KG Berlin, Urteil vom 20. April 2018 – 9 U 69/16 Für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnisse des Verletzten

Mai 25, 2019

KG Berlin, Urteil vom 20. April 2018 – 9 U 69/16
Für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnisse des Verletzten
Für die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB genügt die bloße Kenntnis der zugrunde liegenden Tatsachen im Sinne äußerer Geschehensabläufe und es ist nicht erforderlich, dass der Geschädigte aus diesen Tatsachen auch den zutreffenden rechtlichen Schluss auf ein amtspflichtwidriges Verhalten zieht, auch wenn der Geschädigte nicht zu erkennen vermag, ob die Amtstätigkeit des Notars amtspflichtwidrig war, weil ihm die Amtspflichten eines Notars (z.B. aus § 17 Abs. 2a BeurkG) nicht bekannt sind, und er deshalb auch keinen Anlass zur Einholung von Rechtsrat hat.
Dieses Urteil weicht von der Entscheidung des BGH, 6. Februar 2014, IX ZR 245/12, ab, nach der der Geschädigte darüber hinaus auch die Pflichtwidrigkeit des Handelns des Schädigers erkennen können muss. Die Revision wurde deswegen zugelassen.

Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Juli 2016 (84.O.66/15) wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Notar Schadensersatz wegen der Verletzung von § 17 Abs. 2a BeurkG bei der Beurkundung eines Kaufvertrages über zwei Eigentumswohnungen in Plauen. Käufer waren die Klägerin und deren Ehemann, der zwischenzeitlich verstorben ist und dessen Alleinerbin die Klägerin ist.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Schadenersatzansprüche seien verjährt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Sie meint, ihr Anspruch sei nicht verjährt. Bis zum Abschluss des Vorprozesses gegen die Verkäuferin habe sie nicht gewusst, dass sie Ansprüche gegen den Beklagten geltend machen könne. Die Klärung durch Inanspruchnahme der Verkäuferin habe sie nicht ungebührlich hinausgeschoben. Auch habe sie seinerzeit bei der Beurkundung nicht erkennen können, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die zweiwöchige Frist aus § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG einzuhalten. Sie habe nicht wissen können, dass die Einhaltung der Frist unverzichtbar gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 120.094,56 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2003 zu zahlen – Zug um Zug gegen lastenfreie – mit Ausnahme des in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Sanierungsvermerks – Übertragung des im Grundbuch des Amtsgerichts Plauen von Plauen, Bl. nnn eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 504,17/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flurstück nnn, nnnn straße nn, nnnn straße n verbunden mit dem Sondereigentum Objekt nnnn straße n an der Wohnung Nr. n nebst Balkon in Größe von 66,78 m² und Kellerraum im Kellergeschoss auf den Beklagten;
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 110.155,45 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Februar 2003 zu zahlen – Zug um Zug gegen lastenfreie – mit Ausnahme des in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Sanierungsvermerks – Übertragung des im Grundbuch des Amtsgerichts Plauen von Plauen, Bl. nnn eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 373,87/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flurstück nnn, nnnn straße nn, nnnn straße n verbunden mit dem Sondereigentum Objekt nnnn straße n an der Wohnung Nr. n nebst Balkon in Größe von 49,52 m² und Kellerraum im Kellergeschoss auf den Beklagten;
3. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von Zinszahlungen aus dem Erwerb der in Ziff. 1. und 2. näher bezeichneten Wohnungen gegenüber der Deutschen Bank Privat- und Geschäftskunden AG für das Darlehen vom 17./18. März 2014 mit der Konto-Nummer nnnn ab dem 1. Januar 2015 freizustellen – Zug um Zug gegen Übertragung der Wohnungseigentumsrechte gemäß Ziff. 1. und 2.;
4. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Übertragungsangebote der Klägerin gemäß Ziff. 1 und 2 in Verzug befindet.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin der geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus § 19 Absatz 1 BNotO zusteht, denn der Beklagte ist gemäß § 214 Absatz 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern, weil der Anspruch verjährt ist.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung in den nachfolgenden streitentscheidenden Punkten.
Schadensersatzansprüche wegen Verletzung notarieller Amtspflichten verjähren gemäß § 19 Abs. 1 S. 3 BNotO in Verbindung mit §§ 839, 195 BGB in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Die erforderliche Kenntnis hat der Gläubiger sobald er die schädlichen Folgen der Gestalt kennt, dass er eine Schadensersatzklage – zumindest in der Form der Feststellungsklage – mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg erheben kann, die Klageerhebung ihm also zumutbar ist. Erforderlich und genügend ist dafür im Allgemeinen die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Schaden und die Person des Schädigers ergeben.
Auf dieser Grundlage ist das Landgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin jedenfalls im Jahre 2004 von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat, sodass mit Ablauf des Jahres 2007 Verjährung eingetreten ist. Folgerichtig hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Beurkundung Kenntnis davon hatte, dass ihr der Beurkundungstext nicht zwei Wochen zuvor zur Verfügung gestellt worden war und ihr darüber hinaus aus den erteilten Hinweisen des Beklagten, die in der Angebotsurkunde niedergelegt sind, bekannt war, dass der Beklagte als Notar diesbezüglich Amtspflichten zum Verbraucherschutz unterlag.
Auch die tatsächlichen Umstände, aus denen sich der geltend gemachte Schaden ergibt, waren der Klägerin danach bekannt. Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass die Klägerin ihren Schaden in der vorzeitigen Beurkundung sieht, die zum Abschluss des ansonsten nicht zustande gekommenen Kaufvertrages geführt habe. Das Zustandekommen des Kaufvertrages mit der Folge der Kaufpreiszahlungsverpflichtung und der dazu eingegangenen Darlehensverpflichtungen erfolgte ebenfalls bereits im Jahre 2004.
2. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Sie stehen insbesondere im Einklang mit der Rechtsprechung des für die Notarhaftung zuständigen III. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs.
a) Richtig ist zwar, dass nach dieser Rechtsprechung bei einem Amtshaftungsanspruch die Verjährung erst dann beginnen kann, wenn der Geschädigte weiß, dass die Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft war und deshalb eine Amtspflichtverletzung darstellt. Dafür genügt aber im Allgemeinen auch insoweit, dass der Verletzte allein die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als nahe liegend und eine Amtshaftungsklage – sei es auch nur als Feststellungsklage – mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass ihm die Klageerhebung zugemutet werden kann (vgl. zu § 839 BGB: BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05 -, Rn. 28, juris).
Zwar vertritt der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes im Rahmen der Anwaltshaftung die Auffassung, dass eine Kenntnis oder grobe fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht schon dann vorliegen, wenn dem Gläubiger Umstände bekannt werden, nach denen zu seinen Lasten ein Rechtsverlust eingetreten ist (BGH, Urteil vom 06. Februar 2014 – IX ZR 245/12 -, Rn. 9, juris). Die Ausführungen des IX. Zivilsenates legen hierbei nahe, dass allein die Kenntnis der tatsächlichen Umstände einem Laien noch keine Kenntnis auch der Pflichtwidrigkeit einer Handlung vermittelt.
Anknüpfend an vergleichbare Konstellationen in der Arzthaftung (wo anerkannt sei, ”dass die Kenntnis vom Schaden nicht schon dann bejaht werden kann, wenn dem Patienten lediglich der negative Ausgang der ärztlichen Behandlung bekannt ist”, vielmehr der Patient als medizinischer Laie Kenntnis von Tatsachen erlangt haben müsse, ”aus denen sich ergibt, dass der Arzt von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht getroffen hat, die nach dem ärztlichen Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich gewesen wären” – BGH, a.a.O. Rn. 10), der Amtshaftung (wo für den Beginn der kenntnisabhängigen Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs der Geschädigte zumindest solche tatsächlichen Umstände kennen müsse, die ihm eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als naheliegend erscheinen lassen – BGH a.a.O. Rn. 11) sowie an Fälle unzureichender Aufklärung bei geschädigten Anlegern (wo ebenfalls die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge verlangt werde, aus denen sich eine Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt – BGH, a.a.O. Rn. 12) hält es der IX. Zivilsenat auch in der Anwaltshaftung nicht für ausreichend, dass der Geschädigte nur die wesentlichen tatsächlichen Umstände kennen muss. Vielmehr muss der Geschädigte darüber hinaus auch Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen, aus denen sich für ihn ergibt, dass der Rechtsberater seine Pflichten verletzt hat. Die in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen treffen auch auf den Urkundsbeteiligten eines Notars zu:
”Der Mandant ist in einer vergleichbaren Lage wie der Patient, der Amtshaftungsgläubiger oder der Anleger. Auch er ist in der Regel nicht fachkundig, hat seine rechtlichen Belange dem dazu berufenen Fachmann anvertraut und kann daher dessen etwaige Fehlleistungen – eben wegen seiner Rechtsunkenntnis – nicht erkennen (…). Die Fachkunde des Rechtsanwalts und das Vertrauen seines Auftraggebers begründen typischerweise im Rahmen eines Anwaltsvertrages eine Überlegenheit des Anwalts gegenüber seinem regelmäßig rechtsunkundigen Mandanten (…). Daher vermag beispielweise der ungünstige Ausgang eines Rechtsstreits in erster Instanz grundsätzlich noch nicht die erforderliche Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu vermitteln. Vielmehr muss der Mandant nicht nur die wesentlichen tatsächlichen Umstände kennen, sondern auch Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen, aus denen sich für ihn – zumal wenn er juristischer Laie ist – ergibt, dass der Rechtsberater von dem üblichen rechtlichen Vorgehen abgewichen oder Maßnahmen nicht eingeleitet hat, die aus rechtlicher Sicht zur Vermeidung eines Schadens erforderlich waren (…). Nicht die anwaltliche Beratung sondern erst der Pflichtenverstoß des Rechtsberaters begründet den gegen ihn gerichteten Regressanspruch (…).” (BGH a.a.O. Rn. 15)
Im vorliegenden Fall ergab sich aus den notariellen Urkunden, dass die Wartefrist des § 17 Absatz 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG nicht gewahrt war und der Beklagte insoweit Amtspflichten, die Klägerin und deren Ehemann zu schützen, hatte. Weiterhin hatte der Beklagte auf die Gefahren hingewiesen, vor denen die Vorschrift schützen sollte wie auch auf seine diesbezüglichen Amtspflichten. Trotz dieses Hinweises wünschten die Klägerin und deren Ehemann die Beurkundung noch am selben Tage. Hieraus könnte die Schlussfolgerung zu ziehen sein, dass diese über die notwendige Kenntnis der Tatsachen im Sinne einer Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. Fahrendorf in Fahrendorf/Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, 9. Auflage, 2017, Rn. 1186 m.w.N., Chab in Fischer u.a. Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Auflage, 2015, § 7 Rn. 214; Maßstab der Erkennbarkeit für den juristischen Laien: BGH, Urteil vom 15. Juni 2010 – XI ZR 309/09 -, Rn. 17, juris; “wenn sich auch einem außen stehenden Dritten aufdrängen muss”: BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05 -, juris, Rn. 28) verfügten, aus denen sich die Abweichung von dem normativ geforderten Vorgehen des Notars (vgl. zum Rechtsanwalt “Abweichung von dem üblichen rechtlichen Vorgehen”: BGH, Urteil vom 06. Februar 2014 – IX ZR 245/12 -, juris, Rn. 15; zur Amtshaftung: BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05 -, juris Rn. 28; vgl. auch Chab in BRAK-Mitt 2010, 208, 209) ergab, insbesondere weil nur sie selbst beurteilen konnten, ob sie in ausreichendem Maße vor einer Übereilung geschützt worden waren oder der Notar seiner auf ihren Schutz gerichteten Amtspflicht nicht gerecht geworden war. Dennoch erscheint es zweifelhaft, ob sich für die Klägerin und deren Ehemann daraus erschließen konnte, dass die zu ihrem Schutz eingeführte Amtspflicht des § 17 Abs. 2 a BeurkG nicht disponibel war und die mit Rücksicht auf die Befürchtung, die Eigentumswohnungen könnten anderweitig veräußert werden, dennoch durchgeführte Beurkundung amtspflichtwidrig erfolgt ist. Einem Verbraucher sind die Amtspflichten eines Notars nicht bekannt, dies gilt auch für die Regelung des § 17 Abs. 2 a BeurkG. Die zugrunde liegenden Tatsachen im Sinne äußerer Geschehensabläufe mögen dem Verbraucher bekannt sein. Allein auf dieser Grundlage vermag er jedoch regelmäßig nicht zu erkennen, ob die Amtstätigkeit des Notars amtspflichtwidrig war. Auch zur Einholung von Rechtsrat hat der Verbraucher unter diesen Umständen keinerlei Anlass. Er darf sich auf ein amtspflichtgemäßes Verhalten des Notars grundsätzlich verlassen.
Dem steht jedoch die ständige Rechtsprechung des für die Notarhaftung zuständigen III. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, entgegen, wonach die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdigung voraussetzt. Es genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit vielmehr die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 – III ZR 220/07 -, Rn. 7, juris). Dies setzt nicht voraus, dass der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05 -, Rn. 28, juris). Daher kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt. Rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Geschädigten beeinflussen den Beginn der Verjährung in der Regel nicht, weil er die Möglichkeit hat, sich beraten zu lassen (BGH, Urteil vom 03. März 2005 – III ZR 353/04 -, Rn. 17, juris; Urteil vom 25. Februar 1999 – IX ZR 30/98 -, Rn. 19, juris).
Zwar hat auch der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (mehrfach) ausgesprochen, dass bei einem Anspruch aus § 839 BGB die Verjährung erst beginnen könne, ”wenn der Geschädigte weiß, dass die in Rede stehende Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft und deshalb eine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung war” (BGH, Urteil vom 16. September 2004 – III ZR 346/03 -, Rn. 39, juris; Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05 -, Rn. 28, juris), stets hat er im Anschluss daran jedoch klargestellt, dass hierfür die bloße Kenntnis der tatsächlichen Umstände genügt und es nicht erforderlich ist, dass der Geschädigte aus den bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht.
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass bis zum Abschluss des im Jahre 2013 begonnenen Rechtsstreits gegen die Verkäuferin die Klägerin keine Kenntnis vom Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit gehabt habe und der Verjährungsbeginn deshalb aufgeschoben gewesen sei.
Richtig ist zwar, dass im Falle einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung auch das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit eine zur Klagebegründung gehörende Voraussetzung darstellt und sich die gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis auch darauf erstrecken muss, dass der Schaden nicht auf andere Weise gedeckt werden kann (BGH, Urteil vom 03. März 2005 – III ZR 353/04 -, Rn. 18, juris). Unabhängig davon beginnt die Verjährung in diesen Fällen jedoch bereits dann, wenn der Geschädigte weiß, dass die anderweitige Ersatzmöglichkeit seinen Schaden mindestens teilweise nicht deckt. Schon das teilweise Fehlen der anderweitigen Ersatzmöglichkeit macht eine Feststellungsklage schlüssig und damit zumutbar (BGH, Urteil vom 26. November 1987 – IX ZR 162/86 -, Rn. 15, juris).
Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin gegen die Verkäuferin allein die Rückzahlung der Kaufpreise gerichtlich geltend machen. Nur insoweit kam ein Bereicherungsanspruch, gestützt auf die behauptete Unwirksamkeit der Kaufverträge wegen der Verwendung unwirksamer Klauseln für die Bindungsfrist in den Kaufvertragsangeboten, in Betracht. Der Klägerin war von Anfang an klar, dass sie sich wegen der weiteren Schadenspositionen, insbesondere wegen der Finanzierungskosten, in jedem Falle an den Beklagten halten musste.
c) Auch auf eine Rechtsunkenntnis wegen unübersichtlicher oder zweifelhafter Rechtslage kann sich die Klägerin für ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns nicht berufen.
Richtig ist zwar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Verjährungsbeginn wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein kann, wenn die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft ist, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermag, weil es dann an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 – III ZR 220/07 -, Rn. 7, juris; Urteil vom 03. März 2005 – III ZR 353/04 -, Rn. 17, juris; Urteil vom 25. Februar 1999 – IX ZR 30/98 -, Rn. 19, juris). Eine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage besteht nicht schon dann, wenn noch keine höchstrichterliche Entscheidung einer bestimmten Frage vorliegt. Vielmehr ist dafür ein ernsthafter Meinungsstreit in Rechtsprechung und Schrifttum erforderlich (BGH, Urteil vom 07. Dezember 2010 – XI ZR 348/09 -, Rn. 21, juris).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Wie der Senat bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 2008 ausgeführt hat, entsprach es schon seinerzeit der überwiegenden Auffassung in der Literatur, dass ein Abweichen von der Regelfrist nach § 17a Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG nur dann in Betracht kommt, wenn im Einzelfall nachvollziehbare Gründe es rechtfertigen, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen, und der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz auf andere Weise als durch die Einhaltung der gesetzlichen Regelfrist gewährleistet ist (Senat, Beschluss vom 27. Juni 2008 – 9 W 133/07 -, Rn. 11, juris). Die Einhaltung der Vorschrift des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG steht nicht zur Disposition der Urkundsbeteiligten (Senat a.a.O. Rn. 12; s.a. BGH, Urteil vom 07. Februar 2013 – III ZR 121/12 -, Rn. 20, juris). Unter diesen Umständen lag keine derart unübersichtliche Rechtslage vor, dass eine Klageerhebung unzumutbar gewesen wäre.
3. Die Ende des Jahres 2007 abgelaufene Verjährung konnte weder durch die in dem gegen die Verkäuferin geführten Rechtsstreit im Jahre 2013 erfolgte Zustellung einer Streitverkündung (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB) noch durch Erhebung der vorliegenden Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) gehemmt werden.
Auf die sich im Zusammenhang mit der Streitverkündung stellenden Fragen kommt es damit vorliegend nicht an.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision war zuzulassen (§ 543 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. ZPO).
Der Senat sieht sich zwar in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des für die Notarhaftung zuständigen III. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs, weicht damit jedoch in der Frage, ob für die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allein die Kenntnis der tatsächlichen Umstände ausreicht oder ob der Geschädigte darüber hinaus auch die Pflichtwidrigkeit des Handelns des Schädigers erkennen können muss, von der Entscheidung des IX Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 6. Februar 2014 ab (IX ZR 245/12 -, Rn. 15, juris). Jedenfalls misst der Senat der Klärung dieser Frage grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

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