Oberlandesgericht Köln, 19 U 89/15

November 14, 2021

Oberlandesgericht Köln, 19 U 89/15

Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 9 O 321/14

Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 22.05.2015 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 9 O 321/14 – wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Beschluss richtet.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil des Landgerichts Aachen vom 22.05.2015 – 9 O 321/14 – und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

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G r ü n d e :

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I.

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Einer Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO bedarf es mangels Anfechtbarkeit des vorliegenden Beschlusses nach § 522 Abs. 3 ZPO nicht. Denn auch gegen ein aufgrund mündlicher Verhandlung ergangenes Urteil wäre keine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision statthaft (§§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO), da der Streitwert nicht mehr als 20.000,00 € beträgt.

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II.

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Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

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Der Beklagte ist auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss des Senats vom 24.09.2015 hingewiesen worden.

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A. Der Senat hat in dem vorgenannten Beschluss Folgendes ausgeführt:

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„Zu Recht hat das Landgericht der Klage teilweise stattgeben. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zunächst Bezug genommen. Die Berufungsbegründung sowie die Berufungserwiderung geben lediglich zu folgenden Ausführungen Anlass:

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Soweit das Landgericht dem Kläger aus der Rechnung vom 13.07.2011 (Anl. K3, Bl. 3 AH) den nach Teil-Klagerücknahme in Höhe der von der Firma M1 E GmbH gutgeschriebenen 164,04 € noch geltend gemachten Betrag i.H.v. 320,35 € zugesprochen hat, wird das erstinstanzliche Urteil offenbar hinsichtlich der Hauptforderung nicht angegriffen.

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Aus der Rechnung vom 27.08.2012 (Anl. K4, Bl. 4 f. AH) kann der Kläger jedenfalls den von dem Landgericht berücksichtigten Betrag i.H.v. 3927,13 € verlangen, gemäß § 631 Abs. 1 BGB. Hierauf mag die im Wege der Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten i.H.v. 2066,40 € aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen des versäumten Kulanz-Antrags bei der Firma T anzurechnen sein. Dass die Aufrechnungserklärung von dem Landgericht als hilfsweise erklärt verstanden worden ist, wird im Rahmen der Berufung ebenfalls nicht angegriffen. Dasselbe gilt, soweit das Landgericht nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen M2 davon ausgegangen ist, dass lediglich der Preis für die Hydraulikpumpe gemäß der Rechnung der Insolvenzschuldnerin vom 11.07.2012 (Bl. 15 AH) erstattet worden wäre, nicht jedoch die weiteren Rechnungspositionen über insgesamt 2518,63 EUR; auch hiergegen richtet sich die Berufung offenbar nicht.

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Beanstandet wird im Rahmen der Berufungsbegründung hinsichtlich des zugesprochenen Betrages aus der Rechnung vom 27.08.2012 lediglich, dass die Montagezeit für die Erneuerung der Bremsen einschließlich des Anbringens der Bremsscheiben weitaus geringer als durch die Rechnung ausgewiesen sei, nämlich ein maximaler Aufwand von 4 Monteurstunden in Ansatz zu bringen sei, und dass für den nicht in Auftrag gegebenen Einbau des Service-Kit ein weiterer Abzug von 12-14 Stunden vorzunehmen sei.

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Hinsichtlich der für die Erneuerung der Bremsen an dem Schlepper T Profi 4110, die – unstreitig – von dem Beklagten in Auftrag gegeben worden ist, tatsächlich aufgewandten Zeit lässt der Beklagte im Rahmen seiner Berufungsbegründung offen, ob er das erstinstanzliche Urteil insoweit angreift. Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sieht sich der Senat jedenfalls in diesem Zusammenhang an die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil gebunden. Nach dieser Regelung hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung grundsätzlich die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszugs zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen gebieten. Solche sind hier indes nicht ersichtlich und folgen auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung. Das Landgericht hat zu dieser Frage die klägerseits benannten Zeugen N Q und M3 M4 vernommen und die in Kopie vorgelegte Stempelkarte (Anl. K9, Bl. 12 AH) ausgewertet. Weitere geeignete Beweismittel waren zu der Frage nach den tatsächlich aufgewandten Monteurstunden nicht benannt. Die von dem Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist ebenfalls nicht zu beanstanden, § 286 ZPO. Zwar konnten sich beide seinerzeit als Monteure bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigten Zeugen im Rahmen ihrer Vernehmung vor dem Landgericht nicht mehr genau an die für die Reparatur des vorgenannten Schleppers aufgewandte Stundenzahl erinnern. Beide haben jedoch auf die vorgelegte Stempelkarte verwiesen und diese nachvollziehbar dahin erläutert, dass mit ihr die aufgewandten Zeiten zutreffend erfasst seien. Die dortige Nr. 14 sei dem Zeugen Q und die Nr. 5 dem Zeugen M4 zuzuordnen. Die dort notierten Stunden „14=14,30“ bzw. „5=18,05“ seien – so jeweils die beiden vorgenannten Zeugen – tatsächlich angefallen. Auch aus Sicht des Senats ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, der für eine kürzere Reparaturzeit spricht.

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Soweit der Beklagte im Rahmen der Berufungsbegründung vorträgt, dass für die Erneuerung der Bremsen einschließlich dem Anbringen der Bremsscheiben ein maximaler Aufwand von 4 Stunden in Ansatz zu bringen sei, beanstandet er offenbar nunmehr die Erforderlichkeit der abgerechneten Montagezeit. Dabei handelt es sich um neuen Sachvortrag, der novenrechtlich (§§ 529 ff. ZPO) in zweiter Instanz nicht zu berücksichtigen ist. In seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 26.05.2014, Seite 5 (Bl. 22 GA) heißt es hierzu: „Ferner ist anzumerken, dass die Montagezeit für den Ausbau der Bremsscheiben weitaus geringer ist. Insoweit ist der Stundensatz in der Rechnung Nr. 121889 weitaus überhöht. …“. Dies hat das Landgericht dazu veranlasst, u.a. gemäß Ziff. 1d) des Beweisbeschlusses vom 30.01.2015 Beweis darüber zu erheben, welche Stunden für die Reparatur des Schleppers T Profi 4110 aufgewandt wurden. Diese Beweisfrage ist beklagtenseits zu keinem Zeitpunkt beanstandet worden. Sie entspricht zudem auch dem wie vorstehend zitierten Vortrag des Beklagten zur aufgewandten Montagezeit. Das Landgericht hat diesen Vortrag zutreffend dahin verstanden, dass beklagtenseits die tatsächlich aufgewandte Montagezeit von 18,05 bzw. 14,3 Stunden bestritten wurde. Die Üblichlichkeit oder Notwendigkeit der abgerechneten Zeit für die Reparatur des Schleppers ist von Seiten des Beklagten erstinstanzlich nicht infrage gestellt worden, auch nicht mit Schriftsatz vom 26.05.2014. Mithin wirft der Beklagte dem Landgericht zu Unrecht vor, über den seinerzeit angetretenen Beweis „Sachverständigengutachten“ hinweggegangen zu sein. Zu der tatsächlich aufgewandten Montagezeit hätte ein Sachverständiger keine Feststellungen treffen können. Das angebotene Beweismittel war insoweit ungeeignet. Soweit sich gemäß dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.05.2014 der angetretene Sachverständigen-Beweis auf den ebenfalls als überhöht beanstandeten „Stundensatz“ in der Rechnung bezieht, ist der Berufungsbegründung nicht zu entnehmen, dass sich die Berufung auch gegen die von dem Landgericht in seinem erstinstanzlichen Urteil angenommene Angemessenheit der abgerechneten Stundensätze i.H.v. 33,50 € und 39,50 € richtet.

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Soweit der Beklagte mit seiner Berufungsbegründung moniert, das Landgericht habe bei seiner erstinstanzlichen Entscheidung zu Unrecht keine Arbeitszeit für den Einbau des Service-Kit in Abzug gebracht, ist auch dies nicht berechtigt. Denn nach dem erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten bestand hierzu kein Anlass. In erster Linie wollte der Beklagte die Position „Service-Kit … 2132,10 €“ aus der Rechnung vom 27.08.2012 streichen. Dies ist bereits seinem Schriftsatz vom 26.05.2014, Seite 5 (Bl. 22 GA) zu entnehmen, auch wenn dort zusätzlich angemerkt ist: „Hinzu kommen noch die Kosten für Montage usw. für dieses Teil.“ Irgend einen Anhaltspunkt dafür, dass solche überhaupt zusätzlich zu der ohnehin durch ihn in Auftrag gegebenen Erneuerung der Bremsen angefallen sein könnten, hat der Beklagte damit nicht vorgetragen. So hat er auch mit Schriftsatz vom 11.05.2015 (Bl. 124 GA) lediglich die Ersatzteilkosten des Service-Kit mit 2132,10 € in Abzug bringen wollen; von Einbaukosten war dabei gar nicht mehr die Rede. Soweit der Beklagte nunmehr im Rahmen seiner Berufungsbegründung behauptet, die Arbeiten zum Einbau des Service-Kit seien weitaus umfangreicher als diejenigen zum „Einbau der Bremsscheiben“ und mit mindestens 12-14 Stunden in Ansatz zu bringen, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der gemäß §§ 529 ff. ZPO in zweiter Instanz nicht berücksichtigt werden kann. Zudem lässt der Beklagte mit seinem Vortrag außer Betracht, dass an dem Schlepper T nicht lediglich die Bremsscheiben gewechselt worden sind, sondern – unstreitig – eine umfassende Erneuerung der Bremsen auftragsgemäß erfolgt ist. Dass daneben überhaupt ein nennenswerter Aufwand für den Einbau des Service-Kit angefallen sein kann, wird von dem Beklagten auch nicht im Rahmen der Berufungsbegründung substantiiert dargelegt. Die veranschlagte Zeit von 12-14 Stunden mag für den originären Einbau gelten, nicht jedoch für die Montage bei Erneuerung der Bremsen. Der angetretene Beweis „Einholung eines Sachverständigengutachtens“ ersetzt nicht den erforderlichen substantiierten Sachvortrag und ist zudem ebenfalls novenrechtlich nicht zu berücksichtigen.

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Es bleibt mithin bei dem bereits von dem Landgericht in seinem erstinstanzlichen Urteil als Vergütung aus der Rechnung vom 27.08.2012 erkannten Betrag i.H.v. (brutto) 3927,13 €, der – wie vorstehend dargelegt – im Wege der Aufrechnung um die Gegenforderung i.H.v. 2066,40 € zu reduzieren ist.

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Die gegen die verbleibende Vergütungsforderung aus beiden streitgegenständlichen Rechnungen i.H.v. insgesamt 2181,08 € (320,35 € + 1860,73 €) eingewandte weitere Aufrechnungserklärung des Beklagten mit einer angeblich ausstehenden Lohnforderung für Oktober 2012 i.H.v. 1158,27 € ist hier nicht zuzulassen.

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Die Zulässigkeit der Aufrechnungserklärung richtet sich grundsätzlich nach § 533 ZPO, wenn sie in der Berufungsinstanz neu ist, d.h. in erster Instanz nicht gebraucht worden ist (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 533 Rn. 25). Hier hat der Beklagte die Aufrechnung mit etwaigem Arbeitslohn zwar bereits mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 11.05.2015 erklärt sowie mit weiterem Schriftsatz vom 13.05.2015 beziffert. Das Landgericht hat die Aufrechnung jedoch als nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgebrachtes Verteidigungsmittel unberücksichtigt gelassen, § 296a ZPO. Damit unterliegt ihre Zulässigkeit in zweiter Instanz nicht § 531 Abs. 1 ZPO, sondern den Voraussetzungen der §§ 533, 531 Abs. 2 ZPO (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O., § 296a Rn. 3; Zöller-Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 7). Die Zulässigkeit der Aufrechnungserklärung hängt mithin einerseits von der Einwilligung des Gegners oder der Sachdienlichkeit und andererseits von der zulässigen Einführung der Tatsachengrundlage nach § 529 ZPO ab, § 533 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO.

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Der Kläger hat im Rahmen der Berufungserwiderung ausdrücklich seine Zustimmung zur Aufrechnungserklärung versagt, so dass es auf ihre Sachdienlichkeit ankommt, die hier allerdings zu verneinen ist.

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Zur fraglichen Sachdienlichkeit sind die berechtigten Interessen an der Entscheidung über die Aufrechnungsforderung, aber auch am Abschluss des ansonsten entscheidungsreifen Verfahrens gegeneinander abzuwägen (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 533 Rn. 26). Ist der Rechtsstreit ohne die Aufrechnungsforderung entscheidungsreif, soll die Sachdienlichkeit eher verneint werden. Demgegenüber ist die Sachdienlichkeit in der Regel zu bejahen, wenn die Aufrechnung ohne Weiteres als durchgehend oder als unbegründet erscheint (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 533 Rn. 26 und 28).

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Das ist hier nicht der Fall. Denn über die beklagtenseits erklärte Aufrechnung mit einer etwaigen Lohnforderung ist nicht einmal von dem Senat im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden (§ 13 GVG), da Vergütungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen. Die Befugnis zur Entscheidung über eine zur Aufrechnung gestellte Forderung, für die originär ein anderer Rechtsweg vorgesehen ist, ergibt sich auch nicht aus § 17 Abs. 2 S. 1 GVG, wonach das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet. Denn bei der Aufrechnung handelt es sich nicht um einen „rechtlichen Gesichtspunkt“ des Rechtsstreits im Sinne dieser Regelung, sondern um ein selbstständiges Gegenrecht, das dem durch die Klage bestimmten Streitgegenstand einen weiteren Gegenstand hinzufügt (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O., § 145 Rn. 19a). Soweit teilweise in der Literatur dennoch eine Entscheidungskompetenz des Zivilgerichts für zur Aufrechnung gestellte streitige arbeitsrechtliche Forderungen gesehen wird (vergleiche zum Meinungsstand: LG Saarbrücken, Urteil vom 28.10.2011, 13 S 85/11, zitiert nach juris), ist diese Frage vom Bundesgerichtshof bisher noch nicht entschieden worden (offengelassen zur Abgrenzung von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten gemäß § 51 SGG: BGH, Beschluss vom 02.06.2005, IX ZB 235/04, zitiert nach juris), von dem Bundesarbeitsgericht hingegen umgekehrt bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 ArbGG als Ausnahmeregelung grundsätzlich verneint worden (vergleiche BAG, Beschluss vom 23.08.2001, 5 AZB 3/01; Beschluss vom 28.11.2007, 5 AZB 44/07; jeweils zitiert nach juris). Dem schließt sich der Senat an, denn nach der Neuregelung der §§ 17 ff. GVG sowie des § 48 ArbGG handelt es sich bei der Arbeitsgerichtsbarkeit im Verhältnis zur ordentlichen Gerichtsbarkeit um einen eigenständigen Rechtsweg (vergleiche BGH, Beschluss vom 27.10.2009, VIII ZB 42/08; BAG, Urteil vom 26.03.1992, 2 AZR 443/91; jeweils zitiert nach juris).

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Ob in Fällen der rechtswegfremden Aufrechnung, evt. nach Erlass eines Vorbehaltsurteils (§ 302 ZPO), die Aussetzung (§ 148 ZPO) des Rechtsstreits bis zur Herbeiführung einer Entscheidung des zuständigen Gerichts über die Gegenforderung geboten ist (vergleiche Zöller-Greger, a.a.O., § 144 Rn. 19a) oder der Erlass eines Vorbehaltsurteils und Verweisung an das Gericht des anderen Rechtswegs zur Durchführung des Nachverfahrens (vergleiche BAG, Beschluss vom 28.11.2007, AZB 44/07), kann hier offen bleiben, da es in vorliegendem Rechtsstreit lediglich um die Frage der Sachdienlichkeit einer Zulassung der Aufrechnungserklärung geht. Beide Möglichkeiten zur Verfahrensweise bei rechtswegfremden Aufrechnungen würden hier zur Verzögerung des endgültigen Abschlusses des vorliegenden ansonsten entscheidungsreifen Verfahrens führen. Aus diesem Grunde ist hier die Zulassung der Aufrechnungserklärung nicht sachdienlich, § 533 Nr. 1 ZPO.

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Hinzu kommt, dass die Tatsachengrundlage der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung novenrechtlich (§§ 529, 531 Abs. 2 ZPO) nicht berücksichtigt werden kann, § 533 Nr. 2 ZPO. Es mag dahinstehen, ob der rudimentäre Sachvortrag des Beklagten zu einer etwaigen Lohnforderung mit nach dem Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätzen vom 11. und 13.05.2015 sowie mit der Berufungsbegründung einschließlich der vorgelegten Lohnabrechnung (Bl. 127 GA) überhaupt ausreicht, um die geltend gemachte Gegenforderung schlüssig darzulegen. Jedenfalls wäre die Aufrechnung rechtzeitig in erster Instanz als Verteidigungsmittel in den Rechtsstreit einzuführen gewesen. Dass dies ohne Nachlässigkeit nicht erfolgt ist, kann nicht angenommen werden. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang meint, er habe die weitere Gegenforderung erst nach der Beweisaufnahme vor dem Landgericht unter Berücksichtigung des dortigen Ergebnisses geltend machen können, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Derartige prozesstaktische Erwägungen stehen nämlich im Konflikt mit der Prozessförderungspflicht (vergleiche Zöller-Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 31). Hier wäre im Wege der Hilfsaufrechnung die frühzeitige Einführung der Gegenforderung in den Rechtsstreit möglich und geboten gewesen, um einerseits der eigenen Prozessplanung und andererseits der Beschleunigungstendenz gerecht zu werden.

23
Mithin bleibt es bei der von dem Landgericht in seinem erstinstanzlichen Urteil zuerkannten Betrag der Hauptforderung i.H.v. 2181,08 €.

24
Der Zinsanspruch folgt jeweils für die Beträge aus den Rechnungen vom 13.07.2011 (320,35 €) und 27.08.2012 (1860,73 €) aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB. Entgegen der Auffassung des Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung ist die Zuvielforderung in der jeweiligen Rechnung wie in einer Mahnung grundsätzlich unschädlich für den Fälligkeitsbeginn und den Eintritt des Verzugs gemäß § 286 BGB (vergleiche Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage, § 286 Rn. 20). Da der Beklagte die Rechnung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen musste und davon auszugehen ist, dass die Insolvenzschuldnerin als Gläubigerin zur Annahme der gegenüber ihrer Vorstellung geringeren Leistung bereit war.

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Soweit das Landgericht dem Kläger als weitere Nebenforderung außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 327,60 € zuerkannt hat, ist dies dem Grunde (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 3 BGB) sowie der Höhe nach (Nr. 2300 VV RVG) nicht zu beanstanden und wird offenbar im Rahmen der Berufung auch nicht angegriffen.“

26
B. Hieran hält der Senat fest. Die ergänzende Stellungnahme des Beklagten mit Schriftsatz vom 12.11.2015 veranlasst den Senat nicht, von seiner Auffassung abzurücken. Lediglich zur Klarstellung sei hierzu Folgendes ausgeführt:

27
Richtig ist, dass der Beklagte bereits erstinstanzlich die Rechnung vom 27.08.2012 (Anl. K4, Bl. 4 AH) moniert hat. Damit allein entsprach sein Vortrag jedoch nicht den Anforderungen, nachdem der Kläger unter Bezugnahme auf die vorgenannte Rechnung, die im Einzelnen bezeichnete Einzelpositionen enthält, seine Forderung substantiiert dargelegt hatte. Die Erklärungslast des Gegners (§ 138 Abs. 2 ZPO) ist Auswirkung des Verhandlungsgrundsatzes, der Pflicht zum wahren und vollständigen Vortrag (§ 138 Abs. 1 ZPO) sowie der Prozessförderungspflicht (§ 282 ZPO). Aus ihr folgt, dass der Gegner sich im Allgemeinen nicht auf ein bloßes Bestreiten beschränken darf (vergleiche Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 138 Rn. 8). Es war daher Sache des Beklagten, konkret darzulegen, welche Rechnungspositionen er aus welchen Gründen beanstandet.

28
Mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 26.05.2013 (Bl. 18 ff. GA) hat er die Kürzung „in Höhe eines Betrages von 2132,10 €“ für den Service-Kit in Abzug bringen wollen. Soweit in diesem Zusammenhang zudem schlicht von „Kosten für die Montage usw. für dieses Teil“ die Rede ist, fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, ob und in welchem Umfang aus Sicht des Beklagten dafür zusätzlich zu der Erneuerung der Bremsen, die ohnehin auftragsgemäß vorzunehmen war, ein Montageaufwand angefallen ist. Dem entsprechend wollte der Beklagte mit weiterem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 11.05.2015 (Bl. 124 GA) lediglich die Ersatzteilkosten i.H.v. 2132,10 € in Abzug bringen. Dass aus Sicht des Landgerichts in diesem Zusammenhang Anlass zu irgendwelchen Hinweisen (§ 139 ZPO) gegeben gewesen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Erstmals im Rahmen der Berufungsbegründung hat der Beklagte behauptet, dass für den Einbau des Service-Kit 12-14 Montagestunden anzusetzen seien, die von der Rechnung in Abzug gebracht werden müssten. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann dieser neue Sachvortrag novenrechtlich (§§ 529 ff. ZPO) nicht berücksichtigt werden.

29
Neben der Rechnungsposition „Service-Kit“ hat der Beklagte erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 26.05.2014 „die Montagezeit für den Ausbau der Bremsen“ gerügt. Dem ist das Landgericht durch Vernehmung der Zeugen Q und M4 zu der Frage, ob die abgerechneten Stunden tatsächlich aufgewandt wurden, nachgegangen. Hierzu wird auf den vorstehend zitierten Hinweisbeschluss des Senats verwiesen. Dass die abgerechnete Montagezeit von insgesamt 32,35 Stunden, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme tatsächlich angefallen ist, nicht üblich oder notwendig für die Reparatur der Bremsen des Schleppers gewesen sei, ist beklagtenseits erst in der Berufungsinstanz behauptet worden, was wiederum gemäß §§ 529 ff. ZPO nicht berücksichtigungsfähig ist. In erster Instanz hat der Beklagte nicht den „Stundenansatz“, sondern ausdrücklich den „Stundensatz“ als weitaus überhöht beanstandet und hierzu Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Der in der Rechnung vom 27.08.2012 berechnete Stundensatz i.H.v. 33,50 € bzw. 39,50 € wird im Rahmen der Berufung offenbar nicht mehr moniert.

30
Soweit der Beklagte weiterhin auf die Aufrechnung mit einer angeblich offenen Lohnforderung hinweist, ist diese hier gemäß § 533 ZPO nicht zulässig. Dazu wird auf den vorstehend zitierten Senatsbeschluss vom 24.09.2015 Bezug genommen, zu dem auch insoweit keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden sind.

31
III.

32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

33
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2181,08 €

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