BGH, Beschl, v. 05.09.2018 – XII ZB 224/17 Anerkennung einer ausländischen Entscheidung über die Elternschaft

Dezember 6, 2018

BGH, Beschl, v. 05.09.2018 – XII ZB 224/17
Anerkennung einer ausländischen Entscheidung über die Elternschaft
Zur Anerkennung einer ausländischen Gerichtsentscheidung (hier: Colorado/USA), die im Fall der Leihmutterschaft die rechtliche Elternstellung den Wunscheltern zuweist (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240).
(OLG Braunschweig, Beschl. v. 12.04.2017 – 1 UF 83/13; AG Braunschweig, Beschl. v. 03.04.2013 – 247 F 266/12)
Gründe:
I. Die Antragsteller und die in Colorado (USA) geborenen Kinder beantragen die Anerkennung einer dort ergangenen Gerichtsentscheidung zur rechtlichen Abstammung nach Durchführung einer Leihmutterschaft.
Die miteinander verheirateten Antragsteller, die 1949 (Ehemann) und 1952 (Ehefrau) geboren sind und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, schlossen unter Vermittlung durch eine Agentur mit der US-amerikanischen Staatsangehörigen M. (im Folgenden: Leihmutter) und deren Ehemann im Februar 2011 eine Leihmutterschaftsvereinbarung. Danach sollten der Leihmutter unter Verwendung anonym gespendeter Eizellen und Samenzellen des Antragstellers gezeugte Embryonen eingepflanzt und diese von ihr ausgetragen werden. Die Vertragsparteien vereinbarten ein der Leihmutter zu zahlendes Grundentgelt von 23.000 $ sowie zusätzliche Zahlungen, u.a. von monatlichem Unterhalt von 3.000 $ während der Schwangerschaft nebst pauschalen Aufwandsentschädigungen. Für die Bestätigung der Schwangerschaft sollte die Leihmutter ein Entgelt von 300 $ (nicht wie im angefochtenen Beschluss: 300.000 $) bzw. im Fall der Zwillingsschwangerschaft 500 $ (nicht: 500.000 $) erhalten.
Am 15.09.2011 erließ der District Court, County of Boulder (im Folgenden: District Court) eine Entscheidung („Order Re Parentage“), nach der unmittelbar nach der Geburt die Antragstellerin die Mutter und der Antragsteller der Vater der Kinder sei, und zwar mit allen Rechten und Pflichten für ehelich geborene Kinder.
Im Oktober 2011 wurden die betroffenen Zwillinge geboren. Die amerikanischen Geburtsurkunden weisen die Antragsteller als Eltern der Kinder aus. Die Antragsteller reisten mit den Kindern im November 2011 nach Deutschland. Seitdem leben die Kinder bei ihnen. Ein 2012 von den Antragstellern in Auftrag gegebenes Abstammungsgutachten der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vaterschaft des Antragstellers mit einem Plausibilitätsgrad von 99,99 % „praktisch erwiesen“ sei. Der Ehemann der Leihmutter hat zudem ein Verfahren auf Vaterschaftsanfechtung eingeleitet, dem sich der Antragsteller mit einem Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft angeschlossen hat.
Im vorliegenden Verfahren haben die Antragsteller beantragt, die Entscheidung des District Court vom 15.09.2011 anzuerkennen. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die von den Antragstellern und den durch den Ergänzungspfleger vertretenen Kindern eingelegten Beschwerden sind vor dem OLG ohne Erfolg geblieben. Dagegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der Antragsteller, mit denen sie ihre Anträge auf Anerkennung weiterverfolgen.
II. Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg.
1. Nach Auffassung des OLG, dessen Entscheidung in FamRZ 2017, 972 veröffentlicht ist, ist die Anerkennung der Entscheidung des District Court nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ausgeschlossen, weil sie zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des nationalen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. […]
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Entscheidung des District Court vom 15.09.2011 ist anzuerkennen.
Das OLG ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Entscheidung über die Anerkennung der Entscheidung des District Court vom 15.09.2011 nach §§ 108, 109 FamFG richtet. Nach § 108 Abs. 2 Satz 1 FamFG können Beteiligte, die ein rechtliches Interesse haben, eine Entscheidung über die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer ausländischen Entscheidung nicht vermögensrechtlichen Inhalts beantragen. Entgegen der Auffassung des OLG steht ein Anerkennungshindernis nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG im vorliegenden Fall nicht entgegen.
a) Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Frage der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nicht auf den nationalen (kollisionsrechtlichen) ordre public nach Art. 6 EGBGB abzustellen, den die deutschen Gerichte bei Anwendung ausländischen Rechts zu beachten haben, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international. Mit diesem ist ein ausländisches Urteil nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter – hätte er den Prozess entschieden – aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre (Verbot der revision au fond). Maßgeblich ist vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 28 m.w.N.).
b) Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus dem Umstand, dass eine ausländische Entscheidung im Fall der Leihmutterschaft die rechtliche Elternstellung den Wunsch- oder Bestelleltern zuweist, für sich genommen jedenfalls dann noch kein Verstoß gegen den deutschen ordre public, wenn ein Wunschelternteil – im Unterschied zur Leihmutter – mit dem Kind genetisch verwandt ist (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 34 ff.; ebenso OVG Münster, FamRZ 2016, 2130 [2133 f.]).
aa) Dabei steht die als zwingendes Recht ausgestaltete Regelung des § 1591 BGB der Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Entscheidung für sich genommen nicht entgegen. Vielmehr sind neben den Rechten der Leihmutter sowie der Wunsch- oder Bestelleltern auch die Grund- und Menschenrechte des aus der Leihmutterschaft hervorgegangenen Kindes in Betracht zu ziehen. Diese schließen das Recht des Kindes mit ein, eine rechtliche Eltern-Kind-Verbindung begründen zu können (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 41 f.).
Die Menschenwürde der Leihmutter kann verletzt sein, wenn die Leihmutterschaft unter Umständen durchgeführt wird, die eine freiwillige Mitwirkung der Leihmutter in Frage stellen, oder wesentliche Umstände im Unklaren bleiben, etwa Angaben zur Person der Leihmutter, zu den Bedingungen, unter denen sie sich zum Austragen der Kinder bereiterklärt hat, und zu einer getroffenen Vereinbarung fehlen, oder wenn im ausländischen Gerichtsverfahren grundlegende verfahrensrechtliche Garantien außer Acht gelassen worden sind (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 51 m.w.N.).
Die Freiwilligkeit der Mitwirkung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Leihmutter dafür Geld erhält oder dass, wie das OLG meint, zwischen ihr und den Wunsch- bzw. Bestelleltern ein soziales Gefälle besteht. Vielmehr setzt diese voraus, dass die Mitwirkung der Leihmutter und die Herausgabe des Kindes ohne Zwang erfolgen (vgl. Neuner, Natürlicher und freier Wille, AcP 218 [2018], 1, 2 ff.). Daran gemessen bestehen an der Freiwilligkeit der Mitwirkung der Leihmutter im vorliegenden Fall keine Zweifel. Dass die Leihmutter ein Entgelt erhielt, steht dem nicht entgegen. Dass eine persönliche Anhörung der Leihmutter vor dem District Court nicht stattgefunden hat, stellt die Freiwilligkeit ihrer Mitwirkung entgegen der Auffassung des OLG ebenfalls nicht in Frage, weil die Leihmutter über das Verfahren informiert war und es sich selbst bei Unterstellung eines Verfahrensverstoßes zumal unter den Gegebenheiten des vorliegenden Falls jedenfalls nicht um eine Verletzung grundlegender verfahrensrechtlicher Garantien handelt (vgl. Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 49, 51 m.w.N.).
bb) Aus den vom OLG angeführten Rechten der Eizellenspenderin kann sich über die vom Gesetzgeber angestellten generalpräventiven Erwägungen hinaus für die vorliegende abstammungsrechtliche Fragestellung kein Verstoß gegen den ordre public ergeben. Das folgt bereits daraus, dass nach deutschem Recht die genetische Verwandtschaft für die Frage, wer rechtliche Mutter des Kindes ist, unerheblich ist. Da nach § 1591 BGB Mutter des Kindes die Frau ist, die das Kind geboren hat, bleibt die Eizellenspenderin in Bezug auf die abstammungsrechtliche Begründung eines rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses unberücksichtigt (vgl. auch BVerfG, FamRZ 2010, 1621 f.). Davon zu trennen ist das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung als einem tatsächlichen Verhältnis (vgl. Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 63), über das hier nicht zu entscheiden ist.
cc) Für die Anerkennung ist entscheidend auf das Kindeswohl, mithin auf die Rechte des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG und aus Art. 8 Abs. 1 EMRK abzustellen, welche auch ein Recht des Kindes auf rechtliche Zuordnung zu beiden Eltern gewährleisten. Eine Zuordnung zur Leihmutter wäre im Heimatstaat der Leihmutter schon wegen der entgegenstehenden dortigen Gerichtsentscheidung, welche die Wunscheltern als rechtliche Eltern des Kindes festlegt, nicht maßgeblich. Dem entspricht es, dass die Leihmutter eine Elternstellung zu dem Kind tatsächlich nicht einnehmen und im Gegensatz zu den Wunscheltern weder die Fürsorge für das Kind noch dessen Erziehung übernehmen will. Wird dem Kind vor diesem Hintergrund im Inland die Zuordnung zu den Wunscheltern versagt, so liegt darin ein Eingriff in sein Recht aus Art. 8 Abs. 1 EMRK, eine rechtliche Eltern-Kind-Verbindung begründen zu können. Im Gegensatz zu einer im Inland verbotener Weise durchgeführten Leihmutterschaft, für die das Gesetz dem Kind zwei vollwertige rechtliche Eltern zuordnen würde, erfüllt das hinkende Verwandtschaftsverhältnis zur Leihmutter, das in deren Heimatstaat nicht wirksam wird, die Anforderungen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG und aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht. Der nationale Gesetzgeber dürfte demnach jedenfalls gehindert sein, dem mit der Leihmutterschaftsvereinbarung erstrebten Eltern-Kind-Verhältnis zwischen Wunscheltern und Kind die Anerkennung allein aus der generalpräventiven Erwägung zu versagen, dass damit (weitere) „Umgehungen“ des inländischen Verbots der Leihmutterschaft unterbunden werden sollen. Steht das Kindeswohl im Mittelpunkt der Betrachtung, so ist stattdessen festzuhalten, dass das Kind auf die Umstände seiner Entstehung keinen Einfluss hat und dafür nicht verantwortlich gemacht werden kann. Demnach bleibt die Beurteilung des Kindeswohls nicht auf den Aspekt der psychosozialen Beziehung zwischen Kind und Leihmutter beschränkt. Vielmehr darf im Rahmen einer umfassenden Betrachtung insbesondere nicht außer Acht gelassen werden, dass die Wunscheltern anders als die Leihmutter die Elternstellung einnehmen und dem Kind die für seine gedeihliche Entwicklung nötige Zuwendung zuteil werden lassen wollen (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 54 ff. m.w.N.).
c) Die an der Rechtsprechung des Senats geäußerte Kritik vermag nicht zu überzeugen.
aa) Die Entscheidung des EGMR v. 24.01.2017 (NJW 2017, 941 – Paradiso/Campanelli) steht dem nicht entgegen. Der Gerichtshof ist mit der genannten Entscheidung insbesondere nicht von seinen vorangegangenen Entscheidungen zur Leihmutterschaft abgewichen (insoweit unzutreffend Thomale, IPRax 2017, 583 [587]). Er hat vielmehr den zugrunde liegenden Fall von den zuvor zur Leihmutterschaft entschiedenen Fällen (EGMR, NJW 2015, 3211 – Mennesson – und Urt. v. 26.06.2014 – 65941/11 – Labassee – juris) ausdrücklich abgegrenzt. Ein wesentlicher Unterschied der Fälle liegt bereits darin, dass mangels bestehender genetischer Abstammung und wegen dazu vorliegender falscher Angaben der Beteiligten schon von den nationalen Gerichten kein Fall der Leihmutterschaft festgestellt worden und mithin auch ein Fall des Kinderhandels nicht ausgeschlossen war (vgl. EGMR, NJW 2017, 941 Rn. 131 ff.; zutreffend Duden, StAZ 2018, 137 [143]). Schließlich hat der Gerichtshof in der Entscheidung nur die Rechte der Wunscheltern geprüft und ist davon ausgegangen, dass diese zur Geltendmachung der Kinderrechte nicht befugt waren. Die Entscheidung ist bezüglich eines Kindschaftsverfahrens ergangen und verhält sich mithin auch nicht zur rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung, die offensichtlich nach keiner der in Betracht kommenden Rechtsordnungen gesichert war.
bb) Auch die Argumentation, dass im Rahmen der vom Gesetzgeber bezweckten Generalprävention das Kindeswohl „ex ante“ zu gewährleisten sei, indem es eine rechtliche Zuordnung der Kinder zu den Wunscheltern untersage (Thomale, IPRax 2017, 583 [587]; Thomale, Mietmutterschaft, S. 31 ff.), verfängt nicht. Ein solcher Schutz könnte sich allenfalls auf das noch nicht gezeugte Kind als Rechtssubjekt beziehen. Sein möglicher Zweck könnte mithin (nur) darin bestehen, das Kind vor seinem eigenen Entstehen zu bewahren, was bereits in sich widersprüchlich wäre (vgl. Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 49; vgl. auch BVerfGE 96, 375 = FamRZ 1998, 149 – Schadensersatz bei fehlgeschlagener Sterilisation; BVerfGE 88, 203 = NJW 1993, 1751 [1764] [BVerfG 12.11.1997 – 1 BvR 479/92] [BVerfG 12.11.1997 – 1 BvR 479/92] – Strafbarkeit der Abtreibung).
(1) Der Schutz des Kindeswohls ist als Individualschutz des Kindes diesem als eigenständigem Rechtsträger zu gewährleisten. Die Betrachtung hat dementsprechend an dem Zeitpunkt anzusetzen, zu dem das Kind als Rechtssubjekt Träger eigener Rechte sein kann (vgl. auch Senatsbeschl. v. 19.07.2017 – XII ZB 72/16, FamRZ 2017, 1687 Rn. 29). Da der Schutz dem Kind als eigenständigem Rechtsträger zugutekommt, darf er nicht nach der Art der Zeugung differenzieren, auf die das Kind keinen Einfluss hat. Der Schutz des Kindes darf also nicht deshalb ein minderer sein, weil dieses von einer Leihmutter ausgetragen und geboren wurde (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 56). Wurde mithin das Kind infolge durchgeführter Leihmutterschaft geboren, so kann der Frage seiner rechtlichen Zuordnung insbesondere nicht aus – letztlich gescheiterten – generalpräventiven Erwägungen ausgewichen werden.
(2) Der rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung kommt als Aspekt des Kindeswohls entgegen der Auffassung des OLG auch in der vorliegenden Fallkonstellation erhebliche Bedeutung zu. Die Argumentation des OLG, dass es mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sinne des Kindeswohls ausreiche, die Kontinuität des sozialen Umfelds der Kinder und ihr Heranwachsen im Haushalt der Antragsteller zu gewährleisten, und deren Rechtsstellung als Eltern dafür nicht erforderlich sei, verkennt die Reichweite der durch die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung begründeten Statusbeziehung. Diese erschöpft sich keineswegs in der sorgerechtlichen Stellung der Antragsteller bis zur Volljährigkeit der Kinder und dem familiären Zusammenleben. Mit der rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung ist vielmehr eine Reihe weiterer wichtiger Rechte und Rechtspositionen des Kindes verbunden, wie etwa Unterhaltsansprüche, das gesetzliche Erbrecht, der Name, die Staatsangehörigkeit (vgl. BVerfG, FamRZ 2014, 449) und – bei ausländischen Kindern – das Aufenthaltsrecht (vgl. BVerwG, FamRZ 2018, 1160). Anders als das OLG meint, ist überdies das dauerhafte familiäre Zusammenleben ohne eine gesicherte Elternstellung nicht gewährleistet. Denn die Vormundbestellung der Antragstellerin ist abänderbar, wobei sich die Antragstellerin nicht auf eine eigene Rechtsstellung berufen kann (vgl. BVerfG, FamRZ 2014, 1841). Zudem ist der Antragsteller anders als die Antragstellerin nicht Inhaber des Sorgerechts. Dass der Antragsteller, wie das OLG meint, seine Feststellung „als genetischer Vater“ nach § 1600d BGB betreiben könne, verkennt wiederum, dass – bei unterstellter Anwendbarkeit des deutschen Abstammungsrechts gem. Art. 19 EGBGB – zunächst die gesetzliche Zuordnung des Kindes zum Ehemann der Leihmutter als seinem rechtlichen Vater (§ 1592 Nr. 1 BGB) beseitigt und hierfür ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren erfolgreich durchgeführt werden müsste (vgl. §§ 1599 Abs. 1, 1600 Abs. 1, 1600d Abs. 1 BGB). Entgegen der Auffassung des OLG kommt es auf die genetische Vaterschaft des Antragstellers mithin allenfalls bei der gesondert zu behandelnden Frage an, ob eine Auslandsentscheidung auch dann anerkennungsfähig ist, wenn kein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 34, 53).
Dass für die Kinder schließlich nach Ansicht des OLG vorliegend das „offensichtliche“ Auseinanderfallen von sozialer und genetischer Elternschaft im Vordergrund stehen werde, erscheint im Hinblick auf den Antragsteller auch vom Standpunkt des OLG aus als nicht nachvollziehbar.
cc) Der Senat hat die Vereinbarkeit einer Auslandsentscheidung mit dem ordre public jedenfalls für den Fall ausgesprochen, dass ein Wunschelternteil im Gegensatz zur Leihmutter mit dem Kind genetisch verwandt ist (Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 53, 62). Ob die Auslandsentscheidung darüber hinausgehend auch bei fehlender genetischer Verwandtschaft beider Wunschelternteile anerkannt werden könnte (dafür Dethloff, JZ 2016, 207 [210]; Duden, StAZ 2018, 137 [140 f.]), bedarf auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn auch hier ist von der genetischen Vaterschaft eines Wunschelternteils auszugehen. Dass das OLG die genetische Vaterschaft des Antragstellers trotz des diese belegenden Sachverständigengutachtens nicht festzustellen vermocht hat, ist wiederum nicht frei von Rechtsirrtum. Die Bedenken des OLG gegen die Verwertbarkeit des Abstammungsgutachtens der Universitätsklinik Eppendorf vom 09.02.2012 sind unbegründet. Insbesondere ist das Abstammungsgutachten nicht ohne rechtlich wirksame Vertretung der Kinder in Auftrag gegeben worden.
(1) Zwar ist ein ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Kindes eingeholtes Abstammungsgutachten nach der Rechtsprechung des Senatsgrundsätzlich nicht verwertbar (Senatsurt. v. 12.12.2007 – XII ZR 173/04, FamRZ 2008, 501 Rn. 17; v. 01.03.2006 – XII ZR 210/04, FamRZ 2006, 686 [687 f.] und v. 12.01.2005 – XII ZR 60/03, FamRZ 2005, 342 [343 f.]; vgl. BVerfG, FamRZ 2007, 441 [443]). Eine Zustimmung liegt hier indessen vor.
Das OLG ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass die Antragsteller nicht zur Vertretung der Kinder berechtigt gewesen seien. Sollte dies darauf beruhen, dass die Antragsteller nach Ansicht des OLG nicht die rechtlichen Eltern der Kinder sind, so hätte das OLG das von ihm in der Hauptsache erzielte Ergebnis in unzulässiger Weise vorweggenommen. Da die förmliche Anerkennung der Auslandsentscheidung für die wirksame Begründung der Elternschaft nicht konstitutiv ist (vgl. Senatsbeschl., BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 21 f.), wäre hier zunächst zu unterstellen gewesen, dass die Antragsteller die rechtlichen Eltern der Kinder sind. Als solche wären sie aber kraft ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht befugt gewesen, das Gutachten in Auftrag zu geben und dafür Untersuchungsproben von den Kindern zur Verfügung zu stellen. Der Vertretungsausschluss nach § 1629 Abs. 2a BGB bezieht sich ausdrücklich nur auf gerichtliche Verfahren nach § 1598a Abs. 2 BGB und erfasst daher nicht die von den sorgeberechtigten Eltern einvernehmlich veranlasste außergerichtliche Begutachtung. Als Einschränkung des verfassungsrechtlich verbürgten Elternrechts ist die Vorschrift einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht ohne Weiteres zugänglich (vgl. Senatsbeschl., BGHZ 191, 48 = FamRZ 2011, 1788 Rn. 23).
(2) Gemessen an diesen Maßstäben hat das OLG eine Verwertung des Gutachtens zu Unrecht abgelehnt. Da die Elternstellung der Antragsteller in Bezug auf die gesetzliche Vertretung der Kinder zu unterstellen ist und ein diesbezüglicher Vertretungsausschluss nicht eingreift, ist davon auszugehen, dass die Antragsteller die Begutachtung der genetischen Abstammung in rechtmäßiger Weise in Auftrag gegeben haben und der Verwertung des Sachverständigengutachtens keine Hindernisse entgegenstehen.
Hinzu kommt, dass der während des Verfahrens für die Kinder bestellte Ergänzungspfleger der Verwertung des Gutachtens jedenfalls in der Rechtsbeschwerdeinstanz ausdrücklich zugestimmt hat. Ob nicht schon in zweiter Instanz zumindest eine konkludente Zustimmung des Ergänzungspflegers vorlag, kann dahinstehen. Davon abgesehen hätte das OLG überdies auch bei unterstellter Unverwertbarkeit des Gutachtens und ausgehend von seiner Rechtsauffassung im Rahmen der nach § 26 FamFG gebotenen Amtsermittlung selbst ein Gutachten einholen müssen.
(3) Im vorliegenden Fall kann das Gutachten, das unter Verwendung von seitens der untersuchenden Ärztin durchgeführten Mundschleimhautabstrichen des Antragstellers und der Kinder erstattet worden ist, verwertet werden. Nach dem Gutachten ist die Vaterschaft des Antragstellers zu den Kindern mit einem Gesamtwert der Plausibilität von 99,99 % „praktisch erwiesen“. Da auch das OLG lediglich eine „rechtlich abgesicherte“ Begutachtung für erforderlich gehalten hat und seine weiteren Beanstandungen hinsichtlich des fehlenden Vortrags zur Samenspende und In-vitro-Fertilisation ersichtlich nicht erheblich sind, ist von der genetischen Vaterschaft des Antragstellers auszugehen, ohne dass es zu deren Feststellung einer Zurückverweisung an die Vorinstanz bedarf.
3. Der Entscheidung des District Court steht somit kein Anerkennungshindernis entgegen, so dass deren Anerkennung in Anbetracht des von den Vorinstanzen hinreichend aufgeklärten Sachverhalts antragsgemäß auszusprechen ist.

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