LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.03.2019 – L 19 AS 587/18

August 2, 2021

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.03.2019 – L 19 AS 587/18

Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.01.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Kläger sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Kläger begehren die Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 17.05.2006 bis 28.02.2007 als Zuschuss.

Der am 00.00.1956 geborene Kläger zu 1) und die am 00.00.1957 geborene Klägerin zu 2) sind verheiratet. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, die am 00.00.1986 geborene Tochter O und den am 00.00.1988 geborenen Sohn G.

Im Jahr 1996 erwarben die Kläger das Hausgrundstück F 00, H je zur Hälfte. Der Kaufpreis betrug 380.000.00 DM. Die Grundstücksfläche beträgt 597qm. In dem Haus befinden sich zwei Wohnungen. Die Erdgeschoßwohnung verfügt über eine Wohnfläche von 117 qm, die Dachgeschoßwohnung über eine Wohnfläche von 54 qm sowie der Außenflur über eine Fläche von 7,6 qm. Am 29.08.2005 erteilte die Stadt H eine Abgeschlossenheitserklärung für die Dachgeschoßwohnung. In dem Einheitswertbescheid des Finanzamt B vom 27.05.1997 betreffend das Grundstück, F 00 wird als Grundstücksart „Zweifamilienhaus“ festgestellt.

Nach Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis C aus Oktober 2005 beläuft sich der Verkehrswert für das Hausgrundstück auf ca. 187.000,00 Euro (220.430,00 Euro abzüglich 15% unter Berücksichtigung des Risikos der Vermarktbarkeit). Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld i.H.v. 250.000,00 DM zu Gunsten der Spar- und Darlehenskasse H e.G. Ein Darlehen der Kläger bei der Deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank belief sich zum 31.03.2005 auf 79.596,47 Euro. Der Tilgungsplan sah vor, dass das Darlehn monatlich mit 1,0000% getilgt wird. Die im Tilgungsplan ausgewiesenen Tilgungsbeträge bis zum 30.06.2005 beliefen sich auf unter 100,00 Euro monatlich. Im März 2004 nahmen die Kläger von Privatpersonen zwei weitere Darlehen i.H.v. 20.451,68 Euro und i.H.v. 10.225,84 Euro mit einer Laufzeit bis zum 30.03.2014 auf. Die Darlehen waren bis zum 30.03.2014 nicht zu tilgen.

Die Kläger bewohnten zusammen mit ihren beiden Kindern die Erdgeschoßwohnung. In der Zeit ab dem 01.04.2005 vermieteten die Kläger die Dachgeschoßwohnung gegen eine Bruttokaltmiete von 255,00 Euro (200,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss) und ab dem 01.03.2006 gegen eine Bruttokaltmiete von 200,00 Euro monatlich (145,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss). Die Tochter O zog zum 01.03.2006 aus der Erdgeschoßwohnung aus. Zum 01.08.2006 schlossen die Kläger mit ihrer Tochter O einen Mietvertrag über die Dachgeschoßwohnung ab. Die Bruttokaltmiete belief sich auf insgesamt 200,00 Euro monatlich (145,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss). Ab dem 01.11.2006 vermietete die Tochter O mit Zustimmung der Kläger ihre Wohnung an ihren Bruder G unter. Die an die Kläger zu leistende Miete erhöhte sich auf 280,00 Euro (210,00 Euro Grundmiete + 70,00 Betriebskostenvorschuss).

Der Kläger zu 1) bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Die Klägerin zu 2) war geringfügig beschäftigt. Sie erzielte ein Entgelt von 150,00 Euro monatlich.

Die Tochter O war 2005 Schülerin und bezog BAföG. Der Sohn G begann am 01.08.2005 eine Berufsausbildung als Energieelektroniker. Die monatliche Ausbildungsvergütung betrug im ersten Ausbildungsjahr 463,00 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 622,00 Euro, im dritten Ausbildungsjahr 692,00 Euro sowie im vierten Ausbildungsjahr 749,00 Euro.

Der Kläger zu 1) beantragte am 29.12.2004 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Die Agentur für Arbeit D bewilligte mit Bescheid vom 29.12.2004 dem Ehepaar und ihrem Sohn G für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II i.H.v. insgesamt 1.116,21 Euro monatlich. In dem Bescheid wurde u.a. ausgeführt, dass aufgrund von zu erwartenden Einkommensänderungen (Bezug von Mieteinnahmen bzw. fiktive Anrechnung von erzielbarer Miete) die Leistungen vorerst bis 31.03.2005 bewilligt werden. Die Agentur für Arbeit D stellte die Zahlung der Leistungen zum 28.02.2005 ein.

Mit Bescheid vom 24.03.2005 teilte die Beklagte dem Ehepaar mit, dass die Leistungen zum 01.03.2005 eingestellt werden. Hiergegen erhob das Ehepaar Widerspruch.

Mit Bescheid vom 19.04.2005 lehnte die Beklagte den Leistungsantrag des Ehepaares vom 31.03.2005 ab. Hiergegen erhob das Ehepaar Widerspruch

Mit Bescheid vom 23.06.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern und ihrem Sohn G für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.05.2005 Grundsicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 864,54 Euro monatlich und für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.07.2005 i.H.v. insgesamt 1.018,54 Euro monatlich. Gemäß der Bewilligung der Bundesagentur werde die Leistung für März 2005 in der ursprünglichen Höhe als Beihilfe gewährt, für die Zeit ab 01.04.2005 nur noch gemäß § 9 Abs. 4 SGB II a.F. als Darlehen.

Mit weiterem Bescheid vom 29.07.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab 01.08.2005 mit der Begründung ab, das Ehepaar verfüge über Vermögen, welches nicht gemäß § 12 Abs. 3 SGB II geschützt sei. Auch eine darlehensweise Weiterbewilligung komme nicht in Betracht, da das Ehepaar nicht bereit sei, das Darlehen grundbuchrechtlich absichern zu lassen.

Gegen die Bescheide vom 23.06.2005 und 29.07.2005 legten die Kläger zu 1) und zu 2) jeweils Widerspruch ein. Der Kreis C wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005 mit der Maßgabe zurück, dass die Leistungen für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.07.2005 sich um monatlich 19,07 Euro erhöhten.

Am 25.11.2005 erhoben Kläger Klage, S 16 AS 162/05, gegen die Bescheide vom 23.06.2005 und vom 29.07.2005, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2005. Sie begehrten Gewährung von Grundsicherungsleistungen als Zuschuss. Mit Gerichtsbescheid vom 22.08.2007 wies das Sozialgericht (SG) Münster die Klage ab. Auf die Berufung der Kläger, L 12 AS 42/07, änderte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) mit Urteil vom 06.04.2011 den Gerichtsbescheid des SG Münster vom 22.08.2007 ab. Es verurteilte die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2005, den Klägern Grundsicherungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.03.2006 als Darlehen zu gewähren. Soweit die Leistungen als Zuschuss begehrt werden, wies das LSG NRW die Klage ab. Die hiergegen eingelegte Revision, B 4 AS 99/11 R, wies das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 22.03.2012 zurück. Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an. (Beschluss vom 21.10.2014 – 1 BvR 1608/12).

Am 17.05.2006 beantragte der Kläger zu 1) die Fortbewilligung von Grundsicherungsleistungen. Er gab an, dass er seinen Lebensunterhalt in den letzten Monaten dadurch bestritten habe, dass er den Rückkaufswert der Lebensversicherung seiner Ehefrau eingesetzt habe. Sein Sohn leiste einen Kostenbeitrag abzüglich des ihm gewährten Kindergeldes i.H.v. 154,00 Euro.

Mit Bescheid vom 16.06.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger zu 1) verfüge über wertbares Vermögen i.H.v. insgesamt 76.692,96 Euro. Nach Abzug der Vermögensfreibeiträge i.H.v. 21.100,00 Euro verbliebe ein einzusetzendes Vermögen i.H.v. 55.592,96 Euro.

Am 11.07.2006 bestellten die Kläger eine Grundschuld i.H.v. 12.000,00 Euro zu Gunsten der Beklagten auf ihr Grundstück. Die Grundschuld wurde am 28.08.2006 in das Grundbuch eingetragen.

Mit Bescheid vom 04.09.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern und ihrem Sohn G darlehensweise Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 07.08.2006 bis zum 31.08.2006 i.H.v. insgesamt 842,64 Euro sowie für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.01.2007 i.H.v. insgesamt 973,59 Euro monatlich nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. Der Kläger zu 1) verfüge über ein einzusetzendes Vermögen i.H.v. 76.409,94 Euro. Nach Abzug der Vermögensfreibeträge i.H.v. insgesamt 20.200,00 Euro verbleibe ein einzusetzendes Vermögen i.H.v. 56.209,94 Euro.

Hiergegen legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein. Er begehrte die Gewährung der Grundsicherungsleistung als Zuschuss. Es sei eine bauliche Trennung der Dachgeschoßwohnung vorgenommen worden. Der Verkauf der Dachgeschoßwohnung sei unmöglich, da diese nicht separat verkauft werden könne.

Mit Änderungsbescheid vom 28.09.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern und ihrem Sohn für die Zeit vom 07.08.2006 bis zum 31.08.2006 darlehensweise Grundsicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 966,73 Euro und den Klägern für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.01.2007 i.H.v. insgesamt 1.086,59 Euro monatlich. Hiergegen legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 07.11.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern darlehensweise Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.01.2007 i.H.v. insgesamt 1.083,22 Euro monatlich. Gegen die Leistungsgewährung in Form eines Darlehens legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2007 wies der Kreis C die Widersprüche des Klägers zu 1) gegen die Bescheide vom 04.09.2006, 28.09.2006 und vom 27.11.2006 als unbegründet zurück.

Im Januar 2007 beantragte der Kläger zu 1) die Fortbewilligung von Grundsicherungsleistungen.

Mit Bescheid vom 31.01.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen für Februar 2007 i.H.v. insgesamt 1.142,34 Euro als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. Der Bewilligungszeitraum ende zum 28.02.2007, da die für die Weiterbewilligung über diesen Zeitraum hinaus benötigte Grundschuld von den Klägern verweigert werde. Gegen die Art der gewährten Leistungen legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein.

Auf den Widerspruch des Klägers zu 1) vom 12.02.2007 gegen den Bescheid vom 31.01.2007 gewährte der Kreis C mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2007 den Klägern für den Monat Februar 2007 erhöhte Heizkosten um 56,22 Euro und übernahm eine Heizkostennachzahlung für das Jahr 2006 i.H.v. 29,89 Euro. Im Übrigen wies er den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit Änderungsbescheid vom 08.08.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern darlehensweise Grundsicherungsleistungen für November 2006 i.H.v. insgesamt 1.573,22 Euro, für Dezember 2006 i.H.v. insgesamt 1.083,22 Euro monatlich und für die Zeit ab dem 01.01.2017 i.H.v. insgesamt 1.181,01 Euro.

Am 24.04.2007 haben die Kläger Klage gegen die Bescheide vom 04.09.2006, 28.09.2006, 27.11.2006, 31.01.2007 und vom 02.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007 erhoben. Sie haben begehrt, dass der in dem Bescheiden vom 04.09., 28.09. und 27.11.2006 festgestellte Darlehensbetrag als Zuschuss und ab Januar 2007 ein monatlicher Betrag von 1.182,59 Euro zuschussweise gezahlt wird.

Die Kläger haben vorgetragen, die Beklagte und die Sozialgerichte hätten bislang die zu Unrecht Unangemessenheit ihres Hauses festgestellt. Bei ihrem Haus handele es sich nicht um ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, sondern um ein Zweifamilienhaus. Deshalb sei bei der Prüfung der Angemessenheit i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ausschließlich auf die Wohnfläche der von ihnen genutzten Erdgeschoßwohnung abzustellen. Denn die beiden Wohnungen seien voneinander abgeschlossen. Die Wohnfläche im Erdgeschoss einschließlich des Außenflurs betrage 125 qm. Da sie die Erdgeschoßwohnung beim erstmaligen Bezug von Grundsicherungsleistungen im Jahr 2005 mit vier Personen genutzt hätten, sei die Wohnfläche von 117/125 qm angemessen gewesen, da die angemessene Wohnfläche für 4 Personen bei einem selbstgenutzten Eigenheim 130 qm betrage. Eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung sei nach § 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG unschädlich. Sie hätten mit dem Bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 das Stammrecht auf Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses erhalten. Der Bescheid vom 29.12.2004 sei weiterhin gültig.

Mit Urteil vom 24.01.2018 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihnen am 16.02.2018 zugestellte Urteil haben die Kläger haben 14.03.2018 Berufung beim Sozialgericht Münster eingelegt.

Sie vertreten die Auffassung, dass ihnen für den streitbefangenen Zeitraum höhere Grundsicherungsleistungen als bewilligt in Form eines Zuschusses zuständen. Der Nachzahlungsbetrag belaufe sich insgesamt auf 2.868,92 Euro. Sie seien Eigentümer eines Zweifamilienhauses. Der Ausbau der 2. Wohnung und somit die Trennung der Erdgeschosswohnung vom Außenflur sei nach 1974 erfolgt. Sie hätten an der Dachgeschoßwohnung kein Sondereigentum gebildet, da es für diese nach Auskünften von Maklern keinen Käufermarkt gegeben habe. Die Dachgeschoßwohnung sei adäquat vermietet gewesen.

Bei der Prüfung der Angemessenheit ihres Hausgrundstücks i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sei ausschließlich auf die Wohnfläche der von ihnen genutzten Erdgeschoßwohnung abzustellen. Da sie die Erdgeschoßwohnung beim erstmaligen Bezug von Grundsicherungsleistungen im Jahr 2005 mit vier Personen genutzt hätten, sei die Wohnfläche der Erdgeschoßwohnung i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II angemessen gewesen. Soweit das Bundesozialgericht im Urteil vom 12.10.2106 – B 4 AS 4/16 R entschieden habe, dass die Vorschrift des § 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG bei der Prüfung der Angemessenheit eines selbstgenutzten Hauses kein Anwendung finde, sei diese Entscheidung für Bewilligungszeiträume vor dem 01.12.2009 nicht bindend.

Ein Familienheim mit zwei Wohnungen i.S. der Vorschriften des II. WoBauG falle unter den Begriff des Schonvermögens i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II. Deshalb sei bei einem Familienheim mit zwei Wohnungen auf die in § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 II. WoBauG bestimmte Wohnflächengrenze von 200 qm bei der Angemessenheitsprüfung abzustellen. Die Anerkennung des Grundvermögens „Familienwohnheim“ als geschütztes Vermögen richte sich nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II unter Anwendung der §§ 7, 9, 11 und 39 II. WoBauG. Die Auslegung des in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II verwandten Begriffs der Angemessenheit durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 und 2 GG, Art. 11 EMRK Zusatzprotokoll, Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK und Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

Sie hätten seit der Erstbescheidung durch die Agentur für Arbeit D ein Stammrecht auf Arbeitslosengeld II-Regelleistungen erworben. Dies resultiere daraus, dass die gewährten Alg II Leistungen als „Regelleistungen“ zur Auszahlung gekommen seien und nicht wie in den Entscheidungen des LSG und des BSG behauptet als Zuschuss. In dem Bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 seien nicht ansatzweise Hinweise für eine zuschussweise Hilfegewährung enthalten. Die Beklagte sei im Rahmen des Fortzahlungsantrages vom 29.03.2005 für den Folgebewilligungszeitraum ab dem 01.04.2005 nur zu einer erneuten Bedürftigkeitsprüfung hinsichtlich veränderter materieller Bedingungen berechtigt gewesen. Die Beklagte hätte den Vermögensschutz „Familienwohnheim“, welche durch die Agentur für Arbeit D ihnen mit Bescheid vom 29.12.2004 in Form der Alg II-Regelleistungen gewährt worden sei, nicht abändern dürfen. Die Beklagte sei aufgrund § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II daran gehindert gewesen, festzustellen, ob ein Arbeitssuchender erwerbsfähig und hilfebedürftig sei. Ab dem 01.01.2005 sei die Aufgabe von der Beklagten als Optionskommune nach § 6a SGB II wahrgenommen worden. Hierbei habe die Optionskommune ihre im SGB II zugewiesenen eingeschränkte rechtliche Kompetenz gemäß § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II a.F … Auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergebe sich ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Form des Zuschusses.

Der Kläger zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.01.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 24.09.2006, 28.09.2006, 27.11.2006, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.08.2007 sowie des Bescheides vom 02.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007 zu verurteilen, den Klägern Grundsicherungsleistungen als Zuschuss für die Zeit vom 17.05.2006 bis zum 28.02.2007 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 16.06.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 04.09.2006, vom 28.09.2006 und vom 27.11.2006 , die nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind, und der Bescheid vom 31.01.2007, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007. Des Weiteren ist Bescheid vom 08.08.2007 betreffend den Bewilligungszeitraum vom 01.11.2006 bis zum 31.01.2007 Gegenstand des Verfahrens nach § 96 SGG geworden. Mit Bescheid vom 16.06.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 04.09.2006, vom 28.09.2006 und vom 27.11.2006, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007, abgeändert durch den Bescheid vom 08.08.2007, hat die Beklagte die Gewährung von Grundsicherungsleistungen an die Kläger für die Zeit vom 17.05.2006 bis zum 06.08.2006 abgelehnt sowie für die Zeit vom 07.08.2006 bis zum 31.01.2007 den Klägern Grundsicherungsleistungen als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II i.d.F. ab dem 01.04.2006 (Gesetz vom 24.03.2006, BGBl. I 558 – a.F.) gewährt. Mit Bescheid vom 31.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007 hat die Beklagte den Klägern für Februar 2007 Grundsicherungsleistungen als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. gewährt. Damit hat die Beklagte konkludent die Gewährung von Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses für Februar 2007 abgelehnt.

Nach dem im Berufungsverfahren gestellten Antrag haben die Kläger ihr Klagebegehren dahingehend beschränkt, dass sie die Zuerkennung höherer Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses im Zeitraum vom 17.05.2006 bis 28.02.2007 begehren. Sie beziffern die Differenz zwischen den bewilligten und den ihnen zustehenden Leistungen auf insgesamt 2.868,92 Euro. Da die Kläger in ihrer Berufungsschrift ausdrücklich die Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen als Zuschuss beantragt haben, haben sie auf Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen in Form eines Darlehens verzichtet. Der Bescheid vom 16.06.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 04.09.2006, vom 28.09.2006 und vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007 ist insoweit bestandskräftig geworden, als die Beklagte die Gewährung Grundsicherungsleistungen an die Kläger für die Zeit vom 17.05.2006 bis zum 06.08.2006 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. abgelehnt hat. Damit stehen nur noch Zuschussleistungen im Streit.

Die Stadt H ist passiv legitimiert, weil sie gegenüber den Leistungsberechtigten im Außenverhältnis materiell zur Erbringung der Leistungen nach dem SGB II verpflichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 4 AS 99/11 R, m.w.N.).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

Die Kläger sind nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, soweit die Beklagte die Gewährung von Grundsicherungsleistungen an die Kläger als Zuschuss für die Zeit vom 17.05.2006 bis zum 28.02.2007 abgelehnt hat.

Den Klägern steht für den Zeitraum vom 17.05.2006 bis zum 31.01.2007 gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach § 19ff SGB II als Zuschuss zu (A). Ebenso sind die Voraussetzungen für eine Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach § 19ff SGB II als Zuschuss für Februar 2017 nicht gegeben (B).

A. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Klägern für den Zeitraum vom 17.05.2006 bis zum 31.01.2007 Grundsicherungsleistungen nach § 19ff SGB II als Zuschuss zu gewähren. Die Kläger können aus dem Bescheid vom 29.12.2004 keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen als Zuschuss für den Zeitraum ab dem 01.05.2005 ableiten (I). Die Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen als Zuschuss haben im Zeitraum vom 17.05.2006 bis zum 31.01.2007 nicht vorgelegen (II).

I. Aus dem Bescheid der Agentur für Arbeit D vom 2912.2004 können die Kläger keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen als Zuschuss für den Zeitraum ab dem 01.05.2005 ableiten. Soweit sich die Kläger auf ein „Stammrecht“ auf Grundsicherungsleistungen als Zuschuss, abgeleitet aus dem Bescheid vom 29.12.2004, berufen, beschränkt sich die Regelungswirkung dieses Bescheides auf den Anspruch der Kläger auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2005. In dem Bescheid vom 29.12.2004 wird keine Regelung betreffend den Zeitraum ab dem 01.04.2005 getroffen. Denn die Bindungswirkung von Bewilligungsentscheidungen betreffend Grundsicherungsleistungen beschränkt sich auf den Verfügungssatz – d.h. die Entscheidung über Art (Zuschuss oder Darlehen), Dauer (Beginn und Ende) und Höhe der Leistung (BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 8/09 R). Bei einer Leistungsbewilligung für einen Folgezeitraum hat eine vollständige Neuprüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch den Grundsicherungsträger zu erfolgen. Daher hat sich der Bescheid vom 29.12.2004 durch Zeitablauf i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt und entfaltet keine Wirksamkeit für den Zeitraum ab dem 01.04.2005.

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Klägern in der Zeit vom 17.05.2006 bis zum 28.02.2007 Grundsicherungsleistungen als Zuschuss zu gewähren.

In dem streitbefangenen Zeitraum haben die Kläger zwar die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 2, und 4 SGB II für den Leistungsbezug erfüllt, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und das 65 Lebensjahr noch nicht erreicht hatten, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt haben und erwerbsfähig i.S.v. § 8 Abs. 2 SGB II gewesen sind.

Jedoch sind die Kläger im streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II gewesen. Sie haben über ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 19.11.2004, BGBl. I 2902 mit Wirkung zum 01.01.2005 – a.F.) verfügt.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Beklagte berechtigt gewesen, ihre Hilfebedürftigkeit im streitbefangenen Zeitraum zu prüfen. Die Vorschrift des § 44a SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I 2014 mit Wirkung zum 01.01.2005, i.d.F. des Gesetzes vom. 20.07.2006, BGBl. I 1706 mit Wirkung zum 01.08.2006, i.d.F. des Gesetzes vom 02.12.2006, BGBl. I 2742 mit Wirkung vom 01.08.2006) findet auf die Beklagte keine Anwendung. Diese Vorschrift regelt die Befugnisse der Leistungsträger – Bundesagentur und kommunaler Träger – betreffend die Feststellung der Leistungsvoraussetzungen innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft i.S.v. § 6 Abs. 1 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I 2014 bzw. des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I 1706 mit Wirkung vom 01.08.2006 – a.F.). Bei der Beklagten handelt es aber nicht um eine Arbeitsgemeinschaft i.S.v. § 6 Abs. 1 SGB II a.F., sondern um eine kreisangehörige Stadt eines zugelassenen kommunalen Trägers i.S.v. § 6a SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I 2014, des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I 1706 mit Wirkung vom 01.08.2006 bzw. des Gesetzes vom 31.10.2006, BGBl. I 2407, mit Wirkung vom 08.11.2006 – a.F.) – dem Kreis C. An einer sog. Optionskommune i.S.v. § 6a SGB II a.F. – vorliegend der Kreis C – ist die Bundesagentur nicht als Träger beteiligt. Auch aus der Regelung des § 65a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I 2014 mit Wirkung zum 06.08.2004), wonach die vor dem 1. Januar 2005 gestellten Anträge auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen erstmals durch die zuständige Agentur für Arbeit bewilligt werden, sofern eine Arbeitsgemeinschaft der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuständigen Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers nicht errichtet ist oder der kommunale Träger die Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht auf die Arbeitsgemeinschaft übertragen hat, lässt sich keine Einschränkung der Prüfungskompetenz der Beklagten ableiten.

Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2954 – a.F.), wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, soweit sie einen Zuschuss begehren. Denn insoweit konnten sie ihren Lebensunterhalt im streitigen Zeitraum aus ihrem zu berücksichtigenden Vermögen sicherstellen.

Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II a.F. alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen, soweit das Vermögen die Vermögensfreibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 6 SGB II erfüllen, sind als Schonvermögen nicht zu berücksichtigen.

Bei dem Hausgrundstück der Kläger handelt es sich um einen Vermögensgegenstand (1). Der Verkehrswert des Hausgrundstückes beträgt ca. 107.000,00 Euro (2). Das Hausgrundstück ist verwertbar (3). Der Verkehrswert des Hausgrundstückes übersteigt die Vermögensfreibeträge (4). Die Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 3. S. 1 SGB II greifen nicht ein (5).

1. Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Haus, in dem sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte, baulich voneinander abgeschlossene Wohnungen befinden. Bei dem Hausgrundstück handelt es sich um einen Vermögensgegenstand i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II a.F. Vermögensgenstand ist alles, was Objekt von Rechten sein kann (vgl. zum Gegenstandsbegriff Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, Überbl. v. § 90 Rn. 2), verfügbar und geldwert ist (vgl. zum Begriff Vermögensgegenstand: Staudinger/Stieper, BGB, 2017, Vorbem. zu §§ 90-103, Rn. 5). Dazu gehören bewegliche und unbewegliche Sachen, Forderungen, Immaterialgüter und sonstige Vermögensrechte (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R; Ellenberger, a.a.O., Überbl. v. § 90 Rn. 2). Bei dem Grundstück, F 00, H handelt es sich um ein einheitliches Grundstück im Rechtsinne. Ein Grundstück im Rechtssinne ist ein räumlich abgegrenzter, d.h. katastermäßig vermessener und bezeichneter, Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als „Grundstück“ geführt (§ 3 Abs. 1 GBO; BGH, Beschluss vom 08.12. 2011 – V ZB 197/11). Das Haus und die in ihm befindlichen beiden Wohnungen sind wesentliche Bestandteile des Grundstücks F 00, H bzw. des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes i.S.v. § 94 BGB. Es ist unerheblich, dass für beiden Wohnungen eine Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt worden ist. Abgeschlossen ist eine Wohnung, die baulich vollkommen von fremden Wohnungen und Räumen getrennt ist und einen eigenen abschließbaren Zugang unmittelbar vom Freien von einem Treppenhaus oder einem Vorraum hat (BVerwG, Urteil vom 20.08.1986 – 8 C 23/84 m.w.N.). Die Abgeschlossenheit einer Wohnung ist ein objektives bauliches Gestaltungsmerkmal und begründet allein nicht die rechtliche Verfügbarkeit über eine Wohnung. Vielmehr ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung nur Voraussetzung zur eigentumsrechtlichen Teilung eines bebauten Grundstücks und der Bildung von Sondereigentum (§§ 1, 3 und 7 WEG) an einem Grundstück und dessen Eintragung im Grundbuch. Die Kläger haben trotz Abgeschlossenheitserklärung kein Sondereigentum i.S.v. §§ 5, 8 WEG an der Dachgeschoßwohnung gebildet, das einem Grundstück rechtlich gleichgestellt ist. Daher sind die beiden baulich abgeschlossenen Wohnungen wesentlicher Bestandteil Hauses bzw. des Grundstückes. Damit stellt das Hausgrundstück einen Vermögensgegenstand i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II a.F. dar; bei den beiden Wohnungen handelt sich nicht um zwei Vermögensgegenstände.

2. Der Verkehrswert beläuft sich auf ca. 107.000,00 Euro. Der Senat folgt der Einschätzung des Verkehrswertes durch den Gutachterausschusses für den Kreis C aus Oktober 2005. Danach beläuft sich der Verkehrswert des Hausgrundstückes im streitbefangenen Zeitraum auf ca. 187.000,00 Euro (220.430,00 Euro – 15% unter Berücksichtigung des Risikos der Vermarktbarkeit). Der Senat sieht keinen Anlass an der Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis C aus Oktober 2005 zu zweifeln. Einwände gegen die Schätzung werden auch nicht von den Klägern geltend gemacht. Von dem Verkehrswert sind die dinglich gesicherten Forderungen der Deutschen Hypotheken Bank i.H.v. höchstens 79.596,47 Euro abzuziehen. Weitere von den Klägern geschuldete Darlehensbeträge sind vom Verkehrswert nicht abzuziehen. Denn Schulden sind vom dem zu berücksichtigenden Vermögen grundsätzlich nicht abzuziehen. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte nach § 12 SGB II a.F. ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (z.B. eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2014 – B 14 AS 10/13 R m.w.N.). Die übrigen Darlehensforderungen aus den beiden Darlehensverträgen aus März 2004 sind dinglich nicht gesichert und damit nicht abzugsfähig.

3. Bei dem Hausgrundstück handelt es sich um verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II a.F. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Der Begriff der Verwertbarkeit ist rein wirtschaftlich und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, sei es, dass Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder dass sie, wie z.B. ein Grundstück infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind. Rechtlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den Verfügungsbeschränkungen bestehen, deren Aufhebung der Inhaber nicht erreichen kann (vgl. hierzu BSG Urteil vom 18.09.2014 – B 14 AS 58/13 R m.w.N.). Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die eine Verwertbarkeit des Hausgrundstückes der Kläger schlechterdings unmöglich machen, liegen nicht vor und werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.

Ein Aspekt der tatsächlichen Verwertbarkeit ist die für sie benötigte Zeit, hinsichtlich der ggf. eine Prognose erforderlich und für die auf den bevorstehenden Bewilligungszeitraum abzustellen ist (BSG, Urteil vom 30.08.2017 – B 14 AS 30/16 R m.w.N.). Den Klägern ist die Verwertung ihres Hauses durch sachgerechte Verkaufsbemühungen innerhalb von sechs Monaten – dem im streitbefangenen Zeitraum nach § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl. I 2954, – a.F.) maßgeblichen Bewilligungszeitraum – möglich gewesen. Es handelt sich bei dem Haus der Kläger um eine marktgängige Immobilie. Im Falle gewöhnlicher Wohnimmobilien, die sich in Wohngebieten befinden, im Alleineigentum von Leistungsempfängern sind und auch hinsichtlich der Raumaufteilung keine Besonderheiten aufweisen, die den Bedürfnissen eines großen potentiellen Interessentenkreises zuwiderlaufen, geht der Senat grundsätzlich von einer Verwertbarkeit innerhalb von sechs Monaten aus (vgl. LSG NRW, Urteil vom 22.02.2018 – L 6 AS 1411/17). Das Haus der Kläger weist keine Besonderheiten auf, die eine Vermarktung besonders schwierig erscheinen lassen würden. Prognostisch war daher im Mai 2006 von einer Verwertbarkeit innerhalb von sechs Monaten auszugehen. Allein der Umstand, dass aus den angefochtenen Bescheiden nicht hervorgeht, dass die Beklagte eine solche Prognose angestellt hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Denn bei der Verwertbarkeit eines Vermögensgegenstandes handelt es sich um eine Tatbestandsvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens (auch) vom Gericht geprüft werden kann und nicht etwa um eine Verfahrenshandlung, die zwingend vom Beklagten durchgeführt werden müsste (vgl. LSG NRW, Urteil vom 22.02.2018 – L 6 AS 1411/17). Die Tatsache, dass die Kläger das Hausgrundstück über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr – ausgehend von April 2005 – nicht verkauft haben, steht der Annahme der grundsätzlichen Verwertbarkeit binnen sechs Monaten nicht entgegen. Denn die Kläger haben seit dem 01.04.2005, dem Zeitpunkt, ab dem ihnen darlehnsweise Grundsicherungsleistungen bewilligt worden sind, keine Verwertungsbemühungen unternommen.

4. Der Verkehrswert des Hausgrundstückes nach Abzug der dinglich gesicherten Forderungen i.H.v. 79.596,47 Euro, also ca. 107.000,00 Euro, übersteigt den Freibetrag der Kläger. Der Freibetrag beträgt ab dem 17.05.2006 25.850,00 Euro ([50 x 200 Euro] + [48 x 200 Euro] + 4.100 + [3 x 750,00 Euro]) nach § 12 Abs. 2 S.1 Nr. 1, 4 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 19.11.2004, BGBl. I 2902 mit Wirkung zum 01.01.2005), ab dem 01.08.2006 19.950,00 Euro ([50 x 150 Euro] + [48 x 150 Euro] + 3.100 Euro + [3 x 750,00 Euro]) nach § 12 Abs. 2 S.1 Nr. 1, 4 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I 1706 mit Wirkung zum 01.08.2006) und ab dem 01.09.2006 16.350,00 Euro ([50 x 150 Euro] + [49 x 150 Euro] + [2 x 750,00 Euro]).

5. Das Hausgrundstück stellt kein Schonvermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 SGB II a.F. dar. Es hat eine unangemessene Wohnfläche i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. (a.). Zugunsten der Kläger greift die Ausnahmevorschrift des § 12 Abs. 3. S. 1 Nr. 6 SGB II a.F. nicht ein. Die Verwertung der Eigentumswohnung ist weder offensichtlich unwirtschaftlich (b), noch würde sie für die Kläger eine besondere Härte bedeuten (c).

a. Das Hausgrundstück, das im Alleineigentum der Kläger steht, ist unangemessen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. Danach ist nur ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen; maßgebend für die Angemessenheit sind nach § 12 Abs. 3 S. 2 SGB II a.F. die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung des BSG dahingehend konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf die Gesamtwohnfläche des darauf errichteten Hauses und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 4/16 R m.w.N.). Ausgehend vom Sinn und Zweck des Schutzes eines selbstgenutzten Hauses – die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen (grundlegend BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 2/05 R) – hält das BSG die Reduzierung der Prüfung der Angemessenheit allein auf die Größe eines Hauses für nicht sachgerecht, sondern hält eine Differenzierung nach der Anzahl der Personen orientiert an den Wohnflächengrenzen des 2. WoBauG für geboten. Dabei entfalten die Regelungen des II. WoBauG keine unmittelbare Wirkung, sondern stellen lediglich Auslegungshilfen dar, die den Besonderheiten des Systems existenzsichernder Leistungen anzupassen sind (grundlegend BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 2/05 R). Anknüpfend an die Regelung des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 II. WoBauG, der für Familienheime mit nur einer Wohnung, die von bis zu vier Personen bewohnt werden, eine Wohnflächengrenze von 130 qm vorsah, ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG bei der Nutzung eines Hauses durch vier Personen eine Wohnfläche von 130qm angemessen. Diese Wohnflächengrenze ist bei einer Belegung mit weniger als vier Personen anknüpfend an die Regelung des § 82 Abs. 3 S.1 II. WoBauG um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren, typisierend begrenzt auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen (Urteile vom 30.08.2017 – B 14 AS 30/16 R und vom 12.10.2016 – B 4 AS 4/16 R m.w.N.). Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG.

Diese Flächen sind vorliegend nicht deshalb zu erhöhen, weil sich im Haus der Kläger zwei (abgeschlossene) Wohnungen befinden. Zwar sah § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 II. WoBauG bei Familienheimen mit zwei Wohnungen eine Grenze von 200 qm vor. Auf diese Vorschrift ist im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit eines selbstgenutzten Hauses nicht als Orientierungshilfe abzustellen (Anwendung des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 II. WoBauG nicht in Betracht gezogen: BSG, Urteile vom 12.07.2012 – B 14 AS 158/11 R, vom 22.03.2012 – B 4 AS 99/11 R, und vom 19.05.2009 – B 8 SO 7/08 R; offengelassen für abgeschlossene Wohnungen: BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 90/12 R; vgl. auch LSG NRW, Urteile vom 01.06.2010 – L 6 AS 15/09, vom 09.05.2012 – L 12 AS 1464/11 und vom 16.01.2013 – L 12 AS 175/12). Mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. („selbst genutztes Hausgrundstück“) geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 90/12 R m.w.N.).

Für die Beurteilung der Angemessenheit ist die Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur die von den Klägern bewohnten Flächenanteile zu Grunde zu legen. Dies folgt aus der Stellung der Kläger als Alleineigentümer des gesamten Hausgrundstücks. Denn nach gefestigter Rechtsprechung des BSG ist bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen (Urteile vom 12.10.2016 – B 4 AS 4/16 R m.w.N., vom 12.12.2013 – B 14 AS 90/12 R, vom 12.07.2012 – B 14 AS 158/11 R und vom 22.03.2012 – B 4 AS 99/11 R), es sei denn, diese sind eigentumsrechtlich verselbständigt oder auf sonstige Weise einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung durch den Eigentümer entzogen (vgl. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II , 01/16, § 12 SGB II, Rn 432 m.w.N.). Dies folgt aus dem Zweck der Regelung des § 12 Abs. 3 Nnr. 4 SGB II a.F. -Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 90/12 R m.w.N.) -. Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück deshalb in seiner Gesamtheit zu bewerten und es muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Grundsicherungsleistungen beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 90/12 R). Daher ist für die Prüfung der Angemessenheit einer Wohnfläche i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. unerheblich, ob im Fall des Vorhandenseins von mehreren Wohnungen in einem selbstgenutzten Haus die Wohnungen baulich abgeschlossen sind oder nicht. Die Kläger haben weder Sondereigentum an der Dachgeschoßwohnung gebildet, noch ist die tatsächliche Nutzung ihnen entzogen gewesen.

Auch ist die Tatsache, dass das Haus der Kläger als Zweifamilienhaus i.S.v. § 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 6 BewG bewertet worden ist, unerheblich. Das Bewertungsgesetz regelt lediglich die steuerliche Bewertung von Vermögengenständen; es enthält keine Vorgaben für die Angemessenheitsprüfung i.S.v. § 12 SGB II a.F. Klarstellend weist der Senat daraufhin, dass die bewertungsrechtliche Beurteilung der Grundstücksart nach § 75 BewG unterschiedlich gegenüber der Beurteilung des Wohnungstyps nach § 2 Abs. 2 II. WoBauG ist. In § 2 Abs. 2 II. WoBauG wird u.a. zwischen Familienheimen (§ 7 II. WoBauG) in der Form von Eigenheimen, Kaufeigenheimen und Kleinsiedlungen (Ziffer a) und Eigentumswohnungen (Ziffer b) unterschieden. Nach § 9 Abs. 1 II. WoBauG ist ein Eigenheim ein im Eigentum einer natürlichen Person stehendes Grundstück mit einem Wohngebäude, das nicht mehr als zwei Wohnungen enthält, von denen eine Wohnung zum Bewohnen durch den Eigentümer oder seine Angehörigen bestimmt ist. Die in dem Wohngebäude enthaltene zweite Wohnung kann eine gleichwertige Wohnung oder eine Einliegerwohnung (§ 11 II. WoBauG) sein (§ 9 Abs. 3 II. WoBauG). § 39 II. WoBauG unterscheidet zwischen einem Familienheim mit einer Wohnung, einem Familienheim mit zwei Wohnungen, einer eigengenutzten Eigentumswohnung und einer anderen Wohnung. Das II. WoBauG differenziert in § 39 WoBauG nicht zwischen einem Einfamilienhaus und einem Zweifamilienhaus (vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.03.1988 – 14 A 982/85). Die Frage der Teilbarkeit eines Grundstückes bzw. eines Hauses ist allenfalls relevant für die Frage, ob die Verwertbarkeit des gesamten Grundstücks/Hauses zumutbar ist, oder ob eine Verwertung durch Teilung ausreichend ist.

Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm für den Vier-Personen-Haushalt der Kläger bis zum 28.02.2006 (Auszug der Tochter O), von 110 qm für den Drei-Personen-Haushalt der Kläger bis zum 30.10.2006 (Auszug des Sohnes G) und von 90 qm für den Zwei-Personen-Haushalt der Kläger ab dem 01.11.2006 wird bei einer Gesamtwohnfläche des Hauses von mehr als 167 qm deutlich überschritten.

Die vom BSG verwandten Wohnflächengrenzen nach dem II. WoBauG können nicht als quasi normative Größen herangezogen werden, sondern bedürfen beim Vorliegen besonderer Umstände einer Anpassung, da Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben muss (BSG, Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 4/16 R). Besondere Umstände solcher Art liegen aber hier nicht vor.

b) Die Verwertung der Hausgrundstückes durch einen Verkauf ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 1. Alt. SGB II a.F. ist. Von der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum „wirklichen Wert“ oder Substanzwert eines Vermögensgegenstandes steht. Bei einer Immobilie kommt eine solche Unwirtschaftlichkeit in Betracht, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte; gewisse Verluste – insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwerts – können jedoch als zumutbar angesehen werden, eine absolute Grenze lässt sich nicht ziehen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.08.2017 – B 14 AS 30/16 R, m.w.N.). Die Verneinung einer absoluten Grenze folgt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Charakter der unbestimmten Rechtsbegriffe „offensichtlich“ und „unwirtschaftlich“, die trotz ihrer Auslegung und Konkretisierung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung letztlich unbestimmt bleiben und der Anwendung auf den jeweiligen Einzelfall bedürfen.

Anhaltspunkte, die für ein deutliches Missverhältnis zwischen diesem Marktwert und den für die Immobilie aufgebrachten Aufwendungen sprechen könnten, haben die Kläger nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Unter Heranziehung des im Jahre 1996 gezahlten Verkaufspreises von 380.000,00 DM (umgerechnet: 194 290,91 Euro) ergibt sich eine Differenz zum Verkehrswert von 187.000,00 Euro, die unter Berücksichtigung der Schwankungen bei Immobilienpreisen und des Wohnvorteils hinzunehmen ist. Als verwertbares Vermögen verbleibt – ausgehend von den zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten i.H.v. 79.596,47 Euro – ein Betrag i.H.v. 107.403,53 Euro als verwertbares Vermögen, dem Grundfreibeträge der Kläger i.H.v. 16.350,00 Euro – 25.850,00 Euro gegenüberstehen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.08.2017 – B 14 AS 30/16 R).

c) Die Verwertung des Hausgrundstückes durch Verkauf stellt für die Kläger keine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II a.F. dar. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.09.2014 – B 14 AS 58/13 R m.w.N.) handelt es sich bei dem Begriff „besondere Härte“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ob von einer besonderen Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Alt SGB II a.F. auszugehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 S. 1 SGB II) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II a.F. erfasst werden. Demnach setzt § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II a.F. voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Es sind nur besondere, bei anderen Leistungsberechtigten regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (BSG Urteile vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 52/06 R und – B 14 AS 27/07 B). Das Vorliegen solcher besonderen Umstände ist weder aus den Akten ersichtlich noch ergeben sich solche aus dem Vortrag der Kläger (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.08.2017 – B 14 AS 30/16 R). Insbesondere ist die Verwertung der Dachgeschoßwohnung nach Bildung von Sondereigentum zur Bedarfsdeckung nicht ausreichend, weil nach den Einlassungen der Kläger für diese Objekt kein Käufermarkt bestanden hat.

Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschriften des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 und 5 SGB II a.F. liegen gleichfalls nicht vor.

Aus der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und deren Zusatzprotokollen, deren Neufassung am 22.10.2010 als Bundesgesetz bekanntgemacht wurde (BGBl. II S. 1198ff), können die Kläger unmittelbar keinen Anspruch herleiten, dass ihr selbstgenutztes, steuerlich als Zweifamilienhaus bewertetes Hausgrundstück nicht als bedarfsdeckendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II berücksichtigt wird. Insoweit haben die Bestimmungen der EMRK und ihrer Zusatzprotokolle keine selfexecuting Funktion. Dies aber wäre erforderlich, damit eine in das Bundesrecht durch Zustimmungsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG transformierte völkervertragliche Bestimmung eine unmittelbare Rechtswirkung entfaltet. Die Vertragsbestimmung muss nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet sein, rechtliche Wirkungen auszulösen. Insbesondere ist eine unmittelbare Vollzugsfähigkeit einer Vertragsbestimmung nur gegeben, wenn sie zur Entfaltung rechtlicher Wirkungen hinreichend bestimmt ist. Dagegen fehlt es an der unmittelbaren Anwendbarkeit einer Vertragsbestimmung, wenn diese zu ihrer Ausführung noch einer normativen Ausfüllung bedarf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2016 – 2 BvR 637/09 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 05.10.2006 – 6 B 33.06 – und Urteil vom 03.12.2003 – 6 C 13/03). Die Bestimmungen der EMRK und ihrer Zusatzprotokolle beziffern weder den Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums noch definieren sie, welches Vermögen nicht als bedarfsdeckendes Vermögen zu berücksichtigen ist.

Durch die Berücksichtigung des selbstgenutzten Hausgrundstückes, das steuerlich als Zweifamilienhaus bewertet wird und nach den Vorschriften des II. WoBauG förderbar gewesen wäre, als anspruchsausschließendes Vermögen wird das Grundrecht der Kläger auf Eigentum aus Art. 14 GG nicht verletzt. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Eigentums liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn der Bestand an individuell geschützten vermögenswerten Rechten aufgrund einer gesetzlichen oder auf einem Gesetz beruhenden Maßnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt vermindert wird. Durch die Regelung des § 12 SGB II geschieht dies nicht. Denn die Berücksichtigung eines unangemessenen, selbst genutzten Hausgrundstückes als bedarfsdeckendes Vermögen ist ein Mittel, mit dem der Gesetzgeber in Ausnutzung seines weiten Gestaltungsspielraumes den aus Art. 20 Abs. 1 GG erwachsenden sozialstaatlichen Gestaltungsauftrag erfüllt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.11.2011 – 1 BvR 2007/11). Dem Gesetzgeber steht bei der genauen Ausgestaltung und Bezifferung des grundrechtlich zu gewährenden Existenzminimums als steuerfinanzierte Leistung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums kann und darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass ein Leistungsbegehrender nach dem SGB II zunächst sein Vermögen und Einkommen zur Deckung seines Bedarfs verwendet. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Mitbürger zu schaffen. Dies umfasst insbesondere die Fürsorge für Hilfsbedürftige. Eine solche Hilfsbedürftigkeit ist nicht anzunehmen, soweit der Betroffene über eigenes Vermögen verfügt, das er zumutbar verwerten kann, bevor er staatliche Fürsorgeleistungen in Anspruch nimmt (vgl. BVerfG, Beschluss vom15.01.2007 – 1 BvR 2971/06). Andere Grundrechte, wie zum Beispiel Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 6 Abs. 1 GG, vermögen für die Bemessung des Existenzminimums im Sozialrecht keine weiteren Maßstäbe zu setzen (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09).

Ergänzend ist anzumerken, dass ausgehend von der Auffassung der Kläger, dass bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II ausschließlich auf die Wohnfläche der von den Klägern selbstgenutzten 117/120 qm großen Erdgeschoßwohnung abzustellen ist, ist die Wohnfläche der Erdgeschoßwohnung im Zeitraum ab dem 17.05.2006 unangemessen gewesen. Denn die angemessene Wohnfläche für drei Personen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. beläuft sich auf 105 qm. Die Angemessenheit der Wohnfläche eines selbstgenutzten Hauses ist auch dann nach der Anzahl der Personen zu bestimmen, die es zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs – vorliegend ab dem17.05.2006 – bewohnen, wenn bei Erbauung oder Bezug des Hauses bzw. beim Erstbezug von Grundsicherungsleistungen wegen einer größeren Bewohnerzahl und der damit verbundenen höheren Wohnflächengrenze noch von einer Angemessenheit auszugehen war. Die Vorschrift des § 82 Abs. 3 S 2 II. WoBauG, wonach eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung unschädlich für die Beurteilung der angemessenen Wohnfläche von steuerbegünstigten Wohnungen ist, findet im Grundsicherungsrecht keine Anwendung (BSG, Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 4/16 R). Dies gilt auch für die Zeiträume vor dem 01.12.2009.

Soweit die Kläger im Berufungsverfahren Rechte aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten wollen, gehen sie fehl. Es ist weder eine (Beratungs-)Pflichtverletzung der Beklagten vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich noch die Vornahme einer zulässigen Amtshandlung der Beklagten als Grundsicherungsträger zur Herstellung des Zustandes denkbar, der bestehen würde, wenn eine Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl. etwa BSG Urteil vom 06.11.2008 – B 1 KR 8/08 R).

II. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger die Grundsicherungsleistungen für Februar 2007 in Form eines Zuschusses zu gewähren.

Die Kläger sind nicht hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II gewesen. Denn sie haben über ein zu berücksichtigendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II a.F. verfügt, das ihren Hilfebedarf i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II a.F. gedeckt hat. Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines selbst genutzten Hausgrundstücks, in dem sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte, baulich voneinander abgeschlossene Wohnungen befinden. Bei diesen Hausgrundstück handelt es sich um kein Schonvermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. sondern um verwertbares Vermögen. Der Senat nimmt Bezug die obigen Ausführungen betreffend den Leistungszeitraum vom 17.05.2006 bis zum 31.01.2007. Die Sach- und Rechtslage hat sich im Bewilligungszeitraum vom 01.02.2007 bis 28.02.2007 nicht geändert. Der Verkehrswert des Hausgrundstückes übersteigt nach Abzug der dinglich gesicherten Forderungen (79.596,47 Euro Darlehensforderung Bank + 12.000,00 Euro dinglich gesichertes Darlehen der Beklagten) den Freibetrag der Kläger im Februar 2007 i.H.v. 16.500,00 Euro ([50 x 150 Euro] + [49 x 150 Euro] + [2 x 750,00 Euro]).

Ausgehend von der Auffassung der Kläger, dass bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II ausschließlich auf die Wohnfläche der von ihnen selbstgenutzten 117/120 qm großen Erdgeschoßwohnung abzustellen ist, ist die Wohnfläche der Erdgeschoßwohnung im Februar 2007 unangemessen gewesen. Denn die angemessene Wohnfläche für zwei Personen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. beläuft sich auf 90 qm.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.

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