LG Wuppertal, Beschluss vom 07. Januar 2019 – 16 T 232/17 Für die Erteilung einer Auskunft auf Bitte des Familiengerichts nach § 26 FamFG kann eine Sparkasse eine Entschädigung analog § 23 Abs. 2 Nr. 2 JVEG erhalten.

Juni 21, 2019

LG Wuppertal, Beschluss vom 07. Januar 2019 – 16 T 232/17
Für die Erteilung einer Auskunft auf Bitte des Familiengerichts nach § 26 FamFG kann eine Sparkasse eine Entschädigung analog § 23 Abs. 2 Nr. 2 JVEG erhalten.
vorgehend AG Wuppertal, 10. April 2017, 641 F 27/16
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 03.05.2017 wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 10.04.2017 (Az.: 641 F 27/16) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG wird die der Beteiligten zu 1) für die Erteilung der Auskunft vom 13.10.2016 zu gewährende Entschädigung auf 21,00 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im Rahmen des Verfahrens über die familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung der minderjährigen Kinder X und V hat das Amtsgericht – Familiengericht – im Wege der Amtsermittlung nach § 26 FamFG die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 26.09.2016 gebeten, Auskünfte über Nachlasswerte oder Nachlassverbindlichkeiten/Schulden des verstorbenen Kindesvater zu erteilen. Mit Schreiben vom 13.10.2016 hat die Beteiligte zu 1) die geforderten Auskünfte durch Vorlage entsprechender Forderungsberechnungen für vier verschiedene Konten erteilt und hierfür eine Entschädigung nach dem JVEG für eine Arbeitsstunde in Höhe von 21,00 Euro beantragt. Nach Anhörung des Beteiligten zu 2) hat das Amtsgericht diesen Antrag mit Beschluss vom 10.04.2017, der Beteiligten zu 1) zugestellt am 21.04.2017, zurückgewiesen und zudem wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde zugelassen. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Beteiligten zu 1) vom 03.05.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nach Anhörung des Beteiligten zu 2) nicht abgeholfen und der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Das Rechtsmittel ist ungeachtet seiner Bezeichnung als „Erinnerung“ als Beschwerde gemäß § 4 Abs. 3, 2. Atl. JVEG statthaft und auch sonst zulässig. Das Landgericht ist nach § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG zuständiges Beschwerdegericht. Beschwerdegericht ist nach Abs. 4 Satz 2 JVEG immer das nächst höhere Gericht, also das Landgericht auch dann, wenn das Amtsgericht als Familiengericht entschieden hat (BDPZ/Binz, 4. Aufl. 2019, JVEG § 4 Rn. 15).
Auch in der Sache hat die Beschwerde Erfolg.
Der Beteiligten zu 1) steht in entsprechender Anwendung des § 23 Abs. 2 JVEG eine Entschädigung für die unter dem 13.10.2016 erteilte Auskunft i. H. v. 21,00 Euro zu.
Nach § 23 Abs. 2 JVEG werden Dritte, die aufgrund einer gerichtlichen Anordnung nach § 142 Abs. 1 Satz 1 oder § 144 Abs. 1 der Zivilprozessordnung Urkunden, sonstige Unterlagen oder andere Gegenstände vorlegen oder deren Inaugenscheinnahme dulden, sowie Dritte, die aufgrund eines Beweiszwecken dienenden Ersuchens der Strafverfolgungs- oder Verfolgungsbehörde Gegenstände herausgeben oder Auskünfte erteilen, wie Zeugen entschädigt. Bedient sich der Dritte eines Arbeitnehmers oder einer anderen Person, werden ihm die Aufwendungen dafür (§ 7 JVEG) im Rahmen des § 22 JVEG ersetzt; § 19 Abs. 2 und 3 JVEG gilt entsprechend.
Bei der Beteiligten zu 1) handelt es sich um eine Dritte i. S. d. § 23 Abs. 2 JVEG, da sie weder Beteiligte des zugrundeliegenden Verfahrens über die Genehmigung der Erbausschlagung war, noch nach anderen Vorschriften des JVEG anspruchsberechtigt ist. Eine Zeugenentschädigung nach § 19 JVEG scheitert bereits daran, dass es sich bei der Beteiligten zu 1) um eine juristische Person handelt, ein Zeuge jedoch nur eine natürliche Person sein kann (Schneider, JVEG, 2. Aufl. 2014, § 19 Rn. 1). Auch handelt es sich bei der Beteiligten zu 1) nicht um eine nach Art. 35 Abs. 1 GG zur Amtshilfe verpflichtete Behörde, welche nach § 1 Abs. 2 JVEG als Sachverständige zu vergüten wäre. Denn im Rahmen einer Auskunftserteilung wird eine Sparkasse nicht als Behörde tätig wird (Schneider, JVEG, 2. Aufl. 2014, § 23 Rn. 15).
Unerheblich ist, dass die Beteiligte zu 1) hier weder in Erfüllung einer zivilprozessualen Anordnung nach den §§ 142 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO, 144 Abs. 1 ZPO, ggf. i. V. m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, noch aufgrund des Ersuchens einer Strafverfolgungs- oder Verfolgungsbehörde tätig geworden ist. Stattdessen hat die Beteiligte zu 1) eine im Amtsermittlungsverfahren nach § 26 FamFG erbetene Auskunft erteilt. Bei dem Verfahren zur familiengerichtlichen Genehmigung einer Erbausschlagung nach § 1643 Abs. 2 BGB handelt es sich um eine Kindschaftssache i. S. d. § 151 Abs. 1, Nr. 1 FamFG, in welchem der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG und damit auch das Freibeweisverfahren nach § 29 Abs. 1 ZPO gilt (OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.9.2018 – 13 WF 114/18, NJW-RR 2018, 1354). Das Amtsgericht hat sich hier auch des Freibeweisverfahrens bedient, indem es die Beteiligte zu 1) formlos schriftlich um eine Auskunft gebeten hat.
§ 23 Abs. 2 JVEG findet auf den vorliegenden Fall einer im Rahmen des § 26 FamFG erteilten Auskunft entsprechende Anwendung. Der Gesetzestext des § 23 Abs. 2 JVEG ist insoweit lückenhaft (vgl. auch Binz in BDPZ/Binz, 4. Aufl. 2019, JVEG § 23 Rn. 3-5, der eine analoge Anwendung d. § 23 Abs. 2 JVEG auf nach § 372a ZPO herangezogene Dritte diskutiert).
Der – von § 23 Abs. 2 JVEG nicht ausdrücklich erfasste – Fall einer Heranziehung des Dritten nach § 26 FamFG ist uneingeschränkt vergleichbar mit der Heranziehung des Dritten nach den §§ 142, 144, ggf. i. V. m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, da der hierdurch dem Dritten entstehende und zu entschädigende Aufwand dem Umfang und der Höhe nach gleichbleibend ist. Aus der Sicht des Dritten ist es dementsprechend unerheblich, nach welcher Vorschrift er herangezogen wird.
Eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 2 JVEG entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der insbesondere der Gesetzesbegründung entnommen werden kann. Mit der Erweiterung des Entschädigungskatalogs auf die nach den §§ 142 und 144 ZPO herangezogenen Dritten sollte gerade der nicht unerhebliche Aufwand für den Dritten berücksichtigt werden (BT-Drs. 15/1971, 186), der bei einer Heranziehung nach § 26 FamFG jedoch gleichermaßen entsteht.
Im Rahmen einer Entschädigung nach § 23 Abs. 2 JVEG kommt es demgegenüber nicht darauf an, ob der Dritte gesetzlich verpflichtet ist, dem Ersuchen nachzukommen oder das Gericht das Ersuchen mit Zwangsmitteln durchsetzen kann (BDZ/Binz, JVEG, 4. Aufl. 2019, § 23 Rn. 3). Eine solche Differenzierung würde auch dem oben genannten Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen. Der herangezogene Dritte wird im Zweifel eine gerichtliche Anfrage – unabhängig von deren Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit – beantworten, zumal er meist nicht in der Lage sein wird, deren Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit eigenständig zu beurteilen.
Eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 2 JVEG auf den vorliegenden Fall erscheint auch aus praktischer Sicht sinnvoll. Denn das Familiengericht ist insbesondere in Kindschaftssachen im Sinne des Kindeswohls auf eine schnelle und unkomplizierte Zusammenarbeit mit Dritten angewiesen. Die Bereitschaft hierzu würde allerdings sinken, wenn entsprechende Entschädigungsansprüche abgewiesen werden würden.
Der Höhe nach richtet sich der Entschädigungsanspruch nach § 22 S. 1 JVEG. Betraut der Dritte (z. Bsp. ein Kreditinstitut) mit den durch das Ersuchen erforderlichen Arbeiten einen seiner Arbeitnehmer, werden ihm die Aufwendungen hierfür nach § 7 JVEG ersetzt. Die Höhe der Aufwendungen ist jedoch auf die Höchstbeträge nach den §§ 19 Abs. 2, 22 JVEG begrenzt (Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, 27. Aufl., JVEG, S. 360; BDZ/Binz JVEG § 23, 4. Auf. 2019, Rn. 5). Insoweit beläuft sich der zu entschädigende Verdienstausfall hier auf 21,00 Euro (§ 22 S. 1 JVEG).
III.
Kostenentscheidung folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.
Es besteht keine Veranlassung, die weitere Beschwerde zuzulassen, da Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht zur Entscheidung anstanden, vielmehr eine Entscheidung im Einzelfall vorliegt, § 4 Abs. 5 JVEG. Auch wenn diese Art der Auskunftsanfrage durch das Amtsgericht immer wieder erfolgt, wurde die entsprechende Auskunft bislang von keiner anderen Bank in Rechnung gestellt (vgl. Stellungnahme des Beteiligten zu 2), Bl. 48 GA).

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