OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.07.2015 – I-16 U 169/13

Juni 5, 2021

OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.07.2015 – I-16 U 169/13

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 78, 80 – 84, 86 – 99, 101 – 105, 107 – 119, 121 – 128, 130 – 138, 140, 141, 143, 145 – 154, 156 – 157, 159 – 160, 162 – 169, 171, 173 – 186, 188 – 216, 218 – 225, 227, 229 – 233, 235 – 236, 238, 240 – 243, 245 – 249, 251 – 253, 255 – 278, 282 – 288, 290 – 293, 295 – 303 wird das am 25.07.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal – 4 O 77/11 – teilweise abgeändert und die Klage gegen die Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 78, 80 – 84, 86 – 99, 101 – 105, 107 – 119, 121 – 128, 130 – 138, 140, 141, 143, 145 – 154, 156 – 157, 159 – 160, 162 – 169, 171, 173 – 186, 188 – 216, 218 – 225, 227, 229 – 233, 235 – 236, 238, 240 – 243, 245 – 249, 251 – 253, 255 – 278, 282 – 288, 290 – 293, 295 – 303 abgewiesen.

Der Beklagte zu 14) ist des eingelegten Rechtsmittels der Berufung gegen das am 25.07.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal – 4 O 77/11 – verlustig.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten der ersten Instanz. Sie trägt 90% ihrer außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz sowie die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 78, 80 – 84, 86 – 99, 101 – 105, 107 – 119, 121 – 128, 130 – 138, 140, 141, 143, 145 – 154, 156 – 157, 159 – 160, 162 – 169, 171, 173 – 186, 188 – 216, 218 – 225, 227, 229 – 233, 235 – 236, 238, 240 – 243, 245 – 249, 251 – 253, 255 – 278, 282 – 288, 290 – 293, 295 – 303 der ersten Instanz. Die übrigen Beklagten tragen 10% der außergerichtlichen Kosten der Klägerin der ersten Instanz sowie ihre gesamten eigenen Kosten der ersten Instanz.

Die Klägerin trägt die Kosten der zweiten Instanz.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird zugelassen.
Gründe

I.

Die Klägerin ist Komplementärin der W… (zunächst firmierend unter U… W…), die am 29.05.2000 gegründet wurde. Es handelt sich um eine Publikumsgesellschaft. Im Handelsregister ist zudem als Komplementärin die Beklagte zu 1.) eingetragen. Die weiteren Beklagten sind die Kommanditisten der Gesellschaft.

Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse ist der Gesellschaftsvertrag vom 22.10.2001. § 8 des Gesellschaftsvertrages (GV) sieht vor, dass die Geschäftsführung der Gesellschaft durch die persönlich haftende Gesellschafterin erfolgt und dass zur Vertretung allein die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt ist. Die Gesellschafter beschließen gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 GV über alle Angelegenheiten der Gesellschaft nach Maßgabe des Vertrages. Unter § 8 Abs. 3 GV ist geregelt, dass Beschlüsse im schriftlichen Verfahren von der persönlich haftenden Gesellschafterin herbeizuführen sind. Die Ergebnisse im schriftlichen Verfahren werden von der persönlich haftenden Gesellschafterin festgestellt, schriftlich festgehalten und den Kommanditisten durch Übersendung einer einfachen Ablichtung mitgeteilt. Gemäß § 8 Abs. 4 GV haben die Gesellschafter je DM 5.000,00 ihres festen Kapitalkontos eine Stimme. Die persönlich haftende Gesellschafterin hat – ohne Leistung einer Kapitaleinlage – 480 Stimmen. In § 8 Abs. 5 GV ist geregelt, dass die Gesellschaft ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen oder dieser Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitserfordernisse vorsieht. Nach § 8 Abs. 6 GV können fehlerhafte Beschlüsse nur innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung durch Klage gegen alle Gesellschafter angefochten werden. § 9 GV regelt die Gesellschafterversammlungen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages wird auf dessen zur Gerichtsakte gereichte Ablichtung Bezug genommen.

Am 21.06.2010 fand eine Gesellschafterversammlung statt. Auf der Versammlung wurde u.a. über die Anträge abgestimmt, die Beklagte zu 1) als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufzunehmen und der Klägerin mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen. Die Beschlüsse erhielten eine Mehrheit von über 70%, jedoch unter 75% der Stimmen. Auf das in Kopie zur Gerichtsakte gereichte Protokoll der Gesellschafterversammlung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen

Zur Durchsetzung der Beschlüsse gegenüber der Klägerin strengte die Beklagte zu 1) ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren vor dem Landgericht Stade an. Das Landgericht Stade gewährte durch Urteil vom 23.09.2010 (Az.: 8 O 76/10) den beantragten vorläufigen Rechtsschutz: Der Klägerin wurde u.a. aufgegeben, die Beklagte zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin und alleinige Geschäftsführerin in das zuständige Handelsregister eintragen zu lassen. Am 19.10.2010 wurde auf Veranlassung der Klägerin die Beklagte zu 1) als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen. Die Klägerin lehnte es seit Januar 2011 ab, für die Gesellschaft zu handeln.

Auf Wunsch des Beirats führte die Beklagte zu 1) vom 20.01.2011 bis zum 17.02.2011 ein schriftliches Verfahren zur Beschlussfassung unter den Gesellschaftern durch. Gegenstand des Umlaufverfahrens waren u.a. die oben näher bezeichneten Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung vom 21.06.2010, die vorsorglich erneut abgestimmt werden sollten. Mit Schreiben vom 21.02.2011, das die Klägerin am 25.02.2011 erhielt, teilte die Beklagte zu 1) ihr das festgestellte Abstimmungsergebnis mit.

Das Oberlandesgericht Celle änderte mit Berufungsurteil vom 04.05.2011 (Az.: 9 U 105/10) das Urteil des Landgerichts Stade vom 23.09.2010 ab und wies den Antrag der Beklagten zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Parallel zum Eilverfahren erhob die Beklagte zu 1) Klage im Hauptsacheverfahren zum Landgericht Stade. Das Landgericht Stade schloss sich der vom Oberlandesgericht im Eilverfahren vertretenen Auffassung an und wies die Klage mit Urteil vom 12.05.2011 (Az.: 8 O 105/10) ab. Die Beklagte zu 1) legte gegen das Urteil des Landgerichts Stade Berufung beim Oberlandesgericht Celle ein. Das Oberlandesgericht Celle wies die Berufung durch Urteil vom 14.12.2011 (Az.: 9 U 73/11) zurück. Gegen die Nichtzulassung der Revision legte die Beklagte zu 1) unter dem 21.12.2011 Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein, die der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 09.07.2013 zurückwies.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, dass eine Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren unzulässig gewesen sei. Des Weiteren habe die Beklagte zu 1.) das Verfahren weder durchführen noch das Ergebnis feststellen dürfen. Ferner seien die für die Beschlussfassung erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht worden.

Die Klägerin hat beantragt,

folgende zum 18.02.2011 festgestellten Gesellschafterbeschlüsse der W… im schriftlichen Verfahren für nichtig zu erklären:

1. “ § 8 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Die zur Geschäftsführung befugte persönlich haftende Gesellschafterin hat – ohne Leistung einer Kapitaleinlage – 10 Stimmen; darüber hinaus richtet sich die Anzahl ihrer Stimmen nach Satz 1. Für die Darlegung der wichtigen Gründe über den Entzug der Mehrstimmenrechte wird auf Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

2. „§ 5 des Gesellschaftsvertrages wird um folgenden Absatz 1 ergänzt: Die Gesellschafter können mit einfacher Mehrheit die Aufnahme von weiteren persönlich haftenden Gesellschafterinnen – mit oder ohne Einlageverpflichtung – beschließen.“

3. „Die W… R…, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Wuppertal unter HRB 22720, vertreten durch die Geschäftsführer S… und Dr. H…, wird als weitere persönlich haftende Gesellschafterin aufgenommen. Die W… R… ist am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Die W… R… ist für die Gesellschaft geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt. Die U… A… wird von der Gesellschafterversammlung hiermit angewiesen, im erforderlichen Umfang an der Eintragung der neuen persönlich haftenden Gesellschafterin im Handelsregister mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung der W… R… zum Handelsregister in notariell beglaubigter Form umgehend, spätestens jedoch binnen zwei Wochen ab Beschlussfassung, zu veranlassen. Auf die in Anlage 1a und Anlage 1b dargelegten wichtigen Gründe zum Austausch der Geschäftsführung wird rein vorsorglich auch zur Begründung der Aufnahme der neuen Komplementärin Bezug genommen.“

4. „Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungsbefugnis entzogen. Die U… A… wird angewiesen, der neuen persönlich haftenden Gesellschafterin, der W… R…, sämtliche Geschäftsunterlagen (Bücher, Akten, sonstige Unterlagen) nebst eines Verzeichnisses dieser Unterlagen unverzüglich im Original zu übergeben. Dies gilt insbesondere für die in Anlage 2 näher bezeichneten Unterlagen. Zur Begründung des Beschlusses über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis der U… A… wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

5. „Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungsbefugnis auch aus wichtigem Grund entzogen. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist gerechtfertigt, weil die U… A… in ihrer Funktion als geschäftsführende Gesellschafterin ihre Pflichten in grober Weise verletzt hat. Es wird festgestellt, dass von Seiten der Gesellschafter der U… A… in ihrer Funktion als persönlich haftende Gesellschafterin, die die Gesellschaft nach außen vertritt, das Vertrauen entzogen wird. Die U… A… wird angewiesen, der neuen persönlich haftenden Gesellschafterin, der W… R…, sämtliche Geschäftsunterlagen (Bücher, Akten, sonstige Unterlagen) nebst eines Verzeichnisses dieser Unterlagen unverzüglich im Original zu übergeben. Dies gilt insbesondere für die in Anlage 2 näher bezeichneten Unterlagen. Zur Begründung der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis auch aus wichtigem Grund wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

6. „Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Vertretungsbefugnis entzogen. Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Verfügungsbefugnis über sämtliche Konten der Gesellschaft entzogen. Die U… A… wird angewiesen, im erforderlichen Umfang an der Eintragung der Entziehung der Vertretungsbefugnis im Handelsregister mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung zum Handelsregister in notariell beglaubigter Form umgehend, spätestens jedoch binnen zwei Wochen ab Beschlussfassung, zu veranlassen. Zur Begründung der Entziehung der Vertretungs- und Verfügungsbefugnis wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

7. „Hiermit wird der U… A… mit sofortiger Wirkung die Vertretungsbefugnis auch aus wichtigem Grund entzogen. Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Verfügungsbefugnis über sämtliche Konten der Gesellschaft entzogen. Die Entziehung der Vertretungsbefugnis ist gerechtfertigt, weil die U… A… in ihrer Funktion als geschäftsführende Gesellschafterin ihre Pflichten in grober Weise verletzt hat. Es wird festgestellt, dass von Seiten der Gesellschafter der U… A… in ihrer Funktion als persönlich haftende Gesellschafterin, die die Gesellschaft nach außen vertritt, das Vertrauen entzogen wird. Die U… A… wird angewiesen, im erforderlichen Umfang an der Eintragung der Entziehung der Vertretungsbefugnis im Handelsregister mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung zum Handelsregister in notariell beglaubigter Form umgehend, spätestens jedoch binnen zwei Wochen ab Beschlussfassung, zu veranlassen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

8. „Die W… R… wird von der Gesellschafterversammlung der W… mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchführung aller vorstehenden Beschlüsse sowie der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 für die und im Interesse der W… beauftragt und bevollmächtigt und ist berechtigt, Untervollmacht zu erteilen, soweit dies zur Geltendmachung und Durchsetzung erforderlich ist.“

hilfsweise hat die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass folgende zum 18.02.2011 festgestellten Gesellschafterbeschlüsse der W… im schriftlichen Verfahren nichtig sind:

1. „§ 8 Absatz 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages wird gestrichen und wie folgt ersetzt: Die zur Geschäftsführung befugte persönlich haftende Gesellschafterin hat – ohne Leistung einer Kapitaleinlage – 10 Stimmen; darüber hinaus richtet sich die Anzahl ihrer Stimmen nach Satz 1. Für die Darlegung der wichtigen Gründe über den Entzug der Mehrstimmenrechte wird auf Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

2. „§ 5 des Gesellschaftsvertrages wird um folgenden Absatz 1 ergänzt: Die Gesellschafter können mit einfache Mehrheit die Aufnahme von weiteren persönlich haftenden Gesellschafterinnen – mit oder ohne Einlageverpflichtung – beschließen.“

3. „Die W… R…, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Wuppertal unter HRB 22720, vertreten durch die Geschäftsführer S… und Dr. H…, wird als weitere persönlich haftende Gesellschafterin aufgenommen. Die W… R… ist am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Die W… R… ist für die Gesellschaft geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt. Die U… A… wird von der Gesellschafterversammlung hiermit angewiesen, im erforderlichen Umfang an der Eintragung der neuen persönlich haftenden Gesellschafterin im Handelsregister mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung der W… R… zum Handelsregister in notariell beglaubigter Form umgehend, spätestens jedoch binnen zwei Wochen ab Beschlussfassung, zu veranlassen. Auf die in Anlage 1a und Anlage 1b dargelegten wichtigen Gründe zum Austausch der Geschäftsführung wird rein vorsorglich auch zur Begründung der Aufnahme der neuen Komplementärin Bezug genommen.“

4. „Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungsbefugnis entzogen. Die U… A… wird angewiesen, der neuen persönlich haftenden Gesellschafterin, der W… R…, sämtliche Geschäftsunterlagen (Bücher, Akten, sonstige Unterlagen) nebst eines Verzeichnisses dieser Unterlagen unverzüglich im Original zu übergeben. Dies gilt insbesondere für die in Anlage 2 näher bezeichneten Unterlagen. Zur Begründung des Beschlusses über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis der U… A… wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

5. „Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungsbefugnis auch aus wichtigem Grund entzogen. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist gerechtfertigt, weil die U… A… in ihrer Funktion als geschäftsführende Gesellschafterin ihre Pflichten in grober Weise verletzt hat. Es wird festgestellt, dass von Seiten der Gesellschafter der U… A… in ihrer Funktion als persönlich haftende Gesellschafterin, die die Gesellschaft nach außen vertritt, das Vertrauen entzogen wird. Die U… A… wird angewiesen, der neuen persönlich haftenden Gesellschafterin, der W… R…, sämtliche Geschäftsunterlagen (Bücher, Akten, sonstige Unterlagen) nebst eines Verzeichnisses dieser Unterlagen unverzüglich im Original zu übergeben. Dies gilt insbesondere für in Anlage 2 näher bezeichneten Unterlagen. Zur Begründung der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis auch aus wichtigem Grund wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

6. „Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Vertretungsbefugnis entzogen. Der U… A… wird mit sofortiger Wirksamkeit die Verfügungsbefugnis über sämtliche Konten der Gesellschaft entzogen. Die U… A… wird angewiesen, im erforderlichen Umfang an der Eintragung der Entziehung der Vertretungsbefugnis im Handelsregister mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung zum Handelsregister in notariell beglaubigter Form umgehend, spätestens jedoch binnen zwei Wochen ab Beschlussfassung, zu veranlassen. Zur Begründung der Entziehung der Vertretungs- und Verfügungsbefugnis wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

7. „Hiermit wird der U… A… mit sofortiger Wirkung die Vertretungsbefugnis auch aus wichtigem Grund entzogen. Der U… A… wird mit sofortiger Wirkung die Verfügungsbefugnis über sämtliche Konten der Gesellschaft entzogen. Die Entziehung der Vertretungsbefugnis ist gerechtfertigt, weil die U… A… in ihrer Funktion als geschäftsführende Gesellschafterin ihre Pflichten in grober Weise verletzt hat. Es wird festgestellt, dass von Seiten der Gesellschafter der U… A… in ihrer Funktion als persönlich haftende Gesellschafterin, die die Gesellschaft nach außen vertritt, das Vertrauen entzogen wird. Die U… A… wird angewiesen, im erforderlichen Umfang an der Eintragung der Entziehung der Vertretungsbefugnis im Handelsregister mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung zum Handelsregister in notariell beglaubigter Form umgehend, spätestens jedoch binnen zwei Wochen ab Beschlussfassung, zu veranlassen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen in Anlage 1a und Anlage 1b verwiesen.“

8. „Die W… R… wird von der Gesellschafterversammlung der W… mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchführung aller vorstehenden Beschlüsse sowie der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 für die und im Interesse der W… beauftragt und bevollmächtigt und ist berechtigt, Untervollmacht zu erteilen, soweit dies zur Geltendmachung und Durchsetzung erforderlich ist.“

Die Beklagten zu 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 156, 157, 159, 160, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 238, 240, 241, 242, 243, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 282, 283, 284, 285, 286, 287, 288, 290, 291, 292, 293, 294, 295, 296, 297, 298, 299, 300, 301, 302, 303 haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten 8, 50, 79, 120, 139, 155, 158, 172, 239, 244, 254, 280, 281, 289 haben die Klageforderung anerkannt. Die übrigen Beklagten sind trotz einer ordnungsgemäßen Ladung nicht zum Termin erschienen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die zulässige Feststellungsklage nicht verfristet sei. Soweit § 8 Abs. 6 GV festlege, dass Beschlüsse innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung angefochten werden müssten, verstoße diese Regelung gegen Treu und Glauben. Die Beklagten seien notwendige Streitgenossen. Die am 18.02.2011 festgestellten Beschlüsse seien nichtig, da sie nicht in formell wirksamer Weise zustande gekommen seien. Die Beklagte zu 1) sei nicht zur Durchführung des Umlaufverfahrens berechtigt gewesen, da sie, wie aus dem rechtskräftig bindenden Urteil des Oberlandesgerichts Celle folge, nicht Komplementärin gewesen sei. Darüber hinaus sei die Beklagte zu 1) auch nicht durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 Komplementärin geworden, da diese Beschlüsse unwirksam seien. Die Beklagte zu 1) sei auch nicht aufgrund ihrer Eintragung ins Handelsregister oder als faktische Geschäftsführerin zur Durchführung des Umlaufverfahrens berechtigt gewesen. Ihre Berechtigung folge auch nicht aus der Aufforderung des Beirats. Bei der Regelung im Gesellschaftsvertrag über die Berechtigung, ein Umlaufverfahren durchzuführen, handele es sich nicht um eine Ordnungsvorschrift.

Dieses Urteil greifen die Beklagten zu 1 -7, 9 -12, 15 – 37, 40 – 47, 49, 51 – 78, 80 – 84, 86 – 99, 101 – 105, 107 – 119, 121 – 128, 130 – 138, 140, 141, 143, 145 – 154, 156 – 157, 159 – 160, 162 – 169, 171, 173 – 186, 188 – 216, 218 – 225, 227, 229 – 233, 235 – 236, 238, 240 – 243, 245 – 249, 251 – 253, 255 – 278, 282 – 288, 290 – 293, 295 – 303 mit der Berufung an. Sie sind der Ansicht, dass die Klage verfristet sei. Das Urteil des OLG Celle entfalte für diesen Rechtsstreit keine Rechtskraftwirkung. Die Beklagte zu 1) sei als faktische Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft befugt gewesen, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, zumal sie als Geschäftsführerin und persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Der Gesellschaftsvertrag unterscheide nicht zwischen Geschäftsführung und persönlich haftendem Gesellschafter. Die Klägerin habe am streitgegenständlichen Umlaufverfahren teilgenommen und somit den Rechtsschein geschaffen, es handele sich um rechtmäßige Beschlüsse. Die Beklagte zu 1) habe die Einleitung der streitgegenständlichen Beschlussfassung im Namen des Beirats lediglich koordiniert, der dazu seinerseits faktisch nicht in der Lage sei, wobei auch der Weg des Umlaufverfahrens offen gestanden habe. Die streitgegenständlichen Beschlüssen hätten mit einfacher Mehrheit gefasst werden können und zwar auch, soweit eine neue Komplementärin aufgenommen werden sollte. Eine Klage zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis sei nicht statthaft.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 25.07.2013 verkündeten Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zutreffend habe das Landgericht einen Verstoß der gesellschaftsvertraglichen Anfechtungsfrist gegen die Gebote von Treu und Glaube festgestellt, da der Fristbeginn auf einen Zeitpunkt festgesetzt sei, der außerhalb der Sphäre des Gesellschafters liege. Die vertragliche Frist gelte im Übrigen für Anfechtungsklagen, nicht aber für Feststellungsklagen. Die Beklagte zu 1) sei weder zur Einberufung noch zur Durchführung des schriftlichen Beschlussverfahrens befugt gewesen, weil sie in der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 weder als persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft aufgenommen noch zur Geschäftsführerin bestellt worden sei. Zur Aufnahme als Komplementärin hätte es eines einstimmigen Beschlusses bedurft, der nicht zustande gekommen sei. Eine Einberufungs- und Durchführungsbefugnis der Beklagten zu 1) folge weder aus § 9 Abs. 6 GV noch aus dem Gesichtspunkt einer faktischen Geschäftsführung. Die streitgegenständlichen Beschlüsse seien jedenfalls deshalb nichtig, weil sie – die Klägerin – rechtsmissbräuchlich von der Stimmabgabe ausgeschlossen worden sei. Die Einräumung von Mehrstimmen sei zulässig. Ein wichtiger Grund für den Entzug ihrer Geschäftsführung- und Vertretungsbefugnis sei nicht ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Gesellschafterbeschlüsse festgestellt. Da eine notwendige Streitgenossenschaft nicht besteht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergeht keine einheitliche Entscheidung allen Gesellschaftern gegenüber. Es fehlt auch an einer rechtlichen Grundlage dafür, die Gesellschafter „wie“ notwendige Streitgenossen zu behandeln. Allein der Umstand, dass es sinnvoll sein mag, eine einheitliche Behandlung der Beschlüsse hinsichtlich aller Gesellschafter vorzunehmen, genügt für die Heranziehung der Reglung des § 62 ZPO nicht.

A.

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig.

1.

Zutreffend und von der Berufung unangegriffen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Beschlüsse im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden muss und den Klageantrag in diesem Sinne ausgelegt. Zwar sieht § 8 Abs. 6 GV vor, dass „fehlerhafte Beschlüsse […] angefochten werden“. Eine Anfechtungsklage ist jedoch nur dem Recht der Kapitalgesellschaften geläufig. Dort wird zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen unterschieden. Der Mangel eines anfechtbaren Beschlusses kann nur durch eine fristgerechte Anfechtungsklage, die gegen die Gesellschaft zu richten ist, geltend gemacht werden. Die Nichtigkeit dieses Beschlusses wird dann erst durch ein rechtsgestaltendes Urteil herbeigeführt. Dagegen gibt es im Recht der Personengesellschaften keine lediglich anfechtbaren Beschlüsse; infolgedessen ist hier auch die Anfechtungsklage unbekannt. Dementsprechend besteht auch nicht die Möglichkeit, im Bereich der Personengesellschaft eine Anfechtungsklage gesellschaftsvertraglich zu vereinbaren. Denn Gestaltungsklagen kommen nur in den gesetzlich anerkannten Fällen in Frage und sind der Parteiautonomie der Parteien weitgehend entzogen (BGH, Urteil vom 11.12.1989, II ZR 61/89, juris m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 24.03.2003, II ZR 4/01, juris; BGH, Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris;).

2.

Zutreffend und von der Berufung unangegriffen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klage gegen alle Mitgesellschafter zu erheben war. Zwar kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Streit – unter Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems – mit der Gesellschaft auszutragen ist (BGH, Urteil vom 16.10.2012, II ZR 251/10, juris). Eine entsprechende Bestimmung enthält der vorliegende Gesellschaftsvertrag jedoch nicht. Nach § 8 Abs. 6 GV sind fehlerhafte Beschlüssen durch „Klage gegen alle Gesellschafter“ „anzufechten“. Zwar kann die Verwendung des Wortes „anfechten“ oder „Anfechtung“ ein – nicht zwingender – Anhaltspunkt dafür sein, dass Klagen auf Feststellung der Unwirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft zu erheben sind (BGH, Urteil vom 11.12.1989, II ZR 61/89, juris; BGH, Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris). Der Regelung in § 8 Abs. 6 GV, die ausdrücklich „alle Gesellschafter“ als Klagegegner benennt, lässt sich entnehmen, ausnahmslos an dem Grundsatz der Austragung von Streitigkeiten unter allen Gesellschaftern festhalten zu wollen (Senat, 10.02.2012, I-16 U 110/11).

B.

Der angegriffene Beschluss ist formell wirksam zustande gekommen. Mit ihren in der Klageschrift aufgeführten und in zweiter Instanz noch geltend gemachten formellen Mängeln dringt die Klägerin nicht durch. Materielle Mängel der Beschlüsse macht die Klägerin nicht geltend.

1.

Die Feststellungsklage ist verfristet. Im Personengesellschaftsrecht gibt es für die Geltendmachung von Beschlussmängeln – anders als im Recht der Kapitalgesellschaften – keine gesetzlichen oder am Leitbild des § 246 Abs. 1 AktG orientierten Klagefristen. Wer sich auf die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen beruft, kann hierzu die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erheben; sie ist an keine Frist gebunden, jedoch kann die Geltendmachung des Mangels nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt sein. Allerdings steht es den Gesellschaftern auch in einer Personengesellschaft frei, die Berufung auf die Beschlussmängel durch materielle Ausschlussfristen für die Klageerhebung zu beschränken (BGH, Urteil vom 20.01.1977, II ZR 217/75, juris; BGH, Urteil vom 13.02.1995, II ZR 15/94, juris; BGH, Urteil vom 07.06.1999, II ZR 278/98, juris). Dies haben die Gesellschafter vorliegend getan und in § 8 Abs. 6 GV – in Anlehnung an § 246 AktG – vereinbart, dass Beschlüsse „innerhalb eines Monats ab Beschlussfassung“ angefochten werden müssen. Diese Frist gilt, unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zur richtigen Klageart, auch für die Beschlussfeststellungsklage, mit der die Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen gegenüber den Gesellschaftern ausschließlich geltend gemacht werden kann. Nach § 22 Abs. 1 S. 2 GV werden Beschlüsse, die im schriftlichen Umlaufverfahren gefasst werden, mit dem Tag des Ablaufs der Beschlussfassung wirksam. Auf dieser Grundlage erfolgte die Klageerhebung außerhalb der Klagefrist, da der Tag der Beschlussfassung am 17.02.2011 war, die Klage jedoch erst am 18.03.2011 bei Gericht einging. Die vertragliche Ausschlussfrist ist aber zu kurz, so dass an ihrer Stelle eine angemessene Frist gilt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine für die gegen die übrigen Gesellschafter zu erhebende Feststellungsklage im Gesellschaftsvertrag festgesetzte Ausschlussfrist an denselben Kriterien zu messen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Anfechtungsfrist im GmbH-Recht entwickelt hat. Denn auch eine gesellschaftsvertragliche Ausschlussfrist für die Feststellungsklage führt, wenn sie zu knapp bemessen ist, dazu, dass das unverzichtbare und unentziehbare Recht eines Gesellschafters, rechtswidrige Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gerichtlich angreifen zu können, unzulässig verkürzt wird. Die in § 246 AktG bestimmte Monatsfrist hat im GmbH-Recht nicht nur Leitbildcharakter insofern, als nur bei Vorliegen besonderer Umstände der anfechtende Gesellschafter mit der Klageerhebung länger als einen Monat zuwarten darf. Sie enthält zugleich die Mindestanforderungen, die zu Lasten des betroffenen Gesellschafters nicht unterschritten werden dürfen (BGH, Urteil vom 13.02.1995, II ZR 15/94, juris). Aber auch unter Zugrundelegen dieser Grundsätze war die Anfechtungsfrist zum Zeitpunkt der Klageerhebung allerdings bereits abgelaufen. Zwar durfte die Klägerin aufgrund der besonderen Umstände des Falls länger als einen Monat ab Beschlussfassung, d.h. über den 17.03.2011 hinaus (§ 188 Abs. 2 BGB) mit der Klageerhebung abwarten. Die Entscheidung, welche Zeitspanne angemessen ist, ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen der Gesellschaftermehrheit, die möglichst bald Klarheit herbeigeführt wissen will, und des anfechtenden Gesellschafters, der nicht vorschnell zur Erhebung einer das Verhältnis unter den Gesellschaftern möglicherweise schwer belastenden Klage gezwungen sein will, zu treffen. Zwar handelt es sich bei der W… um eine Publikumsgesellschaft, die typischerweise wenig personalistisch geprägt ist, so dass das Moment der gebotenen Beschleunigung, jedenfalls dann, wenn weniger schwierige Fragen zu klären sind, Gewicht gewinnt (BGH, Urteil vom 12.10.1992, II ZR 286/91, juris). Allerdings wäre ein Gesellschafter nach § 8 Abs. 6 GV auch dann, wenn Beschlüsse im Umlaufverfahren gefasst werden, gezwungen, innerhalb eines Monats ab Ablauf des Tages der Beschlussfassung die Erfolgsaussichten einer Klage zu klären, ohne dass Beschlussergebnis, insbesondere auch, ob der Beschluss überhaupt und ggfs. mit welchen Mehrheiten zustande gekommen ist, zu kennen. Denn nach § 8 Abs. 5 S. 6 GV werden die Ergebnisse einer schriftlichen Abstimmung von der persönlich haftenden Gesellschafterin festgestellt, schriftlich festgehalten und den Kommanditisten durch Übersendung einer einfachen Ablichtung der schriftlichen Feststellung mitgeteilt. Dem Gesellschafter stünde damit – wie vorliegend der Klägerin – nach Kenntnis des Beschlusses – eine Frist zur Übersendung der Ablichtung enthält § 8 Abs. 5 GV nicht – kein Monat mehr zur Verfügung, um über die Klageerhebung zu entscheiden. Damit unterschreitet die Ausschlussfrist im Ergebnis die Mindestanforderungen, die zulasten eines Gesellschafters nicht unterschritten werden dürfen. Nach Auffassung des Senats betrug die Ausschlussfrist, insbesondere unter Berücksichtigung der wenig personalistischen Struktur der vorliegenden Fondsgesellschaft und dem damit gesteigerten Gewicht des Moments der gebotenen Beschleunigung, einen Monat ab Kenntnis der Ergebnisse des Umlaufverfahrens (vgl. auch Baumbach/Hueck Anh. nach § 47 GmbHG Rn. 145). Die Ausschlussfrist lief damit bis zum 25.03.2011, da die Klägerin über das festgestellte Ergebnis mit Schreiben vom 21.02.2011 informiert worden war, das ihr am 25.02.2011 zuging. Diese Frist hat die Klägerin, obwohl sie die Klage am 18.03.2011, und damit innerhalb der Frist, bei Gericht einreichte, nicht eingehalten. Die Frist wird nämlich nicht durch die Einreichung der Klage bei Gericht gewahrt. Zur Fristwahrung ist vielmehr Rechtshängigkeit erforderlich (Hüffer § 246 AktG Rn. 21; Baumbach/Hueck Anh. nach § 47 GmbHG Rn. 158a). Die Klage wurde den Beklagten ab dem 21.04.2011 zugestellt. Zwar genügt für die Fristwahrung die Einreichung der Klageschrift, sofern die Zustellung demnächst erfolgt (Hüffer § 246 AktG Rn 23). Die Frage, ob die Klagezustellung „demnächst“ erfolgte, wird neben dem zeitlichen Moment auch durch eine wertende Komponente bestimmt. Es kommt darauf an, ob der Zustellungsbetreiber alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat und der Rückwirkung keine schutzwürdigen Belange des Gegners entgegenstehen. Demgegenüber sind der Partei Verzögerungen zuzurechnen, die sie bei gewissenhafter Prozessführung hätte vermeiden können. Dabei sind von der Partei zu vertretende geringfügige Verzögerungen von bis zu 14 Tagen regelmäßig unschädlich; eine Rückwirkung bei allein vom Zustellungsbetreiber verursachten Zustellungsverzögerungen von mehr als 14 Tagen schließt der Bundesgerichtshof aus (BGH, Urteil vom 22.09.2004, VIII ZR 360/03, juris; Zöller/Greger § 167 ZPO Rn. 11). Mit Rechnung vom 23.03.2011 (Mittwoch) forderte das Landgericht – entsprechend dem von der Klägerin angegebenen Streitwert – einen Vorschuss in Höhe von 2.568,00 € an, den die Klägerin erst am 14.04.2011 einzahlte. Die Kostenrechnung erreichte die Klägerin am 25.03.2011. Bis zur Einzahlung des Kostenvorschusses verstrichen ab Ablauf der Frist (Freitag, 25.03.2011) deutlich mehr als 14 Tage, die unter einer wertenden Betrachtung nicht mehr als unschädlich angesehen werden können.

Eine andere Beurteilung der Frage, ob die Klage fristgerecht eingereicht wurde, folgt auch nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Beschlüsse, die zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bedürfen, nicht den Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen im Sinne des kapitalgesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelrechts unterfallen, wie es vorliegend durch § 8 Abs. 6 GV teilweise adaptiert worden ist. Vielmehr stellt die fehlende Zustimmung eine „dritte Kategorie“ von Mängeln des Beschlusses dar, der im Wege der allgemeinen, nicht fristgebundenen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO bzw. durch Einwendungen im Prozess geltend gemacht werden können (BGH, Urteil vom 19.10.2009, II ZR 240/08, juris; Senat Urteil vom 10.02.2012, I-16 U 110/11). Die Frage, ob (Mehrheits-)Beschlüsse, die in den Kernbereich der mitgliedschaftlichen Rechte eines (überstimmten) Gesellschafters eingreifen, nicht ohne die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters gefasst werden dürften, betrifft allerdings die materielle Wirksamkeit des Beschlusses ihm gegenüber und ist auf zweiter Stufe zu prüfen (BGH, Urteil vom 10.10.1994, II ZR 18/94, juris; BGH, Urteil vom 19.10.2009, II ZR 240/08, juris). Solche Mängel, insbesondere die Zustimmungsbedürftigkeit der Beschlüsse, macht die Klägerin mit der Klage nicht geltend, sondern sie beschränkt sich auf die Rüge formeller Beschlussmängel.

2.

Die Beklagte zu 1) war im Januar/Februar 2011 zur Einleitung des Umlaufverfahrens und dessen Durchführung sowie Feststellung der dort abgestimmten Beschlüsse befugt. Denn sie war durch die Gesellschafterbeschlüsse vom 21.06.2010 als persönlich haftende Gesellschafterin aufgenommen worden, jedenfalls war sie seit dem 19.10.2010 als Komplementärin im Handelsregister eingetragen. Nach § 8 Abs. 3 GV werden Beschlüsse im schriftlichen Verfahren von der persönlich haftenden Gesellschafterin herbeigeführt und dessen Ergebnis von ihr festgestellt.

a)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht die Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts Celle vom 14.12.2011 (9 U 73/11; Vorinstanz Landgericht Stade 8 O 105/10) einer abweichenden Beurteilung der Frage, ob die Beklagte zu 1) durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 persönlich haftende Gesellschafterin geworden war, nicht entgegen. Präjudizielle Vorfragen werden nur dann rechtskraftfähig festgestellt, wenn sie im Vorverfahren Streitgegenstand waren. Andernfalls nehmen sie nicht an der materiellen Rechtskraft des Urteils teil und können in einem neuen Prozess zwischen den Parteien abweichend beurteilt werden (Zöller/Vollkommer vor § 322 ZPO, Rn. 33 f.). Streitgegenstand des im Übrigen nur zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) geführten Vorprozesses war die Verpflichtung der dortigen Beklagten (Klägerin dieses Verfahrens), Handlungen betreffend die Anmeldung der – dortigen – Klägerin (Beklagte zu 1) dieses Verfahrens) als persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin des Windparkfonds und den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis der dortigen Beklagten (hiesige Klägerin) zum Handelsregister sowie die Herausgabe von Dokumenten und Zahlung. Für die Entscheidung der Frage, ob eine solche Verpflichtung der dortigen Beklagten (hiesige Klägerin) bestand, war die Frage, ob die dortige Klägerin (hiesige Beklagte zu 1)) persönlich haftende Gesellschafterin geworden war, lediglich eine Vorfrage. Eine Bindungswirkung entfaltet das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 14.12.2011 für die Entscheidung des Senats nicht (vgl. Senat; Urteil vom 10.02.2012, I-16 U 110/11).

b)

Die Beklagte zu 1) ist durch den Beschluss vom 21.06.2010, bei dem unstreitig eine Mehrheit von mehr als 50% und weniger als 75% der Stimmen erreicht wurde, Komplementärin des W…fonds geworden. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht bedurfte die Aufnahme der Beklagten zu 1) als Komplementärin keines einstimmigen Beschlusses und auch nicht einer Mehrheit von 75% der Stimmen. Angesichts der gesellschaftsvertraglichen Regelungen genügte eine einfache Mehrheit. Nach § 8 Abs. 2 S. 1 GV beschließen die Gesellschafter über „alle Angelegenheiten der Gesellschaft“, wobei § 8 Abs. 5 S. 1 GV Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen vorsieht, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen oder im Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitsverhältnisse vorgesehen sind.

aa)

Zwingende gesetzliche Regelungen, die einer Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit entgegenstünden, bestehen nicht. Zwar geht das Gesetz von der Einstimmigkeit der Beschlüsse einer Personengesellschaft aus (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB). Den Gesellschaftern steht es jedoch im Rahmen der Privatautonomie frei, sich dahin zu einigen, ob und in welchem Umfang das starre, praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip ersetzt wird (BGH, Urteil vom 21.10.2014, II ZR 84/13, juris, mit umfangreichen Nachweisen).

bb)

Der vorliegende Gesellschaftsvertrag sieht auch keine anderen Mehrheitserfordernisse für die Aufnahme einer neuen persönlich haftenden Gesellschafterin vor. Für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung ist dabei allein entscheidend, ob der Gesellschaftsvertrag dies zulässt, was gegebenenfalls unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze festzustellen ist. Es steht den Gesellschaftern frei, ob sie von dem Einstimmigkeitsprinzip abweichen wollen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt dem sog. Bestimmtheitsgrundsatz für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung bei Publikumsgesellschaften keine Bedeutung mehr zu. Gesellschaftsvertragliche Mehrheitsklauseln werden durch den sog. Bestimmtheitsgrundsatz daher nicht auf „gewöhnliche“ Beschlussgegenstände beschränkt, sondern erfassen auch solche Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder sich auf ungewöhnliche Beschlussgegenstände beziehen. Bei der Auslegung von Gesellschaftsverträgen ist der Bestimmtheitsgrundsatz auch nicht in Gestalt einer Auslegungsregel des Inhalts zu berücksichtigen, dass allgemeine Mehrheitsklauseln restriktiv auszulegen sind oder Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder ungewöhnliche Gegenstände beinhalten, jedenfalls von allgemeinen Mehrheitsklauseln, die außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbart wurden, regelmäßig nicht erfasst werden. Eine solche Auslegungsregel findet im Gesetz keine Stütze, insbesondere auch nicht in § 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB. Da sich somit die durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags vorzunehmende Feststellung, ob im konkreten Fall für die formelle Legitimation eines Beschlusses eine Mehrheitsentscheidung genügt, nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen richtet, kann sich die Mehrheitsbefugnis aus jeder Vereinbarung der Gesellschafter ergeben, die einer dahingehenden Auslegung zugänglich ist, also von der ausdrücklichen Ausführung über eine umfassende oder auslegungsfähige Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag bis hin zu einer konkludenten Vereinbarung der Mehrheitszuständigkeit. Dabei genügt es, wenn – bei Publikumsgesellschaften – die objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags, bei der der objektive Sinn der Vertragsbestimmung bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vertragsinhalts zu ermitteln ist, zu dem Ergebnis führt, dass der betreffende Beschlussgegenstand von der Mehrheitsklausel erfasst sein soll. Diese Grundsätze gelten dabei für alle Beschlussgegenstände, da das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB), auch für Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen, grundsätzlich dispositiv ist (BGH, Urteil vom 21.10.2014, II ZR 84/13, juris, mit umfangreichen Nachweisen).

cc)

Auf der Grundlage dieser Grundsätze unterliegt auch die Aufnahme einer neuen Komplementärin dem Mehrheitsprinzip des § 8 Abs. 5 S. 1 GV. Ausgangspunkt ist, dass in § 8 Abs. 2 S. 1 GV den Gesellschaftern zur Beschlussfassung einschränkungslos „alle“ Angelegenheiten der Gesellschaft zugewiesen werden. Diese Beschlussfassung erfolgt nach § 8 Abs. 5 S. 1 GV mit einfacher Mehrheit, ohne dass dieser Bestimmung Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere die Aufnahme einer neuen Komplementärin, entnommen werden könnten, die nicht dem Mehrheitsprinzip unterfallen sollten. Eine Ausnahme dergestalt, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin nicht durch einen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung beschlossen werden könnte, ergibt sich auch nicht aus den in § 8 Abs. 2 S. 2 GV angeführten Beispielen. Die Beispiele in Satz 2 führen exemplarisch („insbesondere“) auf, welche Angelegenheiten den Gesellschaftern zur Beschlussfassung zugewiesen werden, ohne aber die Zuweisung „aller“ Angelegenheiten qualitativ oder quantitativ einzuschränken. Insbesondere fällt nach § 8 Abs. 2 S. 2 lit. f) GV auch die Änderung des Gesellschaftsvertrags darunter, der in § 5 Abs. 1 S. 1 die persönlich haftende Gesellschafterin bestimmt. Dass der Ausschluss eines Gesellschafters nach § 17 Abs. 3 GV explizit in der Aufzählung des § 8 Abs. 2 S. 2 GV genannt wird, beschränkt den Umfang der der Gesellschaftsversammlung zur Beschlussfassung durch einfache Mehrheit zugewiesenen Gegenstände nicht, insbesondere nicht hinsichtlich der Aufnahme einer neuen Komplementärin. Vor diesem Hintergrund sieht der Gesellschaftsvertrag für die Aufnahme einer neuen Komplementärin auch keine qualifizierte Mehrheit vor. Der Senat hält an seiner Auffassung in der Entscheidung vom 10.02.2012 (I-16 U 110/11), wonach die Änderung des personellen Bestands nicht unter die Abänderungsbefugnis durch einfachen Mehrheitsbeschluss fällt, angesichts der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht fest. Denn § 8 Abs. 2 S. 1 GV nennt „alle“ Angelegenheiten der Gesellschaft und § 8 Abs. 2 S. 2 führt in lit. f) Änderungen des Gesellschaftsvertrags auf, ohne dass § 8 Abs. 5 S. 1 GV hinsichtlich des Mehrheitsprinzip eine gegenständliche Unterscheidung trifft. Hinzu kommt, dass zum einen bei Publikumsgesellschaften die Notwendigkeit, den Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluss ändern zu können, offensichtlich ist. Bei dem großen Kreis von Kommanditisten lässt sich eine geschlossene Beteiligung an den Gesellschafterversammlungen praktisch nicht erreichen. Mit dem Einstimmigkeitsprinzip wären daher nicht einmal Vertragsänderungen durchzubringen, die zweifelsfrei im Interesse aller Gesellschafter liegen und bei denen es überhaupt keinen Grund zum Widerspruch gibt. Zum anderen ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein so restriktives Verständnis des vertraglichen Mehrheitsprinzips auch gar nicht erforderlich. Denn es handelt sich, wie der Bundesgerichtshof betont, nur um eine „Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit der Mehrheitsentscheidung“, so dass nach der Prüfung, ob nach dem Gesellschaftsvertrag der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen ist, auf einer zweiten Stufe eine inhaltliche Wirksamkeitsprüfung stattfindet. Bei der Prüfung auf der ersten Stufe geht es also nur um die formelle Legitimation für Mehrheitsentscheidungen auf der Grundlage einer Mehrheitsklausel, die als solche eine wertneutrale Verfahrensregel ist, deren Vor- und Nachteile allen Gesellschaftern von Fall zu Fall zugutekommen können. Die Wirksamkeit der jeweiligen Mehrheitsentscheidung setzt also sowohl eine Prüfung ihrer formellen Legitimation durch eine Mehrheitsklausel auf der ersten Stufe als auch eine inhaltliche Prüfung auf der zweiten Stufe unter dem Aspekt einer etwaigen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit voraus.

dd)

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht lässt sich auch § 5 Abs. 3 S. 2 GV nicht entnehmen, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin – abweichend vom Mehrheitsprinzip – nur einstimmig beschlossen werden konnte. Nach dieser Regelung ist „die persönliche haftende Gesellschafterin […] zur Annahme der Beitrittserklärungen namens aller Gesellschafter […] bevollmächtigt“. Bei dieser Bestimmung handelt es sich, anders als das Landgericht meint, nicht um eine Regelung der gesellschaftinternen Willensbildung, sondern im Kern um die organisationsrechtliche Ermächtigung der Komplementärin, Aufnahmeverträge mit neuen Kommanditisten im Namen aller Gesellschafter zu schließen. Einer Personengesellschaft treten nämlich weitere Gesellschafter grundsätzlich dadurch bei, dass sie einen entsprechenden Vertrag mit den vorhandenen Gesellschaftern abschließen. Für die Publikumsgesellschaft ist dieses Verfahren allerdings – angesichts der Vielzahl der vorhandenen Gesellschafter – bereits aus organisatorischen Gründen ungeeignet (K. Schmidt GesR § 57 II.1, MünchHdb.KG/Jaletzke § 62 Rn. 6). Der Gesellschaftsvertrag kann daher die Aufnahme neuer Gesellschafter erleichtern, insbesondere die persönlich haftende Gesellschafterin ermächtigen, nach ihrer Wahl mit weiteren Kommanditisten deren Beitritt zur Gesellschaft zu vereinbaren. Das erforderliche – mehrheitliche – Einverständnis der übrigen Gesellschafter mit dem Eintritt neuer Kommanditisten ist in einem solchen Fall – in zulässiger Weise – im Voraus erteilt worden. Der Abschluss des Aufnahmevertrags mit den übrigen Gesellschaftern kommt dann dadurch zustande, dass sich die persönlich haftende Gesellschafterin im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen mit dem neu eintretenden Gesellschafter auch im Namen der übrigen Gesellschafter über die Aufnahme einigt (BGH, Urteil vom 14.11.1977, II ZR 95/76, juris). Es handelt sich also bei § 5 Abs. 3 S. 2 GV um eine gängige, organisationsrechtliche Bestimmung zum Beitritt neuer Kommanditisten. Angesichts der darin enthaltenen, aus Praktikabilitätsgründen vorweggenommenen Zustimmung zur Aufnahme weiterer Kommanditisten lässt sich der Regelung keine Aussage über die interne Willensbildung für den davon zu unterscheidenden Fall der Aufnahme einer neuen Komplementärin entnehmen (a.A. OLG Celle, Urteil vom 14.12.2011, 9 U 73/11; zust. Haas/Mock in: Graf von Westphalen/Haas, § 161 HGB Rn. 144).

ee)

Die Notwendigkeit eines einstimmigen Beschlusses ergibt sich auch nicht daraus, dass durch den Beschlussvorschlag Nr. 6 für die Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 der Gesellschaftsvertrag dahingehend geändert werden sollte, dass mit einfacher Mehrheit die Aufnahme von weiteren persönlich haftenden Gesellschafter beschlossen werden sollte. Selbst wenn die Gesellschafter bei der Vorbereitung der Gesellschafterversammlung vom 21.06.2010 irrtümlich davon ausgegangen sein sollten, dass die Aufnahme einer neuen Komplementärin nicht durch mehrheitlichen Gesellschaftsbeschluss möglich sei, folgt aus diesem Irrtum nicht die Notwendigkeit einer einstimmigen Entscheidung, die der Vertrag nach seinem dargestellten, objektiven Erklärungsbefund nicht vorsieht.

c)

Zudem war die Beklagte zu 1) jedenfalls aufgrund ihrer Eintragung als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister seit dem 19.10.2010 zur Einleitung und Durchführung des streitgegenständlichen Umlaufverfahrens sowie der Feststellung der gefassten Beschlüsse berechtigt. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 121 Abs. 2 S. 2 AktG. Nach dieser Vorschrift gelten bei einer Aktiengesellschaft Personen, die in das Handelsregister als Vorstand eingetragen sind, als befugt, die Hauptversammlung einzuberufen. Darin liegt eine gesetzliche Fiktion, die von der Gutgläubigkeit der Aktionäre unabhängig ist. Dadurch sollen zum Zweck der Rechtssicherheit Einberufungsmängel vermieden werden. Entscheidend ist die Eintragung im Zeitpunkt der Einberufung (Hüffer AktG § 121 AktG Rn. 7; MüHdbGesR/Semler § 35 Rn. 8). Die Situation einer Publikumsgesellschaft, die, wie hier, aus mehreren hundert Kommanditisten besteht, ist insofern mit Verhältnissen einer Aktiengesellschaft vergleichbar. Die Kommanditisten können keine zuverlässige Kenntnis haben, ob die Komplementär-GmbH wirksam bestellt worden ist oder noch bestellt ist, insbesondere auch angesichts der im vorliegenden Verfahren um diese Frage geführten Rechtsstreitigkeiten und insoweit vertretenen unterschiedlichen Auffassungen, die im Schreiben vom 04.08.2011 nochmals thematisiert wurden. Die Kommanditisten bedürfen daher des Schutzes, den die Eintragung im Handelsregister bietet (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28.10.1991, 8 U 36/91, juris). Nach der Auffassung des Senats findet § 121 Abs. 2 S. 2 AktG dabei nicht nur im Verhältnis zu den Kommanditisten analoge Anwendung, sondern auch im Verhältnis zur eingetragenen Komplementärin, vorliegend der Beklagten zu 1). Dies ergibt sich aus dem öffentlichen Glauben des Handelsregisters (§ 15 HGB; vgl. zum öffentlichen Glauben des Genossenschaftsregisters: BGH, Urteil vom 26.10.1955, VI ZR 90/54, juris) und entspricht dem dargestellten Sinn und Zweck der gesetzlichen Fiktion, zum Zwecke der Rechtssicherheit Einberufungsmängel zu vermeiden. Dies zugrundegelegt, dringt die Klägerin mit ihrem Einwand, § 121 Abs. 2 S. 2 AktG berechtige nur zur Einberufung der Hauptversammlung, so dass eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmung allenfalls für eine Gesellschafterversammlung unter Anwesenheit der Gesellschafter, nicht aber für das Umlaufverfahren in Betracht komme, nicht durch. Die Argumentation verkennt, dass die Gesellschafterversammlung grundsätzlich Organ der Gesellschaft ist, das zur Beschlussfassung berufen ist (K. Schmidt GesR § 57 Abs. 2). Die Einberufung der Gesellschafterversammlung in diesem Sinn ist Grundlage der dargestellten Analogie der aktienrechtlichen Vorschriften zur Einberufung der Hauptversammlung. Im Gesellschaftsvertrag der vorliegenden Fondsgesellschaft wird der Begriff der Gesellschafterversammlung demgegenüber für einen von zwei möglichen Wegen, Beschlüsse der Gesellschafter herbeizuführen, verwandt, nämlich für eine Präsenzversammlung (§ 9 GV), in Abgrenzung zur Beschlussfassung im schriftlichen Weg (§ 8 Abs. 1, 3 GV). Diese gesellschaftsvertragliche Wortwahl ist jedoch für die davon losgelöste Frage der Analogiefähigkeit von § 121 Abs. 2 S. 2 AktG für Publikumsgesellschaften ohne Relevanz.

d)

Demgegenüber war die Beklagte zu 1) nicht als faktische Geschäftsführerin zur Einleitung und Durchführung des streitgegenständlichen Umlaufverfahrens und Feststellung der gefassten Beschlüsse befugt. Geschäftsführendes Leitungs- und gesetzliches Vertretungsorgan der Publikums-KG ist – für den auch hier vorliegenden Regelfall der GmbH & Co. KG – die Komplementär-GmbH; sie handelt ihrerseits durch ihre Geschäftsführer. Auch in der Publikums-KG kann durch Regelung im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss ein Dritter in weitem Umfang mit Geschäftsführungsaufgaben betraut und mit umfassender Vollmacht ausgestattet werden (EBJS/Henze/Notz Anhang B nach § 177a HGB Rn. 132). Zwar dürften in diesem Zusammenhang die Grundsätze der faktischen Geschäftsführung Anwendung finden (vgl. EBJS/Henze/Notz Anhang A nach § 177a HGB, Rn. 111). Dabei muss der Handelnde nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen haben (EBJS/Henze/Notz Anhang A nach § 177a HGB, Rn. 111). Zwar dürfte die Beklagte zu 1) im Oktober 2010 jedenfalls faktisch die Geschäftsführung übernommen haben (so Senat, Urteil vom 10.02.2012, I-16 U 110/11, S. 15). Der Gesellschaftsvertrag weist jedoch in § 8 Abs. 3 GV die Herbeiführung eines Beschlusses im schriftlichen Verfahren nicht der Geschäftsführung, sondern der persönlich haftenden Gesellschafterin zu. Mit ihrem Einwand, der Gesellschaftsvertrag unterscheide nicht zwischen Geschäftsführung und persönlich haftender Gesellschafterin, dringen die Beklagten nicht durch. Vielmehr bestimmt der Gesellschaftsvertrag unter der Überschrift „Gesellschafter“ in § 5 Abs. 1 S. 1 die Rechtsvorgängerin der Klägerin zur persönlich haftenden Gesellschafterin. Der persönlich haftenden Gesellschafterin werden in § 7 GV unter der Überschrift „Geschäftsführung und Vertretung“ die Geschäftsführung und die Vertretung zugewiesen. Der Gesellschaftsvertrag differenziert also zwischen der organschaftlichen Stellung als Komplementärin und der auch grundsätzlich auf einen Dritten übertragbaren Position als Geschäftsführer. Dementsprechend wird die Beklagte zu 1) durch die streitgegenständliche Beschlüsse sowohl als Komplementärin aufgenommen und ihr die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zugewiesen (Beschluss 2.3.) als auch der Klägerin die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen (Beschlüsse 2.4. – 2.7.), ohne dass der Klägerin zugleich die Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin entzogen wird. Soweit § 9 Abs. 3 GV die Bestimmung des Ortes für eine Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer zuweist, deren Leitung nach § 9 Abs. 4 GV der Komplementärin obliegt, geben diese Bestimmungen keinen Anlass, § 8 Abs. 3 GV entgegen seinem nicht auslegungsbedürftigen Wortlaut dahingehend zu verstehen, dass der Geschäftsführer und nicht die persönlich haftende Gesellschafterin zur Herbeiführung eines Beschlusses im Umlaufverfahren befugt ist.

e)

Auch kann die Beklagte zu 1) eine Befugnis zur Einleitung und Durchführung des streitgegenständlichen Umlaufverfahrens und Feststellung der dortigen Beschlüsse nicht allein, d.h. unabhängig davon, ob sie zuvor Komplementärin der Fondsgesellschaft geworden oder als solche im Handelsregister eingetragen worden war, aus der entsprechenden Aufforderung des Beirats herleiten. Eine solche Befugnis folgt insbesondere nicht aus § 9 Abs. 6 GV. Nach dieser Bestimmung ist eine außerordentliche Gesellschafterversammlung u.a. einzuberufen, wenn Kommanditisten, die mindestens 20% des Kommanditanteils halten, schriftlich die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verlangen. Die Kommanditisten, die die Einberufung verlangt haben, sind, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin der Aufforderung nicht innerhalb von 14 Tagen nachkommt, berechtigt, die Gesellschafterversammlung selbst einzuberufen. Folglich sind, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin der Aufforderung der Kommanditisten nicht entspricht, die Kommanditisten, nicht aber eine dritte Person zur Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung befugt. Auf dieser Grundlage scheitert eine Befugnis der Beklagten zu 1) aus § 9 Abs. 6 GV, das streitgegenständliche Umlaufverfahren durchzuführen, zum einen daran, dass diese Befugnis nur Präsenzversammlungen betrifft, die im Gesellschaftsvertrag – in Abgrenzung zum schriftlichen Umlaufverfahren – als Gesellschafterversammlung bezeichnet und in § 9 GV geregelt werden. Das schriftliche Verfahren ist demgegenüber nicht Regelungsgegenstand von § 9 GV, sondern wird in § 8 Abs. 3 GV geregelt. Zum anderen sind, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin der Aufforderung der Kommanditisten nicht entspricht, die Kommanditisten, nicht aber eine dritte Person zur Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung befugt. Ausweislich des Schreibens vom 20.01.2011 führten nicht die Kommanditisten das streitgegenständliche Umlaufverfahren herbei, sondern die Beklagte zu 1), die selbst nicht Kommanditistin war.

3.

Die Klägerin dringt auch mit ihrer weiteren Rüge, die für die Beschlussfassung erforderlichen Mehrheiten seien nicht erreicht worden, nicht durch, ohne dass abschließend entschieden werden müsste, ob und mit welcher Anzahl (480 oder 10) die Stimmabgabe der Klägerin im streitgegenständlichen Umlaufverfahren zu berücksichtigen war. Eine unrichtige Beschlussfeststellung liegt nämlich nur vor, wenn der gerügte Fehler, vorliegend also die von der Klägerin behauptete Nichtzählung wirksam abgegebener Stimmen, wodurch der Klägerin nicht die Teilnahme an der Abstimmung versagt wurde, für den festgestellten Beschlusstenor ursächlich ist. Nur wenn die richtige Auszählung der Stimmen und Feststellung des Ergebnisses zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, hat eine Klage Erfolg (Scholz/K. Schmidt § 45 Rn. 98, 101). Vorliegend wäre aber auch bei Berücksichtigung der Stimmabgabe der Klägerin mit 480 Stimmen, wie es die Klägerin für zutreffend hält, die einfache Mehrheit erreicht worden. Denn für die streitgegenständlichen Beschlüsse, die die Mehrstimmen der persönlich haftenden Gesellschafterin, die erforderliche Mehrheit für die Aufnahme einer weiteren persönlich haftenden Gesellschafterin, die Aufnahme der Beklagten zu 1) als persönlich haftende, geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Gesellschafterin und deren Eintragung im Handelsregister, die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis der Klägerin, auch aus wichtigem Grund, nebst Übergabe der Geschäftsunterlagen an die Beklagte zu 1), Entziehung der Vertretungsbefugnis der Klägerin, auch aus wichtigem Grund, nebst Eintragung im Handelsregister sowie Beauftragung und Bevollmächtigung der Beklagten zu 1) mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der gefassten Beschlüsse sowie der Beschlüsse vom 21.06.2010 betreffen, genügte die einfache Mehrheit. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen des gesellschaftsvertraglichen Regelungskonzepts, insbesondere die Beschlussfassung der Gesellschafter mit einfacher Mehrheit in allen Angelegenheiten der Gesellschaft, auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Dabei erfasst das Erfordernis einer Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit nicht nur Beschlüsse, die in einer Präsenzversammlung, sondern auch Beschlüsse, die, wie vorliegend, im schriftlichen Umlaufverfahren gefasst werden. Auch wenn § 8 Abs. 5 S. 1 GV den Begriff „Gesellschafterversammlung“ verwendet, der ansonsten Beschlussfassungen in Präsenzversammlungen bezeichnet, ergibt sich aus dem Regelungskontext objektiv ohne Weiteres, dass die Regelung der erforderlichen Mehrheit gleichermaßen für das schriftliche Umlaufverfahren gelten soll. Denn § 8 GV enthält, mit Ausnahme von Absatz 3, der das schriftliche Umlaufverfahren regelt, Bestimmungen, die gleichermaßen für die Beschlussfassungen in Präsenzversammlungen, die im Detail in § 9 GV geregelt werden, und im schriftlichen Umlaufverfahren gelten. § 8 Abs. 3 S. 4 GV spricht im Übrigen von der – neben der Stimmabgabe von Kommanditisten, die mindestens 50% des Kommanditkapitals halten – „erforderlichen Mehrheit“, die andernfalls vertraglich nicht – weiter – geregelt wäre und jedenfalls nicht mit „Einstimmigkeit“ gleichzusetzen wäre.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Der Streitwert beläuft sich auf bis zu 100.000,00 €.

Die Revision wird zugelassen.

D… Dr. W… O…

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