BGH, Urteil vom 03. Dezember 1992 – IX ZR 229/91 –, BGHZ 120, 334-349

Mai 30, 2020

BGH, Urteil vom 03. Dezember 1992 – IX ZR 229/91 –, BGHZ 120, 334-349
Anerkennungsfähigkeit eines Auslandstitels: Begründung der internationalen Zuständigkeit des ausländischen Gerichts durch rügeloses Verhandeln oder stillschweigende Unterwerfung
1. Rügeloses Verhandeln vor einem ausländischen Gericht begründet dann nicht selbständig die internationale (Anerkennungs-)Zuständigkeit, wenn der fremde Staat nach seinem eigenen Recht unabhängig davon international zuständig ist.
2. Eine Unterwerfung unter die internationale (Anerkennungs-)Zuständigkeit durch schlüssiges Verhalten setzt eine Handlungsweise des Beklagten voraus, die eindeutig den Schluß rechtfertigt, er wolle das Ergebnis des Verfahrens als Grundlage für die Anerkennung in weiteren Staaten hinnehmen.
Tatbestand
Die Klägerinnen begehren, ein brasilianisches Zahlungsurteil in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären. Sie sind brasilianische Unternehmen, die im Jahre 1974 unter Vermittlung eines brasilianischen Maklerbüros an die Beklagte, eine in Deutschland ansässige Handelsgesellschaft, Baumwolle exportierten.
Mit der Behauptung, den Baumwollieferungen hätten entsprechende Kaufverträge zugrunde gelegen, erhoben die Klägerinnen im Jahre 1976 in Brasilien Klage, mit der sie die Beklagte auf Zahlung des Restkaufpreises in US-Dollar und verauslagter Frachtkosten in brasilianischer Landeswährung jeweils zuzüglich Zinsen und Kosten in Anspruch nahmen. Demgegenüber wandte die Beklagte ein, sie habe nur pro forma Verkaufsbestätigungen erteilt, weil für die Klägerinnen nach den brasilianischen Devisengesetzen allein auf diese Weise eine Exportgenehmigung zu erlangen gewesen sei. In Wahrheit habe sie mit den Klägerinnen jedoch einen Kommissionsvertrag abgeschlossen. In zweiter Instanz verurteilte das Tribunal de Justica in Curitiba, Estado do Parana, am 25. November 1980 die Beklagte, „die in der Einleitungsklage genannten Prinzipalbeträge in nordamerikanischen Dollars zu zahlen und jene in Cruzeiros zuzüglich Geldwertangleichung, legaler Zinsen ab dem Datum der Vorladung, Prozeßkosten und Rechtsanwaltshonoraren von zehn Prozent der Werte der Klage“ sowie die Kosten einer – von der Beklagten erfolglos erhobenen – Widerklage zu tragen. Durch Berechnung der Geschäftsstelle des Rechnungsamts (Cartorio do contador e anexos) Nr. 143 vom 10. November 1982, bestätigt durch Beschluß des „Juizo de direito da comarca de Londrina“ (erstinstanzlichen Richters) vom 30. November 1982, wurden die mit dem Urteil vom 25. November 1980 zugesprochenen Beträge im einzelnen konkretisiert.
Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Tribunal de Justica vom 25. November 1980 in der Form der Entscheidung des „Juizo de direito da comarca de Londrina“ (Cartorio do contador e anexos) Nr. 143 vom 10. November 1982 in Höhe der darin festgelegten Gesamtbeträge für zulässig erklärt. Das Oberlandesgericht hat die Vollstreckbarerklärung mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß die Beklagte an die Klägerinnen folgende Beträge zu zahlen hat:
1. An die Klägerin zu 1) 978.250,50 US-Dollar, weitere 95.824,55 US-Dollar und 2.060,82 Cr$ (ORTN),
2. an die Klägerin zu 2) 940.589,50 US-Dollar, weitere 94.058,95 US Dollar sowie 8.267,51 Cr$ (ORTN) und
3. an beide Klägerinnen weitere 46.421,58 US-Dollar.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die brasilianischen Gerichte seien entgegen den Rügen der Beklagten gemäß §§ 328 Abs. 1 Nr. 1, 723 Abs. 2 ZPO international zur Entscheidung zuständig gewesen. Dies ergebe sich in entsprechender Anwendung des § 39 ZPO aus der rügelosen Verhandlung der Beklagten zur Hauptsache in Brasilien. Dabei könne zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß sie eine Zuständigkeitsrüge vor dem brasilianischen Gericht allein deshalb unterlassen habe, weil dieses nach seinem eigenen staatlichen Recht zuständig gewesen sei und die Rüge deshalb zurückgewiesen hätte. Zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, daß dann, wenn ein deutscher Beklagter vor dem ausländischen Gericht nach den dort geltenden Zuständigkeitsregeln die Einlassung nicht verweigern könne, von einer Vereinbarung auf ein an sich unzuständiges Gericht keine Rede sein könne. Jedoch habe die Beklagte im brasilianischen Prozeß die Hinzuziehung der brasilianischen Bundesbehörden beziehungsweise die Verweisung an das Bundesgericht beantragt. Ferner habe sie Widerklage erhoben und dem in Brasilien in die Verkaufsverhandlungen eingeschalteten Maklerunternehmen den Streit verkündet. Aus alledem lasse sich objektiv hinreichend auf eine konkludente Unterstellung unter die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts schließen. Um diesen Rechtsschein aufzuheben, sei eine entsprechende Prozeßerklärung nötig und auch zumutbar gewesen.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Gemäß §§ 723 Abs. 2 Satz 2, 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann das brasilianische Urteil in der Bundesrepublik Deutschland nur für vollstreckbar erklärt werden, wenn die brasilianischen Gerichte aus deutscher Sicht zur Entscheidung international zuständig waren. Hierfür ist nach geltendem deutschem Recht Maßstab, ob unter gleichsam „spiegelbildlicher“ Zugrundelegung deutscher Zuständigkeitsnormen ein Gericht des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, international zuständig war (vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen Bd. 2 S. 432; Zöller/Geimer, ZPO 17. Aufl. § 328 Rdn. 96; v. Bar, Internationales Privatrecht I. Bd. Rdn. 393 f, 411; Linke, Internationales Zivilprozeßrecht Rdn. 392; Martiny, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Bd. III/1 Rdn. 642; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel S. 75, 100, 117; Schütze ZZP 90, 67; vgl. auch amtliche Begründung der Bundesregierung zu Art. 4 Nr. 2 des Entwurfes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, BT-Drucks. 10/504 S. 89). Die internationale Zuständigkeit folgt danach grundsätzlich mittelbar aus der örtlichen (BGHZ 44, 46, 47; 63, 219, 220; 80, 1, 3; 94, 156, 157 f; BGH, Urt. v. 7. April 1976 – IV ZR 70/74, NJW 1976, 1590; v. 22. November 1988 – VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154, 1155; v. 12. November 1990 – II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423, 424, jeweils m.w.N.). Hierbei ist für die Entscheidung eines Rechtsstreits in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt, daß die internationale (Entscheidungs-)Zuständigkeit auch aufgrund des § 39 ZPO begründet werden kann (BGHZ 101, 296, 301; BGH, Urt. v. 30. Januar 1969 – X ZR 19/66, LM § 38 ZPO Nr. 8; v. 30. März 1976 – VI ZR 143/74, NJW 1976, 1581; und v. 19. März 1976 – I ZR 75/74, NJW 1976, 1583; v. 26. Januar 1979 – V ZR 75/76, WM 1979, 445, 446; v. 23. Oktober 1979 – KZR 21/78, NJW 1980, 1224).
a) In Fortführung dieser Grundsätze ist die für die Anerkennung eines ausländischen Urteils gemäß §§ 723 Abs. 2 Satz 2, 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erforderliche internationale (Anerkennungs-)Zuständigkeit ebenfalls auf § 39 ZPO zu stützen, wenn sich der Beklagte im ausländischen Prozeß ohne Rüge zur Sache eingelassen hat und das ausländische Gericht nach seinem Recht sonst unzuständig gewesen wäre (Senatsurt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 231/91, z.V.b.; Thomas/Putzo, ZPO 17. Aufl. § 328 Anm. 2 zu Nr. 1; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht S. 534 i.V.m. S. 309 ff; Pagenstecher RabelsZ 1937, 337, 477 f, vgl. aber auch S. 424 über Fußn. 10 für Irrtumsfälle – entsprechend für Brasilien Art. 114 C.P.C. und dazu Bergdolt, Internationale Schuldverträge und ihre Durchsetzung im brasilianischen Recht S. 130, 144 f m.w.N.; Möllring, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Südamerika S. 44 f).
b) Für den Streitfall unterstellt das Berufungsgericht jedoch zugunsten der Beklagten, daß eine Zuständigkeitsrüge in Brasilien erfolglos geblieben wäre, weil das brasilianische Gericht nach seinem eigenen staatlichen Recht (Art. 88 Abs. 3 der brasilianischen Zivilprozeßordnung – C.P.C) international zuständig war und ihre Rüge deshalb zurückgewiesen hätte.
Ob auch unter solchen Umständen die gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für die Anerkennung erforderliche internationale Zuständigkeit aus § 39 ZPO hergeleitet werden kann, ist umstritten. Das Reichsgericht hat diese Frage für die inhaltlich mit § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO übereinstimmende Regelung des § 661 Abs. 2 Nr. 3 der C.P.O. von 1877 verneint (RGZ 37, 371, 372; RG JW 1896, 301 Nr. 10). Dem sind Rechtsprechung und Schrifttum mehrheitlich gefolgt (OLG Celle OLGRspr. 17, 323; OLG Hamburg JW 1929, 3508 m. zust. Anm. v. Volkmar; OLG Frankfurt RIW 1976, 107 f zu Art. 18 EGÜbk; OLG Hamm NJW 1988, 653 f; Stein/Jonas/Schumann, ZPO 20. Aufl. § 328 Rdn. 163; MünchKomm-ZPO/Gottwald, § 328 Rdn. 61, und Patzina, § 39 Rdn. 13; Zöller/Geimer aaO Rdn. 101; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht – nachfolgend IZPR – Rdn. 1422; WM 1977, 66, 69; RIW 1979, 640 ff; NJW 1979, 1784, 1785 und EWiR 1988, 411 f; Schröder, Internationale Zuständigkeit S. 472 f; NJW 1980, 473, 477; IPRax 1988, 144, 146; wohl auch Riezler aaO S. 534 i.V.m. S. 307; vgl. für das Schweizer Recht ferner Guldener, Das internationale und interkantonale Zivilprozeßrecht der Schweiz (1951), S. 172 und Supplement (1959) S. 32 f; für das österreichische Recht Österreichischer OGH, Österreichisches Zentralblatt für die juristische Praxis 1922, 273, 274). Teilweise wird in Rechtsprechung und Literatur jedoch auch der Standpunkt vertreten, der Beklagte müsse im ausländischen Prozeß selbst dann, wenn das fremde Gericht nach seinem Recht zur Entscheidung international zuständig ist, die Rüge der Unzuständigkeit im Hinblick auf das deutsche Anerkennungsverfahren erheben (OLG Saarbrücken IPRspr. 1952/53 Nr. 308; OLG Frankfurt RIW 1979, 276; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht Rdn. 837; Prütting MDR 1980, 368; Schütze aaO S. 74; vgl. auch OLG Köln OLGZ 1986, 210, 212 für die deutsche internationale Entscheidungszuständigkeit) oder sich ihre Erhebung insoweit jedenfalls ausdrücklich vorbehalten (Martiny aaO Rdn. 726; vgl. auch Kallmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche S. 104 f für Schweizer Anerkennungsabkommen).
Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsfrage bisher nicht entschieden. Er hat lediglich für den Fall einer Säumnis des deutschen Beklagten vor dem ausländischen Gericht erkannt, daß diese eine internationale Zuständigkeit der fremden Gerichtsbarkeit nicht begründet (BGHZ 52, 30, 37 ff). Das Senatsurteil vom 15. Oktober 1992 (IX ZR 231/91, z.V.b.) betrifft Art. 2 Nr. 4 Buchst. b des deutsch-österreichischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages vom 6. Juni 1959, der ausdrücklich eine Erklärung des Beklagten voraussetzt, sich nur im Hinblick auf sein Auslandsvermögen auf den Rechtsstreit einzulassen.
c) Nach Ansicht des Senats ist § 39 ZPO nur anzuwenden, falls das Gericht, dessen internationale Zuständigkeit begründet werden soll, ohne die rügelose Einlassung unzuständig wäre. Die gemäß § 328 Abs . 1 Nr. 1 ZPO erforderliche Anerkennungszuständigkeit kann nicht durch vorbehaltloses Verhandeln allein begründet werden, wenn das ausländische Gericht unabhängig davon bereits nach seinem eigenen Recht international zuständig war.
§ 39 knüpft an § 38 Abs. 1 ZPO an, der ausdrücklich das Zuständigwerden „eines an sich unzuständigen Gerichts“ vorsieht. Ob die rügelose Einlassung als stillschweigende Vereinbarung über die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts oder als einseitiger Akt der Unterwerfung unter die fremde Entscheidungsgewalt verstanden werden muß, ist für die hier zu entscheidende Frage unerheblich. Aus der Sicht des ausländischen Gerichts und des Klägers wirkt das – für den Fortgang des Prozesses objektiv bedeutungslose – Verhalten des Beklagten weder als rechtsgeschäftliche Erklärung auf Abschluß einer Zuständigkeitsvereinbarung noch als kundgegebene Unterwerfung unter die ausländische Gerichtsbarkeit. Bei unvoreingenommener, verständiger Betrachtungsweise kann dem Stillschweigen des Beklagten unter der genannten Voraussetzung allenfalls die Äußerung entnommen werden, er finde sich mit dem Verfahren im Ausland ab, weil er daran ohnehin nichts ändern könne. Hingegen liegt ihm regelmäßig nicht zugleich der Wille zugrunde, das Ergebnis des ausländischen Verfahrens auch als Voraussetzung für eine Anerkennung in Deutschland gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hinzunehmen. Der Umstand, der das äußere Erscheinungsbild der rügelosen Einlassung in diesen Fällen von den in § 39 ZPO geregelten erkennbar unterscheidet, ist – entgegen Schack (aaO) – gerade die Zuständigkeit des angegangenen Gerichts. Die Gegenansicht berücksichtigt nicht in gebotenem Maße, daß die rügelose Einlassung als Mittel zur Begründung internationaler Zuständigkeit eine in ihren Wirkungen für den Entscheidungs- und Anerkennungsstaat zu trennende Doppelnatur hat (vgl. Schröder, Internationale Zuständigkeit S. 471 und NJW 1980, 473, 476; auch Martiny aaO Rdn. 725). Wegen der gebotenen objektivierenden Sicht der rügelosen Einlassung kommt es ferner nicht auf die – beweislos – aufgestellte Behauptung der Klägerinnen an, die Beklagte habe die Rüge unterlassen, weil sie sich dem brasilianischen Gericht habe unterwerfen wollen; eine solche angebliche Absicht ist jedenfalls nicht erkennbar zum Ausdruck gekommen und hat unstreitig auch nicht zu einer besonderen Zuständigkeitsvereinbarung geführt.
Vor allem dürfen aus deutscher Sicht die Interessen des Klägers und der ausländischen Gerichtsbarkeit nicht höher bewertet werden als diejenigen eines Beklagten, der sich gegen das ausländische Verfahren auf der Grundlage des fremden Rechts nicht erfolgreich wehren kann. Die mit § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bezweckte Durchsetzung der deutschen Vorstellungen über die Gerichtspflichtigkeit entspricht wesentlich einem Schutzbedürfnis des Beklagten (Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile S. 122 ff m.w.N.). Es ist gerade auch in den Fällen zu beachten, in denen dieser vor einem nach deutschem Recht unzuständigen, nach fremdem Recht aber international zur Entscheidung berufenen ausländischen Gericht zur Hauptsache verhandelt hat (ebenso Geimer EWiR 1988, 411, 412). Dann ist es für die ausländische Entscheidung im Ergebnis nicht ursächlich, ob der Beklagte Rügen oder Vorbehalte erhebt. Weder die ausländische Gerichtsbarkeit, die ihre internationale Zuständigkeit für Fälle der fraglichen Art ohnehin in Anspruch nimmt, noch der Kläger, der dies für sich ausnutzt, können berechtigterweise vom Schweigen des Beklagten weitergehende Wirkungen erwarten.
Widersprechende Erklärungen eines Beklagten im Rahmen des ausländischen Erstverfahrens könnten objektiv nur dem Zweck dienen, für ein mögliches künftiges Anerkennungsverfahren in Deutschland klarzustellen, daß er die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nicht anerkenne. Selbst wenn ihm ein solches Verhalten zuzumuten wäre, erscheint es sogar mit Rücksicht auf die schutzwürdigen Belange des Klägers und der ausländischen Gerichtsbarkeit nicht geboten. Allerdings schafft ein Beklagter, dessen ausdrückliche Unzuständigkeitsrüge vom ausländischen Gericht – nach dessen Recht zutreffend – zurückgewiesen wird, für ein späteres Anerkennungsverfahren in Deutschland im Hinblick auf § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO klare Verhältnisse. Unterläßt er eine solche Rüge, so geht er das Risiko ein, daß er im deutschen Anerkennungsverfahren nicht nachzuweisen vermag, das ausländische Gericht sei nach dessen Recht zuständig gewesen (ebenso Geimer EWiR 1988, 411, 412). Eine derartige Verteilung der Beweislast ist – entgegen Prütting (aaO S. 368; vgl. auch Prütting in MünchKomm-ZPO, § 293 Rdn. 52, 59) – nicht belanglos. Zum einen betrifft sie die tatsächlichen Umstände, von denen das ausländische Prozeßrecht die Zuständigkeit abhängig macht. Zum anderen kann sie auch für die Feststellung der ausländischen Zuständigkeitsnorm selbst bedeutsam werden. Zwar hat das deutsche Gericht nach § 293 ZPO das ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln (BGH, Urt. v. 23. Januar 1985 – IVa ZR 66/83, WM 1985, 450, 453 unter IV 2; v. 24. November 1989 – V ZR 240/88, NJW-RR 1990, 248, 249 unter I 2; Senatsurt. v. 30. April 1992 – IX ZR 233/90, ZIP 1992, 781, 784, z.V.b. in BGHZ), so daß es keine (prozessuale) Beweisführungslast gibt. Eine solche Aufklärung bleibt grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn der Beklagte zuvor im Ausland durch eine Rüge für Rechtsklarheit hätte sorgen können, dies aber unterlassen hat. Läßt sich jedoch die internationale Zuständigkeit des Erststaates nach dessen eigenem Recht trotz Ausschöpfung aller gebotenen Beweismittel nicht hinreichend sicher feststellen, so trägt der Beklagte – dem die spezielle, nicht durch Normen anderer Rechtsordnungen ersetzbare prozessuale Vorschrift günstig wäre – den Nachteil in der Sache (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1960 – II ZR 9/60, NJW 1961, 410 f; v. 30. März 1976 – VI ZR 173/74, NJW 1976, 1581, 1583 f; Linke aaO Rdn. 270; ferner BGHZ 52, 251, 259).
Nach alledem kann die internationale Anerkennungszuständigkeit des brasilianischen Gerichts hier nicht allein deswegen auf § 39 ZPO gestützt werden, weil die Beklagte im ausländischen Prozeß keine Zuständigkeitsrüge erhoben hatte.
2. Die Revision greift ferner mit Recht die Ansicht des Berufungsgerichts an, nach den sonstigen Umständen des Streitfalls müsse davon ausgegangen werden, daß die Beklagte sich jedenfalls durch schlüssiges Verhalten der internationalen Anerkennungszuständigkeit des ausländischen Gerichts unterstellt habe.
Für ein objektiv auf Begründung der internationalen Zuständigkeit Brasiliens gerichtetes Verhalten der Beklagten fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Zwar mag es – in sinngemäßer Anwendung der §§ 38 f ZPO – grundsätzlich in Betracht kommen, daß eine Partei sich einer ausländischen Gerichtsbarkeit zusätzlich unterstellt, obwohl diese nach ihrem eigenen Recht ohnehin zuständig ist. Hierfür ist ebenfalls nicht entscheidend auf die Streitfrage (siehe oben 1 c) abzustellen, ob ein solches Verhalten als einseitige Unterwerfung oder als fiktives Angebot auf Abschluß einer Zuständigkeitsvereinbarung zu werten wäre. In jedem Falle setzt die Begründung der internationalen Anerkennungszuständigkeit des ausländischen Gerichts ein objektiv eindeutiges Verhalten des Beklagten voraus, das für Kläger und Gericht bei unvoreingenommener, verständiger Betrachtung zuverlässig den Schluß rechtfertigt, der Beklagte wolle sich nicht nur auf die – unvermeidliche – Entscheidungszuständigkeit nach ausländischem Recht einrichten, sondern darüber hinaus das künftige Ergebnis des Verfahrens als Grundlage für die Anerkennung in weiteren Staaten hinnehmen (Schröder, Internationale Zuständigkeit S. 473). An ein schlüssiges Verhalten mit so weit reichendem objektivem Aussagegehalt sind strenge Anforderungen zu stellen, weil jeder durchschnittliche Beklagte erkennbar seine Abwehrrechte möglichst umfassend wahren will (vgl. Schröder NJW 1980, 473, 475 ff und IPRax 1988, 144, 146). Auf diese Interessenlage kann und muß sich der Kläger, der den Gerichtsstand gewählt hat, einstellen. Die Rücksichtnahme auf die ausländische Gerichtsbarkeit gebietet keine andere Bewertung, weil die Streitentscheidung durch das fremde Gericht nicht von der Frage einer Wirkungserstreckung auf das Ausland beeinflußt wird, soweit die internationale Zuständigkeit – wie meist – durch nationale Normen verbindlich geregelt ist. Allenfalls wenn besondere Umstände des Einzelfalles für alle Beteiligten objektiv den berechtigten Eindruck erwecken, der Beklagte nehme mit einer Prozeßhandlung auch die internationale Urteilswirkung hin, können die §§ 38 f ZPO auf solche Handlungen vor – nach nationalem Recht des Erststaates zuständigen – ausländischen Gerichten spiegelbildlich sinngemäß angewendet werden. Diese rechtlichen Voraussetzungen für die internationale Zuständigkeit sind vom Revisionsgericht zu überprüfen.
Daran gemessen, reichen die vom Berufungsgericht festgestellten Umstände hier nicht aus.
a) Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß das von der Beklagten im brasilianischen Prozeß verfolgte Begehren, die dortigen Bundesbehörden zum Verfahren hinzuzuziehen (vgl. Übersetzung der Klageerwiderung, Anl. W 2 PAG 16) und den Rechtsstreit an das brasilianische Bundesgericht zu verweisen (vgl. Klageerwiderung aaO PAG 16 R, 17), allenfalls die sachliche Zuständigkeit innerhalb Brasiliens betraf. Diese Rüge der Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts (des Bundesstaates Parana) stand zudem im Zusammenhang mit dem Hauptvorbringen der Beklagten, mit den Klägerinnen seien keine Kauf-, sondern Kommissionsverträge geschlossen worden, die nach brasilianischem bundesstaatlichem Devisenrecht möglicherweise unzulässig gewesen seien. Dann konnte daraus kein weitergehender Schluß gezogen werden als der, daß die Beklagte, wenn sie sich schon vor den ausländischen Gerichten gegen das Begehren der Klägerinnen und somit gegen eine dort möglicherweise drohende Zwangsvollstreckung verteidigte, alle dazu nach dortigem Recht bestehenden, ihr günstig erscheinenden Möglichkeiten ausschöpfen wollte. Für die hier wesentliche Frage, ob sie eine zu ihrem Nachteil lautende Entscheidung des ausländischen Gerichts auch in Deutschland gegen sich gelten lassen wollte, ergibt sich daraus nichts.
b) Der Umstand, daß die Beklagte gegen die Klägerinnen im brasilianischen Prozeß Widerklage auf Zahlung einer Verkaufsprovision erhob, trägt ebenfalls nicht die vom Berufungsgericht gezogene Schlußfolgerung.
Zwar ist es entgegen der Ansicht der Revision nicht schon im Hinblick auf BGHZ 53, 332, 336 allgemein ausgeschlossen, eine Widerklage vor dem ausländischen Gericht als Verzicht des Beklagten auf die Wahrnehmung seiner Rechte vor dem deutschen Gericht auszulegen. Der dort entschiedene Sachverhalt war durch die Besonderheit geprägt, daß der Beklagte die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts in zwei Instanzen erfolglos bekämpft und überdies bereits das deutsche Gericht angerufen hatte, ehe er im Ausland die Widerklage erhob.
Das Berufungsgericht hat jedoch bei seiner Auslegung unberücksichtigt gelassen, daß die Widerklage hier auch zu den legitimen Verteidigungsmitteln der Beklagten gehörte und deshalb für sich allein nur darauf schließen ließ, diese habe vor dem ausländischen Gericht alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen wollen: Mußte die Beklagte den Prozeß mit Wirkung innerhalb Brasiliens ohnehin führen, so konnte sie ihrerseits – notfalls mit gleichermaßen territorial begrenzter Wirkung – versuchen, ihren eigenen Rechtsstandpunkt offensiv zu vertreten. Eine Unterwerfung unter eine Anerkennungszuständigkeit war damit erkennbar um so weniger verbunden, als die – auf Zahlung einer Kommissionärs-Provision gerichtete – Widerklage nach den gegebenen Umständen allenfalls erfolgreich sein konnte, wenn es zu einer Abweisung der Hauptklage auf Zahlung eines Kaufpreises kommen würde. Deshalb stellte sich vom Standpunkt der Beklagten aus bei Erhebung der Widerklage die Frage der Anerkennung einer zu Lasten der Beklagten lautenden Entscheidung über die Hauptklage erkennbar gerade nicht.
c) Schließlich kann aus der Tatsache, daß die Beklagte im ausländischen Rechtsstreit den brasilianischen Maklern den Streit verkündete, nichts zu ihrem Nachteil hergeleitet werden. Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht mit seiner gegenteiligen Annahme bereits den Wortlaut des Art. 70 Abs. 3 C.P.C. unberücksichtigt gelassen hat, der die Streitverkündung unter bestimmten Voraussetzungen „vorschreibt“ (vgl. dazu Henckel, Zivilprozeß und Justizalternativen in Brasilien S. 74 Fn. 36). Das mag darauf hindeuten, daß die Beklagte ohne Streitverkündung möglicherweise hätte besorgen müssen, Regreßansprüche gegen das Maklerunternehmen nicht mehr geltend machen zu können. Das Berufungsgericht erwägt weiter, eine Inanspruchnahme aus dem brasilianischen Titel, dem die Streitverkündung vorbeugen sollte, habe in Brasilien nicht gedroht, wenn die Beklagte nach ihrer eigenen Darstellung dort über kein Vermögen verfügte; dabei läßt es aber außer acht, daß eine Vollstreckung in Brasilien auch dann in Betracht kommen konnte, wenn die Beklagte dort erst später Vermögen erwerben würde.
III.
Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand erweist sich das angefochtene Urteil nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO).
1. Ob entgegen der vom Berufungsgericht vorgenommenen Unterstellung eine Zuständigkeitsrüge vor dem brasilianischen Gericht Erfolg versprochen hätte, kann nur aufgrund eingehender Ermittlung des ausländischen Prozeßrechts beurteilt werden. Die Klage war ausdrücklich auf Art. 88 Abs. 3 C.P.C. gestützt, der die internationale Zuständigkeit der brasilianischen Gerichte für Klagen begründet, die ihren Ursprung finden in Tatsachen, die in Brasilien eingetreten sind, oder in Handlungen, die dort vorgenommen wurden. Die Klägerinnen bestreiten, daß davon schon jeder Vertrag erfaßt wird, der auf einem in Brasilien abgegebenen Angebot beruht (Bl. 250 GA; so aber Bergdolt aaO S. 129). Das Berufungsgericht wird das aufzuklären haben.
2. Auch auf den Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO) kann die gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erforderliche internationale Zuständigkeit des brasilianischen Gerichts nach den bisherigen Feststellungen nicht gestützt werden.
a) Insoweit wird das Berufungsgericht vorrangig zu prüfen haben, ob für diesen Gerichtsstand die Gegenseitigkeit nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO verbürgt wäre (vgl. BGHZ 52, 251, 258 f). Soweit bisher dargetan, kennt Brasilien einen internationalen Gerichtsstand des Vermögens nicht.
b) Der Sache nach ist die von der Beklagten mit ihrer Widerklage behauptete Forderung gegen die Klägerinnen hier nicht geeignet, diesen Gerichtsstand zu begründen. Die internationale Zuständigkeit kann allerdings allgemein auch aus § 23 ZPO bestimmt werden (vgl. BGHZ 94, 156, 157 f, 160). Für das Vorhandensein von Vermögen kann es dabei ausreichen, wenn der Beklagte Inhaber einer gegen den Kläger gerichteten Forderung ist (Zöller/Vollkommer aaO § 23 Rdn. 7) oder sich dieser wenigstens berühmt (BGH, Urt. v. 20. Mai 1981 – VIII ZR 270/80, NJW 1981, 2642). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn – wie im Streitfall – der Kläger (Widerbeklagter) seine Schuld gegenüber dem Beklagten (Widerkläger) gerade leugnet und die Forderungen beider Parteien sich gegenseitig ausschließen (Stein/Jonas/Schumann § 23 Rdn. 13; Wieczorek aaO § 23 Anm. B I a 1; vgl. RGZ 3, 381, 383; RG JW 1900, S. 150 Nr. 3; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO ZPO 50. Aufl. § 23, 2 A). Dann hat der Beklagte nach dem – für die Zulässigkeit der Klage allein maßgeblichen – eigenen Vorbringen des Klägers insoweit gerade kein Vermögen.
Etwas anderes folgt nicht aus BGHZ 69, 37, 45 f. Zwar hat der Bundesgerichtshof dort trotz Streits über das Bestehen der Widerklageforderung eine Zuständigkeit aus § 23 ZPO bejaht. Die dem zugrundeliegende Sachlage ist jedoch mit der des hier zu entscheidenden Falles nicht vergleichbar; denn vorliegend ist die Widerklage nicht zuständigkeitsbestimmender Streitgegenstand im Sinne des § 23 Satz 1, 2. Alt. ZPO.
c) Auf der Grundlage des § 23 ZPO könnte die internationale Zuständigkeit mithin allenfalls gegeben sein, wenn die Beklagte entsprechend den unter Beweis gestellten, bestrittenen Behauptungen der Klägerinnen zur Zeit des Erstprozesses Inhaberin von Forderungen gegen andere brasilianische Schuldner war. Hierzu hat das Berufungsgericht – nach seinem Ansatzpunkt folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.
3. Schließlich kann die internationale Anerkennungszuständigkeit der brasilianischen Gerichte derzeit nicht im Hinblick auf den Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 Abs. 1 ZPO; entsprechend Art. 88 Abs. 2 C.P.C.) bejaht werden. Dieser ist allerdings grundsätzlich ebenfalls geeignet, die internationale Zuständigkeit zu begründen (Schack, Der Erfüllungsort im deutschen, ausländischen und internationalen Privat- und Zivilprozeßrecht Rdn. 221). Ganz überwiegender Ansicht gemäß wird er nach den Sachnormen bestimmt, die das Schuldverhältnis materiell-rechtlich beherrschen (BGH, Urt. v. 20. Mai 1981 – VIII ZR 270/80, aaO S. 2643; Nagel, Internationales Zivilprozeßrecht 3. Aufl. III Rdn. 115; Zöller/Geimer, aaO § 328 Rdn. 107; Martiny aaO Rdn. 679). Ob demzufolge hier deutsches oder brasilianisches materielles Recht anzuwenden ist, hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Nach einer Mindermeinung (Schack, Erfüllungsort aaO Rdn. 223 ff m.w.N., 230) wäre der Erfüllungsort in jedem Falle nach dem für der Gerichtsort geltenden materiellen Recht zu qualifizieren, hier also nach deutschem Recht. Dieser Meinungsstreit braucht nicht entschieden zu werden, weil das deutsche und das brasilianische Recht für den vorliegenden Fall nach dem bisherigen Sach- und Streitstand zu gleichen Ergebnissen führen:
a) Deutschem Recht gemäß kommt auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nur der Sitz der Beklagten als Erfüllungsort für eine Kaufpreisklage in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 22. Oktober 1980 – VIII ZR 264/79, WM 1981, 68, 69 a.E.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO § 29 ZPO Anm. 3 A a; Zöller/Vollkommer aaO § 29 Rdn. 25 Stichwort „Kaufvertrag“). Eine anderweitige Vereinbarung im Sinne des § 29 Abs. 2 ZPO, § 269 Abs. 1 BGB kann nicht allein deshalb angenommen werden, weil ein Teil der von der Beklagten zu leistenden Zahlungen – über eine eröffnende deutsche Bank – durch Bankakkreditiv in Brasilien erbracht werden sollte (vgl. BGH, Urt. v. 16. Januar 1981 – I ZR 84/78, NJW 1981, 1905; OLG München IPRspr 1976 146 S. 421 f; Schack, Erfüllungsort aaO Rdn. 46; Schlegelberger/Hefermehl, HGB 5. Aufl. Anh. Rdn. 241 nach § 365; MünchKomm-BGB/Keller 2. Aufl. § 269 Rdn. 13; Soergel/Manfred Wolf, BGB 12. Aufl. § 269 Rdn. 16; Großkomm. HGB/Canaris 4. Aufl., Bankvertragsrecht Rdn. 1056; Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate S. 27). Danach wäre hier ein deutsches Gericht international zuständig.
b) Gemäß Art. 950 des brasilianischen Codigo Civil, der inhaltlich mit § 269 Abs. 1 BGB übereinstimmt, ist die Zahlung am Wohnsitz des Schuldners zu bewirken, wenn die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben oder die Umstände, die Natur der Verbindlichkeit oder das Gesetz das Gegenteil ergeben. Soweit brasilianische Gerichte die dortige prozessuale Zuständigkeitsregel über den Erfüllungsort (Art. 88 Abs. 2 C.P.C.) möglicherweise weiter auslegen, als es dem brasilianischen materiellen Recht entspräche (vgl. Bergdolt, aaO S. 128), wäre das für die Anwendung des deutschen § 29 ZPO unerheblich.
Allerdings haben die Klägerinnen weiter vorgebracht, nach den bei Vertragsschluß geltenden brasilianischen Devisengesetzen sei die Erfüllung in Brasilien ausdrücklich vorgeschrieben gewesen. Ob eine solche öffentlich-rechtliche Norm bestand und unmittelbar auf den Inhalt internationaler Schuldverträge einwirkte, hat das Berufungsgericht – gemäß seiner Lösung folgerichtig – nicht festgestellt.
c) Nach beiden Rechtsordnungen erheblich wäre eine von den Parteien – als Vollkaufleuten – abgeschlossene Vereinbarung über den Erfüllungsort. Jedoch ist das pauschale Vorbringen der Klägerinnen, Curitiba in Brasilien sei ausdrücklich als Erfüllungsort vereinbart worden, nach deutschem Prozeßrecht nicht hinreichend substantiiert. Es läßt nicht erkennen, welche Personen eine derartige Vereinbarung zu welcher Zeit und an welchem Ort oder in welcher Weise abgeschlossen haben sollen.
IV.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, §§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1, 3, 4 ZPO. Damit wird ihm Gelegenheit gegeben, die Frage der internationalen Anerkennungszuständigkeit der brasilianischen Gerichte unter Beachtung der zu II und III dargelegten Rechtsauffassung des Senats neu zu würdigen und die erforderlichen Feststellungen zu den Behauptungen der Klägerinnen beziehungsweise zum Inhalt des brasilianischen Rechts (§ 293 ZPO) nachzuholen.
1. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls erneut zu prüfen haben, ob das brasilianische Urteil vom 25. November 1980 in Verbindung mit der Berechnung der Geschäftsstelle des Rechnungsamts (Cartorio do contador e anexos) Nr. 143 vom 10. November 1982 und deren richterlicher Bestätigung durch den „Juizo de direito da comarca de Londrina“ vom 30. November 1982 in der Weise für vollstreckbar erklärt werden kann, daß ein Teil der an die Klägerinnen zu zahlenden Beträge in US-Dollars und der andere in Cruzeiros (ORTN) ausgewiesen wird. Zwar scheitert eine Vollstreckbarerklärung entgegen der Ansicht der Revision nicht bereits daran, daß das brasilianische Urteil keinen deutschem Rechtsverständnis entsprechenden Tenor enthält, sondern die zugesprochenen Forderungen nur unter Bezugnahme auf die Klageschrift bezeichnet: Insoweit ist das deutsche Gericht nicht grundsätzlich gehindert, den ausländischen Titel unter Auswertung der in den – zweitschriftlich vorgelegten – brasilianischen Akten enthaltenen Klageschrift zu ergänzen (vgl. z.B. § 313 b Abs. 2 Satz 4 ZPO), falls das eindeutig möglich ist. Jedoch erscheint unklar, ob der vom Berufungsgericht gewählte Ansatz zutrifft.
Es geht davon aus, daß die Berechnung der Geschäftsstelle des brasilianischen Rechnungsamts und deren richterliche Bestätigung insoweit, als sie die gesamten Forderungen der Klägerinnen zu 500.704.045,93 Cr$ zusammenfassen, an der in der Ausgangsentscheidung des brasilianischen Berufungsurteils enthaltenen Aufteilung der an die einzelnen Klägerinnen zu zahlenden Beträge nach US-Dollar und Cr$ nichts geändert habe. Ob dieser Ausgangspunkt richtig ist oder aber die Berechnung durch die Geschäftsstelle die vollstreckbare Urteilssumme auch hinsichtlich der maßgeblichen Fremdwährung endgültig und verbindlich festgelegt hat, kann nur unter eingehender Würdigung des brasilianischen Prozeßrechts beurteilt werden. Das Berufungsgericht wird deshalb zu ermitteln haben (§ 293 ZPO), ob die im brasilianischen Verfahren über die Liquidation des Urteils (Art. 603 ff C.P.C.) ergangenen Entscheidungen für die Zukunft abschließend bestimmen, daß sowie evtl. in welchem Umfange die ausgeurteilten Forderungen in brasilianischer Landeswährung zu erfüllen sind. Darüber hinaus wird dem Vorbringen der Beklagten nachzugehen sein, nach dem der für eine Wertangleichung der Cr$-Beträge angeführte ORTN-Index in Brasilien nicht mehr gilt (vgl. hierzu auch Müssener, IWB Fach 8, Brasilien, Gruppe 2 S. 82 f). Gegebenenfalls wird geprüft werden müssen, ob ein anderer Index an dessen Stelle getreten ist und ob dieser in ergänzender Auslegung des Vollstreckungstitels ebenfalls eine Wertanpassung zuläßt.
2. Sollte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte erneut zu dem Ergebnis gelangen, die Beklagte sei in Brasilien verurteilt worden, einen Teil der Klageforderung in US-Dollar zu zahlen, so wird entgegen der Ansicht der Revision eine Anerkennung nicht an Art. VIII Abschn. 2 b des Abkommens über den internationalen Währungsfonds (Bretton-Woods-Abkommen) vom 1./22. Juli 1944 (BGBl 1952 II 637, 645, 728) scheitern. Dort ist lediglich bestimmt, daß aus Devisenkontrakten, welche die Währung eines Mitglieds berühren und im Gegensatz stehen zu den von dem Mitglied in Übereinstimmung mit diesem Abkommen aufrechterhaltenen oder eingeführten Devisenbestimmungen, in den Gebieten der Mitglieder nicht geklagt werden kann (vgl. hierzu BGHZ 116, 77, 84 f; BGH, Urt. v. 11. März 1970 – VIII ZR 147/68, NJW 1970, 1002; v. 27. April 1970 – II ZR 12/69, NJW 1970, 1507; v. 31. Januar 1991 – III ZR 150/88, WM 1991, 1009, 1010 f). Im Streitfall ist nicht darüber zu entscheiden, ob die Forderungen der Klägerinnen im Inland in US-Dollar eingeklagt werden können, sondern es ist zu prüfen, ob ein entsprechendes ausländisches Urteil in Deutschland vollstreckt werden kann. Wenn dabei das ausländische Gericht in den nach seinem Recht geltenden Devisenbestimmungen kein Klagehindernis gesehen hat, ist dies wegen des Schutzzwecks des Abkommens (vgl. BGH, Urt. v. 8. März 1979 – VIII ZR 48/78, WM 1979, 486) auch für das Anerkennungsverfahren hinzunehmen.
3. Im übrigen sind nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keine Hindernisse ersichtlich, die einer Vollstreckbarerklärung in der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht dargelegt hat, daß die Anerkennung nicht gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ausgeschlossen ist, sind frei von Rechtsfehlern (vgl. BGH, Urt. v. 19. September 1977 – VIII ZR 120/75, NJW 1978, 1114, 1115).

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