LG Potsdam, Beschluss vom 20.12.2019 – 12 T 29/17

November 28, 2020

LG Potsdam, Beschluss vom 20.12.2019 – 12 T 29/17

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe

I.

Der Antragsgegner beurkundete für die Antragsteller Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen. Die Antragsteller begehren die Aufhebung von der Kostenberechnungen und die Rückzahlung von bereits hierauf bezahlten 216,70 € .

Zur Begründung führen die Antragsteller im Wesentlichen aus, dass der Notar sie über die Kosten der Beurkundung im Unklaren gelassen habe und sie bei Kenntnis der Kosten keinen entsprechenden Auftrag erteilt hätten.

Den Antragstellern seien am 15.3.2016 ohne Vorbesprechung der Angelegenheit mit dem Notar vier Entwürfe übersandt worden, für jeden Antragsteller der Entwurf einer Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung sowie einer Patientenverfügung ohne Hinweis auf die Kosten. Bei einer gemeinsamen Anwesenheit im Notariat an einem Tag, an dessen genaues Datum sie sich nicht mehr erinnern könnten, hatten sie nach den Kosten für die Erstellung solcher Dokumente gefragt, von der Notariatsmitarbeiterin aber keine inhaltliche Antwort erhalten. Auf Meldung im Notariat sei ihnen der 30.9.2016 als Termin zur Beurkundung benannt worden ohne dass ihnen auf erneute entsprechende Nachfrage die Kosten der Beurkundung genannt worden sind. Auch im Beurkundungstermin hätten die Antragsteller den Notar nach den Kosten befragt, worauf der Notar geantwortet habe, dass das Aktivvermögen maßgeblich sei, er die konkrete Kostenhöhe im Beurkundungstermin aber nicht benennen könne. Am Ende der Beurkundung habe der Notar die Antragsteller aufgefordert, ihm ihr Aktivvermögen zu beziffern.

Für die Antragstellerin erstellte der Notar die Urkunden H 1524/1016 und H 1525/2016 und dazu die Rechnungen H 1524/0/1 – 2016 (144,59 €) und H 1525/0/1 – 2016 (72,11 €). Für den Antragsteller erstellte der Notar die Urkunden H 1526/2016 und H 1527/2016 und stellte diese mit den Rechnungen H 1526/0/1 – 2016 und H 1527/0/1 – 2016 in Rechnung. Hinsichtlich der Vorsorgevollmacht legte er einen Wert von 23.375 € zugrunde; für die Patientenverfügungen einen Wert von 4.250 €.

Die Antragsteller bringen vor, dass die Vorsorgeverfügungen auch kostengünstiger in einer Urkunde beurkundet hätten werden können. Der Notar habe darüber hinaus nicht darauf hingewiesen, dass die Vorsorgeverfügungen nicht beurkundungsbedürftig seien, was ebenso für die Vorsorgevollmacht gelte, soweit sie sich nicht auch auf Immobiliengeschäfte erstrecken sollte. Der Geschäftswert der Vorsorgevollmachten sei außerdem nicht mit 50%, sondern mit 30% des Vermögens des Vollmachtgebers anzusetzen.

Die Antragssteller beantragen,

1. die Notarkostenrechnungen H 1524/0/1 – 2016; H 1525/0/1 – 2016; H 1526/0/1 – 2016 und H 1527/0/1 – 2016 aufzuheben

2. Den Antragsgegner zu verpflichten, den auf die Rechnungen H 1524/0/1 – 2016 und H 1525/0/1 – 2016 gezahlten Betrag in Höhe von 216,70 € an die Antragstellerin zurückzuerstatten

3. Die vollstreckbaren Ausfertigungen der Rechnungen H 1526/0/1 – 2016 und H 1527/0/1 – 2016 an den Antragsteller zu 2 herauszugeben.

Der Notar beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller habe ihn bzw. seine Mitarbeiterin Frau F. am 25.2.2016 telefonisch um die Erstellung der Beurkundungen gebeten. Im Beurkundungstermin hätten die Antragsteller nicht nach den Kosten gefragt. Kostenauskünfte seien auch nur möglich, wenn die hierfür erforderlichen Angaben vorlägen; letzteres sei bis dahin nicht der Fall gewesen. Es sei auch zweckmäßig, eine Vorsorgevollmacht zu beurkunden oder wenigstens zu beglaubigen, da nur so die für den Rechtsverkehr praktische Handhabung sichergestellt sei. Die getrennte Beurkundung sei sinnvoll, da jeder Vollmachtgeber über die fernere Geltung seine Vollmacht allein entscheiden wolle. Zum Geschäftswert trägt er vor, dass wie von den Antragstellern angegeben das Geldvermögen mit ca. € 5.000 angesetzt worden sei, das Immobilienvermögen demgegenüber von ihm geschätzt worden sei.

Die Kammer hat eine Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 16.03.2017 eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird (Bl. 84 GA).

Die Präsidentin des Landgerichts hat gleichfalls Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten (Bl.95 GA).

Im Übrigen wird ergänzend auf den Schriftwechsel zwischen den Parteien verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die Kostenrechnungen sind nicht zu beanstanden.

1.

Die Einwendungen der Antragsteller sind im Kostenprüfungsverfahren nach § 127 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG statthaft. Dies gilt insbesondere auch für den geltend gemachten Erstattungsanspruch, vgl. 90 Abs. 2 GNotKG. Der Antrag ist nicht verfristet, § 127 Abs. 2 Satz 1 GNotKG.

2.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Kostenerstattungsanspruch des Notars ist wirksam entstanden. Die Gebühren 21200 KV GNotKG aus 4.250 € für die Beurkundung der Patientenverfügungen sowie die Gebühr nach 21200 KV GnotGK aus 23.375 € für die Vorsorgevollmachten sind angefallen.

a)

Die Parteien gehen unstreitig von einem Beurkundungsauftrag aus. Dass es, wie die Antragsteller vortragen, an einem konkreten Auftrag zur Erstellung der Entwürfe gemangelt hat, ist für das Entstehen der Gebühren nach § 21200 KV GNotKG nicht beachtlich. Eines solchen gesonderten Entwurfsauftrages bedarf es neben dem Beurkundungsauftrag nicht (siehe LG Dresden, Beschluss vom 20.9.2017 – 2 OH 12/17), da dies im Regelfall der zügigen Abwicklung des Beurkundungsverfahrens abträglich wäre (BT-Drs. 17/11471, 220). Darüber hinaus führt die Stellungnahme der Ländernotarkasse auch richtig aus, dass die Entwurfsfertigung auch nicht notwendigerweise ein vorheriges Beratungsgespräch voraussetzt (aaO, m.w.N.). Dies gilt umso mehr, als dass es sich bei den vorliegenden Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten nicht um außergewöhnlich komplexe oder seltene Beurkundungsvorgänge handelt.

b)

Entgegen der Ansicht der Antragssteller ergibt sich eine unrichtige Sachbehandlung des Antragsgegners auch nicht aus einem etwaigen Verstoß gegen Belehrungspflichten (§ 21 Abs. 1 GNotKG). Die Gebühr ist nicht dadurch entfallen, dass der Notar nicht über die anfallenden Kosten aufgeklärt hat.

Der Notar ist grundsätzlich nicht verpflichtet, über die gesetzlich anfallenden Kosten aufzuklären (BGH, Beschluss vom 20.10.2009 – VIII ZB 13/08, DNotZ 2010, 230). Da der Notar für seine gesamte Tätigkeit die anfallenden Gebühren erheben muss und die Höhe der Gebühren gesetzlich festgelegt ist, besteht auch kein Anlass, eine Partei ungefragt auf ihre Kostentragungspflicht oder auf die Höhe der entstehenden Kosten hinzuweisen. Wird der Notar aber ausdrücklich nach den anfallenden Kosten gefragt, ist eine sog. außerordentliche Belehrung der Beteiligten über die Kosten angezeigt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.02.2017 – 20 W 327/15).

Ob der Notar ausdrücklich auf die anfallenden Kosten angesprochen worden war, ist zwischen den Parteien streitig. Die Antragsteller tragen aber vor, der Notar bzw. im Vorfeld die Notariatsmitarbeiterin hätten ihnen mitgeteilt, keine Auskunft geben zu können bzw., dass dies von bestimmten Faktoren abhänge. Dies genügt vorliegend den an den Notar zu stellenden Belehrungsanforderungen. Eine solche Negativauskunft ist jedenfalls dann und dort geboten, wenn wie hier nicht alle Berechnungsgrundlagen vorliegen und keine abschließende Klarheit über das Vermögen besteht.

c)

Die Gebühr ist weiter auch in der vom Notar in Rechnung gestellten Höhe angefallen. Die Niederlegung von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in getrennten Urkundsentwürfen und auch die Trennung dieser Vorsorgeverfügungen nach den beiden Antragstellern stellt keine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG dar.

Grundsätzlich gilt, dass der Notar verpflichtet ist, mehrere Erklärungen in einer Urkunde zusammenzufassen, sofern diese Vorgehensweise im Vergleich zur getrennten Beurkundung Kosten spart und gleichermaßen zum erwünschten Erfolg führt (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.03.2010 – 3 W 41/10). Der Notar ist nicht nur zur richtigen, sondern auch zur kostensparenden und damit grundsätzlich zur kostengünstigsten Sachbehandlung verpflichtet; dies gilt insbesondere für die Zusammenbeurkundung. Der Aufwand höherer Kosten ist nur dann gerechtfertigt, wenn besondere Gründe, etwa berechtigte Interessen eines Beteiligten, zu einer getrennten Beurkundung Anlass geben (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17. 9. 2002 – 3 W 74/02).

So liegt der Fall hier. Wie die Stellungnahme der Ländernotarkasse ausführt, gibt es zu der Frage ob Vorsorgeverfügungen in einer Urkunde oder in getrennten Urkunden aufgenommen werden sollen, keine einheitliche Auffassung in der einschlägigen Fachliteratur. Regelmäßig spricht aber die bessere Verkehrsfähigkeit für eine getrennte Beurkundung von wechselseitigen Vorsorgeverfügungen von Ehegatten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Notar davon ausgehen musste, dass es den Beteiligten auf eine solche verbesserte Verkehrsfähigkeit nicht ankam. Er durfte daher annehmen, dass die geringfügig höheren Kosten durch eine Getrenntbeurkundung gerechtfertigt sind.

d)

Auch der fehlende Hinweis auf die fehlende Beurkundungspflicht von Vorsorgeverfügungen verstößt nicht gegen § 21 GNotKG. Aufgrund der allgemein anerkannten Vorteile einer beurkundeten Vorsorgeverfügung (Feststellung der Identität, der Ermittlung und Wiedergabe des tatsächlichen Willens der Verfügungen und der wichtigen Feststellung der Geschäftsfähigkeit durch den Notar) musste der Antragsgegner vorliegend nicht darauf hinweisen, dass die Vorsorgeverfügung nicht zwingend zu beurkunden ist.

Insofern ist auch unter diesem Aspekt keine Reduzierung der notariellen Kostenrechnung angezeigt.

e)

Eine sachlich unrichtige Behandlung des Gegenstands ist auch bei der Bestimmung der Geschäftswerte nicht ersichtlich.

Maßgeblich für die Bestimmung ist gem. § 98 Abs. 3 GNotKG das Aktiv-Vermögen. Dies hat der Notar in Bezug auf die Vorsorgevollmachten geschätzt, da ihm keine anderen Angaben hierzu gemacht worden sind. Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an der Richtigkeit der Schätzung zu erheben, zumal die Antragsteller auch nach der Stellungnahme der Ländernotarkasse keine Angaben hierzu gemacht haben.

In Bezug auf die Patientenverfügungen steht die Geschäftswertbestimmung gänzlich außer Zweifel. Wie die Ländernotarkasse in ihrer Stellungnahme richtig ausführt, hat der Notar diese sogar unter dem Hilfswert des § 36 Abs. 3 GNotKG angesetzt.

Da die Kostenrechnung auch im Übrigen den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, war der Antrag zurückzuweisen.

3.

Der Antrag auf Überprüfung der Kostenberechnung beim Notar ist für die Beteiligten kostenfrei, weil das GNotKG hierfür keinen Kostentatbestand vorsieht. Auch das Verfahren vor dem Landgericht löst für die Beteiligten keine Gerichtskosten aus. Zwar fehlt dem GNotKG eine § 156 Abs. 6 Satz 1 KostO entsprechende Bestimmung. Die Kostenfreiheit ergibt sich aber daraus, dass das GNotKG im Bereich der Gerichtskosten hierfür keinen anwendbaren Gebührentatbestand vorsieht.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.