LAG Hamm, Beschluss vom 20.04.2012 – 13 SHa 8/12

Juli 5, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 20.04.2012 – 13 SHa 8/12

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht Herford bestimmt.
Gründe

I. Vor dem Arbeitsgericht Minden (Az.: 3 Ca 99/12) hat die dort zuletzt als Angestellte tätig gewesene Klägerin Klage gegen die bis zum 31.12.2011 vereinbarte Befristung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben und ihre Weiterbeschäftigung verlangt.

Die darauf erfolgten Selbstablehnungen aller drei am genannten Gericht zum Einsatz kommenden Richter wurden durch Beschlüsse vom 07., 15. und 22.02.2012 (Bl. 51 f., 67 f., 72 f. der Akte) für begründet erklärt.

Anschließend ersuchte das beklagte Land das Landesarbeitsgericht, das zuständige Gericht zu bestimmen und regte an, gemäß § 18 ZPO das Arbeitsgericht Hamm zu bestimmen, weil die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts zur Vertretung berufen sei. Demgegenüber bat die Klägerin, wegen der Ortsnähe das Arbeitsgericht Herford für zuständig zu erklären.

Die nach dem Geschäftsverteilungsplan für den richterlichen Dienst bei dem Landesarbeitsgericht Hamm im Geschäftsjahr 2012 (im Folgenden kurz: Geschäftsverteilungsplan) für die Entscheidung nach § 36 ZPO zuständige Vorsitzende der 1. Kammer stellte durch Vermerk vom 09.03.2012 (Bl. 78 der Akte) fest, dass sie kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist. Entsprechend äußerte sich ihr regelmäßiger Vertreter, der Vizepräsident und Vorsitzende der 7. Kammer, mit Vermerk vom 13.03.2012 (Bl. 78 f. der Akte). Dessen Vertreter, der Vorsitzende der 12. Kammer, vermerkte unter dem 14.03.2012, dass er nach § 41 Nr. 4 ZPO ausgeschlossen ist, weil ihm in dem Verfahren 3 Ca 99/12 Prozessvollmacht erteilt worden ist.

II. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Landesarbeitsgericht sind gegeben.

1. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Arbeitsgericht Minden an der Ausübung des Richteramtes gehindert, nachdem die Selbstablehnungen aller drei dort tätigen Richter rechtskräftig für begründet erklärt wurden (vgl. Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 36 Rdnr. 11).

2. Beim Landesarbeitsgericht ist nach § 19 des Geschäftsverteilungsplanes für den richterlichen Dienst die 13. Kammer vertretungsweise zuständig.

a) Denn zu Recht haben die Vorsitzende der nach § 3 Abs. 1 a) des genannten Geschäftsverteilungsplanes in erster Linie zur Entscheidung berufenen 1. Kammer und ihr Vertreter, der Vorsitzende der 7. Kammer, unter Berufung auf § 41 Nr. 1 und 4 ZPO festgestellt, dass sie von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen sind. Nach A. I. 1. f) der Anordnung über die Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen im Geschäftsbereich des Justizministers wird das beklagte Land nämlich im konkreten gerichtlichen Verfahren vertreten durch die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts, als deren ständiger Vertreter der Vizepräsident fungiert.

b) Der in dieser Konstellation nach § 19 Abs. 2 Satz 1 des richterlichen Geschäftsverteilungsplanes zur Vertretung berufene Vorsitzende der 12. Kammer ist nach § 41 Nr. 4 ZPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen, weil ihm im konkreten Fall Prozessvollmacht erteilt wurde, er also als Interessenvertreter des beklagten Landes auftritt.

c) Die im klägerischen Schriftsatz vom 03.04.2012 geäußerten Bedenken gegen die danach gegebene Zuständigkeit der 13. Kammer greifen nicht durch. Dabei wird übersehen, dass die Vorsitzenden der 1., 7. und 12. Kammer von der Ausübung ihres Richteramtes konkret deshalb ausgeschlossen sind, weil die von ihnen wahrgenommenen Aufgaben der Justizverwaltung (vgl. § 21 e VI GVG), und zwar als Präsidentin, als Vizepräsident und als Prozessvertreter (siehe Organisations- und Geschäftsverteilungsplan für die Verwaltungsabteilung des Landesarbeitsgerichts Hamm) parallel ein richterliches Tätigwerden nicht zulassen.

Vergleichbare Verwaltungstätigkeiten – auch im Vertretungsfalle – fallen für den Vorsitzenden der 13. Kammer nicht an, so dass er gemäß § 19 des richterlichen Geschäftsverteilungsplanes als sogenannter weiterer Vertreter zur Entscheidung berufen ist.

3. Als zuständiges Gericht war entsprechend der Bitte der Klägerin im Schriftsatz vom 02.02.2012 das Arbeitsgericht Herford zu bestimmen.

Die Klägerin hat sich im Rahmen der für sie eröffneten Wahlfreiheit bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach § 48 Abs. 1 a Satz 1 ArbGG dafür entschieden, vor dem Arbeitsgericht Minden zu klagen, weil sie dort zuletzt gewöhnlich ihre Arbeit verrichtet hat. Den darin zum Ausdruck kommenden Willen, beim möglichst nah zum Arbeitsort gelegenen Arbeitsgericht zu klagen, ist in der konkreten Ausnahmekonstellation des § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO dadurch Rechnung zu tragen, dass das bezirklich am nächsten gelegene Arbeitsgericht Herford zum zuständigen Gericht zu bestimmen ist.

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