Kündigungen des Cockpit-Personals von Air Berlin unwirksam

Februar 16, 2020

Kündigungen des Cockpit-Personals von Air Berlin unwirksam

Das BAG hat entschieden, dass die Kündigungen des Cockpit-Personals von Air Berlin wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam sind.

Nach § 17 Abs. 1 KSchG muss der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit eine sog. Massenentlassungsanzeige erstatten, bevor er in einem Betrieb eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Damit hat der deutsche Gesetzgeber die unionsrechtliche Verpflichtung aus Art. 3 der Richtlinie 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie – MERL) umgesetzt. Bezüglich der Kündigungen des Cockpit-Personals der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin habe eine Anzeigepflicht bestanden. Bei der Anzeige sei jedoch der für § 17 KSchG maßgebliche Betriebsbegriff der MERL verkannt und deswegen die Anzeige nicht für den richtigen Betrieb erstattet worden. Das habe zur Folge gehabt, dass die Anzeige bei einer örtlich unzuständigen Agentur für Arbeit erfolgt sei und nicht die erforderlichen Angaben enthalten habe. Dies bewirke die Unwirksamkeit der betroffenen Kündigungen, so das BAG.

Air Berlin unterhielt an mehreren Flughäfen sog. Stationen. Diesen war Personal für die Bereiche Boden, Kabine und Cockpit zugeordnet. Der Kläger war bei Air Berlin als Pilot mit Einsatzort Düsseldorf beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis wurde nach der am 01.11.2017 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung wie das aller anderen Piloten wegen Stilllegung des Flugbetriebs Ende November 2017 gekündigt. Air Berlin erstattete die Massenentlassungsanzeige für den angenommenen „Betrieb Cockpit“ und damit bezogen auf das bundesweit beschäftigte Cockpit-Personal. Dieses Betriebsverständnis beruhte auf den bei Air Berlin tarifvertraglich getrennt organisierten Vertretungen für das Boden-, Kabinen- und Cockpit-Personal (vgl. § 117 Abs. 2 BetrVG). Die Anzeige erfolgte wegen der zentralen Steuerung des Flugbetriebs bei der für den Sitz der Air Berlin zuständigen Agentur für Arbeit Berlin-Nord. Der Kläger hat die Stilllegungsentscheidung bestritten. Der Flugbetrieb werde durch andere Fluggesellschaften (teilweise) fortgeführt. Die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft.
Die Vorinstanzen hatten seine Kündigungsschutzklage abgewiesen.

Das BAG hat der Revision des Klägers stattgegeben.

Nach Auffassung des BAG handelte es sich nach dem unionsrechtlich determinierten Betriebsbegriff des § 17 Abs. 1 KSchG bei den Stationen der Air Berlin um Betriebe im Sinne dieser Norm. Folglich hätte die Massenentlassungsanzeige für die der Station Düsseldorf zugeordneten Piloten bei der dafür zuständigen Agentur für Arbeit in Düsseldorf erfolgen müssen. Dort traten bei typisierender Betrachtung die Auswirkungen der Massenentlassung auf, denen durch eine frühzeitige Einschaltung der zuständigen Agentur für Arbeit entgegen getreten werden solle. Die Anzeige hätte sich zudem nicht auf Angaben zum Cockpit-Personal beschränken dürfen. Die nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG zwingend erforderlichen Angaben hätten vielmehr auch das der Station zugeordnete Boden- und Kabinen-Personal erfassen müssen. Für den Betriebsbegriff der MERL sei ohne Belang, dass diese Beschäftigtengruppen kollektivrechtlich in andere Vertretungsstrukturen eingebettet waren.

Das BAG hatte aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung nach § 17 Abs. 1 KSchG, § 134 BGB nicht darüber zu entscheiden, ob ein Betriebs(teil-)übergang auf eine andere Fluggesellschaft stattgefunden hat.

Vorinstanz
LArbG Düsseldorf, Urt. v. 08.01.2019 – 3 Sa 338/18

Das BAG hat am 13.02.2020 auch über sieben gleichgelagerte Verfahren entschieden.

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