LAG Hamm, Urteil vom 11.08.2011 – 17 Sa 340/11

Juli 27, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 11.08.2011 – 17 Sa 340/11

Nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA besteht kein Anspruch der Beschäftigten auf Auszahlung des aus dem Vorjahr übertragenen Restvolumens – hier aus 2008 – im Folgejahr – 2009, wenn die Betriebsparteien keine Betriebs- oder einvernehmliche Dienstvereinbarung abgeschlossen haben. Es erfolgt eine Übertragung bis zur Einigung der Betriebsparteien über ein System der leistungsbezogenen Bezahlung.
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 14.01.2011 – 3 Ca 1395/10 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung eines undifferenzierten Leistungsentgeltes nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA.

Der am 24.01.1961 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 01.08.1977 bei dem Beklagten als Vermessungstechniker beschäftigt. Er ist stellvertretender Personalratsvorsitzender. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Tarifbindung der TVöD-VKA Anwendung.

Wegen des Wortlautes des § 18 Abs. 1 bis 3 TVöD-VKA sowie der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 202 d.A.) Bezug genommen. Ab Januar 2010 wurde § 18 Abs. 3 Satz 1 TVöD-VKA dahingehend geändert, dass das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen bis 2013 um jährlich 0,2 % der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres steigt.

Bis zum 31.12.2007 hatte die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA folgenden Wortlaut:

In der Entgeltrunde 2008 werden die Tarifvertragsparteien die Umsetzung des § 18 (Leistungsentgelt) analysieren und ggfls. notwendige Folgerungen (z.B. Schiedsstellen) ziehen. In diesem Rahmen werden auch Höchstfristen für eine teilweise Nichtauszahlung des Gesamtvolumens gemäß Satz 3 der Protokollerklärung Nr. 1 festgelegt; ferner wird eine Verzinsung des etwaigen ab dem Jahre 2008 nicht ausgezahlten Gesamtvolumens geklärt.

Mit Wirkung zum 01.01.2008 änderten die Tarifvertragsparteien die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA wie folgt:

Die Tarifvertragsparteien bekennen sich zur weiteren Stärkung der Leistungsorientierung im öffentlichen Dienst.

Der Beklagte und die Personalvertretung haben bisher eine Dienstvereinbarung über eine leistungsorientierte Vergütung nicht abgeschlossen.

Deshalb zahlte der Beklagte für das Jahr 2008 ein undifferenziertes Leistungsentgelt, das bei dem Kläger 187,44 € brutto betrug. Dieser Betrag entspricht 6 % des dem Kläger für September 2008 zustehenden Tabellenentgelts. Den Restbetrag des Gesamtvolumens übertrug der Beklagte auf das folgende Kalenderjahr.

Im Jahre 2009 erhielt der Kläger eine undifferenzierte Leistungsentgeltzahlung in Höhe von 192,28 € brutto (6 % seines Tabellenentgelts für September 2009). Eine weitere Zahlung aus dem Rest des Gesamtvolumens des Leistungsentgeltes für das Kalenderjahr 2008 erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 14.05.2010 (Bl. 13, 14 d.A.) machte der Kläger den fehlenden Teil in Höhe von 6 % des Tabellenentgeltes für September 2008 geltend. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 26.05.2010 (Bl. 17 d.A.) eine Zahlung ab.

Mit seiner am 15.06.2010 bei dem Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung von 187,44 € brutto nebst Zinsen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nunmehr zur Auszahlung des Restbetrages aus dem Gesamtvolumen für das Jahr 2008 verpflichtet. Er hat ausgeführt:

Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA habe sich im Jahr 2009 das pauschal auszuzahlenden Leistungsentgelt um den Restbetrag aus dem Jahre 2008 erhöht.

Die Tarifvertragsparteien hätten nicht vereinbart, dass die zur Verfügung stehenden Mittel so lange im Leistungstopf „geparkt“ blieben, bis ein betriebliches System der leistungsorientierten Bezahlung vereinbart worden sei. Eine entsprechende Regelung lasse sich der Protokollerklärung Nr. 1 nicht entnehmen. In Satz 4 der Protokollerklärung sei lediglich formuliert, dass das Leistungsentgelt sich im Folgejahr um den Restbetrag des gesamten Volumens erhöhe. Eine Erhöhung bedeute jedoch nicht ein „Parken“ der Beträge. Für den Fall, dass und solange auch in den Folgejahren eine Einigung nicht zustande komme, gälten gemäß Satz 5 der Protokollerklärung die Sätze 3 und 4 auch in den Folgejahren. Zu berücksichtigen sei, dass in Satz 5 der Protokollerklärung von Folgejahren die Rede sei, in Satz 4 die Tarifvertragsparteien jedoch nur eine Regelung für das Folgejahr getroffen hätten. Die systematische Verknüpfung der Sätze 3 und 4 – Satz 5 bilde lediglich eine Klammer für diese Sätze – führe zu dem Ergebnis, dass jeweils im Folgejahr eine Ausschüttung des Restbetrages zu erfolgen habe.

Das Ergebnis entspreche auch Sinn und Zweck der Regelung. Die Tarifvertragsparteien hätten das Leistungsentgelt nach § 18 TVöD nicht zusätzlich zu den Entgeltansprüchen der Beschäftigten eingeführt. Vielmehr werde es aus Einsparungen der Arbeitgeber aufgrund der Neustrukturierung der Entgelttabellen und der Ablösung des bisherigen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes durch die Jahressonderzahlung finanziert. Schon deshalb sei eine Ausschüttung gerechtfertigt, die sich auch aus § 18 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA ergebe.

Die Regelungen in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA bezweckten, Druck auf die Betriebsparteien auszuüben, ein betriebliches System der leistungsorientierten Bezahlung zu vereinbaren. Bei einem zeitlich unbeschränkten „Parken“ der Restvolumina in dem „Leistungstopf“ erziele der Arbeitgeber jedoch ungerechtfertigte Vorteile, die den Druck auf ihn verminderten.

Wegen des Ablaufes der Verhandlungen des Personalrates mit dem Beklagten werde auf die mit Schriftsatz vom 12.08.2010 vorgelegte Übersicht (Bl. 102 d.A.) Bezug genommen.

In 2009 hätte der Beklagte 187,44 € brutto nach dem Restvolumen 2008 an ihn auszahlen müssen. Der ihm zustehende Betrag aus diesem Restvolumen belaufe sich wie der Pauschalbetrag im Jahre 2008 auf 6 % des ihm im Monat September 2008 zustehenden Tabellenentgelts.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 187,44 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, nach den tariflichen Regelungen würden die Restvolumina aus dem Gesamtvolumen zur Zahlung eines leistungsorientierten Entgeltes so lange „geparkt“ bleiben, bis die Betriebsparteien ein entsprechendes System vereinbart hätten. Der Kläger hätte eine Auszahlung im Jahre 2009 nur dann verlangen können, wenn in diesem Jahr eine einvernehmliche Dienstvereinbarung zustande gekommen wäre. Satz 5 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut auf die Folgejahre und statuiere die Anwendung der Sätze 3 und 4 in den Folgejahren. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Tarifvertragsparteien nur für das Jahr 2007 ein undifferenziertes Leistungsentgelt in Höhe von 12 % des Tabellenentgeltes festgelegt hätten, während in den Folgejahren nur 6 % auszuzahlen seien.

Der Kläger bedenke auch nicht, dass die Tarifvertragsparteien die Voraussetzungen und die Höhe der Ausschüttung des jeweiligen Restgesamtvolumens nicht geregelt hätten.

Der von den Tarifvertragsparteien gewollte Druck könne nur durch die teilweise Vorenthaltung des Gesamtvolumens erreicht werden. Die Thesaurierung der nicht ausgeschütteten Beträge führe dazu, dass die Beschäftigten Druck auf die Betriebsparteien ausübten.

Der Kläger habe im Übrigen die Höhe des auszuzahlenden Restvolumens für das Jahr 2008 nicht zutreffend berechnet. Maßgeblich für das jährliche Leistungsbudget seien immer Entgeltaufkommen und Beschäftigtenzahl des Vorjahres. Bei Veränderungen der Beschäftigtenzahl seien die Daten für Vorjahr und Ausschüttungsjahr nicht identisch.

Mit Urteil vom 14.01.2011 hat das Arbeitsgericht Iserlohn die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt:

Der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht.

Der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA sei eine Tarifnorm, die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sei.

Die Sätze 3 bis 5 der Protokollerklärung Nr. 1 seien jedoch dahingehend auszulegen, dass der Restbetrag des Gesamtvolumens des Leistungsentgeltes für das Jahr 2008 aufgespart werde, bis eine einvernehmliche Dienstvereinbarung über ein betriebliches System zur leistungsorientierten Bezahlung zustande gekommen sei.

Der von den Tarifvertragsparteien in Satz 4 der Protokollerklärung Nr. 1 verwendete Begriff des Leistungsentgeltes stehe der von dem Kläger gewünschten Auslegung deshalb nicht entgegen, weil auch das Bundesarbeitsgericht den pauschalen Entgeltbestandteil nach der Protokollerklärung Nr. 1 als – undifferenziertes – Leistungsentgelt bezeichne.

Die Verwendung des Wortes „Erhöhung“ in Satz 4 der Protokollerklärung bedeute lediglich, dass der im Vorjahr nicht ausgezahlte Restbetrag des Gesamtvolumens nicht verfalle. Eine Regelung zur inhaltlichen Gestaltung einer Ausschüttung des Restvolumens sei dem Begriff nicht zu entnehmen.

Sinn und Zweck der Protokollerklärung Nr. 1 bestehe einerseits in der Sicherung eines Surrogates für den Fall des Nichtzustandekommens einer entsprechenden einvernehmlichen Dienstvereinbarung. Zum anderen hätten die Tarifvertragsparteien auf die Betriebsparteien Druck ausüben wollen. Ihr Unterlassen habe sanktioniert werden sollen. Mit dem Sanktionszweck wäre eine Ausschüttung des Restvolumens im Folgejahr nicht zu vereinbaren. Die vom Kläger vertretene Auffassung würde es Arbeitgeber, Arbeitnehmervertretung und Beschäftigten erlauben, sich auf eine konstante, dem Regelungszweck des § 18 TVöD-VKA widersprechende Pauschalleistung einzurichten. Der Einigungsdruck werde nicht vor allem auf die Arbeitnehmervertretung ausgeübt. Die Einführung des Leistungsentgeltes liege auch im eigenen Interesse der Arbeitgeberseite, um die Mitarbeitermotivation zu fördern. Im Übrigen führe das Ansparen der Restbeträge über mehrere Jahre zu einem Druck der Arbeitnehmer auf die Arbeitgeberseite.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die Tarifvertragsparteien nicht geregelt hätten, dass und wie der Gesamtbetrag des erhöhten Gesamtvolumens an die einzelnen Arbeitnehmer bei fehlender betrieblicher Vereinbarung auszuzahlen sei.

Im Übrigen lasse sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen, dass sein individueller Anspruch gerade 187,44 € brutto betrage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 201 bis 219 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 01.02.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.02.2011 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.05.2011 am 02.05.2011 eingehend begründet.

Er rügt das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft und führt aus:

Das erstinstanzliche Gericht habe es unterlassen, die Regelung in § 18 Abs. 3 Satz 2 2. Halbs. TVöD-VKA zu würdigen, die eine Verpflichtung der Arbeitgeber zur jährlichen Auszahlung des Leistungsentgeltes beinhalte.

Eine jährliche Auszahlung folge auch aus dem Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 4, da die Tarifvertragsparteien die Übertragung in das Folgejahr vereinbart hätten.

Zu Unrecht habe das erstinstanzliche Gericht einen Einigungsdruck auch auf die Arbeitgeberseite angenommen. Der Beklagte erziele Vorteile dadurch, dass er die Leistungsentgelte nicht auszuzahlen habe. Der Druck auf die Arbeitnehmervertretungen sei überproportional.

Weiter sei zu berücksichtigen, dass das Leistungsentgelt eine Abgeltung geleisteter Arbeit darstelle.

Der Beklagte habe fast eine Million Euro bisher nicht ausgezahlt, könne mit diesem Geld arbeiten und z.B. Kreditzinsen einsparen.

Sein Anspruch sei auch der Höhe nach gerechtfertigt. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens des Kläger wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 02.05.2011 (Bl. 248 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, aus § 319 BGB folge, dass das Gericht eine Leistungsbestimmung zu treffen habe. Es bestehe eine abschließende tarifliche Regelung dahingehend, dass die Tarifvertragsparteien die Problemlösung auf die Ebene der Betriebsparteien verlagert hätten. Der Beklagte und der Personalrat hätten trotz Einrichtung einer betrieblichen Kommission zur Entwicklung eines Systems der leistungsorientierten Vergütung bisher keine Dienstvereinbarung abgeschlossen. Sie befänden sich mit der Bestimmung der den Beschäftigten zu gewährenden Leistung in Rückstand. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien hätte eine Regelung bis zum Jahre 2007 getroffen werden sollen.

Die gemäß § 319 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB von dem Gericht zu bestimmende Leistung könne sich nur an seinen pauschalierenden Überlegungen zur Leistungshöhe orientieren, da er freigestelltes Personalratsmitglied sei und deshalb eine Leistungsbeurteilung nicht möglich sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 14.01.2011 – 3 Ca 1395/10 – abzuändern und den beklagten Landkreis zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 187,44 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.10.2009 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und führt unter Vertiefung des bisherigen Vortrags aus:

Die Verweisung auf § 18 Abs. 3 TVöD-VKA sei nicht zielführend, da die Vorschrift nicht die Auszahlung in dem Fall regle, dass ein betriebliches System der leistungsorientierten Bezahlung nicht bestehe. Im Übrigen regle § 18 Abs. 3 TVöD-VKA nicht den individuellen Anspruch des Mitarbeiters auf eine Leistungszulage.

Der Kläger verkenne auch, dass die Nichtauszahlung des Gesamtvolumens für das Leistungsentgelt über Jahre auch für den Arbeitgeber nachteilig sei. Er könne das übertragene Volumen gerade nicht im Rahmen des allgemeinen Haushalts verwenden, müsse vielmehr entsprechende Rückstellungen bilden.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die Tarifvertragsparteien keine Regelungen zur Art und Weise der Ausschüttung des Restvolumens getroffen hätten.

Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht, dass sie im Rahmen ihres Regelungsspielraumes keine Regelungen zu Höchstfristen oder zur Verzinsung des nicht ausgezahlten Gesamtvolumens getroffen hätten. Dass sie das Problem gesehen hätten, zeige die ursprüngliche Fassung der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA. Mit Änderung der Protokollerklärung Nr. 2 hätten sie gezeigt, insoweit Regelungen nicht treffen zu wollen.

§ 319 BGB sei nicht anwendbar. Die Tarifvertragsparteien hätten bewusst die Regelungs- und Entscheidungskompetenz auf die betriebliche Ebene verlegt in der Erwartung, ein betrieblich ausgehandeltes System werde bei den Beschäftigten auf größere Akzeptanz treffen. Obwohl sie das Problem der Verzögerung bei Schaffung eines solchen Systems gesehen hätten, hätten sie kein Schlichtungsverfahren unter Einbeziehung eines Dritten geschaffen. Bei Regelung durch eine Dienstvereinbarung hätten sie auf das Einvernehmen der Betriebsparteien gesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Gründe

A.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 14.01.2011 ist unbegründet. Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht die zulässige Leistungsklage abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung eines weiteren undifferenzierten Leistungsentgeltes von 187,44 € brutto für das Jahr 2008 aus der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA.

I.

Eine Dienstvereinbarung im Sinne des § 18 Abs. 6 TVöD-VKA besteht unstreitig nicht.

II.

Die Auslegung der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA rechtfertigt den geltend gemachten Anspruch nicht.

1. Zu Recht ist das Arbeitsgericht Iserlohn davon ausgegangen, dass es sich bei der Protokollerklärung um eine Tarifvereinbarung, nicht lediglich um eine Interpretationshilfe zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA handelt. Die Kammer verweist insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe, denen sie sich anschließt.

2. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 16.11.2010 – 9 AZR 589/09; 20.01.2009 – 9 AZR 677/07, BAGE 129, 131).

a. Dem Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 1 und 2 lässt sich zunächst entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien die Einführung eines Leistungsentgeltes für sinnvoll, notwendig und beiderseits gewollt erachtet und die Betriebsparteien entsprechend in § 18 Abs. 2 TVöD-VKA aufgefordert haben, die betrieblichen Systeme nach § 18 Abs. 6 TVöD-VKA bis zum 01.01.2007 zu vereinbaren. Sie haben in der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 3 und 4 jedoch auch den Fall bedacht, dass ein betriebliches System nicht zeitgerecht eingeführt wird. Kommt eine betriebliche Regelung nicht bis zum 30.09.2007 zustande, erhalten die Beschäftigten pauschal 6 % des für den Monat September 2008 jeweils zustehenden Tabellenentgelts mit dem Tabellenentgelt für Dezember 2008. Entsprechend hat der Kläger im Dezember 2008 pauschal 187,44 € brutto erhalten.

Obwohl das gemäß § 18 Abs. 3 TVöD-VKA in 2008 zur Verfügung stehende Gesamtvolumen höher war als das Volumen der gesamten Pauschalleistungen, haben die Tarifvertragsparteien keine Bestimmung zur späteren Auszahlung getroffen, sondern sich in der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 4 auf die Regelung beschränkt, dass sich das Leistungsentgelt im Folgejahr, also in 2009, um den Restbetrag des Gesamtvolumens 2008 erhöht.

Nach dem Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 5 gilt die in den Sätzen 3 und 4 getroffene Regelung auch in den Folgejahren, wenn keine Einigung über ein betriebliches System des Leistungsentgeltes zustande kommt. Das bedeutet, dass auch in den Jahren nach 2008 pauschal 6 % ausgeschüttet und der Restbetrag des Gesamtvolumens des jeweils laufenden Jahres auf das Folgejahr zu übertragen ist. Dem Wortlaut der Tarifvorschrift lässt sich eine Beschränkung dahin, dass eine Übertragung in das Folgejahr zum nächsten Zahlungstermin durch Auszahlung an die Beschäftigten aufzulösen ist, eine Thesaurierung über unter Umständen mehrere Jahre bis zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung nicht gewollt ist, nicht entnehmen (so auch LAG Düsseldorf 13.01.2011 – 13 Sa 1424/10; 25.04.2011 – 16 Sa 30/11). Zu Recht weist das LAG Düsseldorf darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien in Satz 5 in Verbindung mit Satz 3 eine Erhöhung des Gesamtvolumens bestimmt, aber nicht eine Regelung dahin getroffen haben, dass sich das individuelle Leistungsentgelt anteilig um den Restbetrag aus dem Vorjahr erhöht. Es liegt gerade nicht ein individualisierbarer Restbetrag bereit, dessen Auszahlung die Beschäftigten verlangen können (LAG Düsseldorf 26.04.2011 a.a.O.). Insbesondere fehlt es an Regelungen, wie der individuelle Auszahlungsbetrag in Anbetracht einer sich ständig verändernden Belegschaft, der denkbaren Änderung der individuellen Arbeitszeit und der Eingruppierung zu berechnen ist (LAG Düsseldorf 13.01.2011 a.a.O.; 26.04.2011 a.a.O.).

Die Tarifvertragsparteien haben die Entscheidung über die Art der Auszahlung bewusst den Betriebsparteien durch Regelungen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung übertragen.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf § 18 Abs. 3 Satz 2 2. Halbs. TVöD-VKA berufen. Danach besteht die Verpflichtung zur jährlichen Auszahlung des Leistungsentgeltes. Leistungsentgelt im Sinne dieser Tarifnorm ist die variable und leistungsorientierte Bezahlung zusätzlich zum Tabellenentgelt, wie sich aus § 18 Abs. 2 TVöD-VKA ergibt. Nach Auffassung der Kammer ist in diesem Sinn die Protokollerklärung Nr. 1 Satz 4 zu verstehen. Das Leistungsentgelt, also das Entgelt aufgrund eines betrieblichen Systems der leistungsorientierten Bezahlung, erhöht sich im Folgejahr um den Restbetrag. Eine undifferenzierte Pauschalzahlung wird zwar auch als Leistungsentgelt bezeichnet (BAG 23.09.2010 – 6 AZR 338/09, ZTR 2011, 33), das jedoch nicht von § 18 Abs. 3 TVöD-VKA erfasst wird (Kersten, ZTR 2009, 240).

Wenn in der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 4 eine Erhöhung im „Folgejahr“ geregelt ist, so ist die Verwendung des Singulars dem Zusammenhang mit Satz 3 geschuldet, in dem die Auszahlung für 2007 bei Fehlen eines betrieblichen Systems geregelt ist. In Satz 5 der Protokollerklärung Nr. 1 wird für die Folgejahre die Anwendung der Sätze 3 und 4 bestimmt. Die Formulierung in Satz 3 zwingt demnach nicht zu dem Schluss, es sei von den Tarifvertragsparteien nur die Übertragung in ein Folgejahr und die Auszahlung des Restvolumens in diesem Folgejahr gewollt.

b. Auch Sinn und Zweck der Protokollerklärung sprechen nicht für einen Auszahlungsanspruch des Klägers.

In § 18 Abs. 1 TVöD-VKA haben die Tarifvertragsparteien herausgestellt, welche Bedeutung sie der Einführung einer leistungs-/erfolgsorientierten Bezahlung beimessen. Zum einen soll durch ein über das Tabellenentgelt hinausgehendes Leistungsentgelt die öffentliche Dienstleistung im Interesse der Allgemeinheit verbessert werden. Zum anderen soll durch den Anreiz die individuelle Entwicklung eines jeden Beschäftigten gefördert, die Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz gestärkt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Tarifvertragsparteien auf die besondere Sachkunde der Betriebsparteien gesetzt, haben ihnen die Aufgabe übertragen, auf die jeweilige Dienststelle/den jeweiligen Betrieb zugeschnittene Betriebs- oder einvernehmliche Dienstvereinbarungen zu schließen. Gleichzeitig haben sie den Betriebsparteien einen zeitlichen Rahmen vorgegeben, die betrieblichen Systeme bis zum 01.01.2007 zu vereinbaren, § 18 Abs. 2 TVöD-VKA. In der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 1 haben sie noch einmal ihren Willen bekundet, das Leistungsentgelt möge zeitgerecht eingeführt werden, da es sinnvoll, notwendig und deshalb beiderseits gewollt sei. Konkrete Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Abschluss betrieblicher Systeme, auf den zeitlichen Rahmen haben sich die Tarifvertragsparteien nicht vorbehalten. Allein durch die Regelungen in der Protokollerklärung Nr. 1 Sätze 3 bis 5 haben sie den zu Erreichung ihres gemeinsamen Zieles erforderlichen Anreiz für die Betriebsparteien gesetzt, zeitnah das Leistungsentgelt einzuführen. Wäre die Auffassung des Klägers zutreffend, hätten die Tarifvertragsparteien ein System geschaffen, in dem jeder Beschäftigte unabhängig von einer Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung ohne jegliche Leistungsdifferenzierung, ohne jeglichen Leistungsanreiz jeweils nach einem Jahr den vollen Pauschalbetrag aus dem in § 18 Abs. 3 TVöD-VKA bestimmten Gesamtvolumen erhielte (LAG Düsseldorf 26.04.2011 a.a.O.).

Der erforderliche Druck wird erst dann entwickelt, wenn es bis zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung zu einer Thesaurierung des nicht ausgeschütteten Volumens kommt, bis ein nach Leistung differenzierendes System durch eine entsprechende Einigung der Betriebsparteien zustande kommt. Sie habe es in der Hand, durch zügige Einigung die Ausschüttung des Gesamtvolumens zu ermöglichen.

Der Einwand des Klägers, der Druck werde allein auf die Personal- und Betriebsräte ausgeübt, trifft nicht zu. Der Arbeitgeber hat keinen Vorteil aus der Nichtauszahlung der „geparkten“ Gelder, denn er kann sie keinem anderen Zweck zuführen, muss Rückstellungen bilden. Im Übrigen steigt die Erwartung der Beschäftigten an den Arbeitgeber mit der Größe des „Topfes“. Der Druck auf die Personal- und Betriebsräte steigt erst dann, wenn erhebliche Beträge „angespart“ sind. So lange eine Auszahlung erreicht wird, die die Beschäftigten im Wesentlichen zufriedenstellt, was eine undifferenzierte Auszahlung erreichte, bestünde kein Anreiz, von dem konfliktarmen „Gießkannenprinzip“ abzurücken und die Auseinandersetzung um insbesondere die zulässigen Kriterien der Leistungsbewertung aufzunehmen und die Arbeitnehmerschaft von einem bestimmten Leistungssystem zu überzeugen (LAG Düsseldorf 20.04.2011 a.a.O.; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, § 18 Rn. 107, 108). Der entgegenstehenden Auffassung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven (23.09.2010 – 5 Ca 5142/10, Bl. 122 bis 130 d.A.; zustimmend Dannenberg, PersR 2011, 172), aus der fehlenden Regelung zum Insolvenzschutz und der Verzinsung der thesaurierten Beträge folge, dass nur eine Auflösung des Restvolumens durch Auszahlung im Folgejahr Sinn und Zweck der tariflichen Regelung entspreche, ist entgegenzuhalten, dass die Tarifvertragsparteien zunächst bis zum 31.12.2007 in der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA vereinbart hatten, in der Entgeltrunde 2008 die Umsetzung des § 18 TVöD-VKA analysieren, gegebenenfalls notwendige Folgerungen (Schiedsstelle) ziehen zu wollen. In diesem Rahmen wollten sie auch Höchstfristen für eine teilweise Nichtauszahlung des Gesamtvolumens nach der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 3 festlegen und eine Verzinsung des etwaigen ab 2008 nicht ausgezahlten Gesamtvolumens klären. Mit Wirkung zum 01.01.2008 haben sie von diesem Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 2 Abstand genommen, weder eine Höchstfrist noch eine Verzinsung vereinbart, obwohl ihnen das Problem bekannt war. Sie haben sich darauf beschränkt, ein allgemeines Bekenntnis zur Leistungsorientierung im öffentlichen Dienst abzugeben.

Die Aufgabe der Absicht, Höchstfristen und eine Verzinsung zu regeln, kann nur dahin verstanden werden, dass der Druck auf die Betriebsparteien bestehen bleiben oder gar erhöht werden soll. Die ursprüngliche Erklärung, nach Analyse gegebenenfalls Höchstfristen vereinbaren zu wollen, wäre überflüssig gewesen, wenn die Tarifvertragsparteien nach ihrem übereinstimmenden Willen in der Protokollerklärung Nr. 1 Sätze 3 bis 5 die Thesaurierung bereits auf das Folgejahr begrenzt hätten.

Unerheblich ist nach Auffassung der Kammer, dass die als undifferenziertes Leistungsentgelt ausgeschütteten Mittel aus umgewidmeten bisher fixen Entgeltbestandteilen des Jahres 2006 erwirtschaftet wurden, wie sich aus der Niederschriftserklärung zu § 18 Abs. 3 TVöD-VKA ergibt (so auch BAG 23.09.2010 a.a.O.), da diese Entgeltbestandteile den Beschäftigten nicht verloren gehen, sie durch Druck auf die Betriebsparteien eine Auszahlung fördern können. Außerdem stehen die umgewidmeten Mittel nicht in einem konkreten Verhältnis zur Arbeitsleistung eines einzelnen Mitarbeiters.

II.

Der geltend gemachte Anspruch rechtfertigt sich auch nicht bei ergänzender Vertragsauslegung. Diese scheitert zum einen daran, dass die Tarifvertragsparteien die Problematik der in die Folgejahre übertragenen Restvolumina nicht übersehen haben, wie aus der Tarifgeschichte der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA zu ersehen ist. Zum anderen ergeben sich aus der tariflichen Regelung keine hinreichenden und sicheren Anhaltspunkte dafür, wie sie die Tariflücke geschlossen hätten (LAG Düsseldorf 13.01.2011 a.a.O.; 26.04.2011 a.a.O.).

III.

Die Kammer ist nicht aufgerufen, eine Leistungsbestimmung durch Urteil nach § 319 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB vorzunehmen. Danach erfolgt eine Leistungsbestimmung durch Urteil, wenn ein Dritter die Bestimmung u.a. verzögert.

Die Betriebsparteien sind nicht Dritte im Sinne der §§ 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 BGB. In den genannten Vorschriften geht es um die Leistungsbestimmung durch eine mit besonderer Sachkunde ausgestatteten neutrale Stelle (Jauernig/Stadtler, BGB, 13. Aufl., § 317 BGB Rn. 1a). § 317 BGB gilt bei rechtsgestaltender Vertragsergänzung durch Dritte bzw. bei Vertragsklarstellungen und Tatsachenfeststellungen durch einen Dritten. So können die Tarifverträge betrieblicher Einrichtungen wie paritätische Kommissionen und andere Stellen schaffen, die die Aufgaben eines Schiedsgutachters haben, auf den §§ 317 ff. BGB Anwendung finden (BAG 20.01.2004 – 9 AZR 393/03; LAG Sachsen-Anhalt 01.07.2009 – 8 Sa 121/08).

Die Tarifvertragsparteien haben die Betriebsparteien nicht als Schiedsgutachter für die Aufgabe eingesetzt, ein betriebliches System zur leistungsorientierten Bezahlung zu schaffen. Gemäß § 18 Abs. 6 Satz 1 TVöD-VKA wird das jeweilige System betrieblich bestimmt, und zwar durch Betriebsvereinbarung oder durch einvernehmliche Dienstvereinbarung, wobei die Tarifvertragsparteien generelle Vorgaben für die Ausgestaltung formuliert haben.

Gemäß § 72 Abs. 3 Nr. 5 LPVG NW besteht bei der Gestaltung des Entgelts innerhalb der Dienststelle ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats, soweit nicht tarifliche Regelungen bestehen. Er hat insbesondere mitzubestimmen bei der Festsetzung leistungsbezogener Entgelte. Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 LPVG NW sind Dienstvereinbarungen zulässig, soweit nicht gesetzliche oder tarifliche Regelungen entgegenstehen.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, nach § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG bei der Festsetzung von leistungsbezogenen Entgelten mitzubestimmen. Gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist die Regelung durch Betriebsvereinbarung zulässig, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen zulässt.

Die Tarifvertragsparteien haben den Betriebsparteien die Schaffung eines betrieblichen Systems zur leistungsorientierten Bezahlung durch Öffnung des Tarifvertrages für betriebliche Regelungen im Rahmen ihrer ureigenen Kompetenzen nach dem jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetz und nach dem Betriebsverfassungsgesetz, nicht als neutrale Dritte zugewiesen.

Sowohl das LPVG NW als auch das Betriebsverfassungsgesetz enthalten eigene Lösungen für den Konfliktfall durch die Einigungsstelle, §§ 66 Abs. 7, 67 LPVG NW, 87 Abs. 2, 76 ff. BetrVG. Eine Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB kommt angesichts des gesetzlichen Systems nicht in Betracht.

Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Tarifvertragsparteien in § 18 Abs. 6 Satz 3 TVöD-VKA für den Anwendungsbereich des Personalvertretungsgesetzes eine einvernehmliche Dienstvereinbarung fordern, die gemäß § 38 Abs. 3 TVöD-VKA nur ohne Entscheidung der Einigungsstelle vorliegt. Damit soll sichergestellt werden, dass die Dienstvereinbarung auf der betrieblichen Ebene abgeschlossen und nicht durch den Spruch der Einigungsstelle oder ein eventuelles Letztentscheidungsrecht des Arbeitgebers ersetzt wird. Kommt es nicht zu einer Einigung zwischen Personalvertretung und Dienststelle, bleibt es bei der Verteilung nach der Protokollerklärung Nr. 1 Sätze 3 bis 5 zu § 18 Abs. 4 TVöD-VKA bzw. bei der Macht der Tarifvertragsparteien, tarifliche Neuregelungen zu schaffen (Sponer/Steinherr, TVöD, § 18 TVöD-VKA Rn. 52).

Der Kläger mag diesen besonderen Zwang zur betrieblichen Einigung für unangemessen und tarifpolitisch unerwünscht halten. Keinesfalls ist jedoch das Gericht nach § 319 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB aufgerufen, als von den Tarifvertragsparteien nicht gewollte „Ersatzeinigungsstelle“ tätig zu werden.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Zulassung der Revision aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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