Landesarbeitsgericht Köln, 2 Ta 48/21

Juni 13, 2021

Landesarbeitsgericht Köln, 2 Ta 48/21

Streitwert bei Mehrkosten einer Betriebsvollversammlung gegenüber einer virtuellen Betriebsversammlung

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu zwei wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 03.03.2021 – AZ. 5 BVGa 4/21 – abgeändert und der Gegenstandswert auf 163.149,58 € festgesetzt.

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G r ü n d e :
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I. In der Hauptsache begehrte der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung die Übernahme der Kosten einer Betriebsvollversammlung, die am 12.03.2021 in der L A in K stattfinden sollte. Die Arbeitgeberin hatte dem widersprochen, da während der Planungsphase der Betriebsversammlung unklar war, ob die Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen eine solche Vollversammlung zum geplanten Versammlungszeitpunkt ermöglichen würde.
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Zudem hat die Arbeitgeberin darauf verwiesen, dass es dem Betriebsrat möglich sei, kostengünstigere Varianten der Betriebsversammlung durchzuführen. So fielen nach Berechnung der Arbeitgeberin für die Durchführung der Versammlung in der L A einschließlich Fahrtkosten und erhöhter Lohnkosten für An- und Abreise insgesamt 300.867,– € an Kosten an, davon reine Mietkosten der Arena62.000 €. Die Arbeitgeberin verwies darauf, dass Teilversammlungen in einem Zelt auf dem Hof der Arbeitgeberin wegen geringerer Fahrtkosten, geringerer Mietkosten für das Zelt und insgesamt geringerer Reisezeiten lediglich 175.949 € an Kosten verursache. Es sei dem Betriebsrat aber auch zumutbar eine virtuelle Versammlung durchzuführen. Die Zurverfügungstellung der erforderlichen Konferenzsysteme und Veranstaltungstechnik koste in diesem Fall lediglich 3.568,42 €. Zudem entfielen Fahrkosten bei dieser Variante. Der Betriebsrat müsse eine Abwägung zwischen den zulässigen Varianten der Betriebsversammlung durchführen. Auf Grund der Infektionslage und der erheblichen Kostenunterschiede sei die Durchführung in der L A nicht ermessensgerecht. Deshalb sei sie nicht verpflichtet, die Kosten der Vollversammlung in Präsenz zu übernehmen und den Betriebsrat von den Mietkosten freizustellen.
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Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert auf 300.000 € festgesetzt. Es hat in diesen Wert zum einen die Freistellung von den Mietkosten der L A zum anderen aber auch, wie vom Arbeitgeber berechnet, die gesamten Lohn- und Fahrtkosten eingerechnet. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde und beantragte, den Gegenstandswert auf 62.000 €, nämlich auf die reinen Mietkosten der L A festzusetzen. Sie habe nie die Verpflichtung des Betriebsrats zur Durchführung der Betriebsversammlung bestritten. Streitig sei gewesen, ob der Betriebsrat verpflichtet sei, eine kostengünstigere Variante also entweder Teil-Betriebsversammlungen in einem gemieteten Zelt auf dem Hof oder eine virtuelle Versammlung durchzuführen.
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Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, da es mit dem ersten Antrag des Betriebsrats um die Berechtigung gegangen sei, die konkrete Betriebsversammlung als Vollversammlung in der L A durchzuführen. Diese sei mit Kosten von 300.000 von der Arbeitgeberin selbst so veranschlagt worden.
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II. Die zulässige und fristgerechte Beschwerde der Arbeitgeberin ist teilweise begründet. Der Wert des Streitgegenstandes beurteilt sich nach der Differenz der Werte der zwischen den Beteiligten streitigen Durchführungsformen der Betriebsversammlung. Er war nach § 33 RVG i. V. m. § 23 RVG festzusetzen.
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Zwar war der Antrag des Betriebsrates auf Kostenübernahme der Kosten einer Betriebsvollversammlung in der L A gerichtet. Diese können insgesamt zutreffend auf 300.867 € beziffert werden. Die Beklagte hat aber in ihren Schriftsätzen stets zum Ausdruck gebracht, dass sie die Ablehnung der Durchführung der Betriebsvollversammlung in der L A nicht damit begründet, dem Betriebsrat stehe generell kein Recht auf eine Betriebsvollversammlung zu, sondern der Betriebsrat habe unter Berücksichtigung der Arbeitgeberinteressen sich nur für eine der kostengünstigeren Varianten nämlich Teilversammlungen auf dem Hof im Zelt oder virtuelle Versammlungen entscheiden dürfen. Damit ergibt sich, dass sich der Wert des Betriebsratsantrages aus der Differenz zwischen den Kosten der Veranstaltung in der L A und den Kosten der preiswertesten Variante, die die Arbeitgeberin uneingeschränkt übernehmen wollte, errechnet. Der Wert des Streitgegenstandes ist deshalb unabhängig von der Formulierung des Antrags danach zu bestimmen, welche Zusatzkosten die vom Betriebsrat gewünschte Variante gegenüber der unstreitig auch möglichen virtuellen Betriebsversammlung für die Arbeitgeberin verursachte.
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Von den Kosten in der L A sind damit die ohnehin auf jeden Fall anfallenden Lohnkosten für die Dauer der Veranstaltung i.H.v. 134.149 € sowie die Kosten für die Veranstaltungstechnik bei einer virtuellen Vollversammlung i.H.v. 3.568,42 € abzuziehen. Fahrkosten wären bei einer virtuellen Veranstaltung nicht angefallen. Durch fehlende An- und Abreise hätten sich auch die Lohnkosten verringert. Dass die Arbeitgeberin zur Tragung von Kosten einer virtuellen Betriebsversammlung am 12.03.2021 in Höhe von wenigstens 137.717,42 EUR verpflichtet gewesen wäre, ergibt sich aus ihrem Vortrag und stand insoweit außer Streit. Der streitige Wert des Verfahrens beläuft sich damit auf die Differenz und beträgt 163.149,58 €.
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Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtmittel nicht gegeben.

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