Grunderwerbsteuer: Einheitliches Vertragswerk

März 8, 2020

Finanzgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 10. Dezember 2002 – 3 K 149/01
Grunderwerbsteuer: Einheitliches Vertragswerk
1. Besteht, zwar nicht von Anfang an, aber im Zeitpunkt des endgültigen Grundstücksverkaufs, die Veräußererseite für den Grundstückskauf und für ein noch zu bauendes Haus aus derselben Person, die überdies im Grundstückkaufvertrag den Erwerber zur Bebauung mit einem von ihr angebotenen Haus verpflichtet, so handelt es sich um ein sog. einheitliches Vertragswerk. Die Kosten für den Blockbausatz (Haus) nebst dazugehörigen Planungskosten fließen somit in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit ein.
2. Revision eingelegt (Az. des BFH: II R 12/03).

Tatbestand
Am 20.06.1995 kauften die Kläger von der X.. GmbH einen Blockhausbausatz, Typ E…. 146, zum Preis von 169.500,- DM. Als Liefermonat wurde Mai 1996 vereinbart, als Baustelle und Lieferort wurde das Baugebiet L..-str. in M…., Parzelle Nr. 8, benannt. In Nr. 13 des Vertrages wurden zwei Möglichkeiten für den Aufbau des Hauses offeriert, entweder Montageausführung durch die Verkäuferin oder die sogenannte Richtmeistermontage, bei der die Verkäuferin den Käufern einen Instrukteur für die Eigenbaumontage zur Verfügung stellen würde. Dieser Richtmeister war mit 32 Stunden Arbeitszeit bereits obligatorisch im Kaufvertrag enthalten. Die Kläger entschieden sich für die Richtmeistermontage. Außer Lieferung des Hausbausatzes und Vermittlung eines Richtmeisters umfasste die Leistung der Verkäuferin auch die Erbringung von Planungsleistungen für die Baueingabe, statische Berechnungen, Wärmeschutznachweisung, Werk-/Ausführungspläne und die Aufbauanleitung.
Am 21.06.1995 kauften die Kläger mit notariellem Vertrag (UR-Nr. 172/95 des Notars A… in N….) ein noch zu vermessendes Trennstück Nr. 8 von 513 qm Größe aus dem Grundstück L..-str., eingetragen im Grundbuch von M…. des Amtsgerichts O… , Blatt 1965, Flur, Flurstück 264. Verkäufer war die Y.. Immobilien- und Bauträgergesellschaft mbH in Gründung mit Sitz in M….. In Abt. III des Grundbuchs war eine Grundschuld zugunsten der X.. GmbH eingetragen. Der Kaufpreis für das Grundstück sollte 112.860,- DM betragen.
Dieser Kaufvertrag kam aufgrund von finanziellen Problemen des Verkäufers nicht zur Durchführung. Vielmehr fand am 19.11.1998 die Zwangsversteigerung über das genannte Gesamtgrundstück statt. Dabei erhielt die X.. GmbH den Zuschlag.
Mit Kaufvertrag vom 05.07.1999 (UR-Nr. 739/99 der Notarin B…. in P…. ) erwarben die Kläger schließlich dasselbe Grundstück wie im ersten Kaufvertrag, nunmehr zum Preis von 87.210,- DM von der X.. GmbH. Unter § 6 des Vertrages verpflichteten sich die Kläger, innerhalb von zwei Jahren auf dem erworbenen Grundstück ein Fertigteilhaus der X.. GmbH zu errichten. Ansonsten sollte der Verkäuferin ein Rücktrittsrecht vom Grundstückskaufvertrag zustehen.
Am 15.09.1999 erteilte der Beklagte an jeden der beiden Kläger einen Grunderwerbsteuerbescheid über 4.492,- DM. Als Bemessungsgrundlage wurden der Grundstückskaufpreis sowie der Kaufpreis für den Hausbausatz berücksichtigt.
Dagegen erhoben die Kläger Einspruch und machten geltend, dass sie bereits mit dem damaligen Vorhabenträger, der Y.. , einen Kaufvertrag über das fragliche Grundstück abgeschlossen hätten. Da die Fördermittel von der Investitionsbank des Landes Brandenburg an dieses Grundstück gebunden gewesen seien, hätten sie zwangsläufig mit jedem möglichen Erwerber des Gesamtgrundstücks aus der Zwangsversteigerung einen erneuten Kaufvertrag über ihr Grundstück abschließen müssen. Letztendlich sei es Zufall gewesen, dass gerade die X.. GmbH, mit der sie bereits vier Jahre zuvor den Kaufvertrag über den Hausbausatz abgeschlossen hätten, nun auch in die Rolle des Grundstücksverkäufers geraten sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass, falls ein anderer Bieter das Gesamtgrundstück ersteigert hätte, sie – die Kläger – eine geringere Grunderwerbsteuer zu zahlen hätten. Überdies liege die lange Zeitspanne von vier Jahren zwischen Haus- und Grundstückskauf, so dass man schwerlich von einem einheitlichen Vertragswerk sprechen könne, zumal in ihrem Fall auch das Grundstücksgeschäft dem Hauskauf nachgefolgt sei, was eine unübliche Reihenfolge für ein einheitliches Vertragswerk sei.
Mit Entscheidung vom 15.12.2000 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, dass nach dem Gesamtbild der Vertragsgestaltung im vorliegenden Fall von einem einheitlichen Vertragswerk auszugehen sei. Die Kläger hätten sich unstrittig lange vor dem Grundstückskaufvertrag hinsichtlich des zu bauenden Hauses gebunden. Eben daraus resultiere ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen beiden Verträgen. Die Kläger seien damit zum Zeitpunkt des Grundstückskaufs entgegen ihrer Darstellung nicht mehr völlig frei in ihrer Entscheidung über das „Ob und Wie“ der Bebauung gewesen. Dies werde im übrigen auch durch § 6 des Grundstückskaufvertrages bestätigt, wonach sich die Kläger bei Gefahr des Rücktritts der Verkäuferin vom Kaufvertrag verpflichtet hätten, das Grundstück mit einem Fertigteilhaus der X.. GmbH zu bebauen.
Dagegen haben die Kläger fristgerecht Klage erhoben.
Sie machen geltend, dass in ihrem Fall kein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Kauf des Blockhausbausatzes und dem Grundstückskauf vorliege. Es sei nämlich nicht – wie in der Fertighausbranche üblich – zu einem von Haushersteller und Grundstücksverkäufer vorgegebenen Geschehensablauf gekommen. Verbindungen zwischen dem ursprünglichen Grundstücksverkäufer und der X.. GmbH seien den Klägern nicht bekannt. Maßgeblich für den Streitfall sei vielmehr, dass kein einheitliches Angebot von Grundstück und Gebäude im Rahmen eines vorgegebenen Bebauungs- und Vertragskonzepts an die Kläger gerichtet worden sei.
Von entscheidender Bedeutung sei ferner, dass Gegenstand des Grundstückskaufvertrags das Grundstück in unbebautem Zustand gewesen sei. Denn weder aus dem Grundstücksverkaufvertrag noch aus dem Vertrag über die Lieferung eines Hausbausatzes lasse sich eine Verpflichtung der X.. GmbH zur Errichtung eines Gebäudes herleiten. Vielmehr hätten sie – die Kläger – ihr Haus in Eigenleistung und unter Beauftragung von dritten Unternehmen selbst und eigenverantwortlich errichtet. Der Vertrag über den Kauf eines Blockhausbausatzes sei daher nicht mit einem Gebäudeerrichtungsvertrag vergleichbar, sondern sei nicht anders zu bewerten, als wenn sie Baumaterialien von einem Baustoffhändler gekauft hätten. Abgesehen von der Lieferung des Hausbausatzes durch die X.. GmbH hätten sie – die Kläger – folgende Arbeiten als Eigenleistung erbracht oder durch Drittfirmen erbringen lassen:
1. Bodenplatte, Fundament: Euro Betong AB Sweden,
2. Aufbau des Hausbausatzes in Eigenleistung gemäß Handbuch/Aufbauanleitung,
3. Dacheindeckung: Dachdecker C… ,
4. Kran: D… Krandienst,
5. Dachdämmarbeiten: Holzbau E…. ,
6. Giebelverkleidung, Fenstereinbau: Holz- und Montagebau F… ,
7. Heizung, Sanitär: Fa. G… ,
8. Elektroanlage: H…. GmbH,
9. Schornsteinbau: Fa. I… .
Dazu reichten die Kläger folgende Rechnungen ein:
Vermessungsingenieur: 364,10 DM,
Euro Betong AB Sweden: 31.560,70 DM,
D… Krandienst: 944,99 DM,
Holzbau E….: 867,10 DM,
Holz- und Montagebau F… : 2.432,52 DM,
Dachklempner: 14.255,37 DM.
Ferner bestehe keine Verknüpfung zwischen den beiden mit der Firma X.. GmbH geschlossenen Verträgen. Insbesondere sei der vom Beklagten angeführte § 6 des Grundstückskaufvertrags nur eine Standardfloskel im Vertrag; sie werde vom Parteiwillen nicht getragen. Außerdem hätten sie – die Kläger – auch bei wortgetreuer Auslegung dieser Regelung die Möglichkeit gehabt, jedes beliebige Einfamilienhaus aus dem Angebot der X.. GmbH zu errichten. Schon deshalb sei die Behauptung des Beklagten, die Kläger hätten aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht ganz konkreten und bis zur Baureife gediehenen Vorplanung ein ganz bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im wesentlichen feststehenden Preis angeboten bekommen und dieses Angebot als einheitliches angenommen oder nur insgesamt annehmen können, nicht zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass der Richtmeister mit 55 Arbeitsstunden in Anspruch genommen worden sei. Die Holzbohlen des Blockhausbausatzes seien im wesentlichen bereits auf Maß gefertigt angeliefert worden. Allerdings hätten sie – die Kläger – im Verlauf der Hausmontage die Balken an die genauen Maße der Tür- und Fensteröffnungen anpassen müssen.
Die Kläger beantragen,
abweichend von den Grunderwerbsteuerbescheiden vom 15.09.1999 sowie den dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 15.12.2000 die Grunderwerbsteuer jeweils auf 1.526,- DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass im Streitfall ein einheitliches Vertragswerk vorliege mit der Folge, dass die Kosten für den Hausbausatz in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen wären. Da die Kläger sich im Vorab für ein bestimmtes Haus entschieden hätten, seien sie zum Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags nicht mehr frei gewesen in ihrer Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ der Bebauung.
Die Akte des Bauaufsichtsamtes des Landkreises Q…. zu dem fraglichen Bauvorhaben ist beigezogen worden. In der Akte befindet sich das Abschlussprotokoll Bauüberwachung vom 03.11.1999. In diesem Protokoll wird als bauausführender Betrieb für die Wohnhausmontage die X.. GmbH genannt. Ferner ist in der Bauakte die Bestätigung der X.. GmbH vom 02.03.2000 über sach- und fachgerechte Leistungen zur Vorlage bei der Baubehörde enthalten. Darin heißt es unter anderem, dass alle von der X.. GmbH erbrachten Planungs-, Fertigungs-, Liefer- und Aufbauleistungen gemäß den Vorplanungen, den statischen Berechnungen, den baubehördlichen Auflagen, den geltenden DIN-Normen sowie den anerkannten Regeln des Bauhandwerks entsprächen. Alle von der X.. GmbH geleisteten Arbeiten seien korrekt und ordnungsgemäß durchgeführt worden und könnten jeglicher Begutachtung und Prüfung standhalten. Ferner seien sämtliche Arbeiten unter fachkundiger Anleitung und Beaufsichtigung des X..-Richtmeisters durchgeführt worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt nicht die Rechte des Klägers.
Der Beklagte hat zu Recht die Kosten der X.. GmbH für den Blockhausbausatz nebst dazugehörigen Planungsleistungen mit in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG- einbezogen, denn Gegenstand des grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgangs war nicht nur das unbebaute, sondern das mit dem nach dem Vertrag mit der X.. GmbH vorgesehenen Gebäude bebaute Grundstück.
Der Grunderwerbsteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG jedes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet. Ob ein Grundstück in bebautem oder in unbebautem Zustand zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wird, ist nicht davon abhängig, in welchem Zustand sich das Grundstück im Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags befindet, sondern in welchem Zustand das Grundstück erworben werden soll.
Der zur Bestimmung des Umfangs der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs kann sich (auch) aus zwei oder mehreren Verträgen ergeben, wenn –wie im Streitfall– zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem die Bebauung des Grundstücks betreffenden Vertrag ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält. Ein derartiger objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den Verträgen, die der Errichtung des Gebäudes dienen, kann u.a. in den Fällen vorliegen, in denen der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Erwerber mit dem Grundstücksverkäufer zeitlich vor dem Kaufvertrag über das Grundstück den Bauerrichtungsvertrag abgeschlossen hat (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 10. August 1994 – II R 29/91 – Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen -BFH/NV- 1995, 260, 261). So liegt es im vorliegenden Fall. Zwar bestand die Veräußererseite für Grundstücks- und Hauskauf nicht von Anfang an, aber zum Zeitpunkt des endgültigen Grundstückskaufs aus derselben juristischen Person, die überdies im Grundstückskaufvertrag die Kläger zur Bebauung mit einem von ihr angebotenen Haus verpflichtete.
Damit besteht im Streitfall zwischen Grundstücksübereignungs- und Gebäudeerrichtungsvertrag ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang. Die Kläger erhalten bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück (vgl. Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuer, 15. Aufl. 2002, § 9 Rz.163ff m.N. aus der Rspr.). Diese Fallkonstellation liegt vor, wenn dem Erwerber aufgrund einer ganz konkreten und bis annähernd zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt oder nur insgesamt annehmen kann (siehe z. B. Pahlke/Franz, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG- 2. Auflage, § 9 Tz. 16 m.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Bereits die Hinnahme des von der Anbieterseite vorbereiteten Geschehensablaufs durch den Erwerber kann einen einheitlichen Leistungsgegenstand indizieren. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (vgl. Pahlke/Franz a.a.O. Tz. 23 m.N.) wird eine unumkehrbare Festlegung des Erwerbers auf eine bestimmte Bebauung nicht vorausgesetzt. Vielmehr indiziert eine Hinnahme in dem oben genannten Sinne bereits einen einheitlichen Leistungsgegenstand ohne Rücksicht auf die zeitliche Abfolge der Verträge und ohne tatsächliche oder rechtliche Bindung an die geplante Gestaltung. Die bloße (theoretische) Möglichkeit, nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages keinen Bauerrichtungsvertrag abzuschließen, steht der Annahme eines einheitlichen Leistungsgegenstandes nicht entgegen (vgl. Pahlke/Franz a.a.O. m.N.). Diese Möglichkeit war im Streitfall nicht einmal gegeben. Vielmehr war den Grundstückskäufern im Vertrag die Errichtung eines Hauses eines bestimmten Herstellers vorgegeben worden. Diese Klausel hatte allerdings im Streitfall für die Kläger keine praktische Bedeutung mehr, da sie bereits längst ein Haus bei der X.. GmbH bestellt hatten. Die Kläger hatten sich demnach im Zeitpunkt des Grundstücksvertrages gegenüber der Verkäuferin vertraglich bereits fest an die Errichtung des bestellten Hauses gebunden; sie besaßen keinerlei Entscheidungsspielraum mehr für die Bebauung des Grundstücks.
Soweit die Kläger vortragen, dass die Bauverpflichtungsklausel des § 6 des Grundstückskaufvertrages dem Parteiwillen nicht entspräche, müssen sie doch die notariell beurkundete Fassung des Vertrages gegen sich gelten lassen, da sie unter § 10 Nr. 4 des Vertrages erklärten, dass mündliche Nebenabreden nicht getroffen worden seien. Zudem tragen die Kläger in ihrer Einspruchsbegründung vor, dass der Vertreter der X.. GmbH nicht bereit war, im Notartermin diese Klausel streichen zu lassen. Aus dieser standardisierten Vertragsklausel wird überdies deutlich, dass die X.. GmbH ihre Grundstücke nur an Bauherren verkaufen wollte, die sich verpflichteten, auch ein Haus von ihr zu erwerben
Demnach waren die Kläger zum Zeitpunkt des endgültigen Grundstückskaufs bereits an die Bebauung mit einem Haus der X.. GmbH gebunden. Zwar bestand keine personelle Identität zwischen Grundstücksveräußerer und Hausbausatzlieferer zum Zeitpunkt des Gebäudekaufs. Zu dieser Zeit trat als Grundstücksveräußerer die Y.. Immobiliengesellschaft auf. Eine zivilrechtliche oder auch nur wirtschaftlich bedingte Verbindung zwischen diesen beiden Verträgen ist nach dem Vortrag der Beteiligten und dem Akteninhalt nicht ersichtlich. Soweit eine dingliche Sicherung zugunsten der X.. GmbH bestellt worden war, sind die Umstände der Begründung dieser Grundschuld nicht bekannt geworden. Entscheidend ist jedoch, dass das Grundstück schließlich von der Verkäuferin des Hausbausatzes erworben wurde. Soweit sich die Kläger darauf berufen, es sei reiner Zufall gewesen, dass die X.. GmbH das Grundstück ersteigerte und damit zwangsläufig auch ihre Grundstücksverkäuferin wurde, ist dem entgegenzuhalten, dass der Abschluss des Hauslieferungsvertrages mit der X.. GmbH genauso zufällig war wie die spätere Ersteigerung des Grundstücks durch die X.. GmbH. Hätten die Kläger ein Haus eines anderen Herstellers gekauft, so hätten sie wahrscheinlich das hier fragliche Grundstück von der X.. GmbH nicht erwerben können. Letztlich sind diese hypothetischen Überlegungen aber nicht entscheidend. Vielmehr bewirken die personelle Identität auf der Verkäuferseite sowie die Verbindung der beiden Verträge durch die Bauverpflichtung mit einem Haus der Verkäuferin im Ergebnis das Zustandekommen eines einheitlichen Vertragswerks, auch wenn dies zum Zeitpunkt des Gebäudekaufvertrags noch nicht ersichtlich war. Für die Annahme eines einheitlichen Vertragswerkes ist es nämlich nicht erforderlich, dass bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Vertrages ein finales, auf die Übereignung eines bebauten Grundstücks gerichtetes Handeln der Verkäuferseite erkennbar sein muss. Entscheidend ist vielmehr, wie sich die Situation im Zeitpunkt des zweiten Vertrages darstellt. Zu diesem Zeitpunkt war – wie dargestellt – die personelle Identität der Verkäuferseite sowie die zivilrechtliche Verknüpfung der beiden Kaufverträge durch § 6 des Grundstückskaufvertrages gegeben.
An diesem Ergebnis vermag auch der Vortrag der Kläger, dass sie ihr Haus selbst und mit Hilfe von dritten Unternehmern errichtet hätten, nichts zu ändern.
Entgegen der Ansicht der Kläger war Gegenstand des Hausbausatzkaufvertrages mit der X.. GmbH nicht nur – wie bei einem Vertrag mit einem Baustoffhändler – die Lieferung der für die Rohbauerstellung notwendigen Baumaterialien. Die Auslegung dieses Vertrages führt unter Berücksichtigung des bereits dargelegten objektiv sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Grundstückskaufsvertrag und diesem Vertrag und des sich daraus ergebenden Zwecks des Vertrages vielmehr zu der Feststellung, dass der Vertrag mit der X.. GmbH darauf abzielte, das Grundstück in der Weise bebaut, wie es sich aus dem Inhalt des Vertrages ergibt, den Klägern zu verschaffen. Die umfangreichen eigenen Arbeiten der Kläger stellen sogenannte Eigenleistungen dar, die die Hauptverpflichtung der Verkäuferseite unberührt lassen, den Klägern das Grundstück mit einem Gebäude – wie im „Leistungsverzeichnis Europa 146“ beschrieben – zu übereignen. Auch umfangreiche Eigenleistungen ändern an einer solchen von der Veräußererseite zu erbringenden Hauptleistung zumindest dann nichts, wenn wesentliche Arbeiten zur Herstellung des Gebäudes von der Veräußererseite zu erbringen sind (Urteil des BFH vom 18.07.1990 – II R 41/88 – Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 161, 177). Solche wesentlichen Arbeiten hat die X.. GmbH im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes erbringen müssen. So hatte die X.. GmbH Pläne für die Baueingaben, statische Berechnungen, Wärmeschutznachweisungen, Aufbauanleitung und Werk-/Ausführungspläne für die eigentlichen Bauarbeiten zu erstellen. Ferner hat sie den Richtmeister als Bauleiter eingesetzt und die Einweisung durchführen lassen. Die für den Rohbau erforderlichen Baumaterialien hat die X.. GmbH angeliefert. Die nach dem Vertrag mit der X.. GmbH zu erbringenden Arbeiten waren nach Art und Umfang wesentliche Arbeiten der Verkäuferseite zur Errichtung des Gebäudes, insbesondere auch deshalb, weil vor allem die planerisch-organisatorischen Arbeiten, die den eigentlichen Gehalt von Gebäudeerrichtungsarbeiten ausmachen, wesentlich von der Veräußerin, insbesondere dem von ihr vermittelten Richtmeister durchgeführt wurden (vgl. rkr. Urteil des FG Düsseldorf vom 13.03.2001 – 3 K 1689/96 GE – Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst -DStRE- 2001, 767).
Der Beklagte hat deshalb zu Recht neben dem Grundstückskaufpreis auch den Preis für den Hausbausatz (nebst den dazugehörigen Leistungen) nach dem Vertrag vom 20.06.1995 mit der X.. GmbH der Gegenleistung gemäß § 9 Abs. 1 Nr.1 GrEStG zugerechnet.
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO- wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, da bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob beim Kauf eines Grundstücks und eines „Bausatzes für den Rohbau“ mit erheblichen Eigenleistungen der Käufer bei Errichtung des Gebäudes – wie im Streitfall – Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein bebautes Grundstück ist
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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