LG Saarbrücken, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 5 T 375/05

Juli 16, 2020

LG Saarbrücken, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 5 T 375/05
Wohnungseigentümergemeinschaft: Ansprüche des Wohnungseigentümers bei einer unsorgfältigen Auskunft des Verwalters
Tenor
1. Unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 03.06.2005 – 1WEG II 167/04 – wird der Antragsgegnerin aufgegeben, an Eides statt zu versichern, dass sie den Antragstellern mit der Übergabe der Liste „Stand April 2004“ nach bestem Wissen die einzelnen Mit- und Sondereigentümer der Gesamtwohnungseigentümergemeinschaft … in … mit Namen und Anschriften so vollständig angegeben hat, als sie dazu im Stande war.
2. Die Beschwerde und der Antrag im übrigen werden zurückgewiesen.
3. Die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz tragen beide Antragsteller einerseits und die Antragsgegnerin andererseits jeweils zur Hälfte.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
4. Der Geschäftswert beider Instanzen wird auf jeweils 1.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
A.
Die Antragsteller sind Miteigentümer der Eigentümergemeinschaft … die zur Gesamtwohnungseigentümergemeinschaft … gehört.
Die Antragsgegnerin ist die Verwalterin dieser Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern in dem Verfahren des Amtsgerichts Saarbrücken – Az. 1WEG II 92/04 – eine Eigentümerliste Stand April 2004 (Bl. 23 – 41 d. A.) überlassen.
Die Antragsteller halten diese Liste für fehlerhaft und unvollständig und begehren von der Antragsgegnerin Auskunft über die Namen und Anschriften aller Miteigentümer der Gesamtwohnungseigentümergemeinschaft ….
Das Amtsgericht Saarbrücken hat diesen Antrag durch Beschluss vom 03.06.2005 zurückgewiesen und ausgeführt, der Auskunftsanspruch der Antragsteller sei durch die Übergabe der Wohnungseigentümerliste Stand April 2004 in dem Parallelverfahren des Amtsgerichts – Az. 1WEG II 92/04 – erfüllt.
Die Antragsteller rügten lediglich, in Einzelfällen seien Ehegatten nicht als Miteigentümer aufgeführt oder noch Verstorbene, nicht aber deren Erben angegeben.
Wenn die von den Antragstellern begehrte Auskunft dazu dienen solle, Informationsdefizite der Antragsteller hinsichtlich der Zusammensetzung der Eigentümergemeinschaft auszugleichen, so könne dies durch den von ihnen verfolgten Antrag nicht mehr erreicht werden. Erkennbar verfügten die Antragsteller selbst über Informationen hinsichtlich der Zusammensetzung der Eigentümerliste. Da es sich bei der Auskunftsklage jedoch darum handele, die Antragsgegnerin zu einer Wissenserklärung anzuhalten, könne von dieser auch nicht mehr als die Mitteilung ihres Wissens verlangt werden. Die ihr bekannten Miteigentümer seien nach ihren Angaben in der Eigentümerliste aufgeführt, so dass eine weitergehende bzw. ergänzende Auskunft nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könne.
Gegen diesen am 04.07.2005 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 14.07.2005 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie in der Hauptsache ihren Auskunftsanspruch weiter verfolgen.
Sie tragen vor, die ihnen von der Antragsgegnerin überreichte Liste sei unvollständig und überholt.
Die Antragsgegnerin müsse zur Erfüllung ihrer Verwalterpflichten, ohnehin die Zusammensetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft kennen und deshalb sei es ihr zuzumuten, den Antragstellern entsprechend der ihr regelmäßig vom Grundbuchamt zugehenden Änderungsmitteilungen, die zutreffend aktualisierte Wohnungseigentümerliste stichtagsbezogen zu übermitteln.
Dagegen könnten die Antragsteller nicht aus eigenem Wissen den Bestand der 10 Häuser umfassenden Wohnungseigentümergemeinschaft kennen und es sei ihnen nicht zumutbar, sich dieses Wissen über das Grundbuchamt zu beschaffen.
Ihnen sei in dem Parallelverfahren des Amtsgerichts mit dem Az. 1WEG II 92/04 aufgegeben worden, eine zutreffende Liste vorzulegen. Eine gleichlautende Aufforderung sei an sie in dem Parallelverfahren des Amtsgerichts – Az. 1WEG II 6/04 – ergangen.
Die Antragsteller beantragen,
die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 03.06.2005 – 1WEG II 167/04 – zu verpflichten, den Antragstellern Auskunft zu erteilen über die Namen und Anschriften aller Miteigentümer der Gesamtwohnungseigentümergemeinschaft … in … am 19.04.2004,
hilfsweise,
die Antragsgegnerin dazu zu verurteilen, die Richtigkeit bzw. ihr Bemühen um die Richtigkeit der erteilten Auskunft bzw. der überreichten Wohnungseigentümerliste – Stand April 2004 – an Eides statt zu versichern.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die geschuldete Auskunft erteilt zu haben.
Die den Antragstellern überreichte Eigentümerliste entspreche dem Mitgliederbestand der Wohnungseigentümergemeinschaft zu dem Datum 19.04.2004, wie sie der Verwalterin bekannt gewesen sei und auf deren Grundlage sie auch die Einladungen an die einzelnen Eigentümer zu Wohnungseigentümerversammlungen verschicken würde.
B.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG zulässige sofortige Beschwerde der Antragsteller ist hinsichtlich des Hauptantrags nicht begründet und deshalb zurückzuweisen, hinsichtlich des Hilfsantrags hat die sofortige Beschwerde Erfolg.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig und auch in dem angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts zutreffend dargetan, dass den Antragstellern gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Auskunftserteilung über die Namen und Anschriften aller Wohnungseigentümer (vgl. auch OLG Frankfurt, OLGZ 1984, 258; BayObLG, Beschluss v. 8.6.1984, Az. BReg 2 Z 7/84, zitiert nach Juris, Rn. 13; AG Hamburg, DE 1986, 62) zusteht.
Diese Auskunftspflicht der Verwalterin ergibt sich aus §§ 675, 666 BGB und aus dem Verwaltervertrag.
Das Recht des einzelnen Wohnungseigentümers, über den Bestand der Wohnungseigentümergemeinschaft informiert zu werden, folgt aus seiner Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft, die zur Folge hat, dass er gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betraut ist (§ 20 Abs. 1 WEG) und daher wissen darf und muss, wie sich die Wohnungseigentümergemeinschaft zusammensetzt (vgl. dazu BayObLG a. a. O., Rn. 15).
Falls ein Wohnungseigentümer ein gerichtliches Verfahren gegen die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft einleitet, hat er ein schützenwertes Interesse daran, nicht nur die Namen der Miteigentümer, sondern auch deren Anschriften zu erfahren (vgl. dazu BayObLG a. a. O. Rn. 17).
Das Amtsgericht ist in seinem angefochtenen Beschluss zutreffend davon ausgegangen, dass die in Anspruch genommene Verwalterin diese Verpflichtung gegenüber den Antragstellern durch die Übergabe der Wohnungseigentümerliste Stand April 2004 erfüllt hat.
Die Auskunftsverpflichtung der Verwalterin ist darauf gerichtet, die Namen und die Anschriften der übrigen Miteigentümer mitzuteilen. Wenn – wie vorliegend – von den Antragstellern nachvollziehbar vorgetragen und von der Antragsgegnerin nicht substantiiert bestritten wird, die erteilte Auskunft unrichtig ist, weil z. B. einige als Wohnungseigentümer aufgeführte Personen nicht allein, sondern jeweils zusammen mit ihren Ehefrauen Miteigentümer sind (dies ist von den Antragstellern unwiderlegt vorgetragen hinsichtlich der …, …, …, …), wenn einzelne Wohnungseigentümer zwischenzeitlich verzogen sind (z. B. Herr …, … und … und …), wenn einzelne Wohnungseigentümer zwischenzeitlich verstorben sind (z. …), so führt dies – wie auch die sonstigen von den Antragstellern gerügten Fehler der Liste – nicht zu einer offensichtlich Unvollständigkeit der erteilten Auskunft, sondern dazu, dass ein begründeter Verdacht besteht, dass die von der Antragsgegnerin gemachten Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind.
Den Antragstellern steht deshalb nicht der in der Hauptsache geltend gemachte Auskunftsergänzungsanspruch zu, sondern in analoger Anwendung der §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft (vgl. zur Abgrenzung zwischen dem Auskunftsergänzungsanspruch und dem Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung: BAG Urteil v. 29.07.1993, Az. 2 AZR 110/93, zitiert nach Juris, Rn. 49; Hanseat. OLG Hamburg, Urteil v. 31.1.02, Az. 3 U 72/01, zitiert nach Juris, Rn. 41; Hanseat. OLG Bremen, Urteil v. 07.02.00, Az. 2 U 101/99, zitiert nach Juris, Rn. 4).
Deshalb hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller nur hinsichtlich des Hilfsantrags Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.
Im Hinblick auf das Maß des gegenseitigen Obsiegens bzw. Unterliegens entspricht es billigem Ermessen, dass die beiden Parteien die Gerichtskosten beider Instanzen jeweils zur Hälfte tragen und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht angeordnet wird.
Der Geschäftswert wurde entsprechend des Interesses der Beteiligten an dieser Entscheidung gemäß § 48 Abs. 3 WEG festgesetzt.

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