Elterngeld: Auch Verluste sind „Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit“ – BSG, 27.10.2016, B 10 EG 5/15 R

Oktober 30, 2016

BSG, 27.10.2016, B 10 EG 5/15 R

Elterngeld: Auch Verluste sind „Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit“

Das BSG hat entschieden, dass auch Verluste aus einer selbstständigen Tätigkeit Einkommen im Sinne des Elterngeldrechts sind und zur Verschiebung des Bemessungszeitraums für das Elterngeld führen können.

Geklagt hatte eine Finanzbeamtin, die während der Elternzeit für ihr erstes Kind im Jahr 2012 ein halbes Jahr lang als selbstständige Beraterin für Küchen- und Haushaltsartikel tätig war. Mit dieser Tätigkeit hatte sie aber nur Verluste erzielt. Ein Jahr vor der Geburt ihres zweiten Kindes im November 2013 gab sie die verlustbringende Selbstständigkeit auf und trat wieder ihren Dienst als Beamtin an. Die Klägerin hatte deshalb verlangt, ihr Elterngeld auf der Grundlage ihrer Beamtenbezüge und sonstiger Einkünfte in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt ihres zweiten Kindes (November 2012 bis Oktober 2013) zu bemessen. Stattdessen berechnete der beklagte Stadtstaat Hamburg das Elterngeld aber nach dem Einkommen der Klägerin im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum vor ihrer ersten Elternzeit, dem Jahr 2011.
Das LSG Hamburg hatte entschieden, dass der Elterngeldberechtigte, sofern er im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum mit seiner selbstständigen Tätigkeit nur negative Einkünfte erzielt habe, dies einer Anwendbarkeit des § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG entgegen steht.

Das BSG hat das Urteil des LSG Hamburg aufgehoben. Trotzdem hat es den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des BSG ist das Abstellen auf einen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum grundsätzlich zu billigen. Das LSG Hamburg müsse prüfen, ob die Elterngeldbehörde den Bemessungszeitraum für das Elterngeld der Klägerin vom Jahr 2012 zutreffend noch weiter auf das Jahr 2011 verschoben hat. Das Gesetz räume der Klägerin insoweit ein Wahlrecht ein. Bisher sei nicht geklärt, ob sie einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Bei sog. Mischeinkünften aus selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung schreibe das maßgebliche Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz seit der Neuregelung vom 10.09.2012 grundsätzlich zwingend die Wahl des letzten Steuerjahres als Bemessungszeitraum vor. Nach dieser jetzt vom BSG bestätigten Regelung lösten auch Verluste, d.h. negative Einkommensbeträge, den Rückgriff auf abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeiträume aus. Selbst wenn diese Verschiebung des Bemessungszeitraums im Einzelfall zu einem erheblich geringeren Elterngeldanspruch führe, sei dies durch das gesetzgeberische Ziel der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt und nicht gleichheitswidrig.

Vorinstanz
LSG Hamburg, Urt. v. 23.04.2015 – L 1 EG 8/14

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