KG, Urteil vom 21.06.2022 – 21 U 122/21

Juni 29, 2022

KG, Urteil vom 21.06.2022 – 21 U 122/21

Tenor
I. Das Urteil des Landgerichts vom 16. August 2021 wird unter Aufhebung der Kostenentscheidung in den Ziffern 1 bis 3 des Tenors abgeändert, sodass es künftig wie folgt lautet:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 41.482,72 € sowie weitere 1.434,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus den folgenden Teilbeträgen zu zahlen:

Aus 35.700,00 € ab dem 1. Mai 2020,

aus 5.782,72 € ab dem 8. Mai 2020 und

aus 1.434,40 € ab dem 23. Juli 2020.

2. Die weitergehende Klage gegen die Beklagte zu 1) sowie die Klage gegen die Beklagte zu 2) werden abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits über beiden Instanzen werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese selbst zu 60 %, die Beklagte zu 1) zu 40 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen diese selbst zu 67 % und die Klägerin zu 33 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
A.

Die Parteien streiten um die Rückgewähr von Zahlungen nach dem Ausfall zweier Veranstaltungen im Jahr 2020.

Die Klägerin ist eine Eventagentur, die gewerblich Großveranstaltungen organisiert.

Die miteinander verbundenen Beklagten, die dieselbe Geschäftsanschrift und denselben Geschäftsführer haben, betreiben gemeinsam den Veranstaltungsort W in Berlin (im Folgenden: W). Die Beklagte zu 1) vermietet diese Räumlichkeiten an Kunden, die dort eine Veranstaltung durchführen wollen. Die Beklagte zu 2) erbringt gastronomische Leistungen im W.

Im Februar 2020 wollte die Klägerin die folgenden Veranstaltungen im W durchführen:

Das „I“ am 13. Mai 2020, eine Mitarbeiterveranstaltung der I GmbH mit Plenarveranstaltung und einzelnen Workshops für ca. 850 Teilnehmer (im Folgenden: Mai-Event) sowie das G am 29. August 2020 mit 400 Gästen (im Folgenden: August-Event).

Am 4./5. Februar 2020 mietete die Klägerin bei der Beklagten Räume im W für das Mai-Event zu einem Preis von 30.000,00 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, also 35.700,00 (einschließlich Umsatzsteuer).

Dem Vertrag (im Folgenden: Mietvertrag 1) sind allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) beigefügt, die auf jeder Druckseite das Logo und die Geschäftsanschrift der Beklagten zu 1) aufweisen. Diese AGB enthalten die folgende Regelung, wobei die Beklagte zu 1) im Folgenden mit „R“ abgekürzt wird:

§ 18 Höhere Gewalt

Kann die Veranstaltung auf Grund höherer Gewalt nicht stattfinden, so trägt jeder Vertragspartner seine bis dahin entstandenen Kosten selbst. Ist die R für den Kunden in Vorleistung getreten, die vertraglich zu erstatten wären, so ist der Kunde in jedem Fall zur Erstattung dieser Kosten verpflichtet. Der Ausfall einzelner Künstler oder das nicht rechtzeitige Eintreffen eines oder mehrerer Teilnehmer sowie schlechtes Wetter einschließlich Eis, Schnee und Sturm fällt in keinem Fall unter den Begriff „höhere Gewalt“.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag verwiesen (Anlage B 6).

Ebenfalls am 4./5. Februar 2020 beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 2) mit näher bestimmten gastronomischen Dienstleistungen für das Mai-Event zu einem Preis von 70.000,00 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, also 83.300,00 €.

Dem Vertrag (im Folgenden: Bewirtungsvertrag) sind AGB beigefügt, die auf jeder Druckseite das Logo und die Geschäftsanschrift der Beklagten zu 2) aufweisen. Sie weichen von den AGB des Mietvertrags 1 ab und enthalten nicht den oben wiedergegebenen § 18. Die AGB des Bewirtungsvertrags enthalten die folgende Regelung, wobei die Beklagte zu 2) im Folgenden mit „S“ abgekürzt wird:

§ 6 Pauschalierter Vergütungsanspruch

1. Kündigt der Kunde den Vertrag oder wird die Veranstaltung nicht durchgeführt, so kann S folgende pauschalierte Abgeltung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen und Aufwendungen verlangen:

– Kündigung bis zum 15. Tag vor Veranstaltungsbeginn: 75 % des Bestellwertes

– Kündigung ab dem 14. Tag vor Veranstaltungsbeginn: 100 % des Bestellwertes

2. Der Kunde hat das Recht nachzuweisen, dass S kein Schaden oder ein Schaden nicht in dieser Höhe entstanden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 3 verwiesen.

Bereits am 3. Februar 2020 mietete die Klägerin bei der Beklagten zu 1) Räume im W für das August-Event zu einem Preis von 27.958,22 € (einschließlich Umsatzsteuer).

Dem Vertrag (im Folgenden: Mietvertrag 2) sind dieselben AGB beigefügt wie dem Mietvertrag 1. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 2 verwiesen.

Für das Mai-Event zahlte die Klägerin im Februar 2020 die vollständige Vergütung aus dem Mietvertrag 1, also 35.700,00 €, an die Beklagte zu 1) sowie 50 % der Vergütung aus dem Bewirtungsvertrag, also 41.650,00 € an die Beklagte zu 2).

Für das August-Event zahlte die Klägerin am 20. März 2020 die vollständige Miete aus dem Mietvertrag, also 27.958,22 € an die Beklagte zu 1).

Noch vor der zuletzt genannten Zahlung, nämlich am 18. März 2020, trat die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung (SARS-CoV-2-EindmaßnV) des Senats von Berlin in Kraft, die am 23. März 2020 durch eine weitere Verordnung mit derselben Bezeichnung ersetzt wurde. In § 1 SARS-COV-2-EindmaßnV werden öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen, Versammlungen, Zusammenkünfte und Ansammlungen weitgehend verboten.

Am 14. April 2020 fragte eine Mitarbeiterin der Klägerin bei den Beklagten an, ob in Anbetracht der aktuellen Situation das Mai-Event in den September verschoben werden könne, ohne dass der bestehende Vertrag storniert werden muss (Anlage K 16).

Noch am selben Tag bot eine Mitarbeiterin der Beklagten zu 2) der Klägerin zwei Ausweichtermine im September zur Auswahl an. Da der September einer der „Premiummonate mit sehr hoher Auslastung“ sei, könne der reduzierte Preis von 100.000,00 € für Miete und Bewirtung nicht gehalten werden, sondern es müsse ein Aufpreis von 44.000,00 € netto berechnet werden (Anlage K 17).

Die Klägerin ging darauf nicht ein, sondern erklärte am 20. April 2020 gegenüber den Beklagten den Rücktritt von den Verträgen für das Mai-Event (Anlage K 18). Am 23. April 2020 erklärte sie den Rücktritt von dem Vertrag für das August-Event (Anlage K 19).

Ab Juni 2020 lockerte der Senat von Berlin in einer Änderungsverordnung zur SARS-COV-2-EindmaßnV das Verbot von Veranstaltungen und Zusammenkünften; zunächst waren Veranstaltungen mit 150 Teilnehmern wieder gestattet, ab dem 1. August 2020 waren auch Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit weniger als 500 Teilnehmern erlaubt, sofern ein Hygienekonzept eingehalten wird.

Nachdem die Klägerin die Beklagten fruchtlos zur Rückzahlung der für das Mai- und das August-Event jeweils erhaltenen Zahlungen aufgefordert hatte, hat sie vor dem Landgericht Berlin Klage gegen beide Beklagte erhoben und zwar gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von 63.659,22 € und gegen die Beklagte zu 2) auf Zahlung von 41.650,00 €, jeweils nebst Zinsen und der Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten. Die Beklagten meinen, nicht zur Rückzahlung verpflichtet zu sein, da sie nicht das Verwendungsrisiko für die angemieteten Räume bzw. die Bewirtung trügen.

Mit Urteil vom 16. August 2021 hat das Landgericht beiden Klagen mit Ausnahme eines Teils der Zinsen in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte zu 1) sei aufgrund von § 18 der AGB der Mietverträge zur Rückgewähr der erhaltenen Anzahlungen verpflichtet, die Beklagte zu 2) gemäß §§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB, da ihr die Erfüllung des Bewirtungsvertrags im Mai aufgrund der „behördlichen Anordnungen zur Eindämmung des Coronavirus“ unmöglich geworden sei.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Zur Begründung ihres Rechtsmittels vertiefen sie ihre erstinstanzliche Argumentation und vertreten die Ansicht, aus § 18 der AGB der Mietverträge ergebe sich keine Pflicht der Beklagten zu 1), die erhaltenen Mietzahlungen zurück zu gewähren.

Die Beklagten beantragen,

die Klagen unter Abänderung des Urteils des Landgerichts abzuweisen,

hilfsweise

den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ebenfalls ihr Vorbringen aus der ersten Instanz.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) hat teilweise Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten zu 2) hat in vollem Umfang Erfolg.

I. Berufung der Beklagten zu 1) hinsichtlich des Mai-Events

Soweit sich die Beklagte zu 1) gegen ihre Verurteilung zur Rückzahlung der Miete für das Mai-Event richtet, hat ihr Rechtsmittel keinen Erfolg. Wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, steht der Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung der im Voraus geleisteten Miete für das Mai-Event in Höhe von 35.700,00 € aus § 346 Abs. 1 BGB zu.

1. Rücktritt gemäß § 313 Abs. 3 S. 1 BGB

Die Klägerin ist mit ihrer Mail vom 20. April 2020 wirksam von dem Mietvertrag über die Räume im W für das Mai-Event zurückgetreten. Dazu war sie gemäß § 313 Abs. 3 S. 1 BGB berechtigt.

a) Störung der Geschäftsgrundlage

Im Zeitpunkt ihrer Rücktrittserklärung, am 20. April 2020, hatten sich die Umstände, die Grundlage des Mietvertrags für das Mai-Event geworden waren, so schwerwiegend geändert, dass die Parteien diesen Vertrag nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, § 313 Abs. 1 BGB.

aa) Am 20. April 2020 war aufgrund von § 1 SARS-COV-2-EindmaßnV die Durchführung von Veranstaltungen und insbesondere einer solchen mit 850 Teilnehmern wie dem Mai-Event verboten, und es war hinreichend wahrscheinlich, dass dieses Verbot am Tag der Veranstaltung rund drei Wochen später, noch fortbestehen würde. Dadurch war es der Klägerin untersagt, die Räumlichkeiten, die sie ausschließlich zur Durchführung des Mai-Events angemietet hatte, entsprechend dieser Bestimmung zu nutzen.

bb) Bei Abschluss des Mietvertrags Mai-Event am 4./5. Februar 2020 hatten die Parteien ein solches Veranstaltungsverbot noch nicht vorhergesehen. Zwar hatte zu jener Zeit bereits die Berichterstattung über den Ausbruch der Corona-Pandemie in anderen Ländern begonnen; zudem war am 27. Januar 2020 der erste Infektionsfall in Deutschland aufgetreten (https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Deutschland, abgerufen am 16. Juni 2022). Die Erwartung umfangreicher staatlicher Maßnahmen mit tiefgreifenden Folgen für das gesellschaftliche Leben, die Wirtschaft und den Alltag des Einzelnen war im Februar 2020 aber noch nicht hinreichend konkret, als dass sie zur Geschäftsgrundlage des Mietvertrags hätte werden können. Dies änderte sich erst im März 2020, was insbesondere in Art. 240 EGBGB zum Ausdruck kommt. Die dort geregelten Moratorien, Stundungen und Gutscheinregelungen (vgl. Art. 240 §§ 1, 3, 5 und 6 EGBGB) sind Sondervorschriften für die Störung der Geschäftsgrundlage infolge der Corona-Pandemie (Grüneberg in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage, 2022, § 313 BGB, Rn. 37a). Sie kommen aber nur zur Anwendung, sofern die jeweiligen Verträge vor dem 8. März 2020 (Art. 240 §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 EGBGB) bzw. vor dem 15. März 2020 (Art. 240 § 3 Abs. 1 EGBGB) geschlossen wurden. Somit wurden nach der Einschätzung des Gesetzgebers weitreichende Einschränkungen durch die Pandemiebekämpfung vor diesen Stichtagen – sozusagen im „Corona-Vormärz“ – noch nicht allgemein erwartet (vgl. KG, Beschluss vom 6. August 2021, 21 U 19/21, Rn. 27).

cc) Das nach Vertragsschluss in Kraft tretende und die Durchführung des Mai-Events hindernde umfassende Veranstaltungsverbot stellt eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage für den Mietvertrag Mai-Event dar (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 30; Urteil vom 12. Januar 2022, XII ZR 8/21, Rn. 43 ff). Denn es ist davon auszugehen, dass die Klägerin und die Beklagte zu 1) einen Mietvertrag mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei seinem Abschluss vorhergesehen hätten, dass die von der Klägerin in den Räumen geplante Veranstaltung aufgrund hoheitlicher Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung nicht würde stattfinden können. Wenn redliche Mietvertragsparteien diese Gefahr erkannt hätten, hätten sie eine Regelung getroffen, durch die das grundsätzlich den Mieter treffende Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache insoweit abgemildert worden wäre (BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 30).

b) Rechtsfolge: Rücktrittsrecht der Klägerin

Infolge dieser Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags 1 war die Klägerin am 20. April 2020 zum Rücktritt berechtigt.

aa) Grundsätzlich hat die Störung der Geschäftsgrundlage eines Vertrages die Folge, dass die Partei, zu deren Lasten sich die Störung bei unverändertem Vertragsinhalt auswirkt, lediglich die Anpassung des Vertrags beanspruchen kann, § 313 Abs. 1 BGB. Dies gilt auch, wenn mit dem Vertrag Räume ausschließlich für die Durchführung einer Veranstaltung angemietet werden und diese Veranstaltung dann aufgrund von nicht vorhergesehenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht stattfinden darf (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21).

bb) Allerdings kann die Störung der Geschäftsgrundlage eines Vertrags auch dazu führen, dass einer Vertragspartei das Festhalten am Vertrag unzumutbar ist, in diesem Fall besteht für sie das Recht, sich von dem Vertrag zu lösen, § 313 Abs. 3 BGB (für Mietverträge: BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21; Urteil vom 12. Januar 2022, XII ZR 8/21). Diese Voraussetzung ist hinsichtlich des Mietvertrags 1 zugunsten der Klägerin erfüllt.

(1) Ob dem Mieter das Festhalten an einem Mietvertrag aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage nicht mehr zumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Insbesondere ist von Bedeutung, welche Regelung die Parteien gewählt hätten, wenn sie das Ereignis, das zur Störung der Geschäftsgrundlage geführt hat, bei Vertragsschluss bedacht hätten (BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 34 f).

(2) Dass es für die Klägerin unzumutbar war an dem Mietvertrag 1 festzuhalten, ergibt sich, wie das Landgericht zutreffend gesehen hat, aus § 18 AGB Mietvertrag 1.

(a) Nach dieser von der Beklagten zu 1) vorformulierten und verwendeten Regelung hat jede Vertragspartei ihre Kosten selbst zu tragen, wenn die in den Räumen geplante Veranstaltung aufgrund „höherer Gewalt“ nicht stattfinden kann. Zudem hat der Mieter der Beklagten zu 1) Kosten zu erstatten, mit der diese für ihn „in Vorlage getreten“ ist.

Aus dieser Regelung folgt, dass die Beklagte zu 1) in ihren AGB selbst davon ausgeht, bei einem Veranstaltungsausfall aufgrund von „höherer Gewalt“ ihren Anspruch auf die Mietzahlung zu verlieren. Denn bestünde dieser fort, gäbe es keinen Anlass einen Anspruch zur Kostenerstattung zu regeln. Die Beklagte erhielte dann die Mietzahlung sowie zusätzliche Vergütungen für diejenigen Aufwendungen, die mit der Mietzahlung nicht abgegolten sind (vgl. den Mietvertrag 1 – Anlage 1 „Kostenkalkulation“). Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin durch § 18 AGB Mietvertrag 1 beim Ausfall der geplanten Veranstaltung aufgrund von höherer Gewalt ein zusätzlicher Anspruch eingeräumt werden soll, der auf Erstattung von Kosten gerichtet ist, die bei Durchführung der Veranstaltung nicht von der vereinbarten Vergütung erfasst wären. Es gibt keinen Grund, weshalb die Beklagte zu 1) bei einem nicht vom Mieter verschuldeten Ausfall der Veranstaltung in puncto Kostenerstattung besser stehen sollte als bei ordnungsgemäßer Durchführung. Sollte § 18 AGB insoweit unklar sein, käme bei der dann gebotenen verwenderfeindlichen Auslegung gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 305c Abs. 2 BGB ein solches Verständnis nicht in Betracht.

(b) Die Auslegung, wonach § 18 AGB Mietvertrag 1 den Vergütungsverlust der Beklagten zu 1) bei Veranstaltungsausfall aufgrund von höherer Gewalt vorsieht bzw. stillschweigend voraussetzt, steht nicht in Widerspruch zu den sonstigen Regelungen des Vertrags und den sonstigen AGB, wobei hinzukommt, dass auch ein solcher Widerspruch im Zweifel zu Lasten der Beklagten zu 1) zu lösen wäre, § 305c Abs. 2 BGB.

Insbesondere besteht kein Widerspruch zwischen § 18 in dem hier für richtig gehaltenen Verständnis zu § 16 und § 17 AGB Mietvertrag 1.

Nach § 16 AGB Mietvertrag 1 bleibt der Beklagten zu 1) zwar grundsätzlich der Anspruch auf die Miete erhalten, wenn der Mieter die Veranstaltung absagt, ohne dass die Beklagte zu 1) dies zu vertreten hat. Doch selbst wenn diese Regelung für sich genommen wirksam sein sollte, wäre die Schlechterstellung des Mieters gegenüber § 18 dadurch gerechtfertigt, dass er sich im Fall des § 16 nicht auf höhere Gewalt berufen kann.

Nach § 17 AGB Mietvertrag 1 bleibt der Beklagten zu 1) ihr Anspruch auf die Miete abzüglich ersparter Aufwendungen auch dann erhalten, wenn sie aufgrund eines der dort aufgeführten Umstände vom Vertrag zurücktritt. Hier ist die Schlechterstellung des Mieters gegenüber § 18 dadurch gerechtfertigt, dass der Anlass für die Kündigung des Vertrags durch die Beklagte zu 2) seiner Verantwortungssphäre entstammt und von ihm in der Regel hätte vermieden werden können.

(c) Es kann dahinstehen, ob bereits aus § 18 AGB Mietvertrag 1 ein Recht des Mieters folgt, vom Mietvertrag bei einem Ausfall der Veranstaltung aufgrund von höherer Gewalt zurückzutreten bzw. ob der Mietvertrag dann auch ohne Erklärung als in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt bzw. gekündigt gelten soll. Der Wortlaut der Bestimmung ist insoweit unklar. Es genügt, dass die Beklagte zu 1) durch diese Regelung in ihren AGB zu erkennen gibt, im Fall des Ausfalls der Veranstaltung aufgrund von höherer Gewalt nicht auf der Zahlung der vereinbarten Miete zu bestehen, sondern sich mit der Erstattung von Kosten zufrieden zu geben. Daraus folgt weiter: Wenn durch die „höhere Gewalt“, die zum Ausfall der Veranstaltung führt, zugleich die Geschäftsgrundlage des Vertrags im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB gestört ist, also ein qualifizierter Fall der höheren Gewalt vorliegt, dann ist es dem Mieter unzumutbar, am Vertrag festgehalten zu werden, wenn zugleich die Beklagte zu 1) in § 18 AGB Mietvertrag 1 aus dem Horizont eines objektiven Lesers ihrer AGB erklärt, nicht auf ihrem Vergütungsanspruch zu bestehen.

(d) Es mag sein, dass die Beklagte zu 1) nicht beabsichtigt hatte, die in § 18 AGB Mietvertrag 1 enthaltene Regelung so zu treffen, wie sie der Senat auslegt, da der Mieter dadurch gegenüber der gesetzlichen Regelung bessergestellt wird. Das ist aber unerheblich. Für die Gesamtabwägung zur Klärung der Unzumutbarkeit gemäß § 313 Abs. 3 BGB kommt es entscheidend auf den Inhalt des Vertrags und die dort vorgenommene Risikoverteilung an. Dieser Vertragsinhalt ist aber nach dem Willen der Vertragsparteien zu bestimmen, so wie er sich aus der Sicht des objektiven Empfängers der Willenserklärung, ggf. unter Berücksichtigung von § 305c Abs. 2 BGB, darstellt. Danach ist § 18 AGB Mietvertrag 1 wie hier dargelegt zu verstehen.

(e) Der Ausfall der Veranstaltung aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie stellt sich nicht nur als Störung der Geschäftsgrundlage, sondern erst recht auch als höhere Gewalt dar. Denn diese Maßnahmen waren weder von den Vertragsparteien beherrschbar noch bei Vertragsschluss vorhersehbar, sodass sie jedenfalls bei einem im Februar 2020 geschlossenen Vertrag nicht zum üblichen Betriebsrisiko einer der Parteien gehörten.

c) Rückerstattung

Aufgrund des wirksamen Rücktritts der Klägerin hat die Beklagte zu 1) die Zahlungen zurückzuerstatten, die die Klägerin auf den Vertrag geleistet hat, mithin 35.700,00 € (§ 346 Abs. 1 BGB).

II. Berufung der Beklagten zu 1) hinsichtlich des August-Events

Soweit sich die Beklagte zu 1) gegen ihre Verurteilung zur Rückzahlung der Miete für das August-Event richtet, hat ihr Rechtsmittel teilweise Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet. Insoweit hat die Klägerin einen Anspruch auf Rückerstattung der im Voraus geleisteten Miete in Höhe von 5.782,72 € analog § 346 Abs. 1 BGB. Ein weitergehender Rückzahlungsanspruch der Klägerin besteht nicht, das Urteil des Landgerichts ist dahin abzuändern, dass die Klage gegen die Beklagte zu 1) insoweit abgewiesen wird.

1. Kein Rücktritt gemäß § 313 Abs. 3 S. 1 BGB

Die Klägerin ist nicht wirksam gemäß § 313 Abs. 3 S. 1 BGB vom Mietvertrag 2 zurückgetreten. Am Tag ihrer Rücktrittserklärung, dem 23. April 2020, war die Geschäftsgrundlage dieses Vertrags, anders als diejenige des Mietvertrags 1, nicht gemäß § 313 Abs. 1 BGB gestört.

Bei einem vor dem 8. März 2020 geschlossenen Mietvertrag über Räumlichkeiten für die einmalige Durchführung einer Veranstaltung gehört es in aller Regel zur Geschäftsgrundlage, dass die Veranstaltung nicht durch hoheitliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verboten wird (BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 30, vgl. I.1.a)bb)).

Diese Geschäftsgrundlage ist aber erst dann gestört, wenn entweder feststeht, dass die geplante Veranstaltung aufgrund eines solchen Veranstaltungsverbots nicht stattfinden kann oder wenn dies bei einer Prognose ex ante zumindest hinreichend wahrscheinlich ist (vgl. KG, Beschluss vom 6. August 2021, 21 U 19/21, Rn. 29 nach Juris m.w.N.).

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Klägerin vom Mietvertrag 1 war das Bestehen eines Veranstaltungsverbots jedenfalls hinreichend wahrscheinlich, da die Klägerin sie nur etwa drei Wochen vor der Veranstaltung am 13. Mai 2020 abgab, als die weitere Entwicklung bis zu diesem Tag einigermaßen zuverlässig vorhergesehen werden konnte.

Beim Rücktritt der Klägerin vom Mietvertrag 2 verhält es sich anders, denn das August-Event sollte erst am 29. August 2020 stattfinden, die Klägerin erklärte den Rücktritt aber bereits am 23. April 2020, also mehr als vier Monate früher. Zu jener Zeit waren das Pandemiegeschehen und die politische und gesellschaftliche Diskussion um den neuartigen Virus noch sehr dynamisch. Laufend wurden in den Medien neue Eindämmungsmaßnahmen vorgeschlagen oder wegen gravierender Folgen für den Einzelnen oder die Volkswirtschaft in Frage gezogen. Deshalb war es Ende April 2020, selbst wenn seinerzeit ein coronabedingtes Veranstaltungsverbot in Berlin galt, noch nicht möglich, zuverlässig vorherzusagen, ob das Verbot auch noch im August gelten und dem August-Event entgegenstehen würde. Daran ändert es nichts, wenn die Bundesregierung am 15. April 2020 den Fortbestand des Veranstaltungsverbots bis zum August angekündigt haben sollte, worauf die Klägerin hinweist (Schriftsatz der Klägerin vom 30. März 2022, S. 4). Hierbei handelte es sich nicht um eine verbindliche Rechtssetzung, sondern nur um eine vorläufige Ankündigung, bei der nicht klar war, ob sie mehrere Monate streitiger Coronadiskussionen überstehen würde, zumal auch zweifelhaft ist, ob die Regelung derartiger Veranstaltungsverbote überhaupt in die Bundeskompetenz fällt. Tatsächlich entwickelte sich die Rechtslage dahin, dass das August-Event jedenfalls bei Einhaltung eines Hygienekonzepts im August 2020 hätte durchgeführt werden können.

Die Geschäftsgrundlage für den Mietvertrag 2 wäre nach der Einschätzung des Senats frühestens ca. sechs Wochen vor der Veranstaltung durch die Gefahr eines entgegenstehenden Veranstaltungsverbots gestört gewesen. Erst bei einem solchen zeitlichen Abstand, also im Juli 2020, hätte sich der coronabedingte Ausfall der Veranstaltung hinreichend sicher vorhersagen lassen. Im April 2020 war eine Absage noch verfrüht.

Unerheblich ist, dass das August-Event auch nach der unstreitigen Aufhebung des Veranstaltungsverbots nur unter Einhaltung eines Hygienekonzepts hätte durchgeführt werden können. Die damit verbundenen Abstands- und Hygieneregeln hätten das Erlebnis der Veranstaltung für die Teilnehmer zwar beeinträchtigt. Dies war ihnen bzw. der Klägerin als ihrem Leistungserbringer unter den Bedingungen der Corona-Pandemie aber als milderes Mittel gegenüber dem Ausfall des Events zuzumuten.

2. Kein Rücktritt gemäß § 18 AGB Mietvertrag 2

Die Klägerin kann sich bei ihrem Rücktritt vom Mietvertrag 2 auch nicht auf § 18 AGB Mietvertrag 2 stützen. Selbst wenn aus dieser Vorschrift nicht nur die Zumutbarkeit eines Rücktritts aus § 313 Abs. 3 S. 1 BGB folgt, sondern sie selbst ein Rücktrittsrecht der Klägerin regeln sollte (vgl. oben 1. b) bb) (2) (c)), würde auch dieses voraussetzen, dass die Veranstaltung entweder tatsächlich aufgrund von höherer Gewalt, also einem coronabedingten Veranstaltungsverbot ausfiel oder dass dies im Zeitpunkt des Rücktritts im April 2020 zumindest hinreichend wahrscheinlich war. Beides ist wie dargelegt nicht der Fall.

3. Kein Wegfall des Vergütungsanspruchs gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB

Der Beklagten zu 1) war die Erbringung ihrer Leistung aus dem Mietvertrag 2 nicht gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden. Das wäre selbst dann nicht der Fall gewesen, wenn am Tag des August-Events ein Veranstaltungsverbot gegolten hätte, denn durch dieses wäre nicht die Überlassung der gemieteten Räume an die Klägerin unmöglich geworden, sondern allenfalls die Durchführung der geplanten Veranstaltung, wobei sich aber lediglich das von der Klägerin zu tragende Verwendungsrisiko realisiert hätte (BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 18 ff). Es kommt hinzu, dass das August-Event am vorgesehenen Tag bei Einhaltung eines Hygienekonzepts unter gewissen Einschränkungen hätte durchgeführt werden können.

4. Keine Mietminderung gemäß § 536 Abs. 1 BGB.

Aus demselben Grund ist die Klägerin auch nicht zur Minderung der Miete für die Veranstaltungsräume berechtigt (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 24 ff).

5. Keine Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB

Auch zu einer Kündigung des Mietvertrags 2 wegen eines coronabedingten Veranstaltungsverbots gemäß § 543 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist die Klägerin nicht berechtigt (BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 27).

6. Rückforderung ersparter Aufwendungen gemäß § 16.2 AGB Mietvertrag 2

Allerdings ist die Klägerin berechtigt, den Vergütungsanspruch der Beklagten zu 1) gemäß § 16.2 AGB Mietvertrag 2 von 27.958,22 € um 5.782,72 € zu verringern und den letztgenannten bereits gezahlten Teilbetrag analog § 346 Abs. 1 BGB von der Beklagten zu 1) zurückzufordern.

a) Wenn der Mieter der Räumlichkeiten seine Veranstaltung aufgrund eines Grundes nicht durchführt, den die Beklagte zu 1) nicht zu vertreten hat, beansprucht sie gemäß § 16.1 AGB Mietvertrag 2 nicht mehr die vereinbarte Miete für die Räumlichkeiten, sondern nur noch Schadensersatz, wobei sie sich gestaffelte Schadenspauschalen in Abhängigkeit vom zeitlichen Vorlauf der Kündigung zubilligt. Selbst wenn wie im vorliegenden Fall die Schadenspauschale von 100 % der Miete zur Anwendung kommt, hält diese Regelung der Inhaltskontrolle von AGB gemäß § 307 BGB stand, denn der Schadensersatzanspruch übersteigt der Höhe nach nicht den Primäranspruch, der der Beklagten zu 1) aus dem Mietvertrag (§ 535 Abs. 2 BGB) zusteht, wie sich aus den Darlegungen unter II. 1 bis 5 und dem Urteil des BGH vom 2. März 2022 (XII ZR 36/21) ergibt.

b) Allerdings eröffnet die Beklagte zu 1) in § 16.2 AGB Mietvertrag 2 die Möglichkeit des Nachweises, dass ihr durch den Ausfall der Veranstaltung ein Schaden entstanden ist, der geringer ist als die beanspruchte Schadenspauschale. Diesen Nachweis hat im vorliegenden Rechtsstreit zwar nicht die Klägerin geführt, dafür aber die Beklagte zu 1) selbst. Denn sie hat dargelegt, dass sie durch die Absage der Veranstaltung Aufwendungen in Höhe von 5.782,72 € erspart hat (Schriftsatz der Beklagten vom 29. November 2020, S. 9). Da sich die von der Beklagten zu 1) gemäß § 16.1 AGB Mietvertrag 2 beanspruchte Schadenspauschale auf 100 % der vereinbarten Vergütung beläuft und sie hierdurch folglich so gestellt wird, wie sie bei Durchführung der Veranstaltung stünde, steht ihr die Schadenspauschale in Höhe dieser ersparten Aufwendungen nicht zu, denn von diesen ist sie aufgrund des Ausfalls der Veranstaltung befreit.

III. Nebenforderungen gegenüber der Beklagten zu 1)

Nach Maßgabe der Ausführungen unter I. und II. hat die Berufung der Beklagten zu 1) auch insoweit teilweise Erfolg, wie sie sich gegen ihre Verurteilung zu Verzugszinsen und zu Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten richtet.

Der Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten gegen die Beklagte zu 1) beruht auf §§ 280, 286 BGB, der Zinsanspruch auf §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB.

IV. Berufung der Beklagten zu 2)

Die Berufung der Beklagten zu 2) hat Erfolg.

Das Urteil des Landgerichts ist dahin abzuändern, dass die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen ist, denn der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückerstattung ihrer Anzahlung auf die Bewirtungsleistungen der Beklagten zu 2) nicht zu.

1. Kein Rückforderungsanspruch aus § 4.1 des Bewirtungsvertrags

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückgewähr ihrer Anzahlung aus § 4.1 des Bewirtungsvertrags zu.

Dieser Vertrag ist vorrangig nach Werkvertragsrecht (§§ 631 ff BGB) zu beurteilen, denn er enthält primär werkvertragliche Elemente, insbesondere schuldete die Beklagte zu 2) die dort beschriebenen Bewirtungsleistungen als Erfolg (KG, Beschluss vom 6. August 2021, 21 U 19/21, Rn. 23 nach Juris).

Nach § 4.1 hatte die Klägerin bereits vor der Veranstaltung eine Abschlagszahlung in Höhe von 41.650,00 € an die Beklagte zu leisten. Aus der Vereinbarung einer solchen Abschlagszahlung folgt zugleich die Pflicht der Beklagten als Werkunternehmerin, ihre Leistungen nach Beendigung des Vertrags nachzuweisen und die Abschlagszahlung zurück zu gewähren, soweit sie keine entsprechende Vergütung verdient hat (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015, VII ZR 6/14; Urteil vom 22. November 2007, VII ZR 130/06; Urteil vom 24. Januar 2002, VII ZR 196/00 zu dem vorliegenden Vertragsmodell vgl. KG, Beschluss vom 6. August 2021, 21 U 19/21, Rn. 23).

Die Voraussetzung eines Rückzahlungsanspruchs aus § 4.1 des Bewirtungsvertrags sind allerdings nicht erfüllt. Zwar hat die Klägerin den Vertrag wirksam gekündigt, die Klägerin darf die an sie geleistete Abschlagszahlung von 41.650,00 € aber behalten, weil sie ihr in vollem Umfang als Kündigungsvergütung zusteht.

a) Keine Kündigung aus wichtigem Grund

Der Vergütungsanspruch der Beklagten zu 2) aus dem Bewirtungsvertrag hat sich nicht durch eine Kündigung der Klägerin aus wichtigem Grund auf einen Betrag von weniger als 41.650,00 € verringert. Zwar hat die Klägerin in ihrer Mail vom 20. April 2020 den „Rücktritt“ vom Bewirtungsvertrag erklärt, was als Erklärung einer Kündigung aus wichtigem Grund zu verstehen ist. Hierzu war die Klägerin aber nicht berechtigt.

aa) Keine Kündigung gemäß § 648a BGB

Die Klägerin war nicht gemäß § 648a BGB zur Kündigung des Bewirtungsvertrags berechtigt.

Da auf den Vertrag primär Werkvertragsrecht anzuwenden ist, gilt dies auch für § 648a BGB. Allerdings beruft sich die Klägerin bei Kündigung des Bewirtungsvertrags genau wie bei der Kündigung des Mietvertrags 1, der ebenfalls das Mai-Event betrifft, auf den Umstand, dass seine Geschäftsgrundlage durch das zur Eindämmung der Corona-Pandemie angeordnete Veranstaltungsverbot gestört sei.

Leitet die Partei eines Werkvertrags ein Recht zur Kündigung des Vertrags aus einer Störung der Geschäftsgrundlage her, ist die Frage, ob dies zu Recht geschieht, nicht im Rahmen von § 648a BGB, sondern ausschließlich im Rahmen von § 313 BGB zu klären. Die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 6. August 2021, in denen bei der Prüfung eines Kündigungsrechts wegen Störung der Geschäftsgrundlage nicht klar zwischen den Kündigungstatbeständen aus § 648a BGB bzw. § 313 Abs. 3 BGB unterschieden wird (vgl. Beschluss vom 6. August 2021, 21 U 19/21, Rn. 26 nach Juris: „§ 313 Abs. 3 bzw. § 648a Abs. 1 BGB“) ist in diesem Sinne zu präzisieren.

(1) § 648a BGB: Kündigungsgrund muss nicht aus der Sphäre des Kündigungsgegners stammen

Allerdings scheidet die Anwendung des Kündigungsrechts aus § 648a BGB nicht deshalb aus, weil diese Norm einen Kündigungsgrund voraussetzte, der aus der Sphäre des Kündigungsgegners stammen muss, was bei einer Störung der Geschäftsgrundlage nicht der Fall ist. Zwar mag aus der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats folgen, dass die außerordentliche Kündigung eines Mietvertrags gemäß § 543 BGB nur bei einem Kündigungsgrund in Betracht kommt, der der Sphäre des Kündigungsgegners zuzuordnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21; Urteil vom 12. Januar 2022, XII ZR 8/21; Weidenkaff in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage, 2022, § 543 BGB, Rn. 5), dies wäre aber ggf. ein Sonderfall, der für die anderen im BGB vorgesehenen Fälle der Vertragskündigung aus wichtigem Grund, insbesondere §§ 314, 626 und 648a BGB in dieser Ausschließlichkeit nicht gilt:

Das Kündigungsrecht aus § 314 BGB soll nach der Gesetzesbegründung sogar dann nicht ausgeschlossen sein, wenn der Kündigende seine Kündigung auf einen Grund stützt, die auf sein eigenes Verschulden zurückgeht (BT-Drs. 14, 6040, S. 177). Zudem ist insbesondere bei der Kündigung von Fitnessstudio-Verträgen anerkannt, dass eine Kündigung gemäß § 314 BGB auch bei einem wichtigen Grund in Betracht kommt, der der Risikosphäre des Kunden bzw. der Kundin zuzurechnen ist (Schwangerschaft oder langdauernde Erkrankung, vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2012, XII ZR 42/10; Urteil vom 4. Mai 2016, XII ZR 62/15, Rn. 12 m.w.N.).

Somit kann eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß §§ 314, 626 oder 648a BGB nicht generell deshalb ausgeschlossen sein, wenn sie wie im Fall der Störung der Geschäftsgrundlage auf einen Umstand gestützt wird, der der Risikosphäre keiner der beiden Vertragsparteien zuzuordnen ist. Deshalb ist zu Recht anerkannt, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund, die auf derartige neutrale Umstände gestützt wird, jedenfalls ausnahmsweise möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2017, XI ZR 185/16, Rn. 92 m.w.N.; Grüneberg in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage, 2022, § 314 BGB, Rn. 7). Da sich die Anwendung des Kündigungsrechts aus § 648a BGB nach der Intention des Gesetzgebers an der Anwendung von § 314 BGB zu orientieren hat (BT-Drs 18/8486, S. 49 f), muss folglich auch die Kündigung aus § 648a bei Gründen in Betracht kommen, die nicht dem Risikobereich des Kündigenden zuzuordnen sind.

(2) Aber: § 313 BGB ist lex specialis gegenüber § 648a BGB

Kündigt die Partei eines Werkvertrags unter Berufung auf einen Umstand den Vertrag, durch den die Geschäftsgrundlage des Vertrags gestört sein soll, ist die Wirksamkeit dieser Kündigung aber deshalb ausschließlich nach den Vorgaben des § 313 BGB zu prüfen, weil diese Norm als Spezialvorschrift Vorrang gegenüber § 648a BGB hat. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers hinsichtlich des Verhältnisses von § 313 zu § 314 BGB (BT-Drs 14/6040, S. 177) und muss folglich auch für das Verhältnis von § 313 zu § 648a BGB gelten.

Zwar setzt die Annahme eines Kündigungsrechts sowohl in § 313, § 314 Abs. 1 und in § 648a Abs. 1 BGB eine Prüfung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag, mithin eine umfassende Interessenabwägung voraus. Durch die vorrangige Beschränkung der Vertragsparteien auf ein bloßes Anpassungsrecht bei Störung der Geschäftsgrundlage betont § 313 BGB allerdings stärker als § 314 Abs. 1 und § 648a Abs. 1 BGB den Charakter der außerordentlichen Vertragskündigung als ultima ratio. Der Vorrang von § 313 BGB als Spezialvorschrift hat somit die Funktion, dem Rechtsanwender deutlicher als etwa §§ 314 und 648a BGB vor Augen zu führen, dass die Störung der Geschäftsgrundlage nur in Ausnahmefällen zu einem Lösungsrecht für eine Vertragspartei führen soll.

bb) Keine Kündigung gemäß § 313 Abs. 3 S. 2 BGB

Die Klägerin hat den Bewirtungsvertrag mit der Beklagten zu 2) mit ihrer Mail vom 20. April 2022 nicht wirksam gemäß § 313 Abs. 3 S. 2 BGB gekündigt, denn sie war dazu nicht berechtigt.

Da sich die Klägerin bei ihrer Kündigung auf das seinerzeit geltende und mutmaßlich bis zum Tag des Mai-Events fortgeltende Veranstaltungsverbot bezog, beruft sie sich auf die Störung der Geschäftsgrundlage des Bewirtungsvertrags. Eine solche ist hier wie im Fall des auf die gleiche Veranstaltung bezogenen Mietvertrags 1 eingetreten (vgl. oben I. 1. a) sowie KG, Beschluss vom 6. August 2021, 21 U 19/21, Rn. 27 nach Juris).

(1) Diese Störung allein berechtigt die Klägerin aber noch nicht zur Kündigung des Bewirtungsvertrags bzw. zum Rücktritt von dieser Vereinbarung. Vielmehr ist weitere Voraussetzung, dass ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung das Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 Abs. 3 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 31 ff; Urteil vom 12. Januar 2022, XII ZR 8/21). Von besonderer Bedeutung ist dabei die Überlegung, welche Regelung die Parteien getroffen hätten, wenn sie das Ereignis, das zur Störung der Geschäftsgrundlage geführt hat, bei Vertragsschluss bedacht hätten (BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 34 f). Genau wie bei einem Mietvertrag über Veranstaltungsräume ist auch bei einem Vertrag über Bewirtungsleistungen für eine Veranstaltung die Anpassung des Vertrags durch Verlegung der Veranstaltung möglich und grundsätzlich zumutbar (BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 41). Diese Zumutbarkeit entfällt grundsätzlich nur dann, wenn aus tatsächlichen Gründen kein geeigneter Termin gefunden werden kann oder wenn eine Partei ihre Zustimmung zur Verschiebung von Terminen, einer Mehrvergütung oder sonstigen Zusatzvereinbarungen abhängig macht, die für die andere Seite nicht hinnehmbar sind.

(2) Im April 2022 wäre der Klägerin angesichts des geltenden Veranstaltungsverbots die Verlegung des Mai-Events beispielsweise in den September 2020, zumutbar gewesen, sodass eine Kündigung des Vertrags gemäß § 313 Abs. 3 BGB nicht in Betracht kommt.

Die grundsätzliche Zumutbarkeit einer Verlegung der Veranstaltung ergibt sich bereits aus der Mail der Klägerin vom 14. April 2020, in der sie sich gegenüber beiden Beklagten nach der Möglichkeit zur Verschiebung der Veranstaltung in den September erkundigt (Anlage K 16). Auch nach der Reaktion der Beklagten war der Klägerin die Verlegung des Termins weiter zumutbar. Die Beklagten reagierten noch am selben Tag auf die Anfrage und boten der Klägerin zwei Termine im September zur Auswahl an (Anlage K 17). Dabei forderten die Beklagten für den Mietvertrag 1 und den Bewirtungsvertrag, die zusammen eine Vergütung von 100.000,00 € (netto) vorsahen, einen Aufpreis von 44.000,00 € (netto) als Ausgleich für die Verlegung. Dies begründeten sie damit, dass der September einer der „Premiummonate“ mit hoher Auslastung sei und deshalb der „reduzierte Preis“ für das Mai-Event nicht gehalten werden könne (Anlage K 17).

Eine Verlegung der Veranstaltung in den September war für die Klägerin zu diesen Konditionen gerade noch zumutbar. Zwar ist die Preiserhöhung um 44 % beträchtlich, zugleich ist es aber nachvollziehbar, dass der Veranstaltungsort für den September bereits gut gebucht war, was eine entsprechende Erhöhung rechtfertigen kann. Diese Wertung ist nicht zwingend, verbleibende Zweifel gehen an dieser Stelle aber zu Lasten der Klägerin, die für das Bestehen eines Kündigungsrechts und die Unzumutbarkeit der Verlegung die Darlegungs- und Beweislast trägt.

Auch am 20. April 2020, als die Klägerin schließlich die Kündigung erklärte (Anlage K 18), war ihr die Verlegung der Veranstaltung in den September weiterhin zumutbar. Zwar bestand an diesem Tag keine Gewissheit, dass eine in den September 2020 verlegte Veranstaltung dann würde stattfinden können. Gerade weil man sich aber noch fünf Monate vor dem neuen Termin befand, mussten beide Parteien diese Unsicherheit zunächst hinnehmen, noch abwarten und notfalls den Termin ein weiteres Mal verschieben. Tatsächlich hätte die Veranstaltung notfalls unter leichter Reduktion der Teilnehmerzahl bei Einhaltung eines Hygienekonzepts durchgeführt werden können, wenn sie verlegt worden wäre.

(3) Anders als im Fall des Mietvertrags 1 kann die Klägerin die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag nicht aus § 18 AGB Mietvertrag 1 herleiten, denn eine solche Bestimmung ist in den AGB des Bewirtungsvertrags nicht enthalten.

cc) Kein Fall von § 645 Abs. 1 BGB

Die Vergütung der Beklagten zu 2) ist auch nicht gemäß § 645 Abs. 1 S. 1 BGB darauf beschränkt, dass sie nur für erbrachte Leistungen Zahlungen beanspruchen könnte. § 645 BGB ist schon dem Wortlaut nach nicht anwendbar. Dazu hätten die Bewirtungsleistungen der Beklagten zu 2) entweder wegen eines Mangels an einem von der Klägerin gelieferten Stoff oder aufgrund einer Anweisung der Klägerin unausführbar werden müssen. Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Eine über diesen Wortlaut hinausgehende allgemeine „Sphärentheorie“ kann § 645 BGB nicht entnommen werden.

b) Freie Kündigung

Mit ihrer Mail vom 20. April 2020 hat die Klägerin den Bewirtungsvertrag mit der Beklagten zu 2) allerdings frei gemäß § 648 BGB bzw. § 6 AGB Bewirtungsvertrag gekündigt.

c) „Große“ Kündigungsvergütung übersteigt erhaltene Zahlung

Dies führt dazu, dass sich die Vergütung der Beklagten zu 2) aus dem Bewirtungsvertrag auf die „große“ Kündigungsvergütung gemäß § 648 BGB absenkt. Diese beläuft sich auf 52.500,00 €, wobei keine Umsatzsteuer anfällt, da der Betrag ausschließlich nicht erbrachte Leistungen abgilt (BFH, Urteil vom 26. August 2021, V R 13/19; BGH, Urteil vom 22. November 2007, VII ZR 83/05). Da dieser Betrag die Zahlung von 41.650,00 € übersteigt, den die Beklagte zu 2) auf den Bewirtungsvertrag erhalten hat, ist sie der Klägerin nicht, auch nicht teilweise zur Rückerstattung verpflichtet.

Die große Kündigungsvergütung der Beklagten zu 2) ermittelt sich wie folgt:

aa) § 6.1 AGB Bewirtungsvertrag ist unwirksam

Die Beklagte zu 2) kann sich insoweit nicht unmittelbar auf § 6.1 AGB Bewirtungsvertrag berufen, die ihre Kündigungsvergütung bei der (hier gegebenen) Kündigung bis zum 15. Tag vor Veranstaltungsbeginn mit 75 % des Bestellwerts ansetzt.

Diese Regelung ist gemäß § 306 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zum Nachteil eines Auftraggebers der Beklagten zu 2) modifiziert und ihn dadurch unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB, vgl. KG, Beschluss vom 6. August 2021, 21 U 19/21, Rn. 44 nach Juris m.w.N.).

Es kann dahinstehen, ob die in § 6.1 AGB vorgenommene Pauschalierung der großen Kündigungsvergütung angemessen ist, wenn ein Besteller den Bewirtungsvertrag mit der Beklagten zu 2) frei gemäß § 648 BGB kündigt. Denn die Bestimmung enthält keine Regelung, wonach sie nicht anwendbar ist, wenn ein Besteller den Bewirtungsvertrag aufgrund eines wichtigen Grunds kündigt, der der Sphäre der Beklagten zu 2) entstammt, vielleicht sogar von ihr zu vertreten ist. Es ist ein wesentlicher Grundgedanke des gesetzlichen Werkvertragsrechts, dass dem Werkunternehmer in einem solchen Fall eine Vergütung nur für seine erbrachten Leistungen zusteht („kleine“ Kündigungsvergütung“, § 648a Abs. 5 BGB). Die in § 6.1 enthaltene Pauschale weicht von dieser Rechtsfolge erheblich und unangemessen zum Nachteil eines Bestellers ab. Eine geltungserhaltende Auslegung, nach der § 6.1 AGB bei einer berechtigten Kündigung aus wichtigem Grund durch den Besteller nicht anzuwenden ist, kommt nicht in Betracht (§ 305c Abs. 2 BGB).

bb) Große Kündigungsvergütung aus § 648 BGB beträgt 52.500,00 €

Aufgrund der Unwirksamkeit von § 6.1 AGB hat die Beklagte die Höhe ihrer Kündigungsvergütung aus dem Bewirtungsvertrag ohne Bezugnahme auf die Pauschale im Einzelnen darzulegen. Danach beläuft sie sich auf 52.500,00 €, wobei auf den Betrag keine Umsatzsteuer anfällt.

(1) Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen, dass sie durch die Kündigung des Bewirtungsvertrags Material- und Personalkosten von insgesamt 8.922,63 € erspart hat (Schriftsatz vom 29. November 2020, S. 6 f). Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zu 2) (Retzlaff in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage, 2022, § 648 BGB, Rn. 9) hat sich mit diesem Zahlenwerk nicht näher auseinandergesetzt und insbesondere nicht konkret vorgetragen, um welche Beträge die Einsparungen der Beklagten zu 2) höher ausgefallen sein sollen. Damit sind die von der Beklagten zu 2) vorgetragenen ersparten Aufwendungen als maßgeblich anzusetzen. Es errechnet sich eine große Kündigungsvergütung für (ausschließlich nicht erbrachte) Leistungen in Höhe von 70.000,00 € – 8.922,63 € = 61.077,37 € (netto ohne Umsatzsteuer).

(2) Allerdings ist die Beklagte zu 2) nicht berechtigt, diesen Betrag in voller Höhe von der Klägerin zu beanspruchen, denn er übersteigt die in § 6.1 AGB geregelte Pauschale von 75 %, die sich hier auf 52.500,00 € beliefe. Zwar ist § 6.1 AGB wie soeben dargelegt gemäß § 306 Abs. 1 BGB unwirksam, auf diese Unwirksamkeit darf sich aber nur die Klägerin berufen, nicht die Beklagte zu 2) als Verwenderin der AGB. Folglich muss sich die Beklagte zu 2) an § 6.1 AGB festhalten lassen, sodass ihre große Kündigungsvergütung maximal 52.500,00 € betragen kann.

Da auch diese Summe aber die von der Klägerin auf den Bewirtungsvertrag geleistete Zahlung übersteigt, besteht insoweit kein Rückforderungsanspruch zu ihren Gunsten.

2. Kein Rückforderungsanspruch aus §§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 4 BGB

Schließlich steht der Klägerin auch kein Rückforderungsanspruch aus §§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 4 BGB zu. Durch das im Mai 2020 geltende Veranstaltungsverbot sind der Beklagten zu 2) die Bewirtungsleistungen als solche nicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden, die Speisen und Getränke hätten der Klägerin notfalls ausgeliefert werden können. Dass wegen des Veranstaltungsverbots die Bewirtung des Mai-Events nicht wie von der Klägerin in den Räumen des W geplant möglich gewesen wäre, betrifft genau wie bei der eingeschränkten Nutzbarkeit der Mieträume nicht die vertragliche Leistungserbringung, sondern nur das davon zu unterscheidende Verwendungsrisiko (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022, XII ZR 36/21, Rn. 19 ff).

3. Nebenforderungen

Da der mit der Klage verfolgte Hauptanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) nicht besteht, ist das Urteil des Landgerichts ferner dahin abzuändern, dass die Klage auch wegen der zuerkannten Nebenforderungen der Klägerin aus §§ 280, 286 BGB abzuweisen ist.

V. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

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