LG Potsdam, Urteil vom 20.09.2017 – 6 S 26/17

Mai 6, 2021

LG Potsdam, Urteil vom 20.09.2017 – 6 S 26/17

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 04.01.2017, Az. 12 C 66/16, abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, die von ihnen genutzte, gesondert eingefriedete Teilfläche des Flurstücks, belegen an der südöstlichen Grundstücksgrenze, mit einer Abmessung von 24,6 m Länge und 15,2 m Tiefe, bebaut mit einem Wirtschaftsgebäude, an den Kläger herauszugeben.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 5.000,00 € festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger begehrt von den Beklagten Herausgabe der im Tenor genannten Grundstücksfläche, bebaut mit einem Wirtschaftsgebäude, das die Beklagten unter anderem als Garage nutzen.

Die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils, auf das im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, sind wie folgt zu ergänzen:

Nachdem der Rat des Kreises N den Beklagten mit Wirkung zum 01.10.1978 das Nutzungsrecht an dem, dem streitgegenständlichen Grundstück benachbarten Grundstück zur Errichtung eines Eigenheims verliehen und es daraufhin mit einem Wohnhaus bebaut hatten, erstellte der Beklagte im September 1984 einen „Erläuterungsbericht und Baubeschreibung“ zum Objekt „Ausbau Baustelleneinrichtung“ mit einer bebauten Fläche von 12 × 6 m, in dem es heißt:

„[Der Beklagte], verheiratet und 2 Kinder, erbaute in den Jahren 1979/1980 ein Eigenheim des Typs GU 2. Für die Unterbringung der notwendigen Baustoffe errichtete er sich eine Baustelleneinrichtung nach den gen. Maßen. Die Vervollständigung erfolgte nach Fertigstellung des Eigenheims als Wirtschaftsgebäude. Untergebracht sind darin Garage, Geräteraum und Kleintierstall. Die hier erarbeiteten Unterlagen werden somit nachgereicht.“

Die beigefügte Kostenermittlung geht aus von einer bebauten Fläche von 20 m² und einem umbauten Raum von 313 m³ sowie einem Kostenansatz von 40 M je Kubikmeter, mithin von voraussichtlichen Kosten von 12.520 M. Mit der „Zustimmung Nr. 28 zu Errichtung oder Änderung eines Bauwerks“ erteilte der Rat der Gemeinde Z dem Beklagten zu 1 die Zustimmung zur Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes mit Garage auf dem Flurstück 21 der Flur 10 bei einer geschätzten Bausumme von 12.520 M.

Das Amtsgericht hat die Klage auf Herausgabe des Grundstücksteils mit der Begründung abgewiesen, die Klage sei unzulässig. Der Streitwert betrage 29.225 €, weshalb der Rechtsweg zum Amtsgericht nach §§ 23 und 71 GVG nicht eröffnet sei. Auszugehen sei von einer Grundstücksfläche von 373 m² und einem ortsüblichen Quadratmeterpreis von 25 €. Für das Wirtschaftsgebäude seien 20.000 € an Wert anzusetzen. Die Sachenrechtsbereinigung gehe der Schuldrechtsanpassung vor.

Der Kläger hat gegen das ihm am 18.01.2017 zugestellte Urteil am Montag, dem 20.02.2017 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 20.03.2017 begründet. Zum einen sei der Gegenstandswert weitaus geringer angesichts eines Bodenrichtwertes von 13 €/m². Zum anderen bestehe eine Sonderzuständigkeit des Amtsgerichts aus den §§ 1 und 55 SchuldRAnpG.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Nauen vom 9. Januar 2017 zum Az. 12 C 66/17

die Beklagte zu verurteilen, die von ihnen genutzte, gesondert eingefriedet Teilfläche des Flurstücks, belegen an der südöstlichen Grundstücksgrenze, mit einer Abmessung von 24,6 m Länge und 15,2 m Tiefe, bebaut mit einem Wirtschaftsgebäude, an ihn herauszugeben.

Die Beklagten und Berufungsbeklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die Klage für unbegründet, da ihnen dem Kläger gegenüber ein Recht zum Besitz an der streitgegenständlichen Grundstücksfläche zukomme. Der im Jahre 1985 zustande gekommene Nutzungsvertrag mit dem Rat der Gemeinde Z gemäß § 312 ZGB/DDR sei durch § 1 SchuldRAnpG in ein BGB-Pachtverhältnis übergeleitet worden. Dieses sei bislang nicht wirksam gekündigt worden, nachdem die Kündigung gegenüber beiden Beklagten habe ausgesprochen werden müssen, woran es bislang fehle. Vor allem aber stehe dem Räumungsverlangen ihr Besitzmoratorium gemäß Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 1 und 3 EGBGB entgegen. Ihnen komme seit DDR-Zeiten ein Nutzungsrecht an dem Grundstücksteil zu, wie nicht zuletzt aus der „Zustimmung Nr. 28“ deutlich werde. Da es sich bei dem Wirtschaftsgebäude um ein Nebengebäude im Sinne des § 5 Abs. 1 SachenRBerG handele, stehe ihnen ein Anspruch auf Sachenrechtsbereinigung zu. Dieser sei nicht verjährt, da er erst mit der Kündigung des Nutzungsvertrages entstanden sei. Hierauf komme es aber ohnehin nach dem Rechtsgedanken von § 214 Abs. 2 BGB nicht an. Jedenfalls sei die Kündigung ausgeschlossen durch § 25 Abs. 4 S. 1 SchuldRAnpG i. V. m. § 26 Abs. 3 SachenRBerG. Das Gebäude sei auf einer Fläche errichtet worden sei, die sich an das ihnen zugewiesene Eigenheimgrundstück von etwas über 500 m² unmittelbar anschließe. Der Gesetzgeber habe für alle dort genannten Fallgruppen eine unzumutbare Härte im Falle der Kündigung angenommen und sie daher in Absatz 4 der Vorschrift ausgeschlossen. Auch liege die unzumutbare Härte darin, dass das Garagengebäude den Wert ihres Eigenheimgrundstücks erheblich erhöhe.

II.

1.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 517, 520 Abs. 2, § 222 Abs. 2 ZPO) eingelegt und begründet worden.

Sie ist auch entscheidungsreif. Gründe zur Wiedereröffnung der mündlichen Berufungsverhandlung bestehen entgegen der Auffassung des Berufungsbeklagten nicht. Insbesondere ist der in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.09.2017 angeführte Gehörsverstoß nicht erkennbar. Die gerichtsinterne Abgabe des Verfahrens an die entscheidende Kammer – die schon seit vielen Jahren zuständig ist für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten der zweiten Instanz, die sich aus dem Schuldrechtsanpassungsgesetz ergeben – war schon aus der Ladungsverfügung erkennbar, ebenso aber aus der Terminsrolle. Den Beteiligten wäre daher die Rüge schon im Termin ohne weiteres möglich gewesen. Welchen hierüber hinausgehenden Vortrag der Berufungsbeklagte bei einem ausdrücklichen Hinweis des Gerichts gehalten hätte, ist nicht erkennbar. Entsprechendes gilt für die in der Berufungsverhandlung ausdrücklich erörterte Frage der Unzumutbarkeit der Räumung. Die Beklagten haben hierauf nicht einmal Antrag auf Stellungnahmefristgestellt.

2.

Die Berufung ist auch begründet.

a)

Die Klage ist zulässig und war insbesondere zu Recht beim örtlich und sachlich zuständigen Amtsgericht Nauen erhoben worden. Seine ausschließliche Zuständigkeit gründete sich auf § 55 SchuldRAnpG. Schon dem Wortlaut der Vorschrift nach, der auch Streitigkeiten über das Bestehen von Ansprüchen aus Vertragsverhältnissen nach § 1 Abs. 1 SchuldRAnpG einbezieht, genügt zwar nicht ein nur behaupteter, wohl aber ein zumindest möglicher solcher Anspruch, ohne dass es auf sein tatsächliches Vorliegen ankommen kann. Die Vorschrift ist ihrem Sinn und Zweck nach, den Nutzern eine wohnortnahe und kostengünstige Rechtschutzmöglichkeit ähnlich der eines Wohnungsmieters zu ermöglichen, prinzipiell weit auszulegen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 29.08.2002 – 1 AR 42/02 -, OLGR Brandenburg 2002, 506).

Hier ist das Bestehen eines solchen Nutzungsverhältnisses zumindest möglich. Der Vortrag der Beklagten und die von ihnen eingereichten Unterlagen legen eine Überlassung des Grundstücksteils zur Errichtung von Garagen oder anderen persönlichen, jedoch nicht Wohnzwecken dienenden Bauwerken im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Fallgruppe 2 SchuldRAnpG nahe. Diese Fallgruppe tritt neben die in der ersten Alternative genannten „Datschengrundstücke“, das heißt von Grundstücken, die zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung überlassen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2011 – XII ZR 210/09 -, Rn. 20). Sie betrifft insbesondere die Grundstücksüberlassung zum Zwecke der Errichtung von Garagen, einer kleinen Werkstatt oder eines Lager- oder Hobbyraums (Krajewski, in: Thiele/Krajewski/Röske, Schuldrechtsänderungsgesetz, § 1 SchuldRAnpG Rdnr. 51). Um eine solche Nutzung handelt es sich nach dem Vortrag der Beklagten hier. Die gesamten Umstände, insbesondere die identische Bausumme wie im „Erläuterungsbericht und Baubeschreibung“ zum Objekt „Ausbau Baustelleneinrichtung“ lassen es zumindest als möglich erscheinen, dass sich die „Zustimmung Nr. 28“ auf genau dieses Gebäude bezieht.

Dem steht auch nicht § 2 SchuldRAnpG entgegen. Danach finden die Vorschriften des Schuldrechtsanpassungsgesetzes keine Anwendung auf diejenigen Rechtsverhältnisse, die der prinzipiell vorrangigen Sachenrechtsbereinigung unterliegen, insbesondere Grundstücksnutzungen zum Zweck des Eigenheimbaus. Hierzu gehören nach § 5 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG auch die mit Billigung staatlicher Stellen errichteten Nebengebäude wie Werkstätten und Lagerräume, auch wenn sie auf einem gesonderten Grundstück errichtet wurden (vgl. BGH, Urteil vom 15.07.2016 – V ZR 195/15 -, NJW-RR 2016, 1489). Zwar ist das unmittelbar an das Wohngrundstück der Beklagten angrenzend errichtete in Rede stehende Gebäude ein Nebengebäude in diesem Sinne. Maßgeblich ist vorliegend aber, dass die Beklagten vorliegend keinen Anspruch auf Sachenrechtsbereinigung geltend machen. Sie beziehen sich vielmehr allein auf die Schutzvorschriften des Schuldrechtsanpassungsgesetzes.

b)

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagten können dem jedenfalls auf § 985 BGB gestützten Räumungsanspruch des Klägers kein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB entgegen halten.

aa)

Ihnen kommt kein vertragliches Recht zum Besitz zu.

Unstreitig gewährt ihnen der bis zum 31.12.2015 befristete und nicht verlängerte Pachtvertrag kein solches Recht mehr.

Nichts anderes gilt mit Blick auf den von ihnen behaupteten mündlich geschlossenen Nutzungsvertrag. Dieser wäre, seinem Abschluss zugunsten der Beklagten unterstellt, nach § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG in einen unbefristeten BGB-Mietvertrag umgewandelt worden und hätte folglich nach §§ 542 Abs. 1, 580a Abs. 1 Nr. 3 BGB und § 23 Abs. 4 SchuldRAnpG ab dem 4.10.2015 spätestens zum dritten Werktag des übernächsten Monats ordentlich gekündigt werden können. Ob die Erklärung des Klägers vom 28.11.2015, bei Nichtverlängerung des Pachtvertrages sei das Grundstück zum 31.12.2015 zu räumen, als ausreichende Kündigungserklärung beiden Beklagten gegenüber aufzufassen ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls liegt in der Erhebung der Räumungsklage gegen beide Beklagte eine nur so zu verstehende Erklärung. In der Räumungsklage kann die zuvor nicht oder nicht wirksam erklärte Kündigung liegen, wenn – eindeutig – zu erkennen ist, dass die Klageschrift neben der Prozesshandlung auch eine materiell-rechtliche Willenserklärung enthält (Wiederhold, in: Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, § 542 BGB Rdnr. 14 unter Verweis unter anderem auf BGH NJW-RR 1989, 77). So liegt der Fall hier.

Nichts anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten aus § 25 SchuldRAnpG. Dieser gewährt einen besonderen Schutz denjenigen Nutzern eines Grundstücks, deren Nutzungsvertrag im Zusammenhang mit der Bestellung eines Nutzungsrechts zur Errichtung eines Eigenheimes abgeschlossen wurde, wenn die genutzten Flächen eine räumliche Einheit bilden, die die für den Eigenheimbau vorgesehene Regelgröße von 500 Quadratmetern übersteigt. Erfasst sind die Verträge, in denen die Nutzer nicht ein dinglich wirkendes Nutzungsrecht über die Regelgröße hinaus zugewiesen erhalten haben, sondern ihnen lediglich die Nutzung der die Regelgröße überschreitenden Flächen gestattet wurde. Für diese Fälle sucht die Vorschrift den Wertungsgleichklang mit den Regeln des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (amtliche Begründung, BT-Drs. 12/7135, 57). Dieses ermöglicht es in § 26 SachenRBerG Nutzern wie Grundstückseigentümern gleichermaßen, diejenigen Überflächen aus dem Anspruch auf Verschaffung des Eigentums oder auf Einräumung eines Erbbaurechts auszunehmen, die abtrennbar und selbständig nutzbar sind. In Übereinstimmung hiermit soll der Grundstückseigentümer nach § 25 Abs. 1 SchuldRAnpG einen Nutzungsvertrag hinsichtlich dieser Überflächen erleichtert kündigen können. In gleicher Weise aber kann der Grundstücksnutzer in dem einen wie in dem anderen Fall dem widersprechen, wenn die Abtrennung für ihn eine unzumutbare Härte darstellt, § 26 Abs. 3 SachenRBerG und § 25 Abs. 4 SchuldRAnpG.

Schon der Wortlaut des § 25 Abs. 4 Satz 1 SchuldRAnpG macht deutlich, dass der Gesetzgeber nicht jede Kündigung eines von § 25 Abs. 1 SchuldRAnpG erfassten Nutzungsvertrages als unzumutbare Härte und deshalb als unzulässig erachtet. Vielmehr lässt er den Widerspruch nur zu, wenn zum einen ein Fall des § 25 Abs. 1 SchuldRAnpG vorliegt und zum anderen, als zusätzliche Bedingung, die Beendigung des Vertrages für den Nutzer zu einer unzumutbaren Härte im Sinne des § 26 Abs. 3 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes führen würde. Nach dieser Vorschrift liegt eine unzumutbare Härte insbesondere dann vor, wenn (Nr. 1) die abzutrennende Teilfläche mit einem Bauwerk (Gebäude oder bauliche Anlage) bebaut worden ist, das den Wert der Nutzung des Eigenheims wesentlich erhöht (lit. a) oder für den vom Nutzer ausgeübten Beruf unentbehrlich ist und für das in der Nähe mit einem für den Nutzer zumutbaren Aufwand kein Ersatz bereitgestellt werden kann (lit. b), oder (Nr. 2) durch die Abtrennung ein ungünstig geschnittenes und im Wert besonders vermindertes Grundstück entstehen würde.

Danach kann zugunsten der Beklagten noch angenommen werden, dass die Pflicht zur Räumung des Grundstücksteils und damit die Aufgabe des von ihnen jahrzehntelang genutzten Gebäudes eine Härte darstellt. Sie ist aber auch mit Blick auf das Eigentumsrecht des Klägers betreffend einen derzeit wirtschaftlich nicht sinnvoll nutzbaren Grundstücksteil für die Beklagten nicht unzumutbar. In Betracht kommt diesbezüglich allein Nr. 1 lit. a. Die Beklagten haben indes ihren Vortrag, ihr Grundstückswert sei durch die Möglichkeit einer Garagennutzung deutlich erhöht, weshalb der Wegfall folglich zu einem erheblichen Wertverfall führte, nicht näher substantiiert. Es liegt auch zum einen nicht nahe, dass der Wert eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks von über 500 m² durch ein Nebengebäude von 6 x 12 m Fläche derart deutlich beeinflusst würde. Auch das Angewiesensein auf gerade das Grundstück des Klägers ist nicht offenbar. So ist nicht ersichtlich, warum ihnen die Errichtung einer Garage auf dem eigenen Grundstück oder in der Nähe nicht möglich sein sollte. Zum anderen ist aber insbesondere nicht dargetan oder sonst erkennbar, weshalb das Interesse der Beklagten das des Klägers an der Nutzung seines Eigentums so deutlich übersteigen sollte, dass anderenfalls von der Unzumutbarkeit gesprochen werden müsste.

Angesichts dessen kann ebenfalls dahinstehen, ob überhaupt ein Fall des § 25 Abs. 1 SchuldRAnpG vorliegt, das heißt der von den Beklagten behauptete Nutzungsvertrag im Zusammenhang mit der Bestellung des Nutzungsrechts zur Errichtung ihres Eigenheimes abgeschlossen wurde.

bb)

Auch ein gesetzliches Recht zum Besitz kommt den Beklagten nicht zu. Insbesondere können sie sich nicht (mehr) auf das Besitzmoratorium des Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 a) und 2 EGBGB berufen. Nach dieser Vorschrift gilt – unbeschadet bestehender Nutzungsrechte und günstigerer Vereinbarungen und Regelungen – als zum Besitz eines in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet belegenen Grundstücks berechtigt, wer das Grundstück bis zum Ablauf des 2.10.1990 aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung oder sonst entsprechend den Rechtsvorschriften mit Billigung staatlicher oder gesellschaftlicher Organe mit Gebäuden oder Anlagen bebaut oder zu bebauen begonnen hat und bei Inkrafttreten dieser Vorschrift selbst nutzt. Das Recht besteht bis zur Bereinigung der genannten Rechtsverhältnisse durch besonderes Gesetz grundsätzlich längstens bis zum Ablauf des 31.12.1994, in den § 3 Abs. 3 und den §§ 4 und 121 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes bezeichneten Fällen jedoch bis zur Bereinigung dieser Rechtsverhältnisse nach jenem Gesetz.

Vorliegend ist die Bereinigung in diesem Sinne jedenfalls deshalb abgeschlossen, weil etwaige Ansprüche der Beklagten auf Sachenrechtsbereinigung verjährt wären. Damit entfiel ihr Besitzrecht.

i)

Etwaige Ansprüche der Beklagten auf Sachenrechtsbereinigung, das heißt auf Ankauf des Grundstücks(teils) oder auf Einräumung eines Erbbaurechts, wären verjährt.

Ansprüche dieser Art unterliegen gemäß § 194 BGB als bürgerlich-rechtliche Ansprüche der Verjährung. Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz begründet insoweit keine Besonderheiten. Sie verjähren in entsprechender Anwendung des § 196 BGB in einer Frist von zehn Jahren ab Entstehen, da sie auf die Verschaffung des Eigentums bzw. des Erbbaurechts an einem Grundstück gerichtet sind, das heißt auf Verschaffung eines dinglichen Rechts (BGH NJW-RR 2015, 338 m. w. N.).

Die Verjährungsfrist begann gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB jedenfalls am 1.01.2002 zu laufen. Weder handelt es sich bei den in Betracht kommenden Ansprüchen mit Blick darauf um verhaltene Ansprüche, dass dem Nutzer ein Wahlrecht zwischen Ankauf und Erbbaurechtsbestellung zukommt (BGH ebd.), noch setzte der Anspruch der Beklagten auf Sachenrechtsbereinigung das Ende des von ihnen behaupteten Nutzungsverhältnisses voraus. Maßgeblich für den Beginn des Verjährungslaufs ist nach § 200 BGB das Entstehen des Anspruchs, das heißt der Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger den Schuldner auf ein Tun oder Unterlassen in Anspruch nehmen kann (Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 200 BGB Rdnr. 3). Das war hier aber augenscheinlich schon vor dem genannten Datum der Fall; anderes ist jedenfalls nicht vorgetragen. Dass die Beklagten zuvor keine Notwendigkeit sahen, die ihnen eventuell zustehenden Ansprüche durchzusetzen, ändert nichts an der prinzipiellen Möglichkeit hierzu.

ii)

Mit dem Eintritt der Verjährung erlosch das Besitzrecht der Beklagten, soweit es nicht unmittelbar auf den Nutzungs-/Pachtvertrag beruhte. Denn dieses sicherte allein den Nutzer, dem ein Anspruch auf Bereinigung durch Erwerb oder Belastung des Grundstücks zusteht, bis zu dessen Erfüllung. Das Besitzrecht ist daher akzessorisch und erlischt, wenn der Bereinigungsanspruch entweder seinerseits erlischt oder nach Erhebung der Einrede der Verjährung nicht mehr erfüllt werden muss (BGH NJW-RR 2015, 538 m. w. N.). Die dem entgegen stehende Auffassung der Beklagten überzeugt auch mit ihrem Verweis auf § 214 Abs. 2 BGB nicht. Nach dieser Vorschrift kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das aber setzt voraus, dass der Schuldner seine Leistung freiwillig erbracht hat (Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 214 BGB Rdnr. 9), woran es in Fällen dieser Art fehlt. Vor allem aber hat der Gesetzgeber ganz offenbar eine Sonderregel zur Überleitung des Sachenrechts nach dem Zivilgesetzbuch der DDR in das des BGB beabsichtigt. Sie sollte nach einer Übergangszeit abgeschlossen ein. Ein Aufrechterhalten des Besitzmoratoriums, wie von den Beklagten vertreten, widerspräche dem offenbar gewollten „Schlussstrich“.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO. Gründe im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht. Insbesondere ist die Frage, ob die Räumung für die Beklagten eine unzumutbare Härte darstellt, in erster Linie Tatfrage und hat daher weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die maßgeblichen Fragen sind nicht zuletzt durch die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 48 Abs. 1 GKG und § 6 ZPO. Die Kammer geht hierbei aus von den unwidersprochenen Angaben des Klägers in der Berufungsbegründung zum Bodenrichtwert von 13 €/m² für Grundstücke in dieser Lage, und einer Fläche von 15,2 m x 24,6 m = 374 m². Der Wert des Nebengebäudes erhöht das Interesse des Klägers nicht, nachdem er die Beräumung der Fläche fordert und damit das Gebäude gerade nicht nutzen will. Auf § 41 Abs. 2 GKG war nicht abzustellen, nachdem der Kläger die Klage nicht auch auf einen vertraglichen Räumungsanspruch gestützt hat, sondern allein auf sein Eigentum, und die Beklagten dem nicht unter Berufung auf einen entgeltlichen Nutzungsvertrag entgegen getreten sind, was aber Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift wäre (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1992, 625).

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