Oberlandesgericht Frankfurt am Main — Beschl. v. 16.01.2018 Az.: 3 U 188/16 Keine verjährungshemmende Wirkung eines Mahnbescheids bei verspäteter Behebung formeller Mängel

April 28, 2018
Oberlandesgericht Frankfurt am Main — Beschl. v. 16.01.2018
Az.: 3 U 188/16
Keine verjährungshemmende Wirkung eines Mahnbescheids bei verspäteter Behebung formeller Mängel

Die Zustellung eines Mahnbescheids ist nicht mehr „demnächst“, und wirkt deswegen nicht gem. § 167 ZPO verjährungshemmend, wenn zwischen der Zustellung einer Zwischenverfügung des Mahngerichts, und dem Eingang des verbesserten Antrags bei Gericht ein Zeitraum von mehr als einem Monat besteht.

 

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 08.09.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (Az. 2-19 O 101/15) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert für die Berufung wird auf 425.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Wegen des Sach- und Streitstands wird auf die Darstellung im Hinweisbeschluss vom 03.11.2017 (Bl. 510 ff. d.A.) sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 278 f. d.A.) verwiesen.

Auf den Hinweisbeschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.01.2018 (Bl. 569 ff. d. A.) Stellung genommen, auf den verwiesen wird.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage nach den erstinstanzlichen Anträgen stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Das Rechtsmittel der Klägerin war gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist aus Gründen der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erforderlich. Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 03.11.2017 (Bl. 510 ff. d.A.) verwiesen.

1. Soweit die Klägerin auf die Hinweise des Senats mit Schriftsatz vom 04.01.2018 Stellung genommen hat, gibt das darin Vorgebrachte keine Veranlassung, von der Einschätzung im Hinweisbeschluss abzuweichen:

a) Der Senat erachtet einstimmig eine Entscheidung durch mündliche Verhandlung als nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Ziff. 4 ZPO). Entgegen der durch die Klägerin vertretenen Auffassung ist allein die Höhe des Streitwerts kein Grund für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die wirtschaftliche Bedeutung der Sache für die hinter der Klägerin stehenden Zedenten schließt die Zurückweisung durch Beschluss nicht aus (Zöller-Heßler, 32. Auflage 2018, § 522, Rn. 40, OLG München, Beschluss vom 14.06.2004, Az. 6 U 2178/04, Leitsatz, zitiert nach juris). Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die Gesetzesbegründung als Grund für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung die „existenzielle“ Bedeutung für die Parteien aufführt. Zum einen hat aber der Rechtsstreit für die nur aus abgetretenem Recht klagende Klägerin gerade keine existenzielle Bedeutung. Zum anderen hat die Klägerin zu einer existenziellen Bedeutung des Rechtsstreits für die Zedenten nicht schlüssig vorgetragen. Auch wendet die Beklagte zu Recht ein, dass die im Rechtsstreit in erster Linie geltend gemachten vertraglichen Schadensersatzansprüche der Zedenten gegen die Beklagte nicht bestehen können, auch nicht nach der durch die Klägerin dafür zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2006. Denn in dieser Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof klar, dass ein als Bürge haftender Gesellschafter gerade nicht in den Schutzbereich des Darlehensvertrags mit der Gesellschaft einbezogen ist, so dass, wenn der Darlehensgeber und Bürgschaftsgläubiger durch eine Vertragsverletzung den Bürgschaftsfall herbeiführt, er dem Bürgen gerade nicht auf Schadensersatz wegen Verletzung eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter haften kann. Der Bundesgerichtshof führt mit weiterer Nennung aus, dass insoweit lediglich anerkannt ist, dass der Darlehensgeber als Bürgschaftsgläubiger seinen Anspruch gegen den Bürgen verwirkt haben kann (BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03, Rn. 59, zitiert nach juris).

b) Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO). Zum einen lehnt der Bundesgerichtshof – wie oben ausgeführt – eine Schutzwirkung des Darlehensvertrags zugunsten des Bürgen in ständiger Rechtsprechung ab. Zum anderen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Zustellung im Mahnverfahren nur dann noch demnächst im Sinne des § 167 ZPO, wenn zwischen Zugang der Beanstandung und Eingang der fehlenden Angaben bzw. der Berichtigung ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat liegt (siehe nur BGH, Urteil vom 21.03.2002, Az. VII ZR 230/01, Rn. 20, zitiert nach juris).

c) Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO):

aa) Entgegen der durch die Klägerin vertretenen Auffassung war der Erlass des Mahnbescheids noch nicht am 02.02.2015 möglich und die weitere Rückfrage des Mahngerichts erforderlich. Denn nach § 690 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO muss der Mahnbescheidsantrag die Bezeichnung des Anspruchs enthalten unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung, also des zu leistenden Betrags. Der Betrag fehlte aber hier hinsichtlich der Angaben in den Zeilen 36 und 37. Auch mit dem missverständlichen Antwortschreiben vom 02.02.2015 hat die Klägerin weder den Betrag ergänzt noch die ohne Betragsangabe unzulässigen Angaben in den Zeilen 36 und 37 zurückgenommen, so dass vor Erlass des Mahnbescheids die weitere Nachfrage des Mahngerichts mit Schreiben vom 06.02.2015 erforderlich war.

bb) Das Gericht kann den Inhalt der Akte des Mahngerichts ohne Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz und die Dispositionsmaxime seiner rechtlichen Würdigung zugrunde legen. Zwar bezeichnet § 696 Abs. 2 ZPO nur die Beweiskraft der Akte des Mahnverfahrens. Eine Regelung der Darlegungskraft bedarf es jedoch von vornherein nicht, da die Akte des Mahnverfahrens Bestandteil der Gerichtsakte ist, der Ablauf des Mahnverfahrens damit zur Prozessgeschichte zählt und von den Parteien nicht vorzutragen ist. Das Mahngericht hat grundsätzlich nach fristgerechtem Eingang des Widerspruchs und Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens die vollständige Akte an das dann zuständige Gericht abzugeben, das mit Eingang der Akten das Verfahren als streitiges Zivilverfahren fortsetzt (§ 696 Abs. 1 S. 4 ZPO).

cc) Ihren gegenbeweislich gehaltenen Vortrag, das Schreiben vom 25.02.2015 sei erst am 18.03.2015 beim Mahngericht eingegangen und habe bei Erlass des Mahnbescheids keine Berücksichtigung gefunden, hat die Klägerin ins Blaue hinein gehalten, so dass es einer Beweiserhebung insoweit nicht bedarf. Denn die Klägerin hat keine näheren Umstände darlegt, die geeignet wären, das versehentliche Anbringen von Stempeln mit dem falschen Eingangs- (16.03.) und Bearbeitungsdatum (17.03.2015) im Mahnverfahren zu belegen (siehe nur OLG Dresden, Beschluss vom 23.11.1998, Az.. 13 W 0285/98 Rn. 14, BeckRS 1998, 15965).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO. Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts folgt den nicht angegriffenen Vorgaben des Landgerichts.

Vorausgegangen ist unter dem 03.11.2017 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit (…)

wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.

I.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung aus abgetretenem Recht der inzwischen insolventen A GmbH (im Folgenden: Zedentin) deren bereits erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz weiter. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, der Zedentin mit Bereicherungsabsicht weisungs- und vertragswidrig Liquidität entzogen zu haben und diese so in die Insolvenz getrieben zu haben.

Die Beklagte sowie die Bank2 stellten der Zedentin zur Umsetzung eines umfangreichen Auslandsprojekts über B vermittelte Garantien auf erstes Anfordern des Bundes von mehr als 1,5 Millionen € zur Verfügung. Die Zedentin hinterlegte im Gegenzug unter anderem 305.000,- € in bar bei der Beklagten.

Mit Schreiben vom 07.12.2011 verweigerte die Beklagte der Klägerin die Freigabe und Auszahlung der als Sicherheit hinterlegten 305.000,- € vor dem Hintergrund der Kündigung sowie mangels Zustimmung von B bzw. des Bundes und verrechnete die 305.000,- € mit offenen Saldopositionen.

Ob die Voraussetzungen für eine Freigabe und Auszahlung vorgelegen haben und ob die Zedentin mit der Auszahlung dieses Betrags ihre Insolvenz hätte abwenden können, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 31.12.2014 hat die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte beantragt. Dabei hat die Klägerin den amtlichen Vordruck verwendet. Bei Ausfüllen des Vordrucks hat die Klägerin im mit „Bezeichnung des Anspruchs Hauptforderung – siehe Katalog in den Hinweisen“ betitelten Abschnitt in den Zeilen 32 bis 34 keine Angaben zum Datum des Anspruchs gemacht. Die Zeilen 32 bis 34 sind in fünf Spalten unterteilt, in denen die Katalog-Nr., die Bezeichnung, die Rechnungs- oder Konto-Nr., das Datum und der Betrag anzugeben sind.

Weiter hat die Klägerin die Zeilen 36 und 37 ohne Betragsangabe folgendermaßen ausgefüllt: „Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB Universalkreditvertrag/24.03.2010„. Die Zeilen 36 und 37 tragen folgende erläuternde Überschrift: „Sonstiger Anspruch – nur ausfüllen, wenn im Katalog nicht vorhanden – (…)“ und sind in drei Spalten für die Bezeichnung, das Datum und den Betrag unterteilt.

In den Allgemeinen Hinweisen zum Mahnbescheidsantrag findet sich dazu folgende Erläuterung:

„Sonstiger Anspruch

Die Bezeichnung des Anspruchs in den Zeilen 36, 37 soll nur erfolgen, wenn der Hauptforderungs-Katalog (siehe Anhang 2) nicht ausreicht. (…)“

Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 461 ff. d. A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 13.01.2015 (Bl. 10 d. A.) hat die Rechtspflegerin um Klarstellung folgender Punkte gebeten:

„bei allen Schadensersatzansprüchen fehlt das Entstehungs- bzw. Fälligkeitsdatum; bei dem sonstigen Anspruch fehlt die Angabe des Betrags (…)“

Mit Schreiben vom 02.02.2015 (Bl. 14 d. A.) hat die Klägerin zur Klarstellung folgendes geschrieben:

„Das Entstehungsdatum der Schadensersatzansprüche ist der 07.12.2011 (…).

Die Zeilen 36/37 sind nur weitere Anspruchsgrundlagen zu den Ansprüchen in Zeile 32-34, beziehen sich daher auf diese und bedürfen keiner nochmaligen Betragsangabe.“

Die Rechtspflegerin hat am 06.02.2015 folgendes Schreiben (Bl. 11 d. A.) an die Klägerin geschickt:

„Der beantragte Mahnbescheid kann derzeit nicht erlassen werden. Sie haben Eintragungen im Bereich der sonstigen Forderungen gemacht, die wahrscheinlich nur Erläuterungen zu der Eintragung in Zeile 32 sind. Dies ist nicht zulässig, um Beachtung der Ausfüllanleitung und der Bezeichnungen der Felder des Antrags wird gebeten. Bitte teilen Sie eine neue Bezeichnung mit, so dass die Forderung komplett in Zeile 32 oder in Zeile 36/37 passt.“

Darauf hat die Klägerin erst mit einen Eingangsstempel vom 16.03.2015 aufweisendem Schreiben vom 25.02.2015 (Bl. 12 d. A.) reagiert. Darin hat sie die neue Bezeichnung der Forderungen mitgeteilt sowie das gegenüber dem Schreiben vom 02.02.2015 geänderte Datum 24.03.2010 und klargestellt, dass die Zeilen 36 und 37 leer bleiben.

Die Rechtspflegerin hat am 17.03.2015 in den Mahnbescheidsentwurf das Datum des Anspruchs „24.03.2010“ aufgenommen und die Eintragung unter „Sonstiger Anspruch“ in Zeile 36 und 37 gelöscht.

Das Amtsgericht Hünfeld hat daraufhin am 18.03.2015 den Mahnbescheid erlassen, der der Beklagten am 20.03.2015 zugegangen ist.

Die Beklagte hat sich in der Klageerwiderung unter Angabe des Fristlaufs auf die Einrede der Verjährung berufen. Nach richterlichem Hinweis auf den Ablauf des Mahnverfahrens in der mündlichen Verhandlung am 10.02.2016 (Bl. 200 d. A.) und Akteneinsicht hat die Beklagte zur Verjährung sodann ausgeführt, der Mahnbescheidsantrag habe den Eintritt der Verjährung nicht hemmen können, da die Zustellung des Mahnbescheids infolge durch die Klägerin verschuldeter Verfahrensverzögerungen nicht mehr demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt sei.

Die Klägerin hat den Verjährungseintritt bestritten und die unter das Zeugnis des Geschäftsführers der Klägerin gestellte Behauptung aufgestellt, der Geschäftsführer der Klägerin habe irritiert durch das erneute Schreiben des Mahngerichts vom 06.02.2015 zwischen dem 23. und 25.02.2015 telefonisch nachgefragt. Dort habe man mitgeteilt, es sei wohl zu einer Überschneidung zwischen der Antwort der Klägerin vom 02.02.2015 und dem Schreiben des Gerichts vom 06.02.2015 gekommen. Es sei der Klägerin freigestellt, durch eine Klarstellung die Angelegenheit eventuell zu beschleunigen oder die nahende regelmäßige Bearbeitung abzuwarten (Zeugnis Gf. Z1) Der Geschäftsführer habe daraufhin vorsorglich das Schreiben an das Mahngericht verfasst. Wegen gesundheitlicher Probleme der Mutter des Geschäftsführers sei es zu einer Verzögerung der Unterzeichnung und Versendung des Schreibens gekommen, weshalb das Schreiben dem Mahngericht erst am 18.03.2015 zugegangen sei. Der Mahnbescheid sei am 18.03.2015 auf der Grundlage des klägerischen Schreibens vom 02.02.2015 und ohne Kenntnis des Schreibens vom 25.02.2015 erlassen worden.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies begründet wie folgt: Etwaige Ansprüche der Klägerin seien mit Ablauf des 31.12.2014 verjährt, nachdem der Klägerin sämtliche anspruchsbegründende Umstände spätestens mit Erhalt des Schreibens vom 07.12.2011 bekannt geworden seien.

Die Zustellung des Mahnbescheids erst am 20.03.2015 habe die Verjährung nicht mehr gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmen können. Die Beantragung des Mahnbescheids noch am 31.12.2014 habe die Verjährung nicht gehemmt, da die Zustellung des Mahnbescheids nicht „demnächst“ gem. § 167 ZPO erfolgt sei. Analog § 691 Abs. 2 ZPO dürfe im Mahnverfahren zwischen der Zustellung der Zwischenverfügung und dem Eingang des verbesserten Antrags bei Gericht ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat liegen. Obwohl der Klägerin die Zwischenverfügung vom 06.02.2015 bereits am 13.02.2015 zugegangen sei, habe sie erst am 16.03.2015 ein ihren Antrag korrigierendes Schreiben beim Mahngericht eingereicht.

Für ihre Behauptung, dem Geschäftsführer der Klägerin sei auf telefonische Nachfrage mitgeteilt worden, es sei zu einer Überschneidung gekommen, sei die Klägerin beweisfällig geblieben. Eine Vernehmung des Geschäftsführers als Zeugen sei nicht möglich. Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung lägen mangels Anbeweises nicht vor.

Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellte, käme eine Rückwirkung nicht in Betracht, da die Klägerin die Verzögerung zumindest leicht fahrlässig verursacht habe. So erscheine es als fahrlässig, dass der Geschäftsführer der Klägerin trotz Irritation mit dem Anruf eine Woche gewartet habe und dass er trotz der schwammigen Auskunft, das Schreiben vom 25.02.2015 nicht zeitnah unterschrieben und abgeschickt habe.

Die Behauptung, der Mahnbescheid sei am 18.03.2015 auf Grundlage des klägerischen Schreibens vom 02.02.2015 erlassen worden ohne Kenntnis des Schreibens vom 25.02.2015, habe die Klägerin erkennbar ins Blaue hinein aufgestellt.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Ziel der Zahlung von Schadensersatz weiter.

Die Klägerin rügt Rechtsverletzungen des Landgerichts (§§ 513 Abs. 1 Alt. 1, 546 ZPO), auf denen das Urteil beruht (§ 545 Abs. 1 ZPO), insbesondere erhebliche Fehler bei der Tatsachenerfassung, Übergehen von Beweisantritten, Rechtsfehler bei der Beurteilung der Beanstandungen durch das Amtsgericht Hünfeld und Verstöße gegen die richterliche Hinweispflicht.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht eine Zustellung des Mahnbescheides demnächst im Sinne des § 167 ZPO verneint. § 167 ZPO solle aber nach seinem Sinn- und Zweck die Klägerin als Zustellungsveranlasserin schützen, sie von allen Problemen frei halten, die sich aus dem Verfahrensablauf bei Gericht ergeben. Sei die Zustellungsverzögerung dem Veranlasser nicht vorwerfbar, könnten auch mehrmonatige und sogar mehrjährige Verzögerungen unter § 167 ZPO fallen.

Die Einschätzung des Landgerichts, die Verzögerung bis 20.03.2016 habe die Klägerin verschuldet, lasse den Zweck des § 167 ZPO außer Acht und beruhe auf einer unzulässigen Amtsermittlung des Landgerichts. Es fehle schon am Vortrag der darlegungsbelasteten Beklagten. Vielmehr habe der Landrichter ohne Vortrag der Beklagten dazu der Dispositionsmaxime und dem Beibringungsgrundsatz zuwider eine Amtsermittlung vorgenommen und im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass das Mahnverfahren die Verjährung nicht gehemmt haben dürfte.

Auch in der Folge hätten die Darlegungen der Beklagten bis zum Schluss keine relevante Beanstandung des Mahnantrags enthalten. Auf die Darlegung der Klägerin hin, sie habe die Ausfüllhinweise eingehalten, habe die Beklagte nichts entgegnet. Die Informationsschrift und Anwendungshilfe zum Mahnverfahren verdeutlichten zudem, dass weder eine materiell berechtigte noch eine formell ordnungsgemäße Beanstandung seitens des Mahngerichts vorliege. Die Ausfüllhinweise legten vielmehr nahe, dass die Zeilen 36 und 37 gerade dafür gedacht und bestimmt seien, konkretisierende Angaben zu den bezeichneten Forderungen zu machen.

Auch habe das Amtsgericht Hünfeld den behaupteten fehlerhaften Verstoß gegen die Ausfüllhinweise nicht formell ordnungsgemäß moniert. Ein ordnungsgemäßes Monierungsschreiben enthalte nach der Anwendungshilfe zum Mahnverfahren ausdrücklich die Überschrift „Monierung“ sowie eine Belehrung über die Folgen (kostenpflichtige Zurückweisung des Mahnbescheidsantrags) einer nicht fristgerechten Beantwortung. Die Klägerin habe schon einmal ein formell ordnungsgemäßes, als „Monierung“ bezeichnetes Monierungsschreiben erhalten und habe damit nicht davon ausgehen müssen, dass es sich bei den Schreiben vom 13.01.2015 und 06.02.2015 ebenfalls um solche gehandelt habe.

Weiter habe das Landgericht den Aktenausdruck gem. § 696 Abs. 2 ZPO nicht vollständig gewürdigt. So sei bereits unter dem 31.12.2014 vermerkt: „Der Antrag entsprach inhaltlich dem erlassenen Mahnbescheid.“ Auch bezeichne der Aktenausdruck weder das Schreiben vom 13.01.2015 noch das Schreiben vom 06.02.2015 als Monierungsschreiben. Weiter sei der Zugang eines Schreibens am 16.03.2015 nicht vermerkt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei insoweit nicht zulässig, da nach § 696 Abs. 2 ZPO für den Aktenausdruck die volle formelle Beweiskraft öffentlicher Urkunden gelte.

Weiter habe das Landgericht Beweisantritte der Klägerin übergangen, indem es den Vortrag, das Schreiben vom 25.02.2015 sei vor Erlass des Mahnbescheids nicht berücksichtigt worden, als „ins Blaue hinein“ gehalten abgetan habe.

Das Landgericht habe seine Hinweispflicht aus § 139 Abs. 2 ZPO verletzt. Das Landgericht hätte die Klägerin vor Urteilserlass darauf hinweisen müssen, dass der zum Beweis der Behauptung einer Überschneidung der Schreiben benannte Geschäftsführer Z1 als Zeuge nicht zur Verfügung stehe. Die Klägerin hätte dann zusätzlich das Zeugnis der Rechtspflegerinnen Z2 und Z3 angeboten. Weiter hätte das Gericht darauf hinweisen müssen, dass aus seiner Sicht der Einlieferungsbeleg kein taugliches Beweismittel darstelle.

Auch liege insoweit ein Anbeweis vor, so dass die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung gegeben seien, da das Schreiben vom 25.02.2015 im Aktenausdruck nicht erwähnt sei. Weiter stelle der Einlieferungsbeleg, auf dem das Lieferdatum 18.03.2015 vermerkt sei, einen Anbeweis dar. Auf seine gegenteilige Ansicht hätte das Landgericht hinweisen müssen.

Schließlich sei die Rückfrage der Rechtspflegerin vom 06.02.2015 nach dem Schreiben vom 02.02.2015 unnötig gewesen. Verzögerungen, die durch unnötige Rückfragen des Gerichts entstünden, dürften nicht zu Lasten der bedürftigen Partei gehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.09.2016 (Az. 2-19 O 101/15) abzuändern und wie folgt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 425.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, da das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Weder die vorgebrachten Berufungsgründe noch die gemäß § 529 Abs. 2 S. 2 ZPO von Amts wegen durchzuführende Prüfung lassen erkennen, dass die Klageabweisung auf einer Rechtsverletzung beruht oder dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

1. Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass hinsichtlich etwaiger Ansprüche der Klägerin jedenfalls Verjährung eingetreten ist, so dass die Beklagte berechtigt ist, die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB).

Hier gilt insgesamt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren aus § 195 BGB, die sämtliche vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüche erfasst (Palandt-Ellenberger, 76. Auflage 2015, § 195 Rn. 4). Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren hat gem. § 199 Abs. 1 BGB mit Schluss des Jahres 2011 zu laufen begonnen. Denn etwaige Ansprüche sind am 24.03.2010 entstanden und die anspruchsbegründenden Umstände sind der Klägerin spätestens mit Erhalt des Schreibens vom 07.12.2011 bekannt geworden. Die Verjährungsfrist ist am 31.12.2014 abgelaufen. Die Zustellung des Mahnbescheids erst am 20.03.2015 konnte die Verjährung nicht mehr gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmen.

Zwar ist der Mahnbescheidsantrag vor Ablauf der Verjährungsfrist noch am 31.12.2014 beim Amtsgericht Hünfeld eingegangen. Die Hemmung ist jedoch nicht bereits mit Eingang des Antrags eingetreten, da dessen Zustellung nicht „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolgt ist:

Wie das Landgericht richtig entschieden hat, hat die Klägerin die Verzögerung des Mahnverfahrens um mehr als einen Monat ab Zugang des Monierungsschreibens vom 06.02.2015 am 13.02.2015 bis Eingang des Antwortschreibens der Klägerin am 16.03.2015 verschuldet, so dass analog § 691 Abs. 2 ZPO die Zustellung nicht mehr „demnächst“ erfolgt ist. Kommt es nicht zu einer Zurückweisung des Mahnbescheidsantrags wegen innerhalb eines Monats nicht behobener Mängel gem. § 691 Abs. 2 ZPO, weil der Zulässigkeitsmangel im Mahnverfahren selbst behoben worden ist und wird der berichtigte Mahnbescheid zugestellt, findet die Monatsfrist aus § 691 Abs. 2 ZPO entsprechende Anwendung. Eine Zustellung ist nur dann „demnächst„, wenn zwischen Zugang der Beanstandung und Eingang der fehlenden Angaben bzw. der Berichtigung ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat liegt (ständige Rspr, siehe nur BGH, Urteil vom 21.03.2002, Az. VII ZR 230/01, Rn. 20, zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2008, Az. 19 U 185/08, BeckRS 2011, 14412).

a) Entgegen der mit der Berufung vertretenen Ansicht der Klägerin durfte und musste das Landgericht insoweit den maschinell erstellten Ausdruck der Akte des Amtsgerichts Hünfeld gem. § 696 Abs. 2 ZPO sowie die im Mahnverfahren gewechselten Schreiben berücksichtigen, ohne Amtsermittlung zu betreiben, gegen den Beibringungsgrundsatz oder die Dispositionsmaxime zu verstoßen:

Denn der gesamte Inhalt des Verfahrens vor dem Amtsgericht Hünfeld ist von Beginn an auch Inhalt des das Mahnverfahren fortsetzenden Zivilverfahrens und zählt auch ohne Darlegung der Parteien im Tatbestand zur Prozessgeschichte (siehe nur Stein, JuS 2014, 607 (610)). Das Amtsgericht Hünfeld hat grundsätzlich nach fristgerechtem Eingang des Widerspruchs und Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens die vollständige Akte an das dann zuständige Gericht abzugeben, das mit Eingang der Akten das Verfahren als streitiges Zivilverfahren fortsetzt (§ 696 Abs. 1 S. 4 ZPO). Der maschinell erstellte Ausdruck tritt gem. § 696 Abs. 2 ZPO aus Vereinfachungsgründen bei maschineller Bearbeitung an die Stelle der Akten, steht aber der Berücksichtigung der mitübermittelten Schreiben als weiterem Akteninhalt nicht entgegen.

b) Aus dem maschinellen Ausdruck gem. § 696 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit den im Mahnverfahren gewechselten Schreiben ergibt sich schlüssig, dass die Klägerin und nicht das Amtsgericht Hünfeld die verzögerte Zustellung verschuldet hat:

aa) Das Amtsgericht Hünfeld war danach trotz des Antwortschreibens der Klägerin vom 02.02.2015 aus §§ 139 Abs. 1 S. 1, 691 Abs. 1 S. 2 ZPO verpflichtet, mit Schreiben vom 06.02.2015 eine Neufassung des Antrags anzumahnen. Denn nach § 690 Abs. 1 Ziff. 3 muss der Mahnbescheidsantrag die Bezeichnung des Anspruchs enthalten unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung, insbesondere des zu leistenden Betrags. Bei maschineller Bearbeitung ist die Hauptforderung in der Weise zu bezeichnen, dass aus dem Anspruchskatalog in der Anlage 2 die zutreffende Katalog-Nummer in das in den Zeilen 32 bis 34 vorgegebene Eingabefeld übernommen wird und der Anspruch in den weiteren Spalten insbesondere unter Angabe von Datum und Betrag näher bezeichnet wird.

In den Zeilen 36 bis 37 unter „Sonstiger Anspruch“ hingegen ist die Hauptforderung nur einzutragen, wenn der Anspruch im Anspruchskatalog nicht enthalten ist (siehe nur MüKo-Schüler, 5. Auflage 2016, § 690 Rn. 22).

Diese Anforderungen erfüllte der Mahnbescheidsantrag vom 31.12.2014 nicht. Dies kommt entgegen der durch die Klägerin vertretenen Auffassung auch schon im maschinellen Aktenauszug zum Ausdruck. Dieser stellt gerade nicht uneingeschränkt fest: „Der Antrag entsprach inhaltlich dem erlassenen Mahnbescheid.“ Vielmehr sind anschließend ausdrücklich „Hiervon ausgenommen“ nicht nur hinsichtlich der Katalogforderungen in den Zeilen 32 bis 34 das Datum des Anspruchs, sondern auch insgesamt die Angaben unter „Sonstiger Anspruch“ in den Zeilen 36 und 37, bei denen jedenfalls der zwingend anzugebende Betrag fehlte. Der Antrag hat in der Folge ausweislich des maschinellen Ausdrucks am 12.01.2015 der Rechtspflegerin Z2 vorgelegen mit der Begründung: „Der im MB-Antrag angegebene „Sonstige Anspruch“ ist zu prüfen.“ Mit Schreiben vom 13.01.2015 hat die Rechtspflegerin sodann die Ergänzung des Betrags unter „Sonstiger Anspruch“ angemahnt.

Mit beim Amtsgericht Hünfeld am 05.02.2015 eingegangenem Schreiben vom 02.02.2015 hat die Klägerin aber die Nachfrage nach dem Betrag des „Sonstigen Anspruchs“ gerade nicht beantwortet, sondern ausgeführt, dass die bisherigen Angaben unter „Sonstiger Anspruch“ lediglich weitere Anspruchsgrundlagen zu den in den Zeilen 32 bis 34 genannten Katalogansprüchen enthalten und keiner nochmaligen Betragsangabe bedürften. Bereits der Mahnantrag selbst enthält aber den eindeutigen Hinweis, dass Eintragungen unter „Sonstiger Anspruch“ in den Zeilen 36 und 37 nur alternativ zu den Zeilen 32 bis 34 zulässig sind, nämlich nur dann, wenn der Anspruch im Katalog nicht vorhanden ist.

Mit Schreiben vom 06.02.2015 musste daher die zuständige Rechtspflegerin erneut monieren, dass, wenn die Angaben in den Zeilen 36 und 37 unter „Sonstiger Anspruch“ sich auf die Angaben zu den Katalogansprüchen in den Zeilen 32 bis 34 beziehen, dies nicht zulässig ist und die Zeilen 36 und 37 frei zu bleiben haben. Denn bei der notwendigen Individualisierung der Ansprüche im Mahnverfahren ist akribische Genauigkeit geboten (siehe nur MüKo-Schüler, a.a.O.), so dass das weitere Monierungsschreiben keine unnötige Verzögerungen darstellt, die nicht zu Lasten des Antragstellers gehen dürfte (so auch OLG SachsenAnhalt, 14.08.2001, Az. 1 U 106/00). Aufgrund der Verpflichtung des Mahngerichts aus § 139 Abs. 1 S. 1 ZPO auf sachdienliche Anträge hinzuweisen und aufgrund der Verpflichtung aus § 691 Abs. 1 S. 2 ZPO wegen eines Mangels vor Zurückweisung rechtliches Gehör zu gewähren, musste das Amtsgericht Hünfeld vielmehr die Klägerin in Reaktion auf das Schreiben vom 02.02.2015 mit dem weiteren Monierungsschreiben vom 06.02.2015 darauf hinweisen, dass Erläuterungen der Zeilen 32 bis 34 in den Zeilen 36 und 37 unzulässig sind und der Mahnbescheid erst nach einer neuen Bezeichnung der Ansprüche erlassen werden kann, die – bei Katalogansprüchen – entweder komplett in die Zeilen 32 bis 34 passt oder – bei einem „Sonstigen Anspruch“ – komplett in die Zeilen 36 und 37 (siehe dazu nur MüKo-ZPO, 4. Auflage 2912, § 691 Rn. 4).

bb) Das ihr am 13.02.2015 zugegangene Schreiben vom 06.02.2015 hat die Klägerin mit Schreiben vom 25.02.2015 beantwortet (Bl. 12 d. A.), das sie fahrlässig – unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt- unstreitig erst am 13.03.2015 zur Post gegeben hat, so dass es ausweislich des auf dem Schreiben angebrachten Eingangsstempel erst mehr als vier Wochen später am 16.03.2015 – also nicht mehr „demnächst“ – beim Amtsgericht Hünfeld eingegangen ist.

cc) Bei Erlass des Mahnbescheids am 18.03.2015 hat das Amtsgericht Hünfeld das Schreiben vom 25.02.2015 auch berücksichtigt. Denn ausweislich des auf dem Schreiben vom 16.03.2015 angebrachten, durch die Rechtspflegerin Z2 angebrachten Vermerks hat diese das Schreiben am 17.03.2015 bearbeitet. Ausweislich des maschinellen Ausdrucks hat die Rechtspflegerin Z2 dementsprechend am 17.03.2015 den Beginn des Anspruchs ergänzt um das Datum 24.03.2010, das die Klägerin erst mit Schreiben vom 25.02.2015 genannt hat. Hätte ihr nur das Schreiben vom 02.02.2015 vorgelegen, hätte sie das darin zunächst mitgeteilte Datum 07.12.2011 ergänzt.

c) Entgegen der durch die Klägerin mit der Berufung vertretenen Auffassung erfüllt das Schreiben vom 06.02.2015 formell und inhaltlich die Anforderungen an ein Monierungsschreiben. Denn das Gesetz sieht in § 691 Abs. 1 S. 2 ZPO lediglich eine Anhörung vor, deren Form im Ermessen des Mahngerichts steht. Das Mahngericht kann den Antragsteller durch eine Zwischenverfügung (=Monierungsschreiben) anhören ebenso wie durch eine formlose, auch telefonisch oder per Email mögliche Rückfrage (siehe nur Zöller-Vollkommer, 30. Auflage 2014, § 691 Rn. 4) Eine formelle Bezeichnung als Monierungsschreiben, eine Fristsetzung oder eine Rechtsbehelfsbelehrung waren damit nicht erforderlich.

d) Das Landgericht durfte dementsprechend in der mündlichen Verhandlung darauf hinweisen, dass die Zustellung nicht mehr demnächst im Sinne des § 139 ZPO erfolgt sein dürfte, da die Parteien diesen rechtlichen Aspekt in ihren Schriftsätzen bis dahin erkennbar übersehen hatten (Zöller-Greger, 30. Auflage 2014, § 139 Rn. 6), zumal die Beklagte zuvor schon in der Klageerwiderung die Einrede der Verjährung erhoben und dabei zu allen dafür maßgebenden Umständen ausreichend vorgetragen hatte, nämlich den Beginn der Verjährungsfrist durch Kenntnisnahme von den anspruchsbegründenden Umständen im Jahr 2011 und deren Ablauf drei Jahre später mit Schluss des Jahres 2014 (Bl. 143 und 194 d. A.).

e) Dieser schlüssig aus dem maschinellen Ausdruck und den im Mahnverfahren gewechselten Schreiben folgende Ablauf des Mahnverfahrens ist durch die Vorlage des maschinellen Ausdrucks der Verfahrensakte des Mahnverfahrens sowie der zur Akte genommenen Schreiben vom 13.01., 02.02., 06.02. und 25.02.2015 auch bewiesen: Denn gem. § 696 Abs. 2 S. 2 ZPO gelten für Aktenausdrucke des Mahnverfahrens die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden gem. §§ 415 ff. ZPO entsprechend, so dass dem Aktenausdruck dieselbe Beweiskraft zukommt wie der Akte selbst (siehe nur MüKo-Schüler, ZPO, 5. Auflage 2016, § 696 Rn. 9). Die Vorlage des Ausdrucks erbringt gem. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis für den Inhalt der in ihm wiedergegebenen Tatsachen (OLG Köln, Entscheidung vom 28.02.2001, XIII W 82/00, zitiert nach juris), auch für die Tatsache, dass zunächst am 05.02.2012 das Schreiben des Klägers vom 02.02.2015 zum Verfahren eingegangen ist, das wiederum das Schreiben des Mahngerichts vom 06.02.2015 veranlasst hat.

Das Landgericht ist zu Recht dem Gegenbeweisangebot gem. § 418 Abs. 2 ZPO nicht nachgegangen auf Vernehmung des Geschäftsführers der Klägerin zu der Behauptung, das Amtsgericht Hünfeld habe diesem auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, die Schreiben vom 02.02.2015 und 06.02.2015 hätten sich überschnitten und er könne das Schreiben vom 06.02.2015 entweder beantworten oder die regelmäßige Bearbeitung abwarten. Denn eine Parteivernehmung des Geschäftsführers von Amts wegen gem. § 448 ZPO war nicht möglich. Es fehlte insoweit an der erforderlichen non-liquet-Situation ebenso wie an dem erforderlichen Anbeweis für eine Parteivernehmung von Amts wegen, nachdem der Aktenauszug bereits das Gegenteil bewiesen hatte (siehe nur Zöller-Greger, 30. Auflage 2014, § 448 Rn. 4).

Das Gegenbeweisangebot auf Vernehmung der Zeuginnen Z2 und Z3 erst in zweiter Instanz ist nicht zuzulassen, da dieses Verteidigungsmittel nicht im Sinne des § 531 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurde. Das Landgericht hätte die anwaltlich vertretene Klägerin insbesondere nicht gem. § 139 Abs. 2 ZPO darauf hinweisen müssen, dass die Vernehmung eines Geschäftsführers als Zeugen nicht möglich ist und dass es nach Beweisführung gem. § 418 Abs. 1 ZPO an einer non-liquet Situation genauso mangelt wir an einem Anbeweis des Gegenteils. Ausreichend war vielmehr der richterliche Hinweis in der mündlichen Verhandlung am 10.02.2016, dass die Zustellung des Mahnbescheids nicht mehr demnächst erfolgt ist, zumal das Landgericht der Klägerin auf den Hinweis hin noch im Februar 2016 für eine Woche Akteneinsicht gewährt hat (Bl. 196 d. A.), so dass sich die Klägerin ein umfassendes eigenes Bild vom Ablauf des Mahnverfahrens machen konnte.

Betreffend die davon abzugrenzende weitere Behauptung der Klägerin, das Schreiben vom 25.02.2015 habe bei Erlass des Mahnbescheids keine Berücksichtigung gefunden, war dem Beweisangebot der Klägerin erst in zweiter Instanz ebenfalls nicht nachzugehen. Denn entgegen der durch die Klägerin vertretenen Auffassung ist auch die Berücksichtigung des Schreibens vom 25.02.2015 bei Mahnbescheidserlass gem. § 418 Abs. 1 ZPO bewiesen.

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass das Schreiben vom 25.02.2015 als Eingang im maschinellen Ausdruck nicht aufgeführt ist. Das Schreiben hat das Amtsgericht Hünfeld aber bei Abgabe an das Landgericht dem maschinellen Ausdruck als Anlage beigefügt übermittelt, so dass auch das Schreiben selbst Bestandteil der abgegebenen Verfahrensakte ist. Der auf dem Schreiben befindliche Eingangstempel vom 16.03.2015 sowie der durch die Rechtspflegerin Z2 angebrachte Bearbeitungsvermerk vom 17.03.2015 erbringen gem. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis für die Tatsache, dass das Schreiben bereits am 16.03.2015 beim Amtsgericht Hünfeld eingegangen und am 17.03.2015 durch die Rechtspflegerin Z2 bearbeitet worden ist (siehe nur BGH, Urteil vom 31.05.2017, Az. VIII ZR 224/16, Leitsatz, zitiert nach juris), zumal erst das Schreiben vom 25.02.2015 das in den Mahnbescheid aufgenommene Datum 24.03.2010 nennt, während das Schreiben vom 02.02.2015 noch abweichend das Datum 07.12.2011 angibt.

Zu Recht hat daher das Landgericht entschieden, dass nach dem durch Eingangsstempel und Bearbeitungsvermerk geführten Urkundenbeweis die Klägerin den Gegenbeweis gem. § 418 Abs. 2 ZPO nicht ausreichend substantiiert angetreten, sondern diesen – wie das Landgericht formuliert – ins Blaue hinein gehalten hat. Notwendig wäre insoweit die Darlegung näherer Umstände gewesen, die geeignet sind, das versehentliche Anbringen von Stempeln mit dem falschen Eingangs- bzw. Bearbeitungsdatum zu belegen (so OLG Dresden, Beschluss vom 23.11.1998, 13 W 0285/98, Rn. 14, BeckRS 1998 15965). Das zum Beweis des Gegenteils allein vorgebrachte handschriftlich auf dem Einlieferungsbeleg angebrachte Datum 18.03.2015 erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da die Klägerin in erster Instanz nicht vortragen hat, wer das Datum aus welchen Gründen angebracht haben soll. Zudem stellt der Einlieferungsbeleg keinen ausreichenden Beweis dar. Dieser beweist nur, dass die Klägerin am 13.03.2015 ein Einwurfeinschreiben bei der Deutschen Post abgegeben hat, nicht aber, ob und wann dies Schreiben zugegangen ist (siehe nur OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.12.2001, Az. 4 U 78/01, Leitsatz 1., zitiert nach juris).

Der neue Vortrag der Klägerin erst in zweiter Instanz, ihre Mitarbeiterin Frau C habe das Datum aufgrund einer Online-Sendungsverfolgung angebracht sowie das neue Beweisangebot, Frau C dazu als Zeugin zu vernehmen, sind nicht zuzulassen, das diese neuen Verteidigungsmittel nicht im Sinne des § 531 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden. Insbesondere musste das Landgericht die anwaltlich vertretene Klägerin nach dem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2016 und Gewährung von Akteneinsicht nicht darauf hinweisen, dass ein Einlieferungsbeleg als bloße Privaturkunde mit einem handschriftlich angebrachten Datum ohne Urhebernachweis kein ausreichendes Gegenbeweisangebot im Sinne des § 418 Abs. 2 ZPO darstellt.

2. Der Klägerin bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Sie wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können.

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