OLG Düsseldorf, vom 30.04.2018 – I-9 U 89/17

Mai 23, 2021

OLG Düsseldorf, vom 30.04.2018 – I-9 U 89/17

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 7. April 2017 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem ursprünglichen Darlehensvertrag Nr. 3003641219 ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 15. Dezember 2014 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten werden die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte – bezogen auf den 31. Januar 2018 – 55.123,39 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2018 zu zahlen. Die weitergehende Anschlussberufung wird unter Teilabweisung der Widerklage zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Kläger dürfen die 51.331,59 Euro übersteigende Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils über diesen Betrag hinaus vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden, 51.331,59 Euro übersteigenden Betrages leistet.
Gründe

I.

Die Kläger schlossen am 18. April 2005 mit der Beklagten einen Vertrag über die Gewährung eines grundpfandrechtlich besicherten Darlehens über 80.000 Euro mit einer fünfjährigen Zinsfestschreibung zu einem jährlichen Sollzins von 4,1 Prozent. Ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 800,00 Euro wurde einbehalten und den Klägern zwischenzeitlich erstattet. Für die Führung des Darlehenskontos berechnete die Beklagte den Klägern bis Mai 2011 monatlich einen Euro. Die dem Vertrag beigefügte „Belehrung über das Widerrufsrecht“ erhielt die Formulierung:

“ Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Sofern Sie nicht taggleich mit dem Vertragsabschluss über Ihr Widerrufsrecht belehrt worden sind, beträgt die Frist einen Monat. (…)“.

Am 5. Januar 2010 schlossen die Parteien eine neue Zinsvereinbarung für den Zeitraum vom 1. April 2010 bis zum 30. März 2020, nach der der jährliche Sollzins nunmehr 4,42 Prozent betragen sollte. Diese Änderungsvereinbarung war mit einer auf sie bezogenen Widerrufsbelehrung versehen. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2014 widerriefen die Kläger ihre auf den Abschluss des Darlehnsvertrages gerichtete Willenserklärung, was die Beklagte mit Schreiben vom 21. Juli 2015 zurückwies. Auch einem anwaltlichen Schreiben vom 24. Juli 2015 war kein Erfolg beschieden.

Das Landgericht hat die auf Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe, und auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Widerrufsrecht der Kläger sei verwirkt. Die Kläger hätten mit Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 5. Januar 2010 bei der Beklagten den legitimen Eindruck erweckt, am Vertrag festhalten zu wollen.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie tragen vor, das Landgericht habe zu Unrecht eine Verwirkung ihres aufgrund der Verwendung des Begriffs „taggleich“ nicht verfristeten Widerrufsrechts angenommen. Das Ende einer Zinsbindung habe keine Auswirkung auf den Bestand des Darlehens, weshalb allein aus dem Abschluss einer neuen Zinsbindungsvereinbarung nicht auf den Willen zur Perpetuierung des Vertrages selbst geschlossen werden könne.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils vom 7. April 2017

1. festzustellen, dass der Beklagten aus dem ursprünglichen Darlehensvertrag Nr. 3003641219 ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 15.12.2014 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von der Forderung ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.085,95 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise für den Fall eines wirksamen Widerrufs, die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte 67.451,99 € nebst Zinsen in Höhe von 4,42 % p. a. ab 01.12.2017 zu zahlen.

Die Kläger erkennen die Hilfswiderklageforderung in Höhe von 51.331,59 Euro unter Verwahrung gegen die Kostenlast an und beantragen,

die weiter gehende Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Allerdings sei die Klage bereits wegen Verfristung des Widerrufs abzuweisen; die Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Bei einer taggleich mit dem Vertragsschluss ausgehändigten Widerrufsbelehrung sei ein dem Erfordernis der Belehrung bei Vertragsschluss genügender einheitlicher Geschehensablauf regelmäßig anzunehmen. Jedenfalls sei der Widerruf aber verwirkt. Sie habe sich auf die in dem Abschluss der neuen Zinsvereinbarung liegende Bestätigung verlassen dürfen, zumal die Kläger in diesem Zusammenhang erneut über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien. In dieser Vereinbarung habe ein Verzicht auf das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 BGB gelegen. Sollte der Widerruf dennoch durchgreifen, stehe ihr der Saldo aus der Darlehensvaluta nebst der vertraglich vereinbarten Nutzungsentschädigung und den von den Klägern geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen zu. Ein Nutzungsvorteil ihrerseits werde bestritten; die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger hätten hierzu nichts vorgetragen. Für die Zeit nach Widerruf schuldeten die Kläger ihr ebenfalls eine Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Zinses. Der überschießende Teil der klägerischen Zahlungen sei aufgrund ihrer Aufrechnungserklärung mit der noch offenen Rückgewährforderung zu verrechnen. Daraus ergebe sich ihre hilfsweise geltend gemachte Widerklageforderung.

Die Kläger treten der hilfsweise geltend gemachten Widerklageforderung entgegen, soweit die Beklagte einen 51.331,59 Euro übersteigenden Betrag geltend macht. Von dem Rückgewähranspruch der Beklagten sei eine Nutzungsentschädigung auf der Grundlage von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, mithin 5.505,46 Euro, in Abzug zu bringen. Auch für die Kontoführungsgebühren fehle ein Rechtsgrund. Für die Zeit nach Widerruf stehe der Beklagten kein Nutzungsersatzanspruch mehr zu; die Regelungen des § 357 BGB stellten eine Modifikation der §§ 346 ff. BGB dar.

Der Senat hat die Sach- und Rechtslage mit den Parteien ausführlich erörtert. Er gehe mit dem klägerischen Vortrag von einer Widerrufserklärung am 15. Dezember 2014 aus. Zwar nehme das Antwortschreiben der Beklagten ein Schreiben vom 15. Juli 2015 in Bezug; die Beklagte habe den Vortrag der Kläger zur vorprozessualen Korrespondenz in der Klageerwiderung aber ausdrücklich als zutreffend bezeichnet. Die Kläger haben hierzu erklärt, das Schreiben vom 15. Dezember 2014 persönlich in ihrer Bankfiliale abgegeben zu haben und, weil keine Reaktion erfolgt sei, am 15. Juli 2015 nochmals geschrieben zu haben. Der Widerruf vom 15. Dezember 2014 – so hat der Senat weiter ausgeführt – greife durch. Die Verwendung des Begriffs „taggleich“ genüge den an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu stellenden Anforderungen nicht. So werde etwa eine Konstellation, bei der der Verbraucher zur Unterzeichnung der von der Bank bereits vorbereiteten und unterschriebenen Vertragsformulare in den Geschäftsräumen erscheine, die für ihn bestimmten Abschriften mit der Widerrufsbelehrung jedoch erst bei einer erneuten Vorsprache am selben Tag erhalte, weil der zuständige Sachbearbeiter zunächst nicht anwesend war, dem Erfordernis eines einheitlichen Geschehensablaufs nicht gerecht. Das Widerrufsrecht sei auch nicht verwirkt. Die Zinsvereinbarung von 2010 stelle keine Bestätigung des Vertrages dar; der Darlehensvertrag wäre auch ohne diese weitergelaufen. Auch hindere die Möglichkeit der Nachbelehrung bis zur Beendigung des Vertrages eine überwiegende Schutzbedürftigkeit der Beklagten. Für die von der Beklagten herauszugebenden Nutzungen bestehe eine tatsächliche Vermutung von Nutzungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, die nur durch konkrete Darlegungen, was mit dem Geld geschehen sei, widerlegt werden könne. Für die Zeit nach Widerruf gelte Bereicherungsrecht, wie der Bundesgerichtshof jüngst klargestellt habe. Für den von den Klägern zu zahlenden Nutzungsersatz gelte daher § 818 Abs. 1 BGB, wobei auch insoweit die Vermutung von Nutzungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zur Anwendung komme.

Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 27. März 2018 zu § 93 ZPO ergänzend vorgetragen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16. April 2018 ihre Auffassung zur Verwirkung des Widerrufsrechts bekräftigt. Entscheidend sei, dass die Kläger von der Möglichkeit, das Darlehen mit Auslaufen der Zinsbindung abzulösen, keinen Gebrauch gemacht hätten. Im Vertrauen auf den Fortbestand des Vertrages habe sie die eingehenden Gelder neu verwendet und im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes genutzt. Doch selbst wenn der Senat den Widerruf für wirksam erachten sollte, seien die Kläger auch für die Zeit nach dem Widerruf zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe des Vertragszinses verpflichtet. Die vom Senat angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs gelte allein für die Ansprüche des Darlehensnehmers; für den Nutzungsersatzanspruch des Darlehnsgebers sei § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. weiter anzuwenden. Dieser Anspruch habe seinen Ursprung weiter in der Zurverfügungstellung des Darlehens. Dies sei auch unverändert obergerichtliche Auffassung. Für eine Anwendung des § 93 ZPO sei schon wegen der Nichterbringung der Leistung kein Raum.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache mit dem Feststellungsantrag und damit im Wesentlichen Erfolg. Die Anschlussberufung der Beklagten ist – soweit sie nach dem Teilanerkenntnis der Kläger noch sachlich zu bescheiden ist – hingegen nur zu einem kleinen Teil begründet.

1. Die Klage ist mit ihrem Feststellungsantrag zulässig. Für den Antrag auf Feststellung, die Beklagte habe aufgrund des Widerrufs keinen Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung, besteht ein Feststellungsinteresse im Sinne § 256 Abs. 1 ZPO.

Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist in der Regel gegeben, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu besitzen. Die Rechtsstellung des Klägers ist schutzwürdig betroffen, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben. § 256 ZPO ermöglicht sogar die Feststellung eines betagten oder bedingten Rechtsverhältnisses. Da die Beklagte vorliegend die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet, zielt ihre Bestandsbehauptung auf das Fortbestehen vertraglicher Erfüllungsansprüche gegen die Kläger aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. BGH, NJW 2017, 2340 Rn. 15).

Die Kläger müssen sich auch nicht vorrangig darauf verweisen lassen, gegen die Beklagte im Wege der Leistungsklage nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB vorzugehen. Insoweit liegt der hier zu entscheidende Fall anders als die Fälle, in denen der Klageantrag auf die positive Feststellung gerichtet ist, der Darlehensvertrag habe sich aufgrund des Widerrufs der auf seinen Abschluss gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Der Vorrang der Leistungsklage gilt für das Begehren auf positive Feststellung, der Verbraucherdarlehensvertrag habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, das sich wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Leistungen deckt und ohne entsprechenden Zusatz nicht als negative Feststellungsklage im Sinne der von den Klägern hier erhobenen ausgelegt werden kann. Das hier zur Entscheidung gestellte Begehren, festzustellen, dass die Beklagte gegen die Kläger aufgrund des Widerrufs keine Ansprüche (mehr) aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB hat, lässt sich dagegen mit einer Klage auf Leistung aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB nicht abbilden (BGH, NJW 2017, 2340 Rn. 16).

Weil das Begehren der Kläger sowohl in erster als auch in zweiter Instanz durchgängig dahin auszulegen war, sie leugneten Ansprüche der Beklagten aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nach dem Wirksamwerden des Widerrufs, kommt es nicht darauf an, dass die Kläger den jetzt formulierten negativen Feststellungsantrag nicht schon in erster Instanz gestellt haben (vgl. BGH, NJW 2017, 2340 Rn. 17).

2. Das am 18. April 2005 begründete Darlehensverhältnis der Parteien ist durch den Widerruf der Kläger vom 15. Dezember 2014 gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB in der nach Art. 229 § 22 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 EGBGB insoweit anzuwendenden, ab dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) beseitigt worden. Das den Klägern nach § 495 Abs. 1 BGB unstreitig zustehende Widerrufsrecht war nicht verfristet; gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a. F. erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.

a) Die Kläger sind nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert worden, da die Verwendung des Begriffs „taggleich“ in der Formulierung „Sofern Sie nicht taggleich mit dem Vertragsabschluss über Ihr Widerrufsrecht belehrt worden sind, beträgt die Frist einen Monat“ geeignet ist, beim Verbraucher den Eindruck zu erwecken, die Widerrufsfrist betrage auch dann nur zwei Wochen, wenn die Widerrufsbelehrung entgegen § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. nicht spätestens bei Vertragsschluss, jedoch noch im Laufe desselben Tages mitgeteilt worden ist.

Zwar reicht es für die von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. geforderte Belehrung bei Vertragsschluss aus, dass die Belehrung in einem einheitlichen Geschehensablauf mit dem Vertragsschluss ausgehändigt wird. Dies ist jedoch bei einer Mitteilung am selben Tag nicht stets der Fall. Der von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen – durchweg nicht näher begründeten – Auffassung, bei einer taggleich mit dem Vertragsschluss ausgehändigten Widerrufsbelehrung sei ein einheitlicher Geschehensablauf regelmäßig anzunehmen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 4. März 2016, 13 U 252/15, BeckRS 2016, 124945 Rn. 5), vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Ein einheitlicher Geschehensablauf ist ein bei natürlicher Betrachtung zusammenhängendes Geschehen, das nicht durch andere, mit ihm in keinem inneren Zusammenhang stehende Ereignisse eine Zäsur erfährt. Demgemäß stellt es in Bezug auf den Abschluss eines Darlehensvertrages einen einheitlichen Geschehensablauf dar, wenn etwa der Darlehensnehmer das darlehensgewährende Kreditinstitut aufsucht, die Vertragsformulare beiderseits unterschrieben werden und (erst) danach der Darlehensnehmer sein die Widerrufsbelehrung enthaltendes Exemplar ausgehändigt bekommt. Unterzeichnet der Darlehensnehmer dagegen den seitens der Bank bereits vorbereiteten und unterschriebenen Vertrag, erhält die für ihn vorgesehenen Abschriften mit der Widerrufsbelehrung jedoch erst bei einer erneuten Vorsprache am selben Tag, weil etwa der zuständige Sachbearbeiter zunächst nicht anwesend war, ist wegen der mit dem Ende des ersten Termins eintretenden Zäsur der erforderliche einheitliche Geschehensablauf nicht mehr gegeben, obwohl die Aushändigung taggleich erfolgt. Mit dem Verlassen der Bank ist bei natürlicher Betrachtung der dem Vertragsschluss dienende Termin beendet. Spätere Ereignisse gehören nicht mehr zum einheitlichen Geschehen.

Es spielt keine Rolle, wie sich der Vertragsschluss vorliegend tatsächlich ereignet hat. Der durch objektive Auslegung ermittelte Belehrungsfehler kann nicht durch die konkreten, aber nicht in Textform dokumentierten Umstände der Erteilung der Widerrufsbelehrung ausgeräumt werden (BGH, NJW-RR 2017, 886 Rn. 16). Bei den gesetzlichen Vorgaben sowohl für das Widerrufsrecht als auch für die formelle und inhaltliche Gestaltung der Widerrufsbelehrung handelt es sich um halbzwingendes Recht zugunsten des Verbrauchers. Der Verbraucher ist über die Bedingungen seines Widerrufsrechts inhaltlich vollständig deutlich in Textform zu belehren. Das schließt es aus, den Inhalt einer Widerrufsbelehrung anhand des nicht in Textform dokumentierten gemeinsamen Verständnisses der Parteien nach Maßgabe der besonderen Umstände ihrer Erteilung zu präzisieren, weil darin zugleich zulasten des Verbrauchers ein teilweiser Verzicht auf die Formvorgaben des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. läge (BGH, NJW-RR 2017, 886 Rn. 17).

b) Mangels einer gesetzeskonformen Belehrung stand den Klägern ein sogenanntes „ewiges“ Widerrufsrecht zu, das sie noch im Dezember 2014 ausüben konnten. Für den hier maßgeblichen Zeitraum und die hier maßgebliche Vertragssituation hat der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich dahin optiert, eine automatische zeitliche Begrenzung für das Widerrufsrecht im Falle einer unzureichenden Belehrung des Verbrauchers nicht vorzusehen. Befürchtete Härten für die Unternehmer, die dem den Ansatz einer einheitlichen Regelung „aus systematischen Gründen“ grundsätzlich billigenden Bundesrat mit Anlass waren, den Vermittlungsausschuss anzurufen (BT-Drucks. 14/9531, S. 2 f.), hat der Gesetzgeber neben der Einführung eines Musters für die Widerrufsbelehrung mittels einer Präzisierung der Modalitäten einer Nachbelehrung kompensiert. An dieser Grundsatzentscheidung hat er auch nach Bekanntwerden des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 10. April 2008 (NJW 2008, 1865 Rnrn. 47 ff.) zur unionsrechtlichen Zulässigkeit einer Befristung des Widerrufsrechts festgehalten (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Rnrn. 27 bis 30).

3. Mit der Ausübung ihres Widerrufsrechts verstoßen die Kläger nicht gegen Treu und Glauben. Ihr Widerrufsrecht ist weder verwirkt noch stellt sich der Widerruf als eine unzulässige Rechtsausübung dar.

a) Das in dem in § 242 BGB normierten Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnde Institut der Verwirkung findet auch auf das „ewige“ Widerrufsrecht Anwendung. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 501/15, BKR 2016, 504 Rn. 39 u. Verw. a. BT-Drs. 18/7584, S. 147).

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, NJW 2014, 2646 Rn. 39). Zu dem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, müssen somit besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 501/15, BKR 2016, 504 Rn. 40). Dabei besteht zwischen den ein Vertrauen des Verpflichteten begründenden Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH, NJW 2006, 219 Rn. 23).

Allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers kann die Bank ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher werde seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Rn. 39), zumal sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Verbraucher keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (BGH, NJW 2014, 2646 Rn. 39). Das Risiko, dass ein Fehler der Widerrufsbelehrung erst nachträglich aufgedeckt wird, trägt nicht der Verbraucher, sondern die Bank (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Rn. 40). Diese wird dadurch nicht unbillig belastet. Es ist ihr während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar, durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Die unvermindert gültige Entscheidung des Gesetzgebers, gegen das unbefristete Widerrufsrecht die Nachbelehrung zu setzen, ist auch bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verwirkung eines vor Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags ausgeübten Widerrufsrechts beachtlich (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Rn. 41).

Handlungen des Verbrauchers, die lediglich als allgemeine Bestätigung des Vertragsverhältnisses verstanden werden können, vermögen hiernach ein Vertrauen der Bank, er werde seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr widerrufen, noch nicht zu begründen. Vielmehr kommt eine Verwirkung nur in Betracht, wenn sich aus dem Sachverhalt besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände ergeben, die bei objektiver Beurteilung das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 501/15, BKR 2016, 504 Rn. 40).

Ob es danach an dem für eine Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand stets fehlt, wenn der Schuldner davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (so BGH, I. ZS., Urt. v. 15. Sep. 1999, I ZR 57/97, NJW 2000, 140, 142), oder jedenfalls dann, wenn dem Berechtigten gerade wegen des Verhaltens des Verpflichteten der ihm deshalb zustehende Anspruch unbekannt geblieben ist (so BGH, NJW 1957, 1358), oder ob – gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen – das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs unabhängig von einer Kenntnis des Verbrauchers vom Fortbestand seines Widerrufsrechts oder vom Anschein einer solchen Kenntnis auch dann schutzwürdig sein kann, wenn die vom Unternehmer erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (BGH, Beschl. v. 23. Jan. 2018, XI ZR 298/17, BeckRS 2018, 3224 Rnrn. 16 und 17), bedarf vorliegend keiner weiteren Erörterung. Hier handelte es sich nämlich nicht um ein beendetes Vertragsverhältnis, so dass die Möglichkeit, das unbefristete Widerrufsrecht durch eine Nachbelehrung zu beenden und damit Rechtssicherheit über den Bestand des Darlehensverhältnisses zu schaffen, weiterhin gegeben war. Erst wenn diese Möglichkeit nicht mehr sinnvoll besteht, weil das Vertragsverhältnis durch vollständige Rückzahlung des Darlehens beendet ist und damit das Ziel der Nachbelehrung, die fortbestehende Widerruflichkeit der Willenserklärung des Verbrauchers in dessen Bewusstsein zu rücken, mangels in die Zukunft gerichteter wiederkehrender ihn belastender Rechtsfolgen nicht mehr sinnvoll erreicht werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 501/15, BKR 2016, 504 Rn. 41; BGH, Beschl. v. 23. Jan. 2018, XI ZR 298/17, BeckRS 2018, 3224 Rn. 19), erscheint es gerechtfertigt, dem Vertrauen des Unternehmers trotz fehlender Nachbelehrung besondere Schutzwürdigkeit beizumessen, weil die mit dem unbefristeten Widerrufsrecht für den Unternehmer verbundenen Härten mit dem Wegfall dieser Möglichkeit nicht mehr angemessen kompensiert werden.

Von der Möglichkeit der Nachbelehrung hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Von einer Nachbelehrung kann von vornherein nur die Rede sein, wenn die nachträglich abgegebene Erklärung überhaupt einen für den Darlehensnehmer erkennbaren Bezug zu der früheren Vertragserklärung aufweist, deren Belehrungsmangel im Nachhinein ausgeglichen werden soll. Das ergibt sich allein schon aus dem Begriff der „Nachbelehrung“, folgt aber auch aus dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F., das nicht nur die äußere Gestaltung, sondern auch die inhaltliche Abfassung der Widerrufsbelehrung betrifft und für die nachträgliche Belehrung ebenso gilt wie für die rechtzeitige (BGH, NJW-RR 2011, 403 Rn. 26). Die der Zinsvereinbarung vom 5. Januar 2010 beigefügte Widerrufsbelehrung nimmt in keiner Weise auf den ursprünglichen Darlehensvertrag aus dem Jahre 2005, sondern aufgrund einer entsprechenden handschriftlichen Eintragung explizit auf die Vereinbarung vom 5. Januar 2010 Bezug, so dass sie keine nachträgliche Belehrung im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. darstellt.

Auf dem Verhalten der Kläger beruhende besondere Umstände, die bei objektiver Beurteilung trotz fehlender Nachbelehrung bereits vor Beendigung des Darlehensverhältnisses ein Vertrauen der Beklagten darauf hätten rechtfertigen können, dass die Kläger von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden, sind nicht ersichtlich. Der insoweit allein in Betracht kommende Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 5. Januar 2010 reicht dafür nicht aus. Diese erschöpfte sich in der Festschreibung neuer Zins- und Tilgungssätze im Anschluss an die am 30. März 2010 abgelaufene Zinsbindung. Ein neues Kapitalnutzungsrecht wurde nicht begründet. Damit hielt sich die Vereinbarung im Rahmen der üblichen Durchführung eines langfristigen Darlehensvertrages mit zeitlich beschränkter Zinsfestschreibung. Ein über ihren Regelungsgehalt hinausgehender besonderer Erklärungswert in Bezug auf den ursprünglichen Vertragsabschluss, dessen Wirksamkeit damals gar nicht im Blickpunkt stand, kam ihr nicht zu. Insbesondere kann die Änderungsvereinbarung nicht als Bestätigung des Darlehensvertrages als solchen gewertet werden; dieser wäre auch ohne die Änderungsvereinbarung, dann nur mit variablem Zins und der Möglichkeit der Ablösung, weitergelaufen. Dass die Kläger seinerzeit keinen Gebrauch von ihrem gesetzlichen Kündigungsrecht nach Ablauf der Zinsbindung machten, rechtfertigte ebenfalls kein Vertrauen der Beklagten darauf, dass sie ihr Widerrufsrecht dauerhaft nicht mehr ausüben würden. Es handelte sich vielmehr um eine situationsbezogene Entscheidung vor dem Hintergrund der damaligen Marktverhältnisse, die keine Rückschlüsse auf die künftige Wahrnehmung anderer Rechte – hier des Widerrufsrechts – für den Fall veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gestattete.

b) In der Geltendmachung des Widerrufsrechts liegt auch keine unzulässige Rechtsausübung. Die Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts kann zwar im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung aus sonstigen Gründen darstellen und in Widerspruch zu § 242 BGB stehen, obwohl die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Rn. 43). Diese Bewertung führt vorliegend zur Verneinung einer unzulässigen Rechtsausübung.

Die Beklagte kann im Ausgangspunkt keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, die Kläger über ihr Widerrufsrecht zu belehren (BGH, NJW 2014, 2646 Rn. 40). Ein späteres Verhalten der Kläger, das dieses Versäumnis in den Hintergrund treten ließe, ist – wie ausgeführt – nicht gegeben.

Die Ausübung des Widerrufsrechts ist auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie nicht durch den Schutzzweck des Verbraucherwiderrufsrechts motiviert wäre. Zwar sollte das Verbraucherkreditgesetz den Verbraucher in erster Linie „vor unüberlegten Vertragsentschließungen“ bewahren (BT-Drucks. 11/5462, S. 12). Weder § 7 VerbrKrG noch später § 495 BGB a. F. ließ sich indessen entnehmen, andere Gesichtspunkte dürften bei der Entscheidung für oder gegen die Ausübung des Widerrufsrechts keine Berücksichtigung finden. Vielmehr legte der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes fest, „[d]er Verbraucher […] [könne] sein Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben“, sofern nicht das Gesetz selbst einschränkende Regelungen enthalte (BT-Drucks. 11/5462, S. 22). Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz – wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt – dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden. Gerade weil das Ziel, „sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen“, der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Rnrn. 45 bis 47).

Ein durch das derzeitige Zinsniveau motivierter Widerruf widerspricht aber ohnehin auch nicht dem Schutzzweck des Widerrufsrechts. Das Widerrufsrecht soll gerade dazu dienen, dass der Verbraucher seine Entscheidung überdenken und seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen kann, wenn er feststellt, dass er sich zur Vereinbarung für ihn unvorteilhafter Bedingungen hat hinreißen lassen. Genau dies ist vorliegend der Fall. Die Kläger haben die Vertragsbedingungen im Dezember 2014 überprüft und festgestellt, dass diese für sie in Anbetracht des derzeitigen Zinsniveaus unvorteilhaft sind. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass das Ergebnis dieser Prüfung bei einer ordnungsgemäßen Belehrung ein anderes gewesen wäre, weil die Bedingungen 2005 und 2010 marktüblich waren. Es ist gerade der explizite Wille des Gesetzgebers gewesen, bei einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung ein ewiges Widerrufsrecht vorzusehen. An den Umstand, dass die Prüfung der Bedingungen erst Jahre später erfolgt, eine Unzulässigkeit der Rechtsausübung anknüpfen zu wollen, liefe auf eine Negierung dieses klaren gesetzgeberischen Willens hinaus.

4. Aufgrund des wirksamen Widerrufs sind die Kläger gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. an ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages vom 18. April 2005 gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden. Das Darlehensverhältnis ist in ein Rückgewährschuldverhältnis umgestaltet worden (§§ 357 Abs. 1 BGB a. F., 346 Abs. 1 BGB). Die Parteien haben folglich gemäß §§ 357 Abs. 1 BGB a. F., 346 BGB in der nach Art. 229 §§ 22 Abs. 2, 38 Abs. 1 EGBGB insoweit anzuwendenden, ab dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung die jeweils empfangenen Leistungen zurückzuerstatten.

a) Die Beklagte hat den Klägern gemäß §§ 357 Abs. 1 BGB a.F., 346 Abs. 1 BGB alle Zins- und Tilgungsleistungen zurückzuerstatten (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Rn. 59). Dieser Anspruchsgrund gilt allerdings nur für die bis zum 15. Dezember 2014 erbrachten Zahlungen, da der Widerruf insoweit eine Zäsur darstellt und für die Rückgewähr späterer Zahlungen das Bereicherungsrecht Anwendung findet (vgl. BGH, NJW 2017, 1823 Rn. 20).

Zudem haben die Kläger nach §§ 357 BGB a. F., 346 Abs. 1 BGB Anspruch auf Herausgabe der aus den Zins- und Tilgungsleistungen gezogenen Nutzungen. Zwar werden durch die Zubilligung von Nutzungsersatz nicht nur für die Zins-, sondern auch für Tilgungsleistungen die gegenseitigen Verpflichtungen ungleichmäßig gestaltet und der Darlehensnehmer so gestellt, als habe er eine verzinsliche Wertanlage getätigt. Dies ändert indes nichts an der gesetzlichen Regelung, die von der Rechtsprechung nicht korrigiert werden kann (vgl. BGH NJW 2016, 2428 Rn. 20).

Der Nutzungsersatz ist in Ermangelung des Nachweises tatsächlich höherer oder niedrigerer Nutzungsvorteile auf 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz zu bemessen. Die tatsächliche Vermutung, dass die Beklagte als Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (BGH, NJW 2014, 3713 Rn. 71), kann auf den vorliegenden Bereich der Immobilienfinanzierung nicht übertragen werden (BGH, NJW 2007, 364 Rn. 14). Im Bereich der Realkreditgewährung sind die Risiken für die finanzierende Bank geringer. Der Gesetzgeber hat den Verzugszinssatz deshalb in § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung insoweit auf 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beschränkt. Ein niedrigeres Risiko korreliert im Geschäftsleben mit einer niedrigeren Renditeerwartung. Die Kläger können die vorliegend in der Immobilienfinanzierung tätige Beklagte aber nicht auf die Nutzung der von ihnen in diesem Rahmen geleisteten Zahlungen im Anlagebereich verweisen, sondern müssen sich mit dem begnügen, was für die Beklagte im Bereich der Immobilienfinanzierung zu generieren ist. Die Wertung des § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. kommt daher vorliegend spiegelbildlich zur Anwendung und begründet die Vermutung, dass die beklagte Bank Nutzungen in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat. Die in beide Richtungen widerlegliche Vermutung ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien (BGH, Urt. v. 12. Juli 2016, XI ZR 564/15, Rn. 58; insoweit in NJW 2016, 3512 ff. nicht abgedruckt). Danach bedarf das Verlangen einer Nutzungsentschädigung seitens des Rückgewährgläubigers nur insoweit eines weiter gehenden Vortrags, als eine Nutzungsentschädigung von mehr als 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrt wird.

Soweit die Beklagte der Vermutung mit Schriftsatz vom 16. Februar 2018 erstmals entgegentritt, genügt sie den Anforderungen an deren Widerlegung nicht. Meint die Bank, die mit den Leistungen gewirtschaftet hat, dem Verlangen nach Herausgabe von Nutzungen Aufwendungen entgegensetzen zu können, kann sie bezogen auf ein oder mehrere konkrete, mit den vom Rückgewährgläubiger erlangten Mitteln getätigte Aktivgeschäfte dartun und nachweisen, sie habe auf das konkrete Geschäft rückführbare Vermögenswerte geopfert, die nach Verrechnung einen Erlös von hier weniger als zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergäben (BGH, Urt. v. 25. Apr. 2017, XI ZR 573/15, NJW 2017, 2104 Rn. 21). Verwendet die Bank die empfangenen Leistungen dazu, eigene Verpflichtungen zurückzuführen, zieht sie Nutzungen in Form eingesparter Schuldzinsen, die sie an den Rückgewährgläubiger herauszugeben hat und die sie – sofern geringer als die vermuteten Nutzungen – der Vermutung konkret entgegensetzen kann (BGH, a. a. O. Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten nicht. Vielmehr hat sie ausdrücklich vorgetragen, nicht mehr ermitteln zu können, wie die von den Klägern geleisteten Beträge tatsächlich investiert worden seien.

b) Die Beklagte als Darlehensgeberin hat ihrerseits gemäß §§ 357 Abs. 1 BGB a. F., 346 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB gegenüber den Klägern einen Anspruch auf Rückzahlung des Nettokreditbetrages von 80.000,00 Euro.

Darüber hinaus haben ihr die Kläger gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Halbsatz 1 BGB die Gebrauchsvorteile an dieser Darlehensvaluta in Höhe des vereinbarten Zinssatzes von 4,1 Prozent für den Zeitraum bis zum 31. März 2010 und von 4,42 Prozent für den Zeitraum vom 1. April 2010 bis zum Widerruf am 15. Dezember 2014 zu erstatten. Den ihnen gemäß § 346 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BGB offenstehenden Nachweis, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war, haben die Kläger nicht angetreten. Wertersatz wird allerdings nur für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta geschuldet (BGH, NJW 2015, 3441 Rn. 7).

c) Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 die Aufrechnung mit ihren Ansprüchen aus dem Rückgewährschuldverhältnis gegenüber den Forderungen der Kläger erklärt. Die Kläger haben bis zum 30. November 2014 59 Raten zu 340,00 Euro und 56 Raten zu 354,64 Euro an die Beklagte gezahlt und folglich Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 39.919,84 Euro erbracht. Dem steht ein Anspruch der Beklagten auf Rückgewähr der Darlehensvaluta in Höhe von 80.000,00 Euro sowie ein Nutzungsersatzanspruch für die jeweils offene Darlehensvaluta in Höhe des vertraglichen Zinses von 4,1 Prozent für die Zeit bis zum 31. März 2010, also von 15.710,38 Euro, und in Höhe des vertraglichen Zinses von 4,42 Prozent für die Zeit bis zum 30. November 2014, also von 15.143,78 Euro, gegenüber (Kreditrechner für Ratenkredite als Annuitätendarlehen unter www.zinsenberechnen.de). Zudem hat die Beklagte Anspruch auf Nutzungsersatz in Höhe des Vertragszinses von 4,42 Prozent für den halben Dezember 2014 auf der Basis der seinerzeit offenen Darlehensvaluta von 70.933,60 Euro, also auf weitere 130,63 Euro. Daraus errechnet sich eine Forderung der Beklagten von 71.064,95 Euro.

Soweit die Beklagte eine Zinsforderung von insgesamt 32.843,00 Euro errechnet hat, ist sie offensichtlich entgegen ihren einleitenden Ausführungen in der Anschlussberufungsschrift vom 20. Dezember 2017 (Seite 4, Bl. 145 GA) von einem Widerruf zum 15. Juli 2015 ausgegangen, wie sich aus der Summe der von ihr in Ansatz gebrachten Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger in Höhe von 42.475,32 Euro ergibt. Mit dem Vorbringen eines Widerrufs erst am 15. Juli 2015 kann die Beklagte aber nicht mehr gehört werden, nachdem sie die den Widerruf vom 15. Dezember 2014 umfassende klägerische Darstellung der vorprozessualen Korrespondenz in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich als zutreffend bezeichnet hat (Seite 4, Bl. 17 GA); dem steht nicht nur § 531 Abs. 2 ZPO, sondern auch § 290 ZPO entgegen.

Von der Forderung der Beklagten über 71.064,95 Euro sind die als von der Beklagten gezogen zu vermutenden Nutzungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die von den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Abzug zu bringen. Diese haben die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 17. Januar 2018 unter tabellarischer Darlegung des Darlehensverlaufs mit 5.505,46 Euro berechnet. Soweit die Beklagte diese Berechnung bestritten hat, ist sie den an eine Bank zu stellenden Anforderungen zur substantiierten Erwiderung nicht gerecht geworden. Die Beklagte hätte der klägerischen Berechnung eine eigene auf der Grundlage der von den Klägern verwandten, nach den vorstehenden Ausführungen zutreffenden Berechnungsparameter entgegenstellen müssen, was nicht geschehen ist. In Ermangelung eines substantiierten Bestreitens hat der Senat daher den von den Klägern ermittelten und im Übrigen plausiblen Wert zugrunde zu legen. Unter Abzug eines Nutzungsersatzanspruchs der Kläger in Höhe von 5.505,46 Euro errechnet sich eine überschießende Rückgewährforderung der Beklagten zum Widerrufszeitpunkt 15. Dezember 2014 von 65.559,49 Euro.

5. Die nachfolgenden, nicht auf die Erfüllung der jeweiligen Rückgewährpflichten gerichteten Leistungen und Ansprüche der Parteien sind nach Bereicherungsrecht zu beurteilen.

a) Nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zurückzugewähren sind die bis zum Zugang der Widerrufserklärung ausgetauschten Leistungen. Mit der Umwandlung des Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis tritt, was den Rechtsgrund der Ansprüche des Widerrufenden betrifft, eine Zäsur ein. Erbringt er danach Zins- und Tilgungsleistungen an den Darlehensgeber, richtet sich der Anspruch auf Rückgewähr nach §§ 812 ff. BGB, da die primären Leistungspflichten aus dem Verbraucherdarlehensvertrag entfallen sind (BGH, NJW 2017, 1823 Rn. 20). Dieser Bereicherungsanspruch der Kläger ist jedoch durch die Aufrechnungserklärung der Beklagten erloschen.

b) Mit dem Widerruf ist auch das Recht der Kläger zum Behalten der Darlehensvaluta entfallen. Die nach § 346 Abs. 1 BGB geschuldete Rückführung der nach Aufrechnung verbleibenden Darlehnsvaluta ist bislang nicht erfolgt. Insoweit verweist § 357 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. auf § 286 Abs. 3 BGB und folglich auf die Regelungen des Verzugs. Einem Verzug der Kläger steht jedoch der Einwand aus § 348 BGB entgegen, wonach die jeweiligen Rückgewährpflichten Zug um Zug zu erfüllen sind. Die Beklagte hat die Erfüllung ihrer Pflichten den Klägern nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten, sondern bis zuletzt verweigert; auch ihre Aufrechnung stand unter der innerprozessualen Bedingung, dass der klägerische Widerruf durchgreift (vgl. BGH, NJW 2017, 1823 Rn. 27).

Hinsichtlich des allein in Betracht kommenden Nutzungsersatzanspruchs der Beklagten kann entgegen von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht auf § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB zurückgegriffen werden (so etwa OLG Frankfurt, Urt. v. 27. Apr. 2016, 23 U 50/15, BeckRS 2016, 09373 Rn. 56). Diese Entscheidungen sind durch die vorzitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach nach §§ 346 ff. BGB nur die bis zum Zugang der Widerrufserklärung ausgetauschten Leistungen zurückzugewähren sind, weil mit Umwandlung des Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis eine Zäsur eintritt (vgl. BGH, NJW 2017, 1823 Rn. 20), überholt. Soweit nach dem Vortrag der Beklagten Oberlandesgerichte an dieser Auffassung festhalten, lassen diese Entscheidungen nicht nur eine Auseinandersetzung mit der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung, sondern auch eine nachvollziehbare dogmatische Begründung vermissen.

Für die in der faktischen Belassung der Darlehensvaluta liegende Leistung der Beklagten kann nichts anderes gelten als für die nach dem Widerruf erfolgten Leistungen der Kläger. Mit dem Widerruf ist der Rechtsgrund für das Behalten der Darlehensvaluta entfallen. Ein Nutzungsanspruch des Verbrauchers, der seinen Ursprung in der Zurverfügungstellung des Darlehens haben könnte, besteht seit der Erklärung des Widerrufs nicht mehr. Soweit ein Anspruch aus § 357 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. in Verbindung mit § 286 BGB nicht gegeben ist, richtet sich der Nutzungsersatzanspruch der Beklagten folglich nach Bereicherungsrecht, mithin nach § 818 Abs. 1 BGB. Die Vorschrift des § 357 a Abs. 3 Satz 1 BGB findet nach Art. 229 § 32 EGBGB nur auf seit dem 13. Juni 2014 geschlossene Verträge Anwendung.

Eine Verpflichtung des mit der Erfüllung seiner Rückgewährpflichten nicht in Verzug befindlichen Verbrauchers zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe des Vertragszinses würde diesen auch gegenüber einem Verbraucher benachteiligen, der sich wegen eines den Annahmeverzug begründenden Rückgewährangebots der Bank in Verzug befindet. Wie vorstehend ausgeführt, verweist für diesen Fall § 357 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. auf § 286 Abs. 3 BGB und folglich auf die Regelungen des Verzugs. Die Bestimmung des § 288 Abs. 1 BGB wird bei grundpfandrechtlich besicherten Darlehen aber durch § 497 Abs. 4 Satz 1 BGB (§ 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.) verdrängt, wonach der Verzugszins lediglich 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszins beträgt. Diese Vorschrift ist auf die in aller Regel grundpfandrechtlich besicherte Rückgewährforderung aus einem widerrufenen Immobiliendarlehen ebenfalls anzuwenden. Ein Rückgewährschuldner, der von seinem Zurückbehaltungsrecht nach § 348 BGB Gebrauch macht, kann aber nicht schlechter stehen als einer, der sich in Verzug befindet.

Im Übrigen wäre die durch § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB begründete Vermutung der Angemessenheit eines Gebrauchsvorteils in Höhe des Vertragszinses für den Zeitraum ab Widerruf schon aufgrund offenkundiger Tatsachen im Sinne des § 291 ZPO widerlegt. Der Vertragszins ist auch Gegenleistung für die langfristige Vertragssicherheit. Nach Widerruf besteht jedoch eine derartige Sicherheit für den Darlehensnehmer nicht mehr, weil er der jederzeitigen Rückforderung der Darlehensvaluta seitens der Bank ausgesetzt ist. Sobald die Bank sich entschließt, den Widerruf anzuerkennen, und die Erfüllung ihrer Rückgewährpflichten anbietet oder durch Aufrechnung erfüllt, hat der Verbraucher die Darlehensvaluta umgehend zurückzuführen. Auch insoweit tritt mit dem Widerruf eine Zäsur ein, die es nicht gestattet, auf den für ein 2010 langfristig vereinbartes Darlehen marktüblichen Zins zurückzugreifen, sondern es muss ab diesem Zeitpunkt auf die Marktüblichkeit jederzeit kündbarer oder jedenfalls nur kurzfristiger Darlehen abgestellt werden. Für derartige grundpfandrechtlich besicherte Darlehen beträgt der marktübliche Zins ebenfalls etwa 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. So weist die Zinsstatistik der Bundesbank, die eine offenkundige Tatsache darstellt, für besicherte Immobiliendarlehen mit ein- bis fünfjähriger Bindung derzeit sogar Zinssätze von nur 1,5 Prozent aus.

Es ist allerdings auch kein Grund dafür ersichtlich, weshalb die Kläger tatsächlich gezogene Nutzungen nicht herauszugeben hätten. Hätten sie den Rückgewähranspruch der Beklagten erfüllt, hätten sie im Zweifel ein anderes Darlehen aufnehmen müssen. Sie schulden daher nach § 818 Abs. 1 BGB seit dem 15. Dezember 2014 die tatsächlich gezogenen Nutzungen, die den aktuellen Zinsbedingungen entsprechen. Auch insoweit kommt der nunmehr in § 497 Abs. 4 Satz 1 BGB (§ 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.) normierte Rechtsgedanke zum Tragen, wonach eine tatsächliche Vermutung für einen Nutzungsvorteil von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz spricht. Diese Vermutung ist nicht widerlegt.

c) Der Beklagten steht danach ein Nutzungsersatzanspruch für die zweite Hälfte des Dezember 2014 auf der Grundlage von 65.428,86 Euro und einem Zinssatz von 1,77 Prozent zu. Beim Ausgangswert hat die der Beklagten für die erste Hälfte des Dezember zustehende Nutzungsentschädigung in Höhe von 130,63 Euro außer Betracht zu bleiben, um dem Zinseszinsverbot Rechnung zu tragen. Der Basiszinssatz betrug im Dezember 2017 -0,73 Prozent. Es errechnen sich 48,25 Euro, die von der Dezemberzahlung in Höhe von 354,64 Euro in Abzug zu bringen sind, bevor der Restbetrag aufgrund der für den Fall des wirksamen Widerrufs erklärten Aufrechnung der Beklagten von ihrer Rückgewährforderung in Höhe von 65.559,49 Euro abgezogen wird. Der Forderungsstand zum 31. Dezember 2014 beläuft sich folglich auf 65.253,10 Euro.

Der folgende Verlauf der Aufrechnungen kann wie ein Annuitätendarlehen betrachtet werden, wobei der Basiszins im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2016 -0,83 Prozent und in der Zeit ab dem 1. Juli 2016 -0,88 Prozent beträgt, woraus sich Zinssätze von 1,67 Prozent und 1,62 Prozent ergeben. Es errechnet sich eine Restschuld der Kläger von 60.447,58 Euro zum 30. Juni 2016 und von 55.196,39 Euro zum 31. Januar 2018 (Kreditrechner für Ratenkredite als Annuitätendarlehen unter www.zinsenberechnen.de). Die zum 30. Januar 2018 geleistete Zahlung der Kläger war die letzte vor Schluss der mündlichen Verhandlung.

Die Zahlungen ab Februar 2018 können aus prozessualen Gründen im vorliegenden Erkenntnisverfahren nicht berücksichtigt werden. Sie werden jedoch als Teilerfüllung im Rahmen der Vollstreckung zu berücksichtigen sein.

Von diesen 55.196,39 Euro sind noch 73,00 Euro von der Beklagten in der Zeit von Mai 2005 bis Mai 2011 vereinnahmte Kontoführungsgebühren in Abzug zu bringen. Den von der Beklagten vorgetragenen Endzeitpunkt haben die Kläger aus prozesstaktischen Gründen in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt. Für die Kontoführungsgebühren gilt nichts anderes als für die Bearbeitungsgebühr, die die Beklagte den Klägern vorliegend bereits erstattet hat. Die diesbezügliche Klausel ist unwirksam, weil die Erhebung eines Entgelts für die Bearbeitung eines Darlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BGH, NJW 2014, 2420 Rnrn. 63 ff.). Damit errechnet sich eine Restforderung der Beklagten in Höhe von 55.123,39 Euro, die den von den Klägern anerkannten Betrag von 51.331,59 Euro geringfügig übersteigt.

6. Eine Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren wird von der Beklagten nicht geschuldet, weil sie den betreffenden Vermögensschaden weder aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB noch wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu erstatten hat (vgl. BGH, NJW 2011, 1063 Rn. 29; BGH, NJW 2017, 1823 Rnrn. 27, 34 f.).

a) Ein Anspruch aus Verzug gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB scheitert daran, dass die Kläger der Beklagten die von ihnen geschuldete Leistung nicht in einer Annahmeverzug begründenden Weise angeboten haben. Da der Gesetzgeber nur § 286 Abs. 3 BGB an die besondere Situation des Verbraucherwiderrufs angepasst hat, unterliegt der Eintritt des Schuldnerverzugs im Übrigen den allgemeinen Voraussetzungen. Folglich konnte die Beklagte wegen §§ 348, 320 BGB nur dann in Schuldnerverzug geraten, wenn ihr die Kläger die von ihnen selbst nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anboten (vgl. BGH, NJW 2017, 1823 Rn. 27). Die Kläger haben der Beklagten die von ihnen zurückzugewährenden Leistungen indes nicht angeboten, sondern die Beklagte lediglich zur Abrechnung aufgefordert. Sie hätten die von ihnen zu erbringende Leistung aufgrund ihrer Kenntnis der Darlehenskonditionen aber selbst beziffern können und der Beklagten Zug um Zug gegen Erstattung der von dieser geschuldeten Beträge anbieten müssen.

b) Ein Anspruch wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB scheitert am erforderlichen Verschulden. Zwar stellt die Ablehnung eines begründeten vorgerichtlichen Rückabwicklungsbegehrens ein objektiv pflichtwidriges Verhalten im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB dar (vgl. BGH, NJW 2011, 1063 Rn. 30). Fahrlässig handelt ein Gläubiger aber nicht bereits dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt kann der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann genügen, wenn die von ihm zu beurteilende Rechtslage in besonderem Maße unklar ist und er sorgfältig prüft, ob dem eigenen Rechtsstandpunkt und der darauf beruhenden Anspruchsberühmung eine vertretbare rechtliche Beurteilung zu Grunde liegt. Bleibt bei dieser Prüfung mangels höchstrichterlicher Leitentscheidungen für die Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen ungewiss, ob eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger einen ihm vom Schuldner abverlangten Forderungsverzicht zurückzuweisen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich seine Anspruchsberühmung in einem Rechtsstreit später als unberechtigt herausstellt (BGH, NJW 2011, 1063 Rn. 31). Gemessen an diesen Anforderungen hat die Beklagte die vorgerichtliche Zurückweisung der von den Klägern verlangten Erklärung nicht zu vertreten. Die Fragen, ob die Verwendung des Begriffs „taggleich“ den gesetzlichen Anforderungen genügt und ob der Widerruf in Fällen wie dem vorliegenden verwirkt oder wegen unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen sein könnte, wurden seinerzeit in der Instanzrechtsprechung nicht einheitlich beantwortet und waren auch noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt.

c) Eine Freistellung von vorgerichtlich angefallenen Anwaltskosten kann auch nicht mit der Begründung verlangt werden, die Beklagte sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihre Verpflichtung zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verletzt habe. Rechtsverfolgungskosten sind nur dann ersatzfähig, wenn sie sich auf einen vom Schädiger zu ersetzenden Schaden beziehen. Daran fehlt es hier. Vor der Entstehung von Ansprüchen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB soll die Widerrufsbelehrung nicht schützen (BGH, NJW 2017, 1823 Rnrn. 34, 35).

7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 93 ZPO. Gemäß § 93 ZPO fallen die Prozesskosten dem (Wider-)Kläger zur Last, wenn der (Wider-) Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der (Wider-)Klage Veranlassung gegeben hat und er den Anspruch sofort anerkennt. Veranlassung zur Erhebung einer Klage gibt der Schuldner durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (BGH, NJW 1979, 2040, 2041), wenn also der Kläger annehmen muss, er werde ohne Klageerhebung nicht zu seinem Recht kommen (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 93 Rn. 3).

Danach sind die Voraussetzungen des § 93 ZPO vorliegend erfüllt, soweit die Kläger die für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs in Form der Anschlussberufung erhobene Widerklageforderung der Beklagten in Höhe von 51.331,59 Euro mit der Erwiderung auf die Anschlussberufung anerkannt haben. Die Kläger haben insoweit keine Veranlassung zur Erhebung der Widerklage gegeben. Soweit sie ursprünglich die Marktüblichkeit des Vertragszinses in Abrede gestellt haben, wird hierdurch der den Hauptteil des Rückgewähranspruchs bildende Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta nicht berührt. Im Übrigen liegt im Bestreiten der Marktüblichkeit eines Zinssatzes nicht das Bestreiten des Anspruchs auf Nutzungsersatz schlechthin; streitig war allenfalls eine Differenz. Dies kann jedoch letztendlich dahinstehen, da ein Anspruchsinhaber in aller Regel erst dann davon ausgehen darf, er werde ohne Klageerhebung nicht zu seinem Recht kommen, wenn er den Schuldner unter Androhung der Klageerhebung zur Leistung aufgefordert hat. Die Erfahrung lehrt, dass im Zuge eines Meinungsaustausches vertretene Positionen oftmals aufgegeben werden, wenn eine gerichtliche Geltendmachung droht. Eine vorprozessuale Zahlungsaufforderung seitens der Beklagten ist jedoch nie erfolgt.

Es kann dahinstehen, ob bei fälligen Geldschulden das Anerkenntnis allein nicht genügt, sondern die geschuldete Leistung auch sofort erbracht werden muss, obwohl eine solche Verknüpfung beider Vorgänge im Gesetz keine Stütze findet und daher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgelehnt wird (vgl. BGH, NJW 1979, 2040, 2041), da dieses zusätzliche Erfordernis auch nach dieser Auffassung für Zug um Zug zu erbringende Leistungen nicht gilt (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 93 Rn. 6, Stichwort Geldschulden). Vorliegend konnte die Beklagte die ihr zustehenden Rückgewähransprüche wegen §§ 348, 320 BGB nur fordern, wenn sie die von ihr selbst nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbot (vgl. BGH, NJW 2017, 1823 Rn. 27), was nicht geschehen ist. Da sie die die Rückgewährforderung der Kläger zum Erlöschen bringende Aufrechnung nur für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs erklärt hat, der erst mit diesem Urteil festgestellt wird, bestand jedenfalls vorliegend keine Veranlassung für die Kläger, den von ihnen anerkannten Teil der Widerklageforderung auch sofort zu leisten.

Da die Kläger folglich den weit überwiegenden Teil der Widerklageforderung mit der Kostenfolge des § 93 ZPO sofort anerkannt haben und sie mit ihrer Klage nur bezüglich der Nebenforderung unterlegen sind, ist es gerechtfertigt, der Beklagten nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits insgesamt aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 1, Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen inzwischen hinreichend geklärt. Deren Anwendung ist Sache des Tatrichters, wozu auch die Subsumtion unter die vom Bundesgerichtshof entwickelten Rechtsgrundsätze gehört. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Abweichende tatrichterliche Würdigungen anderer Senate vermögen eine Revisionszulassung nicht zu rechtfertigen. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bezweckt nicht die gleichförmige Ausübung tatrichterlichen Ermessens. Auch der Umstand, dass einzelne Oberlandesgerichte von der höchstrichterlichen Auffassung abweichen, macht diese Rechtsfrage nicht wieder zu einer ungeklärten, zumal wenn es an einer Auseinandersetzung mit der entsprechenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs fehlt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 80.000,00 Euro festgesetzt. Dabei kann dahinstehen, ob das wirtschaftliche Interesse der Kläger der im Zeitpunkt des Widerrufs noch offenen Darlehensvaluta in Höhe von 70.933,60 Euro oder nur der Differenz zwischen den Ansprüchen der Beklagten bei weiterer Erfüllung des Darlehensvertrages und den ihr bei Rückabwicklung im Saldo zustehenden Rückgewähransprüchen entspricht. Der Streitwert fällt jedenfalls wegen der von der Beklagten für den hier gegebenen Fall der Wirksamkeit des Widerrufs erhobenen Widerklage über 67.451,99 Euro, die bei wirtschaftlicher Betrachtung denselben Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG betrifft, in die Gebührenstufe bis zu 80.000,00 Euro.

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