Bevorstehender Austritt Großbritanniens aus der EU kein erleichterter Arrestgrund

Mai 14, 2019

Bevorstehender Austritt Großbritanniens aus der EU kein erleichterter Arrestgrund

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass gegenwärtig keine Veranlassung besteht, gegenüber in Großbritannien Ansässigen den erleichterten Arrestgrund des Erfordernisses einer Auslandsvollstreckung ohne verbürgte Gegenseitigkeit anzunehmen.

Es erscheine zur Zeit nicht überwiegend wahrscheinlich, dass es zu einem Austritt Großbritanniens aus Europäischen Union kommt, ohne dass irgendein Abkommen mit der Europäischen Union diesen Austritt – und in dem Zusammenhang Fragen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen – vertraglich regelt. Da das Verhalten des Beklagten jedoch eine Vereitelung der Zwangsvollstreckung befürchten lasse, sei der angeordnete Arrest aufrechtzuerhalten, so das Oberlandesgericht.

Die Klägerin ist Eigentümerin von Praxisräumen. Der beklagte Zahnarzt mietete diese Räume bis April 2023. Seit April 2018 zahlte er keine Miete mehr. Im Mai 2018 teilte er mit, dass er die Praxis geschlossen habe und nicht mehr in Deutschland wohne. Das Handelsregister von England und Wales weist eine britische Anschrift für den Beklagten aus. Die Klägerin beantragte im August 2018, wegen nicht gezahlter Mieten (April bis August 2018) den dinglichen Arrest in das Vermögen des Beklagten anzuordnen.
Dem kam das AG Wiesbaden nach. Auf Widerspruch des Beklagten hin bestätigte das LG Wiesbaden die Anordnung des dinglichen Arrests.

Die Berufung hiergegen hatte vor dem OLG Frankfurt ebenfalls keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen die Voraussetzungen für die Anordnung eines dinglichen Arrestes vor. Ohne die Verhängung des Arrests bestünde die Gefahr, dass die Vollstreckung eines von der Klägerin erwirkten Titels vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Klägerin habe einen Anspruch auf rückständige Mietzahlungen. Dieser Anspruch solle mit dem dinglichen Arrest gesichert werden. Die künftige Vollstreckung des noch zu erwirkenden Vollstreckungstitels sei auch gefährdet.

Die Gefährdung liege allerdings hier nicht bereits darin, dass der Titel künftig im Ausland vollstreckt werden müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt wäre (§ 917 Abs. 2 S. 1 ZPO). Diese Situation könne zwar eintreten, wenn Großbritannien aus der EU austrete und nach diesem Zeitpunkt kein weiteres internationales Abkommen die Anerkennung und Vollstreckung von in Deutschland erwirkten Entscheidungen im Verhältnis zu Großbritannien regele. Die Wahrscheinlichkeit, dass Großbritannien tatsächlich – als Folge des Referendums vom 23.06.2016 – aus der EU austreten werde, sei zum jetzigen Zeitpunkt zwar hoch. Es sei auch unwahrscheinlich, dass die Klägerin bis zum – derzeit auf den 31.10.2019 verschobenen – Austrittstermin Vollstreckungstitel erwirken und vollstrecken könne. Bei der gebotenen prognostischen Beurteilung sei aber gegenwärtig nicht davon auszugehen, dass Großbritannien aus der EU austrete, ohne dass irgendein Abkommen mit der Europäischen Union diesen Austritt vertraglich regelte. Wenn aber ein Abkommen geschlossen werden sollte, kann davon ausgegangen werden, dass jedenfalls die zukünftige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen aus der Europäischen Union auch in Großbritannien in vergleichbarer Weise mitvereinbart werden würde. Diese Thematik gehört soweit ersichtlich nicht zu den umstrittenen Bereichen der politischen Debatte.

Da aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beklagten aber zu befürchten sei, dass die Vollstreckung ohne Verhängung des Arrestes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, liege ein Arrestgrund nach § 917 Abs. 1 ZPO vor. Das Vermieterpfandrecht sichere die Klägerin nicht ausreichend; außerdem habe der Beklagte dem Vermieterpfandrecht unterliegendes werthaltiges Inventar aus den Praxisräumen entfernt. Er habe zudem eine Vollstreckung bereits aktiv dadurch erschwert, dass er ins Ausland verzogen sei, ohne der Klägerin seine aktuelle Anschrift mitzuteilen. Schließlich habe der Beklagte selbst bereits angekündigt, dass Versuche einer Vollstreckung fehlschlagen würden. Um eine Nachfolgeregelung für den befristeten Mietvertrag habe er sich ebenfalls nicht gekümmert und damit Schadensminderungspflichten verletzt. Zusammenfassend sei festzustellen, dass der Beklagte in jeder Hinsicht gegen die Vertragsinteressen der Klägerin gehandelt habe, so dass konkret zu befürchten sei, dass er auch eine Zwangsvollstreckung vereiteln werde.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

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