageseinrichtung und die in diesem Verhältnis bestehenden Rechte und Pflichten im Rahmen privatrechtlicher Betreuungsverträge gestalte und aus Art. 14 Bayer. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) vom 8. Juli 2005 (GVBl S. 236) ein subjektiver Anspruch der Eltern gegen den Träger zur Dokumentation bzw. zur Reinigung der Hände der in der Einrichtung betreuten Kinder bzw. der eigenen Kindern nicht herleiten lasse. Das pädagogische Personal habe nach Art. 13 Abs. 3 BayKiBiG in Verbindung mit § 13 der dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen (AVBayKiBiG) die Aufgabe, im Rahmen der Gesundheitserziehung mit den Kindern Hygiene- und Körperpflegemaßnahmen einzuüben und Verhaltensweisen zur Verhütung von Krankheiten zu vermitteln. Die Gesundheitserziehung erstrecke sich dabei vor allem auf die im bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan vorgesehenen Maßnahmen. Im Hinblick auf die von der Einrichtung einzuhaltenden Standards seien insbesondere die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes als diesbezüglich speziellere Regelung, maßgeblich die §§ 33, 36 IfSG, zur Erstellung von Rahmenhygieneplänen zu nennen. Auch aus dem Infektionsschutzgesetz ergebe sich ein solcher subjektiver Anspruch auf ein bestimmtes Handeln des Einrichtungsträgers bzw. seines beauftragten Personals nicht.

Auch dem treten die Antragsteller entgegen und weisen darauf hin, dass allein die Sicherstellung einer wirksamen Händehygiene ihr hiesiges Anliegen sei. Die Regelungen nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz seien daher aus ihrer Sicht nicht entscheidungserheblich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2011 ist statthaft (§ 146 Abs. 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig (§ 146 Abs. 4, § 147 VwGO).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, wie sich aus den folgenden Ausführungen im Einzelnen ergibt.

Die Antragsteller haben im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zu prüfen sind im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen die von den Antragstellern vorgetragenen Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), neue Tatsachen sind dabei allerdings gegebenenfalls mit einzubeziehen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 146 RdNr. 29).

Rechtsgrundlage für die Gewährung des beantragten vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist dabei § 123 Abs. 1 VwGO. Der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung setzt die Glaubhaftmachung nicht nur eines Anordnungsanspruches – das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die Antragsteller ihr Begehren stützen –, sondern auch eines Anordnungsgrundes – das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit der Rechtssache – voraus (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund liegt dann vor, wenn es den Antragstellern unter Berücksichtigung ihrer und der Antragsgegnerin Interessen nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten und wenn es keine einfacheren Möglichkeiten zur Wahrung und Sicherung des in der Hauptsache geltend gemachten Rechts als den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gibt (dazu Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 123 RdNr. 26 m.w.N.). Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den Antragstellern ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 sowie vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236). Für das Vorliegen eines solchen Anordnungsgrundes sind gegebenenfalls dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage in dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (vgl. dazu BVerfG vom 12.5.2005 NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache überwiegend oder gar sehr wahrscheinlich ist. Sind demzufolge die Erfolgsaussichten in der Hauptsache lediglich offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Hieran dürfen allerdings im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfGE 93, 1).

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes und eines Anordnungsanspruches ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (so auch Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 RdNr. 27), das ist im Beschwerdeverfahren der Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde (vgl. etwa Happ, a.a.O., § 123 RdNr. 54).

Den Antragstellern fehlt es in diesem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bereits an einem Anordnungsgrund, jedenfalls aber haben sie es versäumt, einen solchen den gesetzlichen Anforderungen entsprechend glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO).

Zur Begründung der aus ihrer Sicht nicht zureichenden Hygienemaßnahmen bezogen sie sich vor dem Verwaltungsgericht im Zeitpunkt der Antragstellung noch auf Infektionskrankheiten im Dezember 2010 und in der Folgezeit, wobei auch die Antragsteller zu 1 und 2 einer Erkrankung an einer infektiösen Gastroenteritis und auch an grippalen Infekten ausgesetzt waren. Es fehlt aber jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts an Anhaltspunkten dafür, dass den Antragstellern allein durch den Besuch in der Kooperationseinrichtung aktuell noch derart erhebliche Infektionskrankheiten drohen, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich machten. Soweit die Antragsteller mit ihrem Eilantrag nach Vorliegen des überarbeiteten Hygieneplanes nunmehr etwa auf eine „mindestens 80%ige Durchführungsquote“ und ein „Beobachtungsprotokoll“ über einen Zeitraum von zwei Monaten abstellen, verkennen sie schlichtweg Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

Zudem haben die Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in geeigneter Weise glaubhaft gemacht, dass ihnen – außerhalb der privatrechtlichen Rechtsbeziehung zum Einrichtungsträger – auch ein subjektiv öffentlich-rechtlicher Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Anordnung der geforderten Händedesinfektions- und Überwachungsmaßnahmen gegenüber dem in der Einrichtung beschäftigten Personal zur Seite stünde.

Hinsichtlich der von den Antragstellern in Bezug genommenen Rechtsgrundlagen des Infektionsschutzgesetzes bedarf es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner weiteren Vertiefung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss. Es ergibt sich auch aus § 1 Abs. 1 IfSG kein Rechtsanspruch der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin auf Erlass bestimmter Maßnahmen, die die Erzieher in einzelnen Einrichtungen gegenüber den Kindern bzw. einzelnen Besuchern der Einrichtung durchführen müssten. Die Vorschrift bestimmt, dass es Zweck des Infektionsschutzgesetzes sei, übertragbare Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterleitung zu verhindern. Absatz 2 der Vorschrift betrifft die Mitwirkung und Zusammenarbeit der Behörden sowie die Eigenverantwortung der Träger und Leiter von Gemeinschafts- und anderen Einrichtungen. Die Antragsteller verwechseln hier die Formulierung des Gesetzeszweckes des Infektionsschutzgesetzes mit drittschützenden Befugnisnormen, auf die sie gegebenenfalls die geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Ansprüche stützen könnten.

Wie die Antragsteller zuletzt im Schriftsatz vom 11. Oktober 2011 selbst einräumen, finden sich solche Rechtsvorschriften, aus denen sie öffentlich-rechtliche Ansprüche im Sinne ihres Antragsbegehrens herleiten könnten, auch in den Vorschriften des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes und in den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen nicht. Mit ihrer Klarstellung im Schriftsatz vom 11. Oktober 2011, die Regelungen nach dem BayKiBiG seien nach alledem aus ihrer Sicht nicht entscheidungserheblich, machen sie jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO, also einen sich aus dem Bayerischen Kindergartenrecht ergebenden materiellen Anspruch, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutz schon nicht (mehr) glaubhaft.

Letztlich, und der Senat fügt das trotz der an sich gegebenen Ausschlussregelung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO an, ergibt sich auch aus dem allgemeinen Sicherheitsrecht, das subsidiär zur Anwendung kommt, für den vorliegenden Fall kein Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin, weil es in jeder Hinsicht an einer entsprechenden Gefährdungslage fehlt. Es ist nicht ersichtlich, dass es beim Betrieb der Einrichtung zu Ordnungswidrigkeiten kommt, die durch präventives Sicherheitsrecht abzustellen wären. Es liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde auch – wie oben ausgeführt – ersichtlich keine konkrete Gefahrenlage vor, die ein sicherheitsrechtliches Einschreiten gegen den Betrieb der Einrichtung bzw. gegenüber einzelnen dort beschäftigten Personen begründen könnte.

Die Antragsteller sind nach alledem wegen der geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Ansprüche allenfalls auf ein etwaiges Hauptsachverfahren zu verweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da es sich nach dem Vortrag der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2011 nicht um ein Verfahren nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz und auch nicht um ein jugendhilferechtliches Verfahren handelt, finden die Vorschriften über die Gerichtskostenfreiheit in § 188 VwGO keine Anwendung.

3. Der Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte des Wertes für ein Hauptsacheverfahren anzusetzen ist.

4. Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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