Oberlandesgericht Köln, 15 U 121/15

November 14, 2021

Oberlandesgericht Köln, 15 U 121/15

Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 322/14

Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.06.2015 verkündete Zwischenurteil des Landgerichts Köln (28 O 322/14) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

1
Gründe

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I.

3
Die Klägerin ist die Ehefrau des ehemaligen Rennfahrers T, deutsche Staatsangehörige und hat ihren Wohnsitz in H in der Schweiz. Sie nimmt die Beklagte, eine schweizerische Rundfunkanstalt, wegen mehrerer Bildnisse und einem Video, die die Beklagte auf ihrer Internet-Seite www.T2.ch im Rahmen einer Berichterstattung über die Folgen des Skiunfalls von T sowie den Umgang der Medien mit diesem Thema veröffentlicht hat und die die Klägerin beim Besuch ihres Ehemannes im Krankenhaus zeigen, auf Unterlassung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch.

4
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, für die Klage sei gemäß Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens von 2007 (im Folgenden: LugÜ II) und § 32 ZPO die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, hier des Landgerichts Köln gegeben. In der Sache hat sie geltend gemacht, die streitgegenständlichen Veröffentlichungen stellten einen rechtswidrigen Eingriff in ihr Recht am eigenen Bild dar. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es fehle bereits an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, jedenfalls liege in der Sache aber auch kein rechtswidriger Eingriff in die Rechte der Klägerin vor, zumal insoweit schweizer und nicht deutsches Sachrecht anwendbar sei.

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Das Landgericht hat die Klage – nach Erlass eines antragsgemäß ergangenen Versäumnisurteils und Einspruch der Beklagten – mit Zwischenurteil vom 11.06.2015 (28 O 322/14, Bl. 124 ff.) gemäß § 280 Abs. 2 ZPO für zulässig erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus § 32 ZPO. Danach sei gemäß Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 02.03.2010 – VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 – New York Times) bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte dann gegeben, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies sei dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liege als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde. Die in Rede stehende Website müsse sich dabei nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richten. Diese Voraussetzungen seien hier aufgrund der Tatsache erfüllt, dass die Klägerin und ihr Ehemann deutsche Staatsbürger und – nicht erst seit dem Unfall des Ehemannes – Gegenstand überragenden öffentlichen Interesses gerade in ihrem Herkunftsland seien. Demgegenüber komme es für die Frage der Zuständigkeit nicht maßgeblich darauf an, ob die Klägerin einen Wohnsitz in Deutschland unterhalte, da der Erfolgsort einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auch an anderen Orten als dem Wohnort liegen könne. Etwas anderes folge weder aus den von den Parteien zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs noch aus dem Umstand, dass die Beklagte in Wahrnehmung ihres schweizer öffentlich–rechtlichen Rundfunkauftrages handele. Sofern ihre Handlungen – wie hier – Bezug zu Deutschland in dem oben genannten Sinne aufwiesen, sei sie einer Kontrolle durch die deutsche Gerichtsbarkeit in gleicher Weise unterworfen wie deutsche öffentlich–rechtliche Rundfunkanstalten. Gemäß § 32 ZPO sei aufgrund der bundesweiten Bekanntheit der Klägerin und ihres Ehemannes auch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln gegeben. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 124 ff. GA) verwiesen.

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Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21.11.2014 und Abweisung der Klage als unzulässig weiterverfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht nach § 32 ZPO und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern (allein) nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ II und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs richte. Nach dessen Vorlageentscheidungen vom 25.10.2011 (Rechtssachen C–509/09 und C–161/10, NJW 2012, 137 – eDate Advertising und Martinez) zur Zuständigkeit im Bereich des Unionsrechts für Haftungsklagen wegen Äußerungen im Internet, die „den gesamten Schaden“ umfassen, sei im vorliegenden Fall indes keine Zuständigkeit der deutschen, sondern der schweizerischen Gerichtsbarkeit gegeben. Zwar könne der Geschädigte nach den genannten Vorlageentscheidungen außerdem in analoger Anwendung der sogenannten „Shevill“-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (NJW 1995, 1881 Tz. 30 ff.) auch Klage vor den Gerichten jedes Mitgliedstaates erheben, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. Die daraus folgende Zuständigkeit dieser Gerichte beschränke sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs jedoch nur auf den (Teil-)Schaden, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts vor Ort verursacht worden ist. Eine solche Teilbarkeit sei bei einem Unterlassungsanspruch betreffend eine Internet-Veröffentlichung nicht gegeben, dieser könne vielmehr – ebenso wie der Gesamtschaden einer Persönlichkeitsrechtsverletzung – nur für das gesamte Unionsgebiet einheitlich geltend gemacht werden. Auch der Art. 5 Nr. 3 LugÜ II zugrunde liegende Gedanke, dass zwischen der Streitigkeit und den Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, eine besonders enge Beziehung bestehe, die es rechtfertige, die Bezifferung des innerhalb eines bestimmten Territoriums entstandenen Schadens in die Hand des lokalen Gerichts zu legen, lasse sich nicht auf die Frage der Zulässigkeit der Verbreitung einer bestimmten Äußerung oder eines Bildnisses im Vertragsgebiet der EU/EFTA übertragen, da es sich hierbei um ein der Dienstleistungsfreiheit im gesamten Binnenmarkt unterfallendes Angebot handele, das für das gesamte Gebiet des Binnenmarktes nur einheitlich beurteilt werden könne. So habe etwa auch die Kommission Vereinbarungen zwischen Filmstudios und einem Pay-TV-Sender über die Begrenzung der Abrufbarkeit von Internetinhalten auf bestimmte Territorien durch sogenannte Geoblocker als Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht gewertet. Darüber hinaus habe das Landgericht auch verkannt, dass sie – die Beklagte – in Wahrnehmung des schweizerischen Rundfunkauftrages handele und damit als beliehene privatrechtliche Institution eine öffentliche Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge der Schweiz wahrnehme. In diesem Rahmen unterliege sie daher selbst dann nicht der deutschen Gerichtsgewalt, wenn deutsche Staatsbürger von der Berichterstattung betroffen seien und erwartet werden dürfe, dass die Berichterstattung auch in Deutschland Beachtung finde.

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Die Beklagte beantragt,

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das Zwischenurteil des Landgerichts Köln vom 10.6.2015 (28 O 142/14) sowie das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 21.11.2014 abzuändern und die Klage als unzulässig abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Klägerin vertritt die Auffassung, auch nach Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II sei die Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben, da diese Regelung auch bei auf das Gebiet eines Mitgliedsstaates beschränkten Beseitigungs– und Unterlassungsansprüchen greife. Insoweit gelte die so genannte Mosaiktheorie, der zufolge der gerichtliche Tenor bei einer nur einheitlich zu beseitigenden Störung darauf beschränkt werden müsse, die Verpflichtung zur Beseitigung mit Wirkung ausschließlich für diesen Mitgliedstaat anzuordnen. Dies sei auch hier unproblematisch möglich. Dass dem Kläger bei – wie hier – so genannten Streudelikten mit mehreren Erfolgsorten ein Wahlrecht zwischen den einzelnen Erfolgsorten zustehe, habe der Europäische Gerichtshof in seiner „Shevill“-Entscheidung klargestellt. Die von der Beklagten angeführten nachfolgenden Vorlageentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 25.10.2011 enthielten keine Einschränkung für derartige Teilklagen, sondern der Gerichtshof habe damit (lediglich) zusätzlich zur sonstigen Erfolgszuständigkeit für die Geltendmachung des Gesamtschadens einen (weiteren) Schwerpunktsgerichtsstand am Mittelpunkt des Interesses des Geschädigten eingeführt. Auch der Einwand der Beklagten, ihr öffentlich–rechtlicher Rundfunkauftrag der Schweiz lasse keine Kontrolle durch deutsche Gerichte zu, greife nicht. Dieser Rundfunkauftrag könne nicht privilegiert sein, wenn mit der Verbreitung der beanstandeten Meldung in Deutschland eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin verbunden sei.

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Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Anlagen verwiesen.

13
II.

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Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig eingelegt gemäß § 280 Abs. 2, §§ 511 ff. ZPO. Insbesondere steht § 513 Abs. 2 ZPO der Zulässigkeit des Rechtsmittels wegen der besonderen Bedeutung der hier in Rede stehenden internationalen Zuständigkeit – trotz des weit gefassten Wortlauts dieser Vorschrift – nicht entgegen (vgl. BGH NJW 2003, 426 sowie weitere Nachweise bei Zöller/Heßler, ZPO 30. Aufl. 2014 § 513 Rdn. 8).

15
Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg, weil das Landgericht im Ergebnis zutreffend die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die vorliegende Unterlassungsklage bejaht hat.

16
1. Zu Recht beanstandet die Beklagte im Ausgangspunkt allerdings, dass das Landgericht die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte auf Grundlage des § 32 ZPO und nicht nach den Zuständigkeitsbestimmungen des LuGÜ II entschieden hat.

17
Im Anwendungsbereich des LugÜ II gehen dessen Regelungen nationalen Zuständigkeitsregelungen vor. Da sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Schweiz Vertragsparteien des LugÜ II sind, das für Deutschland am 01.01.2010 und für die Schweiz am 01.01.2011 in Kraft getreten ist, ist hier demnach nicht § 32 ZPO, sondern die Zuständigkeitsbestimmung nach dem LuGÜ II maßgeblich, dessen Anwendung auch durch die Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) nicht berührt wird (siehe Art. 73 Abs. 1, Abs. 3 EuGVVO; vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO 36. Aufl. 2015 § 32 Rdn. 5).

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2. Auch nach den Regelungen des LuGÜ II ist indes die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für das vorliegende Unterlassungsbegehren der Klägerin gegeben.

19
Für die Auslegung des LuGÜ II gelten dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil– und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ), der EuGVVO und des Lugano Übereinkommens I (vgl. BGH WM 2012, 852, juris Tz. 17 m.w.N.). Dabei sind die im Übereinkommen verwendeten Begriffe grundsätzlich autonom, d.h. ohne Rückgriff auf die lex fori oder lex causae auszulegen, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.)

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Nach Art. 2 Abs. 1 LugÜ II liegt der allgemeine Gerichtsstand für eine Klage am Wohnsitz des Beklagten, hier mithin am Sitz der Beklagten in der Schweiz. Daneben ist für das Unterlassungsbegehren der Klägerin jedoch auch der besondere Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 LugÜ II eröffnet, aus dem sich im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ergibt.

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a. Gemäß Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II kann, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, außer am Sitz des Urhebers – hier der Schweiz – auch vor dem Gericht des Ortes Klage erhoben werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Dabei kann dieser Ort des Schadenseintritts im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II/ Art. 7 Nr. 3 EuGVVO sowohl der Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) sein, als auch der Ort, an dem der Schaden entstanden ist (Erfolgsort); fallen diese beiden Orte auseinander, hat der Geschädigte grundsätzlich ein Wahlrecht (vgl. EuGH NJW 2012, 137; NJW 2013, 287; EuZW 2012, 513; Zöller/Geimer, a.a.O. Anh. I Art. 5 EuGVVO Rz. 26; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. O. Art. 7 EuGVVO Rz. 21 ff.).

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b. Der danach zuständigkeitsbegründende Handlungsort läge hier zwar wiederum in der Schweiz, da insofern ebenfalls die dortige Niederlassung der Beklagten maßgeblich ist, an der die streitgegenständlichen Bilder in das Internet eingestellt worden sind.

23
Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht daneben aber für das Unterlassungsbegehren der Klägerin auch ein zuständigkeitsbegründender Erfolgsort im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II in Deutschland:

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aa. Bei der hier in Rede stehenden unerlaubten Handlung in Form einer Presseveröffentlichung im Internet handelt es sich um ein sogenanntes „Streudelikt“, bei dem nicht nur Handlungs- und Erfolgsort auseinanderfallen, sondern der schädigende Erfolg auch gleichzeitig an mehreren Orten eintritt, d.h. zahlreiche Erfolgsorte bestehen.

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Für derartige Fälle hat der Europäische Gerichtshof in seiner sogenannten „Shevill“-Entscheidung vom 07.03.1995 (C-68/93, NJW 1995, 1881 ff.) ausgeführt, dass der Betroffene gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ Klage gegen den Herausgeber auf „Ersatz eines immateriellen Schadens“, der durch eine ehrverletzende Veröffentlichung in einem in mehreren Vertragsstaaten verbreiteten Presseartikel verursacht wurde, sowohl bei den Gerichten des Vertragsstaats erheben kann, in dem der Herausgeber seine Niederlassung hat, als auch bei den Gerichten jedes Vertragsstaats, in dem die Veröffentlichung verbreitet wurde und in dem sein Ansehen nach seiner Behauptung beeinträchtigt worden ist. Dabei sind – so der Europäische Gerichtshof – die Gerichte am Ort der Niederlassung des Herausgebers für die Entscheidung über den Ersatz sämtlicher durch die Ehrverletzung entstandener Schäden, die letztgenannten Gerichte hingegen nur für die Entscheidung über den Ersatz der Schäden zuständig, die in dem Staat des angerufenen Gerichts verursacht worden sind (vgl. EuGH a.a.O. Tz. 33). Danach besteht bei Presseartikeln die Möglichkeit einer Gesamtschadensklage am Niederlassungsort des Herausgebers oder aber mehrerer nationaler Teilschadensklagen in den einzelnen Mitgliedstaaten.

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Für eine mittels Internet begangene Persönlichkeitsrechtsverletzung hat der Europäische Gerichtshof diese Rechtsprechung in den von der Beklagten angeführten zwei Vorlageentscheidungen vom 25.10.2012 (C-509/09 und C-161/10, NJW 2012, 137 ff. – eDate Advertising und Martinez) dahingehend angepasst, dass die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, eine Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens entweder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Urheber der Inhalte niedergelassen ist, oder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet, erheben kann. Der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen habe, entspreche im allgemeinen ihrem gewöhnlichen Aufenthalt, könne aber auch an einem anderen Ort liegen, sofern andere Indizien wie die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit eine besonders enge Beziehung zu diesem Staat herstellten (vgl. EuGH a.a.O. Tz. 49). Anstelle einer Haftungsklage auf Ersatz des gesamten Schadens – so der Europäische Gerichtshof weiter – könne die Person ihre Klage aber auch vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet der im Internet veröffentlichte Inhalt zugänglich ist oder war. Diese Gerichte seien wiederum nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts verursacht worden sei (EuGH a.a.O. Tz. 52). Damit hat der Europäische Gerichtshof dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, außer am Niederlassungsort des Urhebers auch am Ort des Mittelpunkts seiner – des Betroffenen – Interessen eine Gesamtschadensklage zu erheben und somit eine weitere „Schwerpunktzuständigkeit“ geschaffen.

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bb. Die Voraussetzungen einer solchen „Schwerpunktzuständigkeit“ in Deutschland nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind hier allerdings nicht erfüllt.

28
Die Niederlassung der Beklagten als Herausgeberin der streitgegenständlichen Veröffentlichungen liegt unstreitig in der Schweiz. Hier ist auch der Mittelpunkt des Interesses der Klägerin nach der oben genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu verorten. Unstreitig liegt ihr (Haupt-)Wohnsitz in der Schweiz. Demgegenüber vermögen auch weder die frühere berufliche Tätigkeit ihres Mannes noch die deutsche Herkunft der Eheleute eine engere Beziehung der Klägerin zu Deutschland zu begründen. Zwar dürften sie aufgrund ihrer Herkunft in Deutschland besonders populär sein. In Anbetracht der jahrelangen weltweiten Rennfahrertätigkeit des Ehemannes der Klägerin und seiner sich darauf gründenden weltweiten Populärität und Beliebtheit, wie sie u.a. anhand der internationalen Anteilnahme nach seinem Ski-Unfall deutlich wurde, ist jedoch keine derart überwiegende Konzentrierung oder Fokussierung in Deutschland mehr anzunehmen, dass sie eine Verlagerung des Interessenmittelpunkts nach Deutschland begründen könnte.

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cc. Da die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren aber ausdrücklich auf „das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland“ beschränkt und damit eine entsprechend staatlich beschränkte “Teil-Unterlassungsklage“ erhoben hat, ist nach den oben genannten Grundsätzen jedoch – entgegen der Ansicht der Beklagten – eine internationale „Teilerfolgsort-Zuständigkeit“ deutscher Gerichte gegeben.

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Diese Grundsätze, insbesondere die danach bestehende Möglichkeit einer national begrenzten Teilschadensklage, sind im vorliegenden Fall anwendbar. Anders als die Beklagte meint, steht dem weder entgegen, dass die Teilklage auf ein Unterlassen (und nicht auf die Zahlung eines bezifferbaren Schadensbetrages) gerichtet ist (1), noch dass sie eine Internetveröffentlichung betrifft (2). Auch der Gedanke der europäischen Dienstleistungsfreiheit gibt keinen Anlass zu einer einschränkenden Anwendung (3).

31
(1) Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II gilt nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich auch für (sogar vorbeugende) Unterlassungsklagen aus unerlaubter Handlung und setzt insbesondere nicht voraus, dass bereits ein Schaden eingetreten ist (vgl. EuGH NJW 2002, 3617 Tz. 34 ff.; BGH NJW 2006, 689; NJW 2012, 2197 Tz. 12 ff.; Zöller/Geimer, ZPO 30. Aufl. 2014 Anh. I Art. 5 EuGVVO Rn. 25 m.w.Nachw.; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. Art. 7 EuGVVO Rn. 17). Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof wiederholt betont, dass der Begriff des schädigenden Ereignisses in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO weit zu verstehen ist und die dortige Zuständigkeitsregelung auch ihrer Zielsetzung nach grundsätzlich keine Einschränkung in Bezug auf (vorbeugende) Unterlassungsbegehren rechtfertigt. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof insbesondere auch den – auch von der Beklagten im vorliegenden Verfahren erhobenen – Einwand zurückgewiesen, die Unanwendbarkeit auf Unterlassungsansprüche ergebe sich aus der Zielsetzung der besonderen Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II, die einer besonders engen Beziehung zwischen dem Geschädigten und dem angerufenen Gericht Rechnung tragen solle und daher aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit der genannten Gerichte rechtfertige. Hierzu hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Erwägung der besonders engen Beziehung unabhängig davon gelte, ob sich das Verfahren auf den Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens oder auf eine Klage zur Verhinderung des Eintritts eines Schadens beziehe (vgl. EuGH, C-167/00 = NJW 2002, 3617 Tz. 46 ff.).

32
Dass die oben dargestellte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Möglichkeit nationaler Teilklagen dennoch nicht für Unterlassungsansprüche gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr lag gerade dem Vorlageersuchen in der Sache C – 509/09 – eDate Advertising ein Sachverhalt zu Grunde, in dem der Kläger (ausschließlich) einen Unterlassungsantrag gestellt hatte, ohne dass der Europäische Gerichtshof im Hinblick darauf Einschränkungen seiner bisherigen Rechtsprechung für erforderlich erachtet hätte. Danach ist daher davon auszugehen, dass insbesondere die Möglichkeit nationaler Teilklagen auch bei Unterlassungsansprüchen jedenfalls dann besteht, wenn diese Ansprüche (national) teilbar/abgrenzbar sind (vgl. Schlosser, EU–Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2009, Art. 5 EuGVVO Rdn. 20; Rauscher, Europäisches Zivilprozess– und Kollisionsrecht, 2011, Art. 5 Brüssel I – VO Rdn. 91 f.; desweiteren Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. Art. 7 EuGVVO Rdn. 30; Zöller/Geimer, a.a.O. Rdn. 30c). Eine solche Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs ist hier gegeben, da unstreitig die – der Beklagten auch zumutbare – Möglichkeit besteht, eine Internetveröffentlichung durch sogenannte Geoblocker auf nationale Bereiche zu beschränken. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, sondern von ihr selbst im Zusammenhang mit ihrem Argument der Wettbewerbswidrigkeit derartiger Maßnahmen angeführt.

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(2) Der Senat vermag der Beklagten auch nicht darin zu folgen, dass die „Shevill“-Rechtsprechung zur Zulässigkeit nationaler Teilklagen nicht auf Internetveröffentlichungen übertragbar bzw. dies nach den genannten Vorlageentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs jedenfalls zweifelhaft und nicht geklärt sei.

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Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof in diesen Entscheidungen die Besonderheiten von Internetveröffentlichungen gegenüber „herkömmlichen“ Presseerzeugnissen ausdrücklich erwähnt und deswegen die von ihm vorgenommene „Anpassung“ seiner bisherigen „Shevill“-Rechtsprechung vorgenommen hat. So hat er zum einen die Schwierigkeit für den Herausgeber betont, die Abrufbarkeit einer solchen Veröffentlichung außerhalb eines nationalen Hoheitsgebiets zu beschränken, zum anderen die Schwierigkeit, die Verbreitung einer Nachricht sicher und zuverlässig zu quantifizieren und so den ausschließlich in einem nationalen Hoheitsgebiet verursachten Schaden zu beziffern (EuGH a.a.O. Tz. 45, 46).

35
Diese Besonderheiten hat der Europäische Gerichtshof indes lediglich zum Anlass genommen, zu Gunsten des Betroffenen eine Erweiterung der für die Geltendmachung des Gesamtschadens zuständigen Gerichtsbarkeit durch Schaffung des zusätzlichen „Schwerpunktgerichtsstands“ des Interessenmittelpunkts des Betroffenen vorzunehmen. Er hat jedoch weder zum Ausdruck gebracht, dass die „Shevill“-Rechtsprechung im Übrigen, d.h. betreffend die Möglichkeit nationaler Teilklagen, auf Internetveröffentlichungen nicht übertragbar sei, noch hat er diese Frage als offen dahingestellt. Der Senat sieht daher keinen Anhalt dafür, dass der Europäische Gerichtshof nicht nur zu Gunsten des Betroffenen eine Erweiterung der „Schwerpunktzuständigkeit“ vornehmen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit einer nationalen Teilklage bei Internetveröffentlichungen beschränken oder zumindest in Frage stellen wollte.

36
Eine solche Beschränkung ist auch im Hinblick auf die vom Europäischen Gerichtshof aufgezeigten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Internetveröffentlichungen bei einer nationalen Teil-Unterlassungsklage nicht geboten: Der Schwierigkeit für den Urheber, die Abrufbarkeit einer solchen Veröffentlichung außerhalb eines nationalen Hoheitsgebiets zu beschränken, kann – wie oben bereits ausgeführt – mit jedenfalls zumutbarem Aufwand durch Installation eines sogenannten „Geo-Blocker“ begegnet werden. Die weitere Schwierigkeit, die Verbreitung einer Nachricht im Internet sicher und zuverlässig zu quantifizieren und so den ausschließlich in einem nationalen Hoheitsgebiet verursachten Schaden zu beziffern, stellt sich bei einer Klage auf Unterlassung von vorneherein nicht.

37
(3) Schließlich steht der Annahme einer nationalen Teilklage auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, bei der Verbreitung eines Bildnisses im Vertragsgebiet der EU/EFTA handele es sich um ein der Dienstleistungsfreiheit im gesamten Binnenmarkt unterfallendes Angebot, das für das gesamte Gebiet des Binnenmarktes nur einheitlich beurteilt werden könne. Das gilt auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten angeführten Entscheidung der Kommission zur Wettbewerbswidrigkeit von Vereinbarungen zwischen Filmstudios und einem Pay-TV-Sender über die Begrenzung der Abrufbarkeit von Internetinhalten auf bestimmte Territorien durch sogenannte Geoblocker.

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Auch wenn die Verbreitung von Bildnissen im Internet im Rahmen einer Medienveröffentlichung als ein der Dienstleistungsfreiheit unterfallendes Angebot anzusehen und dementsprechend im Sinne eines grenzübergreifenden Wettbewerbs grundsätzlich auch grenzübergreifend verfügbar sein sollte, führt das nicht dazu, dass diese grenzübergreifende Tätigkeit von vorneherein der nationalen Jurisdiktion des betroffenen Staates entzogen ist. Dass damit die Zulässigkeit ein und derselben grenzüberschreitenden Veröffentlichung in den betreffenden Staaten unterschiedlich beurteilt, d.h. sie in dem einem Staat erlaubt, in dem anderen dagegen untersagt werden kann, folgt daraus, dass insoweit (noch) kein einheitliches materiell-rechtliches Regelwerk für die Beurteilung derartiger Veröffentlichungen im Bereich der Persönlichkeitsrechtsverletzung im Binnenmarkt existiert. Das Fehlen eines solchen einheitlichen Bewertungsmaßstabs kann aber nicht – im Rückschluss – den Ausschluss einer nationalen Teilklage begründen, wie sich bereits daraus ergibt, dass bei Presseerzeugnissen eine unterschiedliche nationale Bewertung unproblematisch als zulässig angesehen wird. Eine andere Beurteilung könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn dem Urheber selbst mit einer national beschränkten Untersagung die Veröffentlichung faktisch insgesamt verboten bzw. unmöglich gemacht würde, weil er sie national nicht eingrenzen kann. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da – wie ausgeführt – bei den in Rede stehenden Internetveröffentlichungen die für die Beklagte zumutbare Möglichkeit besteht, eine nationale Einschränkung durch sogenannte Geoblocker herzustellen.

39
dd. Sofern man es auch bei einer national beschränkten Teilklage nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ II in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 32 ZPO außerdem für erforderlich hält, dass der als rechtsverletzend beanstandete Inhalt objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweist, d.h. eine Kollision der widerstreitenden Interessen des Persönlichkeitsrechtsinhabers einerseits und des für den Inhalt der Website Verantwortlichen andererseits im Inland möglich ist und eine Kenntnisnahme des Inhalts im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. Art. 7 EuGVVO Rdn. 30), ist auch diese Voraussetzung hier erfüllt. Dieser besondere Bezug ergibt sich aus der deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes, aufgrund derer sie insbesondere in Deutschland immer noch eine erhebliche Popularität genießen und das Interesse an dem schweren Unfall ihres Ehemannes in Deutschland besonders groß war. Eine Kenntnisnahme des Inhalts der in Rede stehenden Website lag daher erheblich näher, als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre.

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3. Ohne Erfolg macht die Beklagte desweiteren geltend, sie habe mit der streitgegenständlichen Internetveröffentlichung in Ausübung ihrer hoheitlichen Tätigkeit als Beliehene der Schweiz gehandelt und sei daher insoweit einer Jurisdiktion deutscher Gerichte entzogen.

41
Zutreffend ist, dass hoheitliche Handlungen eines fremden Staates, die diesem selbst und nicht dem für ihn handelnden Amtsträger zuzuordnen sind – sog. acta iure imperii –, wegen sachbezogener Staatsimmunität nach allgemeinen Regeln des Völkerrechts gemäß Art. 25 GG i.V.m. § 20 Abs. 2 GVG der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen sind. Die Abgrenzung zwischen hoheitlichem und nichthoheitlichem Handeln ist indes nicht nach dem Motiv oder dem Zweck der (Staats-)Tätigkeit vorzunehmen, sondern nach der Natur der staatlichen Handlung unter Zugrundelegung deutschen Rechts, wobei das derart gefundene Ergebnis noch rechtsvergleichend und völkerrechtlich abzusichern ist (vgl. BVerfGE 16, 27, 33; BGH NJW 1979, 1101; Zöller/Lückemann, a.a.O. § 20 GVG Rdn. 4 m.w.Nachw.; MünchKommZPO/Zimmermann, 4. Aufl. 2013 § 20 GVG Rdn. 12 ff.). Das gilt auch für das Handeln einer vom Staat – statt eines Amtsträgers – eingeschalteten privatrechtlichen ausländischen Vereinigung/juristischen Person, da es einem Staat überlassen sein muss, durch juristisch selbständige Personen zu handeln, ohne dabei seine Immunität zu verlieren.

42
Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht auf eine sachbezogene Staatenimmunität berufen, weil ihr in Rede stehendes Handeln nicht als hoheitlich zu qualifizieren ist. Dass sie aufgrund eines öffentlich–rechtlichen Auftrags im Rahmen der staatlichen Daseinsvorsorge der Schweiz tätig wird, reicht hierfür nicht aus, wie sich aus den Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit des Zivilrechtswegs für Klagen wegen der Zulässigkeit einer Rundfunk– oder Fernsehsendung um widerstreitenden Interessen des Rundfunks/Fernsehens auf der einen und der Privatsphäre des Bürgers auf der anderen Seite (siehe BGHZ 66, 182 ff. = NJW 1976, 1198 Rz. 11 ff.) ergibt. Danach steht der privatrechtlichen Einordnung einer solchen Rechtsstreitigkeit nicht entgegen, dass die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet, zu hoheitlichen Akten ermächtigt und insbesondere bei den Nachrichtengeber im weitesten Sinn öffentliche Aufgaben wahrnimmt, die dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zugerechnet werden. Ebenso wenig widerspräche ihr, wenn das Nutzungsverhältnis zwischen dem Rundfunkhörer bzw. Fernsehzuschauer und der Sendeanstalt öffentlich-rechtlich ausgestaltet sein sollte. Vielmehr sind auch dann jene der Sache nach ausgrenzbaren Beziehungen, bei denen es um die Abwägung der Interessen der Sendeanstalten an freier Programmgestaltung gegenüber dem Schutz der Individualsphäre geht, auf der Ebene privatrechtlichen Miteinanders geordnet. Das zeigt sich auch daran, dass der öffentlich–rechtliche Rundfunk insofern aus der staatlichen Verwaltung herausgelöst und ihr geradezu gegenübergestellt ist, als er seinerseits auch – einem Bürger vergleichbar – Träger von Grundrechten mit verfassungsrechtlicher Gewährleistung gegenüber dem Staat ist (Art. 5 Abs. 1 GG). Das hindert ihn zwar nicht daran, seine Tätigkeitsbereiche öffentlich–rechtlich zu organisieren, beeinflusst jedoch die rechtliche Qualifizierung der Güter- und Pflichtenkollision zwischen dem Recht zur freien Programmgestaltung und dem Individualbereich des Bürgers. Diese Gleichordnung von Bürger und Rundfunk–/Fernsehanstalten auf verfassungsrechtlicher Ebene legt – so der Bundesgerichtshof – das Verhältnis auch für die Ebene des einfachen Rechts fest; auch für diese können Rundfunk und Fernsehen für jene Beziehungen weder (öffentliches) Sonderrecht in Anspruch nehmen, noch tritt auf andere Weise Verwaltungshandeln als solches hervor.

43
In Anwendung dieser Grundsätze stellt daher auch das Handeln der Beklagten im vorliegenden Fall kein hoheitliches Handeln dar, das als solches nach den Grundsätzen der Staatenimmunität der deutschen Gerichtsbarkeit von vorneherein entzogen wäre. Das Landgericht hat daher zu Recht angenommen, dass sich die Beklagte ebenso wie deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (trotz ihres hoheitlichen Auftrags) vor der deutschen (Zivil-)Gerichtsbarkeit verantworten muss.

44
III.

45
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Da das Zwischenurteil des Landgerichts keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, bedurfte es insoweit keiner gesonderten Erklärung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gemäß § 708 Nr.10 Satz 2 ZPO.

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Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV zur Frage der Auslegung von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II bei national beschränkten Unterlassungsklagen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen ist nicht geboten. Zwar besteht für das LugÜ II eine Auslegungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs (vgl. BGH WM 2012, 852, juris Tz. 28 m.w.Nachw.). Der Senat ist jedoch weder gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Vorlage verpflichtet, da er kein letztentscheidendes Gericht im Sinne dieser Vorschrift ist (vgl. EuGH, Urteil vom 04.06.2002, C-99/00, EuZW 2002, 476 – Lyckeskog), noch besteht Anlass zu einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 2 AEUV, da die gerichtliche Anwendung von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II im vorliegenden Fall so offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt und der Senat davon überzeugt ist, dass die gleiche Gewissheit für die Gerichte der übrigen Vertragsstaaten und den Europäischen Gerichtshof besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.1082, C-283/81, NJW 1983, 1257; BGH NJW 2003, 426, juris Tz. 27).

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Wegen der Bedeutung dieser Frage für die Allgemeinheit sowie im Hinblick auf die weitere Frage, ob die Beklagte sich auf die Grundsätze der Staatenimmunität berufen kann, lässt der Senat jedoch gemäß § 543 ZPO die Revision zu.

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Streitwert: 80.000 € (entsprechend der nicht angegriffenen landgerichtlichen Festsetzung)

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