FG Nürnberg, Urteil vom 31.03.2010 – 3 K 1179/2007

Mai 25, 2020

FG Nürnberg, Urteil vom 31.03.2010 – 3 K 1179/2007

Tatbestand

Streitig ist die Verteilung eines Veräußerungsgewinns.

Die Kläger sind die Kinder der am 09.09.1997 gestorbenenA(geboreneB; im Folgenden Erblasserin genannt). Laut Erbschein des Amtsgerichts1vom 17.02.1998 haben sie ihre Mutter zu je 1/3 beerbt. Im eigenhändigen Testament vom 31.03.1997 hatte die Erblasserin u.a. Folgendes verfügt: „Die GrundstückeStr. 1und den übrigen Grundbesitz vermache ich meinen KindernC,DundEzu gleichen Teilen mit der Auflage, den drei Kindern meines verstorbenen SohnesG A(H A,IAundJ A) einen 25 %-Anteil eines eventuellen Verkaufserlöses zu gleichen Teilen auszubezahlen.

Sollte eines dieser Enkelkinder oder als gesetzlicher Vertreter meine SchwiegertochterKversuchen, den Erbteil vorzeitig einzufordern/einzuklagen, verfüge ich, dass derjenige nur den gesetzlichen Pflichtteil erhalten darf.

Bezüglich eines Verkaufs meiner Grundbesitzungen verfüge ich, dass die fünfjährige Behaltensfrist für Betriebsgrundstücke gewahrt bleiben muss.“

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Testament der Erblasserin verwiesen.

Aus der auf dem GrundstückStr. 1betriebenen GärtnereiBerzielten die Kläger als ErbengemeinschaftA/FEinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die der Beklagte einheitlich und gesondert feststellte.

Mit notariellem Vertrag vom 23.01.2002 veräußerten die Kläger u.a. das Betriebsgrundstück der Gärtnerei. Der Kaufpreis für dieses Grundstück und weitere Grundstücke betrug insgesamt 869.196,20 €. Die Übergabe des Gesamtgrundstücks erfolgte zum 30.04.2002, der Kaufpreis war zum 01.06.2002 fällig. Mit Erklärung vom 07.01.2003 teilte die zur Empfangsbevollmächtigten bestellte KlägerinEdies dem Beklagten mit und erklärte, die Gärtnerei mit Ablauf des 15.02.2002 geschlossen zu haben. Von dem auf das Betriebsgrundstück entfallenden Kaufpreisanteil i.H.v. 362.514 € sei der aufH A,IAundJA(im Folgenden Enkelkinder der Erblasserin genannt) entfallende 25 %ige Anteil sowie die Kosten für die Auflösung der Gärtnerei i.H.v. zunächst 2.515,11 € abzuziehen.

Mit Bescheid vom 11.12.2006 setzte der Beklagte für die ErbengemeinschaftAundFlaufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. ./. 1.184 € und einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 355.030 €, mithin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. insgesamt 353.846 € fest, die er zu je 1/3 den Klägern zurechnete. Die Zahlungen an die Enkelkinder der Erblasserin berücksichtigte der Beklagte nicht gewinnmindernd. Der Bescheid ist der KlägerinEals Empfangsbevollmächtigte der Erbengemeinschaft bekannt gegeben worden.

Mit den dagegen erhobenen Einsprüchen wandten die Kläger ein, die drei Kinder des verstorbenen BrudersGAseien von der Erblasserin unter der Bedingung des Verkaufs der Grundstücke als Erben eingesetzt worden. Der Feststellungsbescheid sei deshalb dahin abzuändern, dass der Veräußerungsgewinn zu je 1/4 auf die Kläger und zu je 1/12 auf die zwischenzeitlich volljährigen KinderH A,IAundJAzu verteilen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 28.06.2007 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück mit der Begründung, die Einkünfte seien den Klägern entsprechend ihrem Erbanteil zuzurechnen. Die drei Kinder des verstorbenen Bruders der Kläger hätten auch durch den Verkauf der Grundstücke keine Erbenstellung erhalten. Eine umfassende Erbenstellung sei nur den Klägern zugedacht gewesen, hinsichtlich der Enkelkinder der Erblasserin liege ein Vermächtnis vor. Die Einspruchsentscheidung ist dem steuerlichen Vertreter der Kläger bekannt gegeben worden.

Für die ErbengemeinschaftAundF, bestehend aus Dr.DA,CAundE, ist Klage erhoben worden. Die Klageschrift nennt die 3 Enkelkinder der Erblasserin als „Notwendig Beigeladene“.

Die Erbengemeinschaft bestehe nach Veräußerung des landwirtschaftlichen Betriebes nicht mehr nur aus den Klägern, sondern es gehörten hierzu nun auch die Abkömmlinge des verstorbenen BrudersGA. Die Erblasserin habe bestimmte Gegen-stände und Immobilien sowie Geldvermögen nach näherer Maßgabe unter den Klägern verteilt mit der Bestimmung, dass ein finanzieller Ausgleich stattfinde. Ihre Enkelkinder habe die Erblasserin keineswegs vergessen gehabt. Sie habe aber berücksichtigen wollen, dass diese zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 31.03.1997 noch minderjährig gewesen waren. Der EnkelsohnHAist am 17.12.1982,IAam 13.06.1984 undJAam 13.04.1988 geboren. Deren Vater sei im August 1990 verstorben. Die Erblasserin habe die Sorge gehabt, wenn sie die drei minderjährigen Enkelkinder bereits von Anfang an als Miterben einsetze, dass diese möglicherweise die Erbengemeinschaft auseinandersprengten. Sie habe hingegen gewusst, dass ihre drei verbliebenen Kinder, die Kläger, ein außerordentlich gutes Verhältnis untereinander hätten. Zwischen ihnen habe es kaum Streitigkeiten gegeben. Sie alle hätten einen ordentlichen Beruf erlernt und ausgeübt. Sie seien die Garanten dafür gewesen, dass es nicht zu einer vorzeitigen Auseinandersetzung und zum Auseinanderschlagen oder Verschleudern eines sehr wertvollen Grundbesitzes komme. Der Verstorbenen sei weiterhin klar gewesen, dass ihre drei Kinder mit Sicherheit irgendwann einmal das streitgegenständliche Grundstück veräußern würden. Keines der Kinder würde voraussichtlich die Landwirtschaft weiter betreiben. Aus diesem Grunde habe die Erblasserin ihre drei Enkelkinder sehr wohl mit als Erben bedacht, weshalb sie die entsprechende Formulierung in das Testament aufgenommen habe. Auch durch die Auflage der fünfjährigen Behaltensfrist für das Betriebsgrundstück habe sie zum Ausdruck gebracht, dass eine vorzeitige Verschleuderung des Grundbesitzes habe verhindert werden sollen. Gerade aus der Wortwahl, aber auch nach dem Sinn und Zweck der testamentarischen Bestimmungen ergebe sich, dass die Kinder des verstorbenen Sohnes nicht nur ein Vermächtnis, sondern einen Erbteil erhalten sollten. Die Kläger seien auch vor einer vorzeitigen Einforderung oder einem Einklagen des Erbteils geschützt worden, indem sie für diesen Fall auf den Pflichtteil gesetzt worden seien, was nicht bei Vermächtnissen, sondern bei Erbeinsetzungen angeordnet werde. Diese Bestimmung bringe deutlich zum Ausdruck, dass die Erblasserin ihre drei Enkelkinder als Erben gesehen habe, darauf weise auch die Höhe der Erbschaft hin, nämlich „25 %-Anteil“. Damit sei sichergestellt, dass auch der Stamm des verstorbenen Sohnes der Erblasserin mit einem gerechten Anteil am Gesamtnachlass beteiligt sei. Die streitgegenständliche Bestimmung im Testament enthalte also eine bedingte Erbeinsetzung nach den §§ 2074, 158 BGB. Vor dem Eintritt der Bedingung des Verkaufs des Grundbesitzes hätten die Kinder des verstorbenen Sohnes nur ein Anwartschaftsrecht gehabt, weshalb der erteilte Erbschein des Nachlassgerichts1aus dem Jahre 1997 nicht falsch sei. Zum damaligen Zeitpunkt seien die drei Enkelkinder des verstorbenen Sohnes der Erblasserin zunächst noch nicht Erben gewesen.

Für die Kläger wird beantragt, den Feststellungsbescheid vom 11.12.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2007 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn i.H.v. 353.846 € zu je 1/4 auf die Kläger und zu je 1/12 aufHA,IAundJAzu verteilen ist, hilfsweise den Veräußerungsgewinn um 1/4 zu kürzen.

Für den Beklagten wird Klageabweisung beantragt und zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Akte über die gesonderte/einheitliche Feststellung der Einkünfte der ErbengemeinschaftAundF(StNr. { } ) sowie die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung am 31.03.2010 verwiesen.
Gründe

Die Klage ist vollumfänglich unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die darin vorgenommene Gewinnverteilung ist dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig.

171. Einer notwendigen Beiladung der drei Enkelkinder der Erblasserin,H A,IAundJAbedarf es nicht. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (vgl. § 60 Abs. 3 FGO). Nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO kann gegen Bescheide gegen die einheitliche und gesonderte Festsetzung von Besteuerungsgrundlagen Klage erheben, soweit es sich darum handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt, jeder, der durch die Feststellungen hierzu berührt wird. Im Streitfall werden die Enkelkinder der Erblasserin durch die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht berührt im Sinne der Vorschrift (vgl. Tipke/Kruse, AO-FGO, § 48 FGO Tz. 28). Denn die drei Enkelkinder der Erblasserin sind an den mit den streitgegenständlichen Bescheiden einheitlich und gesondert festgestellten Einkünften nicht beteiligt. Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO werden gesondert festgestellt die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Im Streitfall waren die Enkelkinder der Erblasserin an den Einkünften aus dem Betrieb der Gärtnerei bzw. aus einer Verpachtung der Gärtnerei nicht beteiligt. Solche sind nur von der aus den drei Klägern bestehenden Erbengemeinschaft erzielt worden. Nur diese waren Eigentümer des Betriebs und der Grundstücke. Die Enkelkinder der Erblasserin hatten weder Mitunternehmerrisiko zu tragen noch konnten sie Mitunternehmerinitiative entfalten, sodass sie an den laufenden Einkünften des Gärtnereibetriebs nicht beteiligt waren und folgerichtig auch ihnen gegenüber keine Feststellungsbescheide hierzu ergangen sind. Sie sind auch nicht deswegen – mögliche – Feststellungsbeteiligte, weil im Streitjahr die Gärtnerei bzw. das dazugehörige Betriebsgrundstück veräußert worden ist. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 Abs. 1 EStG gehört zwar auch der Gewinn aus der Veräußerung des Betriebs (vgl. §§ 14, 16 EStG). Aber dies setzt eine Beteiligung des Steuerpflichtigen am veräußerten Betrieb voraus, die im Streitfall bei den Enkelkindern der Erblasserin nicht gegeben war. Die Regelung des § 14 S. 1 EStG erweitert den Begriff der Einkünfte aus Gewerbebetrieb um Veräußerungsgewinne, erweitert jedoch nicht den Kreis der daran Beteiligten. Es war den Enkelkindern der Erblasserin nicht möglich, solche Einkünfte zu erzielen, denn sie waren nach dem Testament weder Eigentümer des Gewerbebetriebs noch der dazugehörigen Grundstücke geworden und haben dementsprechend auch kein Grundstück mitveräußert. Die nach dem Testament vorgesehene Teilhabe am Veräußerungserlös ist keine Beteiligung der Enkelkinder der Erblasserin an steuerpflichtigen Einkünften. Damit sind sie nicht Beteiligte des Feststellungsverfahrens und können von der Entscheidung über die Klage nicht einmal als mögliche Feststellungsbeteiligte berührt werden. In Anbetracht dessen und im Hinblick auf § 30 AO kann deshalb die bloße Behauptung einer Beteiligtenstellung der Enkelkinder der Erblasserin im Streitfall nicht zu einer notwendigen Beiladung führen.

2. Die Klage ist als solche der Kläger und nicht der Erbengemeinschaft zu werten. Nach Aktenlage und den Angaben des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung zufolge, ist die Erbengemeinschaft nach Veräußerung der Gärtnerei bzw. des Betriebsgrundstücks abgewickelt worden. Nach Aktenlage sind auch ab 2003 keine weiteren Feststellungserklärungen für die Erbengemeinschaft eingereicht worden. Daraus folgt, dass für die beendete Erbengemeinschaft nach § 48 FGO nicht mehr die Empfangsbevollmächtigte für die Erbengemeinschaft, sondern die Feststellungsbeteiligten selbst klagebefugt sind (vgl. Tipke/Kruse, AO-FGO, § 48 FGO Tz. 15 m.w.N.). Dementsprechend ist die Klageschrift als Klage der Erben Dr.DA,CAundEauszulegen.

3. Soweit demnach der angefochtene Bescheid vom 11.12.2006 jedem der Beteiligten bekannt zu geben gewesen wäre, ist dies durch Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an den steuerlichen Vertreter der Kläger geheilt worden. Insbesondere weil die Kläger jeweils Einspruch eingelegt haben und dies in der Einspruchsentscheidung auch ausdrücklich festgehalten wird, ist der Einspruchsentscheidung trotz der Nennungen der Erbengemeinschaft im Rubrum hinreichend zu entnehmen, dass sie sich an die ehemaligen Mitglieder der Erbengemeinschaft richtet. Eine andere Auslegung wäre zudem nicht prozessökonomisch und nicht im wohlverstandenen Interesse der Kläger.

204. Der Beklage hat mit den angefochtenen Bescheiden den Klägern den Gewinn, einschließlich des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns, in zutreffender Höhe und zu Recht mit jeweils 1/3 zugerechnet.

a) Der Veräußerungsgewinn ist nicht im Feststellungsbescheid mit je ¼ auf die Kläger und je 1/12 auf die Enkelkinder der Erblasserin zu verteilen. Wie unter 1. der Entscheidungsgründe bereits dargelegt, waren die Enkelkinder der Erblasserin weder am laufenden Gewinn noch am Veräußerungsgewinn beteiligt. Der Verkauf der mit Vertrag vom 23.01.2002 veräußerten Grundstücke erfolgte allein durch die Kläger als Eigentümer. Dementsprechend haben auch nur diese einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Ausführungen unter 1. verwiesen. Der von den Klägern gestellte Hauptantrag mit dem Begehren, den Veräußerungsgewinn im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte zu je 1/12 auf die Enkelkinder der Erblasserin als Feststellungsbeteiligte zu verteilen, hat somit keinen Erfolg.

b) Der von den Klägern gestellte Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet, denn der auf die Kläger zu verteilende Veräußerungsgewinn ist nicht um einen Anteil von 25% zu mindern. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Enkelkinder der Erblasserin nicht unter der aufschiebenden Bedingung der Veräußerung des GrundstücksStr. 1Miterben geworden, sondern es liegt ein Vermächtnisanspruch vor, der den der – aus den Klägern bestehenden – Erbengemeinschaft zugeflossenen, steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nicht mindert (vgl. BFH-Urteil vom 13.09.1994 IX R 104/90, BFH/NV 1995, 384 m.w.N.).

23Nach Auffassung des Senats ist das Testament dahingehend auszulegen, dass die Enkelkinder der Erblasserin durch die letztwillige Verfügung nur einen Vermächtnisanspruch gem. §§ 1939, 2174 BGB i.H.v. 25 % des Erlöses aus dem Verkauf der Grundstücke erhalten sollen. Der Inhalt des formwirksam errichteten Testaments vom 31.03.1997 bedarf der Auslegung, denn die Erblasserin hat einerseits über genau bezeichnete einzelne Vermögensgegenstände zugunsten der Kläger letztwillige Verfügungen (Vorabvermächtnisse) getroffen, andererseits aber bei den Verfügungen über ihre übrige bewegliche Habe, ihres – weiteren – Geldvermögens und über die GrundstückeStr. 1sowie den übrigen Grundbesitz die Formulierung „vermache ich“ verwendet. Eine Veräußerung der Grundstücke ist verbunden mit der „Auflage“ den drei Kindern des vorverstorbenen SohnesGAeinen 25 %igen Anteil eines eventuellen Verkaufserlöses zu gleichen Teilen auszubezahlen. Die Erblasserin hat zwar an den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. im Wege von Vorausvermächtnissen u.a. auch Immobilien an diese vermacht. Vor dem Hintergrund des erzielten Verkaufserlöses für das GrundstückStr. 1und den übrigen, nicht im Wege von Vorausvermächtnissen den Kläger zugewandten Immobilien sowie eingedenk des Umstandes, dass nach der getroffenen Verwirkungsklausel derjenige, der den „Erbteil“ vorzeitig einfordert oder einklagt „nur“ den gesetzlichen Pflichtteil erhalten darf, ist für den Senat hinreichend deutlich, dass die GrundstückeStr. 1und der übrige, nicht durch Vorausvermächtnisse zugeordnete Grundbesitz, wertmäßig den wesentlichen Teil des Nachlasses darstellten und auch die Erblasserin bei Abfassung des Testaments davon ausging. Sie hatte offensichtlich die Vorstellung, der gesetzliche Pflichtteil der Abkömmlinge des vorverstorbenen SohnesGAist geringer als 25 % eines zu erzielenden Verkaufserlöses für die Grundstücke, andernfalls die Zurücksetzung auf den Pflichtteil nicht den erkennbar verfolgten Zweck, nämlich ein Zuwarten der Enkelkinder der Erblasserin mit der Geltendmachung ihrer erbrechtlichen Ansprüchen bis zu einem Verkauf der Grundstücke durch die Kläger, hätte erreichen können. Daraus ergibt sich für den Senat, dass der Formulierung „vermache ich“ im Zusammenhang mit der letztwilligen Verfügung über den – übrigen – Grundbesitz nicht die entscheidende Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob insoweit eine Erbeinsetzung (§ 1937 BGB) oder für die Enkelkinder der Erblasserin ein Vermächtnis (§ 1939 BGB) vorliegt, beigemessen werden kann. Ob ein Bedachter Erbe oder Vermächtnisnehmer ist, beurteilt sich vielmehr nach dem auszulegenden sachlichen Inhalt der letztwilligen Verfügung (vgl. z.B. Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 24.02.1999 1 Z BR 100/98, FamRZ 1999, 1392). Regelmäßig kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein juristisch nicht vorgebildeter Laie die Begriffe „erben“ oder „vermachen“ im juristisch zutreffenden Sinne gebraucht. Bei der Auslegung des Testaments (vgl. §§ 133, 2084 BGB) sind neben den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen auch die speziellen Auslegungsregeln des Erbrechts, insbesondere nach § 2087 BGB zu beachten. Hierbei ist nicht nur zu berücksichtigen, dass die BetriebsgrundstückeStr. 1sowie die übrigen, nicht im Wege von Vorausvermächtnissen den Klägern zu 1. und 2. zugewiesenen Immobilien – wie vorstehend dargelegt – wesentlicher Teil des Nachlasses waren. Die Kläger tragen auch selbst vor, es sei der Wille der Erblasserin gewesen, eine vorzeitige Auseinandersetzung und ein Auseinanderschlagen oder Verschleudern des wertvollen Grundbesitzes zu vermeiden. Die Kläger seien Garanten dafür gewesen, dass es dazu nicht komme, sondern zu gegebener Zeit ein Verkauf des Grundbesitzes erfolgen würde. Den Klägern ist darin zuzustimmen, dass die Erblasserin die Fortführung des Gärtnereibetriebs nur durch ihre drei Kinder wollte. Andernfalls hätte es nahe gelegen, die Enkelkinder des vorverstorbenen Sohnes nicht nur am erzielten Verkaufserlös zu beteiligen, sondern sie bereits vor Veräußerung als Miteigentümer an der Gärtnerei samt Betriebsgrundstück teilhaben zu lassen. Unterstrichen wird dieser Wille der Erblasserin durch die Verfügung im Testament, wonach eine fünfjährige Besitzzeit – wohl im Hinblick auf § 13a Abs. 5 a.F. ErbStG – einzuhalten war und dadurch, dass nur die Kläger Eigentümer des Betriebs und der Grundstücke werden sollten. Eine solche Rechtsposition sollte nach dem Willen der Erblasserin, der durch die Angaben der Kläger bestätigt wird, den Enkelkindern der Erblasserin nicht eingeräumt werden. Ebenfalls in Übereinstimmung mit den Klägern ist festzustellen, dass die Kläger vor einer vorzeitigen Geltendmachung erbrechtlicher Ansprüche der Enkelkinder der Erblasserin bzw. einem dadurch aufgezwungenen Verkauf der Grundstücke durch eine rechtlich zulässige Verwirkungsklausel geschützt sein sollten (§ 2075 BGB; vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, § 2075 Rz. 6 m.w.N.; Urteil des OLG Celle vom 09.03.1995 22 U 73/94, ZEV 1996, 307). Indem die Enkelkinder der Erblasserin nur einen 25 %igen Anteil am Verkaufserlös erhalten sollten und keinerlei unmittelbaren Rechte am Betrieb oder den Betriebsgrundstücken eingeräumt bekamen, hat die Erblasserin aber deutlich ihren Willen zu erkennen gegeben, wonach nur die Kläger Eigentümer und damit Rechtsnachfolger für den Betrieb und die Betriebsgrundstücke werden sollten. Ein Anspruch der Enkelkinder der Erblasserin wurde somit nicht an dem GrundstückStr. 1und dem übrigen Grundbesitz, sondern erst gegenüber dem bei Eintritt des Erbfalls noch nicht zum Nachlass gehörenden Anteil am Verkaufserlös begründet. Dies spricht gegen die Einsetzung der Enkelkinder der Erblasserin als Miterben. Eine solche Stellung ist regelmäßig durch eine Rechtsnachfolge, d.h. den Eintritt in die – vorhandenen – Rechtspositionen des Erblassers, insbesondere als Eigentümer, gekennzeichnet. Weil die Erblasserin damit den wesentlichen Teil ihres Vermögens – verbunden mit der Auflage einer mindestens 5 Jahre dauernden Behaltenszeit – den Klägern zugewandt hat, liegt auch nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB eine Erbeinsetzung der Kläger vor. Hingegen beschränkt sich der Anspruch der Enkelkinder der Erblasserin nur auf einen aufschiebend bedingten, schuldrechtlichen (Geld-)Anspruch gegen den Nachlass, der nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB und der vorgenannten, gegen eine Erbenstellung der Enkelkinder der Erblasserin sprechenden Umstände, zur Annahme eines Vermächtnisses (§§ 2147, 2174 BGB) und nicht einer bedingten Erbeinsetzung führt. Regelmäßig wird der Erblasser einem auf diese Weise Bedachten nicht sein Vermögen als Ganzes (§§ 1922, 1937 BGB) oder zu einer bestimmten Quote zukommen lassen wollen (vgl. Beschluss des BayObLG vom 24.02.1999 1 Z BR 100/98, FamRZ 1999, 1392). Die Erblasserin konnte mit der vermächtnisweisen Zuwendung eines Anteils von 25% am Verkaufserlös und der Verwirkungsklausel rechtlich wirksam erreichen, dass ihrem Willen entsprechend die Enkelkinder entweder im Umfang des Vermächtnisses oder nur mit dem gesetzlichen Pflichtteil am Nachlass partizipieren. Gemäß § 2307 Abs. 1 BGB wird der Wert des Vermächtnisses auf den Pflichtteil angerechnet.

Dieses Auslegungsergebnis entspricht auch dem durch das Amtsgericht1erteilten Erbschein vom 17.02 1998, der die Kläger als Miterben ausweist.

25An dieser Beurteilung ändert auch nichts der Hinweis der Kläger auf das von der Erblasserin in der Verwirkungsklausel verwendete Wort „Erbteil“, denn zum einen ist – wie dargelegt – bei einem juristisch nicht geschulten Erblasser ein Haften am Wortsinne nicht angezeigt. Zum anderen legt insbesondere der Gebrauch des Wortes „vorzeitig“ in diesem Zusammenhang den Schluss näher, dass die Erblasserin den gesetzlichen Erbteil und nicht den zuvor genannten 25 % Anteil am Veräußerungserlös meinte, denn Letzterer war überhaupt erst nach einem Verkauf der Grundstücke auszubezahlen und hätte deshalb nicht „vorzeitig“ geltend gemacht werden können. Ein Anspruch der Enkelkinder der Erblasserin auf einen Verkauf der Grundstücke durch die Kläger ab oder zu einem bestimmten Zeitpunkt war aber nicht gegeben.

26Damit handelt es sich bei der Zahlung eines 25 %igen Anteils am Verkaufserlös an die Enkel der Erblasserin um die Erfüllung von Vermächtnisschulden, die nicht zu Anschaffungskosten des Betriebes bzw. abzugsfähigen Betriebsausgaben führt (vgl. BFH-Urteil vom 13.09.1994 IX R 104/90, BFH/NV 1995, 384; BMF-Schreiben vom 01.11.1993 IV B 2 – S 2242 – 86/92) und die Höhe des Veräußerungsgewinns sowie dessen Verteilung zu je 1/3 auf die Kläger unberührt lässt. Eine Zuwendung von Todes wegen durch ein Vermächtnis hängt nicht mit einer Einkunftserzielung zusammen (vgl. BFH-Urteile vom 28.04.1992 IX R 178/88, BFH/NV 1992, 658; vom 20.12.1994 IX R 113/92, BFH/NV 1995, 959 m.w.N.). Insbesondere ist die Erfüllung von Vermächtnisansprüchen nicht mit der Zahlung von Gleichstellungsgeldern, die im Zuge vorweggenommener Erbfolge gezahlt werden und beim Vermögensübernehmer zu Anschaffungskosten führen, vergleichbar (vgl. zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen BFH-Beschluss vom 10.11.2006 IV B 105/05, juris).

Die Höhe des erzielten Veräußerungserlöses und der auf das Betriebsgrundstück entfallende Anteil ist ebenso wie die Gewinnermittlung im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht strittig.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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