Beschluss vom 16.12.2021 – 22 U 69/21

Februar 26, 2022

Beschluss vom 16.12.2021 – 22 U 69/21

1. Die Einwilligung des Verfügungsberechtigten in die Beschädigung eines Pkw (gestellter Unfall) schließt die Rechtswidrigkeit der Eigentumsverletzung aus.

2. Der Eigentümer muss sich das Handeln desjenigen, dem er die Entscheidungsgewalt weitgehend und den (berechtigten) unmittelbaren Besitz zur alleinigen und freien Verfügung überlässt, gemäß § 166 Abs. 1 BGB analog zurechnen lassen.

3. Es liegt nahe, dass wegen des Erlaubens einer fiktiven Abrechnung, das dieses betrügerische Gewinnmodell erst ermöglicht, dem in gewillkürter Prozessstandschaft verfolgten Anspruch des Eigentümers zudem Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenstehen.

4. Da naturgemäß das Bestreben der Täter eines manipulierten bzw. gestellten Unfalls dahin geht, Auffälligkeiten in der konkreten Ausführung des vermeintlichen Unfalls zu vermeiden, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der nach § 286 ZPO für die volle Überzeugung erforderliche Nachweis für ein unredliches Verhalten der Beteiligten sich aus einer Gesamtschau aller der Entscheidung zu Grunde zu legenden Umstände dann ergeben kann, wenn eine besondere Häufung und/oder Qualität der für eine Unfallmanipulation sprechenden Indizien gegeben ist.

5. Ausgangspunkt für die Feststellung eines verabredeten Unfalls ist regelmäßig das Absehen des (vermeintlich) Geschädigten von der Durchführung der Reparatur in einer Fachwerkstatt nach den Vorgaben des Schadensgutachtens mit konkreter Abrechnung und die Wahl der fiktiven Abrechnung des Schadens, weil nur so ein erheblicher Gewinn zu realisieren ist.

6. Ein Gewinn – gerichtsbekannt können die tatsächlich aufgewandten Kosten deutlich unter 50 % der Reparaturkosten nach Gutachten in einer Markenfachwerkstatt liegen – ist auch bei (teil-) finanzierten und sicherungsübereigneten sowie geleasten Fahrzeugen möglich, wenn dem Verfügungsberechtigten (zumindest) tatsächlich gestattet wird, den Schaden fiktiv abzurechnen.

7. Die Beiziehung und Verwertung von Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahrensakten ist im Zivilverfahren gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 49b OWiG, § 474 Abs. 1 StPO zulässig, wenn der Inhalt der Akten für den Rechtsstreit von Bedeutung ist und sich eine Partei darauf beruft.

Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass er nach dem Ergebnis der Vorberatung beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den genannten Gründen bis zum 17. Januar 2022 Stellung zu nehmen.

Gründe
I.

Der Kläger begehrt wegen eines angeblichen Unfalls am 31. Mai 2019 auf der Grüntaler Straße in Höhe der Hausnummer 25 von den Beklagten, der Beklagten zu 1. als Haftpflichtversicherer und dem Beklagten zu 2. als Fahrzeugführer, in gewillkürter Prozessstandschaft für die Sicherungseigentümerin (fiktiven) Reparaturkostenersatz in Höhe von 36.050,47 € netto (36.130,47 € abzüglich 80 € für Wertverbesserung), 10.850 € Wertminderung, 20 € Unkostenpauschale und 12 € für Kosten der Akteneinsicht, insgesamt 46.932,47 €, sowie jeweils aus (rück-) abgetretenem Recht Gutachtenkosten in Höhe von 3.546,44 € brutto und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 € brutto.

Die Beklagte zu 1., die dem Rechtsstreit auch zur Unterstützung des anwaltlich nicht vertretenen Beklagten zu 2. beigetreten ist, hat u.a. behauptet, es läge ein verabredeter Unfall vor.

Der Beklagte zu 2. verursachte ausweislich der beigezogenen Akten ferner Unfälle am 27. Mai und 4. Juli 2019.

Wegen des Parteivorbringens erster Instanz, der dort durchgeführten Beweisaufnahme und gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, mit der Korrektur, dass die Klageforderung wie oben dargestellt bestimmt ist, d.h. die Reparaturkosten abzüglich 80 € Wertverbesserung – die der Kläger irrtümlich nicht angegeben, rechnerisch aber zutreffend abgezogen hat – geltend gemacht sind. Ferner wird ergänzt, dass bereits dem Landgericht die von ihm beigezogenen Akten des Polizeipräsidenten in Berlin 58.90.982552.9 sowie 12/270519/1408/A0 bzw. die von der Beklagten zu 1. eingereichten Kopien der Seiten 2 (d.h. die erste Seite der Unfallanzeigen) vorlagen.

Das Landgericht hat durch am 7. Juni 2021 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen. Es ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu seiner vollen Überzeugung von einem verabredeten Unfall ausgegangen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das ihm am 16. Juni 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. bzw. 14. Juli 2021 Berufung eingelegt, die er im gleichen Schriftsatz begründet hat.

Er meint, es sei eine erneute Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen durch das Berufungsgericht geboten. Die Feststellung des Landgerichts finde in den Bekundungen des Beklagten zu 2. und des Zeugen keine Stütze. Das Landgericht habe nicht ausreichend Gründe für seine Überzeugung angegeben.

Er wiederholt sodann wörtlich seinen Vortrag aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Juni 2021, ohne auf die ergänzende Begründung des Landgerichts (Urteilsausfertigung, S. 13. f., II.) hierzu einzugehen.

Er meint sinngemäß erneut, der Beklagte zu 2. habe den Versuch unternommen, ein etwaiges Verschulden am Unfallhergang zu bestreiten, was zu den Widersprüchen geführt habe. Die Bekundungen des Beklagten zu 2. und des Zeugen seien jedenfalls nicht geeignet, den Manipulationseinwand zu stützen.

Er meint ferner, die Einwilligung schließe den Anspruch aus der verschuldensunabhängigen Halterhaftung nicht aus.

Der Kläger beantragt,

1. den Rechtsstreit bei Vorliegen der Voraussetzungen aus § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgericht Berlin vom 07.06.2021 (Az.: 44 0 243/20) zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen,

2. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das Urteil des Landgerichts Berlin vom 07.06.2021 (Az.: 44 0 243/20) aufzuheben und die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen,

a) an die Santander Consumer Bank AG, Santander-Platz 1, 41061 Mönchengladbach, unter Angabe der Finanzierungsnummer xxx einen Betrag von 46.932,47 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 03.08.2019 zu zahlen,

b) an den Kläger Sachverständigengebühren in Höhe von 3.546,44 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 03.08.20219 zu zahlen,

c) an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten von 1.954,46 € brutto zu zahlen.

Die Beklagte zu 1. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest und meint, das Landgericht habe sich ausführlich mit den Indizien für ein manipuliertes Unfallgeschehen auseinandergesetzt und sei zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine unfreiwillige Kollision gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Der Senat wird die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen müssen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Rechtsfortbildung noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 ZPO). Hinweis und Fristsetzung beruhen auf § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Der Senat folgt den zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung, auf die zunächst verwiesen wird.

A. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts sind einschließlich des Ergebnisses der Beweiswürdigung zu Grunde zu legen, weil keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Berufungsbegründung setzt sich im Wesentlichen nur knapp mit der Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich der Aussagen des Beklagten zu 2. sowie des Zeugen auseinander. Im Übrigen wird der Inhalt des Schriftsatzes vom 7. Juni 2021 wiederholt, der in Unkenntnis der schriftlichen Begründung formuliert war. Im Einzelnen gilt hierzu ergänzend, teilweise wiederholend, teilweise klarstellend Folgendes:

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass angesichts der Häufung von für eine Unfallmanipulation typischen Merkmalen das Vorliegen eines gestellten Unfalls anzunehmen ist.

Zwar trägt die Beklagte zu 1. für ihre – dem von ihr als Streithelferin unterstützten Beklagten zu 2. zurechenbare – Behauptung, die Kollision sei mit Zustimmung des Klägers bewusst von dem Beklagten zu 2. herbeigeführt worden, die Darlegungs- und Beweislast. Da aber naturgemäß das Bestreben der Täter dahin geht, Auffälligkeiten in der konkreten Ausführung des vermeintlichen Unfalls zu vermeiden, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der nach § 286 ZPO für die volle Überzeugung erforderliche Nachweis für ein unredliches Verhalten der Beteiligten sich aus einer Gesamtschau aller der Entscheidung zu Grunde zu legenden Umstände dann ergeben kann, wenn eine besondere Häufung und/oder Qualität der für eine Unfallmanipulation sprechenden Indizien gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1977 – VI ZR 206/75 – BGHZ 71, 339 ff., 346 f. [I.2.b)bb)]; BGH, Urteil vom 6.3.1978 – VI ZR 269/76 – VersR 1979, 514 [II.2.]; BGH, Urteil vom 1.10.2019 – VI ZR 164/18 – Rn. 8 f.; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1239; OLG Schleswig NZV 2011, 291; ständige Rechtsprechung der Verkehrssenate des Kammergerichts, z.B.: NZV 1991, 73 f.; KG-Report 2004, 4 ff.).

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Erscheinungsform stets gleiche Beweisanzeichen nachgewiesen werden müssen. Entscheidend ist deren Werthaltigkeit. Es ist ohne Belang, wenn bei isolierter Betrachtung sich für einzelne Indizien eine plausible Erklärung finden lässt oder diese jeweils allein nicht den Schluss auf ein gestelltes Ereignis nahelegen. Die Feststellung einer verabredeten Schadenszufügung folgt vielmehr aus der Häufung derartiger Umstände, die nur die Annahme zulässt, es könne sich nicht mehr um einen Zufall handeln.

Eine solche Häufung von Beweisanzeichen für einen vorsätzlich herbeigeführten Schadensfall hat das Landgericht hier zu Recht mit zutreffender und ausführlicher Begründung angenommen.

1. Zunächst ist Ausgangspunkt für die Feststellung eines verabredeten Unfalls regelmäßig das Absehen des (vermeintlich) Geschädigten von der Durchführung der Reparatur in einer Fachwerkstatt nach den Vorgaben des Schadensgutachtens und die Wahl der fiktiven Abrechnung des Schadens, weil nur so ein erheblicher Gewinn zu realisieren ist. Der Unterpunkt hh) des Landgerichts (Urteilsausfertigung, S. 11) steht also regelmäßig an erster Stelle der Prüfung.

Letzteres ist – was das Landgericht zu aa) (Urteilsausfertigung, S. 7 f.) nicht näher bzw. unvollständig erörtert hat – mittlerweile auch bei (hier: teil-) finanzierten und sicherungsübereigneten Fahrzeugen möglich, weil – wie hier – die Darlehensgeber bzw. Sicherungsnehmer – entgegen den Vereinbarungen in den Darlehensbedingungen (hier: Nr. 5 b)) – nicht auf einer konkreten Abrechnung unter Vorlage einer Reparaturrechnung bestehen, sich zudem mit der bloßen Reparaturbestätigung nach äußerlicher Besichtigung zufriedengeben und schließlich dennoch einer nur fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis gegenüber dem Schädiger zustimmen. Die Differenz zwischen den tatsächlich aufgewandten Kosten – gerichtsbekannt deutlich unter 50 % und teilweise nur ein Bruchteil der Kosten einer Reparatur nach Gutachten in einer Markenfachwerkstatt – und den fiktiven durch ein Gutachten ermittelten Reparaturkosten erzielt auch dann als Gewinn der in Prozessstandschaft klagende (vermeintlich) Geschädigte, weil der Darlehensgeber die Einnahme (hier fiktive Reparaturkosten und Wertminderung) auf dem Darlehenskonto zugunsten des (vermeintlich) Geschädigten verbucht bzw. Überschüsse weiterleitet.

Der Listenpreis des zum Zeitpunkt des angeblichen Unfalls am 31. Mai 2019 22 Monate alten Fahrzeuges betrug ausweislich der Rechnung vom 24. Juli 2017 175.035 € netto, also 208.291,65 € brutto. Hier ist zweifellos ein Gewinn im fünfstelligen Euro-Bereich möglich, so dass es sich um ein geeignetes Fahrzeug als typisches Opferfahrzeug handelt.

Klarstellend wird angemerkt, dass das Landgericht irrtümlich den von dem Gutachter ermittelten Wiederbeschaffungswert (160.000 €) als Neupreis genannt hat und das Jahr der Erstzulassung irrtümlich mit 2019 (statt richtig 2017) angegeben worden ist.

Ferner hat der Kläger – auf das konkrete Bestreiten der Beklagten zu 1. (Schriftsatz vom 4. September 2020, S. 6 = Bl. 28 d.A.) zu einer nur teilweise ausgeführten Reparatur – schon nicht dargelegt, dass er vollständig nach den Vorgaben des Gutachtens die Reparatur hat durchführen lassen, so dass unstreitig ist, dass der Schweller und die A-Säule nicht erneuert wurden.

2. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die vorliegende Art der Streifkollision an parkenden Fahrzeugen eine häufige Variante ist, weil ein vergleichsweise geringfügiger Schaden großflächig und gefahrlos für die Beteiligten erzielt wird, der fachgerecht repariert zu hohen Kosten führt, aber vergleichsweise leicht günstig zu beseitigen ist. Das ist hier nun besonders auffällig, weil der Beklagte zu 2. bereits wenige Tage zuvor am 27. Mai 2019 sowie einige Wochen später am 4. Juli 2019 ebenfalls an parkenden Fahrzeugen Schäden mit vergleichbarem Ablauf verursachte. Abgesehen von dem Umstand, dass im Durchschnitt jeder Fahrer nur alle 45 Monate in einen Unfall verwickelt ist (sachverständig gestützt: Senat, Urteil vom 13. Februar 2020 – 22 U 32/19 – nicht veröffentlicht), fällt hier zusätzlich auf, dass es sich stets um einen im Wesentlichen gleichen Ablauf handelt. Hinsichtlich der von dem Kläger gegenüber der Verwertung der von dem Landgericht bereits beigezogenen bzw. von der Beklagten zu 1. teilweise in Kopie eingereichten Akten erhobenen Beanstandung wird darauf hingewiesen, dass § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 49 b OWiG, § 474 Abs. 1 StPO die Beiziehung und Verwertung rechtfertigt, wenn – wie hier – der Inhalt der Akten für den Rechtsstreit von Bedeutung ist und sich eine Partei darauf beruft. Die möglichen Einschränkungen für Aktenteile (vgl. auch RiStBV Nr. 186) sind hier irrelevant; solche Aktenbestandteile liegen nicht vor.

3. Das Landgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, dass der Lkw des Arbeitgebers mangels eigenen Schadens des Täters als Täterfahrzeug in Betracht kommt, was durchaus typisch für gestellte Unfälle ist, zumal hier die Besonderheit hinzukommt, dass an dem Lkw MAN wiederum nur ein geringer Schaden entstand.

4. Es hat des Weiteren zu Recht ausgeführt, dass – wie hier – klare Sachlagen zur Verschuldensfrage typisch sind.

5. Ferner hat es zu Recht das Fehlen neutraler Zeugen aufgeführt.

6. Die von dem Landgericht näher dargestellte Fahrzeughistorie mit häufigem Halterwechsel (Urteilsausfertigung, S. 11, ii)) verwundert insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzierung und Sicherungsübereignung, was zudem üblicherweise dazu führt, dass sich die für den Halterwechsel erforderliche Zulassungsbescheinigung Teil II im Besitz des Sicherungseigentümers befindet.

7. Dass es auf die Hinzuziehung der Polizei oder das Kennen der Handelnden untereinander nicht entscheidend ankommt, hat das Landgericht ebenfalls zutreffend erörtert.

8. Das Landgericht hat die Aussagen des Beklagten zu 2. und des Zeugen zutreffend und ausführlich gewürdigt. Sie sind zur Widerlegung der Schlussfolgerung auf der Grundlage der genannten Indizien nicht ausreichend und belegen diese wegen der aufgezeigten Widersprüche eher noch. Soweit der Kläger – worauf er sich, abgesehen von der Wiederholung des Inhaltes seines Schriftsatzes vom 7. Juni 2021, beschränkt – meint, der Beklagte zu 2. könne ein Interesse daran haben, ein etwaiges Verschulden zu bestreiten, erschließt sich das schon aufgrund der klaren Sachlage nicht. Der Senat merkt ergänzend an, dass das Protokoll der Unfallaufnahme vollen Beweis der darin niedergelegten Tatsachen, wenn auch nicht für die Richtigkeit des Inhaltes von Aussagen, erbringt und nur durch substanziierten Vortrag sowie den Beweis des Gegenteils widerlegt werden könnte (§ 418 ZPO, vgl. näher Kuhnke, Darlegungs- und Beweislast bei Schadenersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen, NZV 2018, 447, 454 f. [III.]). Danach steht zu der vermerkten Schadenstelle fest, dass der Lkw rechts vorne beschädigt wurde, was auch damit übereinstimmt, dass die Polizeibeamten nur das Kennzeichen der Zugmaschine, aber nicht das gesonderte Kennzeichen des Aufliegers notiert haben. Der Beklagte zu 2. hat aber nun bekundet, der Auflieger hätte den Schaden verursacht. Ferner überzeugt die Variante des Anstoßes an einem in zweiter Reihe geparkten Fahrzeug durch einen Lkw mit Auflieger nach den räumlichen Verhältnissen nicht. An der Unfallstelle befinden sich links senkrecht zur Fahrbahn Parkhäfen, rechts wird in Längsrichtung geparkt. Die verbleibende Breite von 4,50 m bis 4,60 m bedingt angesichts der Breite eines Lkw MAN von annähernd 2,50 m einen so geringen verbleibenden Platz neben einem in zweiter Reihe, sicherlich auch nicht ohne jeden Abstand abgestellten Pkw mit einer Breite von 1,913 m (ohne Außenspiegel), dass es nicht überzeugt, wenn der Beklagte zu 2. ohne Weiteres hätte durchfahren können. Vielmehr hätte er sehr langsam und besonders vorsichtig fahren müssen, was er jedoch nicht geschildert hat. Der Inhalt der Aussagen vermag die genannten Indizien, die sich insgesamt nicht mehr durch Zufall erklären lassen, ohnehin nicht zu erklären oder zu widerlegen. Es ist – anders als der Kläger offenbar erwartet – wegen der Indizien nicht so, dass ein Geständnis erforderlich wäre. Dass Beteiligte eines Betruges diesen nicht einräumen, sondern versuchen, den Gewinn zu realisieren, liegt in der Natur der Sache.

B. Dass die Verabredung zum manipulierten Unfall auch im Verhältnis zur Sicherungseigentümerin zurechenbar ist, hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt (Urteilsausfertigung, S. 12, c)). Dies wird von dem Kläger schon nicht näher angegriffen. Die Einwilligung schließt – was der Kläger offenbar übersieht – die Rechtswidrigkeit und damit alle hier in Betracht kommenden Ansprüche aus. Der Eigentümer muss sich jedenfalls das Handeln desjenigen, dem er die Entscheidungsgewalt weitgehend und den (berechtigten) unmittelbaren Besitz zur alleinigen und freien Verfügung überlässt, gemäß § 166 Abs. 1 BGB analog zurechnen lassen. Der Senat merkt an, dass es in der vorliegenden Konstellation, die der Darlehensgeber durch sein Verhalten begünstigt und damit das Betrugsmodell erst eröffnet (s.o. A.1.), nahe liegt, dass dem Anspruch Treu und Glauben (§ 242 BGB) wegen arglistigen, zumindest widersprüchlichen Verhaltens entgegenstehen.

C. Ergänzend wird angemerkt, dass der Darlehensvertrag nach den Vereinbarungen inzwischen zum 15. Juli 2021 beendet ist. Es dürfte daher anzunehmen sein, dass im Zuge der Rückgabe des Sicherungseigentums Vereinbarungen mit der Bank im Hinblick auf die Klageforderung getroffen wurden. Ferner dürfte der Anspruch auf Erstattung der Gutachtenkosten zeitlich vorrangig bereits an die Sicherungseigentümerin abgetreten gewesen sein, weshalb ein rückabtretbarer Anspruch des (Privat-) Sachverständigen schon nicht bestanden haben wird.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass im Falle der Berufungsrücknahme sich die gerichtliche 4-fache Verfahrensgebühr auf eine 2-fache Gebühr ermäßigt (KV-Nr. 1222 zum GKG).

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