OLG Frankfurt am M. 17 U 144/15 Nutzungsersatz nach Widerruf Darlehen bei unwirksamer Widerrufsbelehrung

Juli 19, 2017

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 13.07.2016, Az.: 17 U 144/15
Nutzungsersatz nach Widerruf des Darlehensvertrages bei unwirksamer Widerrufsbelehrung

LG Frankfurt am Main – 11.06.2015 – AZ: 2-28 O 19/15

nachgehend:BGH – AZ: XI ZR 408/16

1. Die Widerrufsbelehrung zu einem im Wege des Fernabsatzes zu Stande gekommenen Verbraucherdarlehensvertrags informiert nicht vollständig über den Beginn der Widerrufsfrist, wenn der Hinweis nach §§ 312 d Abs. 2 S. 1, 312 d Abs. 5 S. 2 BGB a.F. fehlt, dass die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 BGB a.F. und nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses beginnt.

2. Voraussetzung des Annahmeverzugs ist, dass der Gläubiger die ihm angebotene Leistung nicht annimmt, § 293 BGB. Der Schuldner muss die Leistung so anbieten, wie sie zu bewirken ist, wobei ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Gläubiger erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, §§ 294, 295 BGB. In einem Rückgewährschuldverhältnis muss die Rückgewähr der Leistung vollständig angeboten werden. Das Angebot, die empfangene Leistung zurückgeben zu wollen, genügt nicht, wenn weitergehende Ansprüche des anderen Teils bestehen. Rückgewährschuldner muss in diesem Fall zusätzlich die Herausgabe oder die Rückgewähr von Nebenleistungen, etwa gezogene Nutzungen sowie Wertersatz für nicht gezogene Nutzungen, Verwendungen und Aufwendungen nach §§ 346, 347 BGB mitanbieten.

3. Der Darlehensgeber schuldet dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Hs. 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen. Die Höhe des Nutzungsersatzes ist bei Realkrediten regelmäßig auf 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu schätzen.
Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.06.2015, Az. 2-28 O 19/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien im Mai 2010 abgeschlossene Verbraucherdarlehensvertrag mit laufender Tilgung zur Darlehensnummer … durch Schreiben vom 19.11.2013 wirksam widerrufen und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Wertersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf alle Zahlungen des Klägers (Zins- und Tilgungsleistungen) auf das vorgenannte Darlehen zu zahlen, jeweils ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Zahlung bei der Beklagten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 80 % und der Kläger 20 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags und dessen Folgen.

Der Kläger, der im Angestelltenverhältnis als Berater in der Immobilienbranche tätig ist, schloss mit der Beklagten Ende Mai 2010 einen Darlehensvertrag (Darlehensnummer …) über ein Darlehen in Höhe von 1.300.000,- € zum Kauf des Mehrfamilienhauses Straße1 in Stadt1. Der Vertrag beruhte auf dem Angebot der Beklagten vom 19.05.2010 und der Annahmeerklärung des Klägers vom 26.05.2010. Wegen der Einzelheiten der Vertragserklärungen der Parteien wird auf die Anlagen K 1 u. K 2 (Bl. 17 bis 22 d. A.) sowie die Anlage B 6 (Anlagenband) Bezug genommen. Dem Vertragsangebot war die folgende Widerrufsbelehrung beigefügt:

(Darstellung kann aus technischen Gründen nicht erfolgen – die Red.)

Die Übermittlung der Vertragserklärungen der Parteien erfolgte ausschließlich durch Fernkommunikationsmittel.

Dem Angebot der Beklagten vom 19.05.2011 war ein Kreditantrag des Klägers vom 07.03.2010 über einen Darlehensbetrag von 1.300.000,00 € zum Erwerb eines Mehrfamilienhauses und über einen Dispositionskredit in Höhe von 50.000,- € vorausgegangen. In diesem Kreditantrag ist das Mehrfamilienhaus mit „Straße2, Stadt1“ bezeichnet (Anlage B 1 – Anlagenband).

Am 19.11.2013 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten durch anwaltliches Schreiben den Widerruf des Darlehensvertrags und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 04.12.2013 erfolglos auf, den Widerruf anzuerkennen und die Restvaluta des Darlehens fällig zu stellen.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe den Darlehensvertrag als Verbraucher abgeschlossen. Er habe sich vom Darlehensvertrag durch Widerruf lösen können, da das Recht zum Widerruf der Vertragserklärungen mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs noch nicht erloschen gewesen sei. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspreche in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Vorgaben. So sei die Belehrung hinsichtlich des Fristbeginns missverständlich bzw. falsch, da die Frist nicht wie angegeben mit der Aushändigung der Vertragsurkunde bzw. des Antrags beginne, sondern in jedem Fall erst mit Abschluss des Vertrages. Die Belehrung sei auch deshalb fehlerhaft, da sie keine Angaben zu den weiteren Voraussetzungen des Fristbeginns enthalte, die aus dem Umstand resultierten, dass es sich hier um einen Fernabsatzvertrag handele. Einen weiteren Fehler enthalte die Belehrung, da sie falsch über die Widerrufsfolgen aufkläre und der Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung widersprüchlich sei. So heiße es zunächst, dass der Darlehensnehmer die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Widerrufserklärung erfüllen müsse. Im nächsten Absatz heißt es dann jedoch, dass die Rückzahlung innerhalb einer zweiwöchigen Frist erfolgen müsse. Der Widerspruch innerhalb der Belehrung betreffe damit sowohl die Frist selbst als auch den Fristbeginn.

Die Widerrufsfrist habe hier auch deshalb nicht begonnen, wel der Kläger keine Ablichtung der Annahmeurkunde und auch nicht die Pflichtinformationen nach § 312c BGB a. F. erhalten habe. Ohne die Erfüllung der Informationspflichten beginne die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 3 S. 2 BGB a.F. nicht zu laufen.

Der Kläger hat behauptet, er habe zwischenzeitlich einen neuen Darlehensvertrag mit der Bank1 abgeschlossen. Aus diesem Vertrag sei er verpflichtet, seit Januar 2014 eine Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von monatlich 3.150,00 € zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

festzustellen, dass der zwischen den Parteien im Mai 2010 abgeschlossene Verbraucherdarlehensvertrag mit laufender Tilgung zur Darlehensnummer … durch Schreiben vom 19.11.2013 wirksam widerrufen wurde,
2.

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nummer … und der Rücknahme der Darlehensvaluta seit dem 19.12.2013 im Verzug der Annahme befindet und der Kläger seit diesem Tag weder Vertragszinsen noch Wertersatz schuldet,
3.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Wertersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf alle Zahlungen des Klägers (Zins- und Tilgungsleistungen) auf das in Ziff. 1. genannte Darlehen zu zahlen, jeweils ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Zahlung bei der Beklagten,
4.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche aus dem Verzug entstehenden Schäden zu ersetzen, insbesondere solche Nachteile, die sich aus einer verspäteten Ablösung des Darlehens ergeben und hier insbesondere in den für die Bereithaltung der Ablösevaluta fälligen Provisionen bestehen,
5.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.249,43 € an Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung zu zahlen,

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe nach dem Kreditantrag vom 07.03.2010 betreffend das Haus in der Straße2 in Stadt1, der nicht zum Abschluss eines Darlehensvertrages geführt habe, einen weiteren Kreditantrag zum Erwerb des Mehrfamilienhauses Straße1 in Stadt1 gestellt. Auf der Grundlage dieses Kreditantrags habe die Beklagte das Darlehensangebot vom 19.05.2010 erstellt.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht als Verbraucher abgeschlossen. Sie behauptet, der Kläger beziehe sein Einkommen ganz überwiegend aus der Vermietung der Liegenschaft Straße1. Er betreibe die Vermietung der Immobilie planmäßig und wende dafür beträchtliche Zeit auf.

Weiter hat die Beklagte die Ansicht vertreten, die vom Kläger gestellten Feststellungsanträge seien mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Dem Kläger sei es möglich, sein mit den Feststellungsanträgen zu 1) und 2) verfolgtes Klagebegehren zu beziffern. Der Feststellungsantrag zu 3) betreffe lediglich eine rechtliche Vorfrage. Zudem könne auch hier das vermeintliche Recht im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden. Gleiches gelte für den Feststellungsantrag zu 4).

Der Kläger habe kein Recht zum Widerruf gem. § 495 BGB. Ein solches Recht stehe lediglich einem Verbraucher zu, nicht jedoch einem Unternehmer. Der Kläger sei darlegungs- und beweisbelastet, dass er als Verbraucher gehandelt habe. Eine Vermutung oder sonstige Beweiserleichterung greife zu seinen Gunsten nicht ein.

Aber selbst wenn der Kläger als Verbraucher gehandelt hätte, wäre die Klage unbegründet. Der Kläger habe die Vertragserklärung im November 2013 nicht mehr wirksam widerrufen können, da die Frist jedenfalls abgelaufen gewesen sei. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Vorgaben.

Indem der Kläger seine Vertragserklärung widerrufen habe, habe er zudem widersprüchlich und damit rechtsmissbräuchlich gehandelt. Jedenfalls stehe der Geltendmachung der Rechte aus dem Widerruf der Einwand der Verwirkung entgegen.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird insoweit gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei zwar zulässig, in der Sache habe die Klage jedoch keinen Erfolg. Der Ausübung des Widerrufsrechts stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Der Kläger habe kein schutzwürdiges Interesse am Widerruf seiner Vertragserklärung. Zweck der Widerrufsvorschriften sei es, den Verbraucher wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des Darlehensvertrags vor Übereilung zu schützen. Dieser Schutzzweck sei vorliegend nicht tangiert. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, trotz möglicher Fehler der Widerrufsbelehrung während der eingeräumten vierzehntägigen Bedenkzeit zu widerrufen. Davon habe er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr nutzte er nun eine formal bestehende Rechtsposition aus, um im Vertrag nicht angelegte Ziele zu erreichen. Er habe den Darlehensvertrag allein deshalb widerrufen, weil er Zinsen bzw. eine Vorfälligkeitsentschädigung sparen wolle. Der Kläger habe über Jahre hinweg seine Pflichten gegenüber der Beklagten erfüllt, ohne dass sich seinem Verhalten irgendein Anzeichen dafür habe entnehmen lassen, dass er sich bei Eingang der Verpflichtung überrumpelt und in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt gefühlt hätte.

Darüber hinaus stehe der Ausübung eines etwaigen Widerrufsrechts der Einwand der Verwirkung entgegen. Das sogenannte Umstandsmoment sei erfüllt, da es sich um einen durch ein Grundpfandrecht gesicherten Kredit handele. Dieser sei anders zu bewerten als sonstige Kredite. Wegen dieser Besonderheiten habe die Beklagte nicht mehr mit dem Widerruf des Darlehensvertrags und einer daran anknüpfenden Rückabwicklung rechnen müssen, sondern auf den Bestand des Vertrags vertrauen dürfen. Der Kläger sei bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung weniger schutzwürdig als beim vollständigen Fehlen einer Widerrufsbelehrung. Auch eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung zeige dem Verbraucher auf, dass er zum Widerruf berechtigt sei. Die vorgesehene Widerrufsfrist von 2 Wochen stehe zudem in einem erheblichen Gegensatz zur Frist von mehr als 3 Jahren, die der Kläger bis zum Widerruf habe verstreichen lassen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass es dem Gesetzgeber selbst im ersten Anlauf nicht gelungen sei, eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung zu erstellen. Dies rechtfertige die Anwendung von § 242 BGB als Korrektiv. Je schwieriger die Pflichten für den Verpflichteten zu erkennen seien, desto weniger schwerwiegender dürften die Folgen eines Verstoßes gegen Formalvorgaben sein. Der Verwirkung stehe nicht entgegen, dass die Beklagte die Möglichkeit gehabt habe, die Belehrung nachzuholen. Für eine Nachbelehrung habe kein Anlass bestanden, da der Kläger den Vertrag beanstandungsfrei durchgeführt habe. Es könne zudem nicht unbeachtet gelassen werden, dass die Beklagte hier wegen des zwischenzeitlich gesunkenen Zinsniveaus schutzwürdiger sei als in anderen Fällen. Es könne nicht sein, dass die Bank das Risiko fallender Zinsen tragen müsse.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er macht – stark verkürzt – geltend, die Auffassung des Landgerichts zur Verwirkung und zum Rechtsmissbrauch stehe im Widerspruch zu den hierzu vom Bundesgerichtshof aufgestellten und von vielen Oberlandesgerichten auf Fälle wie den vorliegenden übertragenen Grundsätzen.

Hilfsweise beruft sich der Kläger auf die Wirksamkeit der von ihm mit Schreiben vom 25.08.2015 erklärten außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrags. Er macht geltend, ihm stehe ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrags zur Seite, weil sich die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien in den letzten Jahren erheblich verschlechtert habe. Die Verschlechterung betreffe auch Geschäftsbeziehungen zwischen der Beklagten und Familienangehörigen des Klägers.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2-28 O 19/15,

1.

festzustellen, dass der zwischen den Parteien im Mai 2010 abgeschlossene Verbraucherdarlehensvertrag mit laufender Tilgung zur Darlehensnummer … durch Schreiben vom 19.11.2013 wirksam widerrufen wurde,
2.

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nummer … und der Rücknahme der Darlehensvaluta seit dem 19.12.2013 im Verzug der Annahme befindet und der Kläger seit diesem Tag weder Vertragszinsen noch Wertersatz schuldet,
3.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Wertersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf alle Zahlungen des Klägers (Zins- und Tilgungsleistungen) auf das in Ziff. 1. genannte Darlehen zu zahlen, jeweils ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Zahlung bei der Beklagten,
4.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche aus dem Verzug entstehenden Schäden zu ersetzen, insbesondere solche Nachteile, die sich aus einer verspäteten Ablösung des Darlehens ergeben und hier insbesondere in den für die Bereithaltung der Ablösevaluta fälligen Provisionen bestehen,
5.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.249,43 € an Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung zu zahlen,

hilfsweise,

festzustellen, dass alle Verträge des Klägers mit der Beklagten einschließlich des Darlehens zur Vertragsnummern … und damit die Geschäftsbeziehung insgesamt durch das Schreiben des Rechtsanwalts … vom 24.08.2015 wirksam aus wichtigem Grund gekündigt wurde,

festzustellen, dass der zwischen den Parteien im Mai 2010 abgeschlossene Verbraucherdarlehensvertrag mit laufender Tilgung zur Darlehensnummer … durch Schreiben vom 19.11.2013 wirksam widerrufen wurde und infolgedessen in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die angefochtene Entscheidung. In Bezug auf den Vortrag des Klägers zu den Gründen für die außerordentliche Kündigung der Geschäftsbeziehung, den sie umfassend bestreitet, rügt die Beklagte Verspätung.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts zur Zulässigkeit des Feststellungsantrags zu 1). Das nach § 256 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an den begehrten Feststellungen folgt aus der mit Erhebung der Feststellungsklage verbundenen Möglichkeit einer prozesswirtschaftlich sinnvollen, endgültigen Streitbeilegung. Eine Feststellungsklage kann trotz der grundsätzlich vorrangigen Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig sein, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2012 – XI ZR 254/10 -, Rn. 7, juris). Davon ist hier insbesondere deshalb auszugehen, weil bei einer beklagten Bank hinreichende Gewähr dafür besteht, sie werde sich an ein Feststellungsurteil auch insoweit gebunden sehen, als ihr Prozessgegner auf der Grundlage der Feststellungen Zahlung verlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2012 – XI ZR 254/10 -, Rn. 7, juris; BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – XI ZR 78/94 -, BGHZ 130, 59-70, Rn. 17). Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass es sich bei der vom Kläger beantragten Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs vom 19.11.2013 um die Feststellung einer bloßen Vor- oder Rechtsfrage und mithin nicht um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses – wie von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzt – handelt. Der Feststellungsantrag ist jedoch dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellung der Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis durch den wirksam erklärten Widerruf begehrt. Bestehen Zweifel, ob Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder einer nicht feststellungsfähigen Vor- oder Rechtsfrage begehrt wird, so hat das Gericht den Klageantrag unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen (vgl. Becker-Eberhard in: Münchner Kommentar, ZPO, § 256 Rn. 23, beck-online). Dies gilt auch für die Berufungsinstanz, wenn wie hier der Kläger mit der Berufungsbegründung auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1993 – VI ZR 105/92 -, BGHZ 124, 128-146, Rn. 23, juris). Ausweislich der Klageschrift ist das Feststellungsbegehren des Klägers darauf gerichtet, „dass der Darlehensvertrag als Rechtsverhältnis nicht mehr besteht, und dass ein Rückabwicklungsverhältnis an dessen Stelle getreten ist“. Der Kläger hat damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sein Klageziel – anders als es der Wortlaut des Antrags nahelegt – nicht die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs ist, sondern die Feststellung des Bestehens eines Rückgewährschuldverhältnisses.

Soweit sich die Berufung auf den Feststellungsantrag zu 1) bezieht, ist sie begründet. Durch den vom Kläger mit Schreiben vom 19.11.2013 erklärten Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Vertragserklärung hat sich der Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt.

Der Senat vermag sich der Ansicht des Landgerichts zur Verwirkung sowie zur Treuwidrigkeit der Ausübung des – vom Landgericht unterstellten – Widerrufsrechts nicht anzuschließen.

Der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger steht der Einwand der Verwirkung nicht entgegen.

Zwar können grundsätzlich auch unbefristete Gestaltungsrechte wie das Widerrufsrecht im Falle illoyaler Verspätung der Verwirkung unterliegen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 23 U 24/15, Juris Rn. 42). Die Voraussetzungen der Verwirkung sind hier jedoch nicht erfüllt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH v. 20.07.2010, Az. EnZR 23/09, Juris Rn. 20). Im vorliegend betroffenen Anwendungsbereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten sind strenge Anforderungen an das Umstandsmoment zu stellen (Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 34). Danach kommt hier eine Verwirkung nicht in Betracht. Die jahrelange unbeanstandete Durchführung des Vertrages allein reicht nicht aus, um von einer Verwirkung ausgehen zu können (Senat a.O. m.w.Nw.; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 [2149]; a. A.: OLG Frankfurt, Urteil vom 07.08.2015, Az. 19 U 5/15, Juris Rn. 59 – Nichtzulassungsbeschwerde anhängig). Außer der langen Laufzeit des Vertrages steht damit kein Verhalten des Klägers im Raum, aus dem die Beklagte bei objektiver Betrachtung den Schluss ziehen durfte, der Kläger würde sein Recht nicht mehr geltend machen. Überdies hat die Beklagte auch nicht vorgetragen, dass sie sich auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts eingerichtet hätte und ihr ein unzumutbarer Nachteil entstünde, falls der Widerruf Wirksamkeit entfaltete. Schließlich wäre die Beklagte auch nicht schutzwürdig. Nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Derjenige, der eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet, muss mithin regelmäßig mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechnen (vgl. (BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101-121, Juris Rn. 39; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 23 U 24/15, Juris Rn. 42). Die bloße Hoffnung der Beklagten, auf ihr eigenes Schweigen hin würde auch der Kläger die Anlageentscheidung im Laufe der Zeit vielleicht auf sich beruhen lassen, begründet die Schutzwürdigkeit der Beklagten jedenfalls nicht (Senat, Urteil vom 27.01.2016, Az. 17 U 16/15, Rn. 33, juris; Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 36). Sonstigen begründete Umstände, aufgrund derer die Beklagte im konkreten Fall nicht mehr mit einem Widerruf des Darlehensvertrages rechnen musste, liegen nicht vor. Insbesondere lässt sich aus dem Umstand, dass das Darlehen mit einem Grundpfandrecht besichert worden ist, nichts für die Beklagte herleiten.

Entgegen der Ansicht der Beklagten stellt sich die Ausübung des Widerrufs nicht als unzulässige Rechtsausübung dar.

Dem Kläger ist insbesondere nicht vorzuwerfen, sich mit der Erklärung des Widerrufs in einen mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht in Übereinstimmung zu seinem früheren Verhalten stehenden Widerspruch gesetzt zu haben. Allein der Umstand, dass ein Berechtigter bis zur Ausübung eines ihm eingeräumten Gestaltungsrechts den bestehenden Vertrag anerkennt, kann der Geltendmachung von Rechten nach der Ausübung grundsätzlich nicht entgegenstehen (Senat, Urteil vom 27.01.2016, Az. 17 U 16/15, Rn. 34, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 23 U 24/15, Juris Rn. 42), da andernfalls die vom Gesetzgeber in § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. getroffene Regelung in ihr Gegenteil verkehrt würde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2015, Az. 31 U 40/15, Juris Rn. 7). Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101-121, Juris Rn. 40). Eine solche vorrangige Schutzwürdigkeit kann ein Unternehmer nicht für sich beanspruchen, wenn er es – so wie hier – versäumt hat, den Verbraucher über sein Widerrufs bzw. Widerspruchsrecht zu belehren (vgl. BGH a.a.O.).

Die Geltendmachung des Widerrufsrechtes ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie zu einem Zweck erfolgte, der der Zwecksetzung der Norm, die das Widerrufsrecht grundsätzlich eröffnet, zuwiderliefe. Zwar liegen Sinn und Zweck eines Widerrufsrechts grundsätzlich darin, dem Kunden die Möglichkeit einzuräumen, die Sinnhaftigkeit des von ihm abgeschlossenen Vertrages im Nachhinein noch einmal zu überdenken und auf eine voreilige Entschließung überprüfen zu können. Dennoch kann von einem Rechtsmissbrauch auch dann nicht ausgegangen werden, wenn der Verbraucher – wie hier – für sich keinen Übereilungsschutz in Anspruch zu nehmen gedenkt, sondern aus dem Widerruf einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen will (BGH, Urteil vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 146/15, Juris Rn. 16 ff.; Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 35). Nach der gesetzlichen Regelung kann ein Verbraucher das Widerrufsrecht ohne besondere Begründung ausüben (vgl. § 355 Abs.1 S.2 BGB a.F.); eine wie auch immer geartete „Gesinnungsprüfung“ findet nicht statt – und zwar weder innerhalb der Zwei-Wochen-Frist noch danach. Insofern ist es ohne Weiteres legitim, das Widerrufsrecht aus rein wirtschaftlichen Erwägungen geltend zu machen (BGH, Urteil vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 146/15, Juris Rn. 16 ff.; OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2015, Az. 6 U 148/14, Juris Rn. 44; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 [2148]; a.A.: OLG Hamburg, Urteil vom 02.04.2015, Az. 13 U 87/14, BeckRS 2015, 17033, beck-online Rn. 18 ff.).

Der Beklagten gereicht der Umstand, dass die Erstellung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung angesichts der Fülle von Informationspflichten als schwierig anzusehen ist (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20.01.2016, Az. 4 U 79/15, Rn. 84), in diesem Zusammenhang nicht zum Vorteil. Wie noch auszuführen ist, hat die Beklagte hier nicht beachtet, dass der Darlehensvertrag unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist. Hätte sie sich dies vergegenwärtigt, wäre es ihr ohne Weiteres möglich gewesen, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen. Weshalb dieser der Beklagten unterlaufene Fehler dazu führen sollte, dass der Kläger als Adressat der Widerrufsbelehrung an der Ausübung des Widerrufsrechts gehindert sein sollte, ist nicht zu erkennen.

Der vom Kläger mit Schreiben vom 19.11.2013 erklärte Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen ist gem. §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der vom 08.12.2004 bis zum 10.06.2010 gültigen Fassung = a.F. (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB) wirksam.

Die verbraucherschützenden Vorschriften sind anwendbar, da der Kläger den Darlehensvertrag als Verbraucher abgeschlossen hat. Verbraucher ist gem. § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Zu den gewerblichen Betätigungen gehört nicht die Verwaltung eigenen Vermögens. Sie wird auch dann grundsätzlich dem privaten Bereich zugerechnet, wenn es sich um die Anlage beträchtlichen Kapitals handelt. Die Aufnahme von Fremdmitteln kann insbesondere beim Immobilienerwerb zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören und lässt daher nicht zwangsläufig auf ein Gewerbe schließen. Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2001 – XI ZR 63/01 -, BGHZ 149, 80-89, Rn. 23, juris). Die Höhe der verwalteten Werte oder des Kreditbetrages ist dabei nicht maßgeblich, weil etwa bei einer Anlage in Aktien oder festverzinslichen Wertpapieren mit einem relativ geringen organisatorischen und zeitlichen Aufwand auch große Kapitalbeträge verwaltet werden können. Handelt es sich um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, so ist dementsprechend nicht deren Größe entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, hält sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Dagegen spricht die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand danach insgesamt das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebes vermittelt, bleibt eine im Einzelfall zu beurteilende Frage (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2001 – XI ZR 63/01 -, BGHZ 149, 80-89, Rn. 24, juris). Danach ist hier die Schwelle zu einem planmäßigen Geschäftsbetrieb nicht überschritten. Das durch das streitgegenständliche Darlehen finanzierte Mehrfamilienhaus verfügt über eine Mietfläche von 561 m2 und ist an lediglich 10 Mietparteien vermietet. Der für die Verwaltung eines derartigen Objekts erforderliche zeitliche Aufwand beläuft sich nach allgemeiner Lebenserfahrung durchschnittlich allenfalls auf wenige Stunden pro Woche. Dass der Kläger über weitere Mietobjekte verfügen würde, so dass der Gesamtaufwand für die Verwaltung deutlich höher wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Umstand, dass der Kläger in seinem Kreditantrag vom 07.03.2010 ein Mehrfamilienhaus in der Straße2 in Stadt1 angegeben hat, bietet keinen hinreichenden Anhaltspunkt für eine Vermietung mehrerer Objekte durch den Kläger. Der Kläger hat in erster Instanz nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der Bezeichnung des Mietobjekts um ein Versehen gehandelt hat, das gegenüber der Beklagten telefonisch korrigiert worden sei. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt. Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des § 13 BGB nicht zu Lasten des Verbrauchers. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 30. September 2009 – VIII ZR 7/09 -, Rn. 11, juris). Derartige Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Die Beklagte hatte beim Abschluss des Darlehensvertrags keinen Anlass davon auszugehen, dass der Kläger Mietobjekte in einem Maße betreiben würde, das aufgrund des Umfangs, der Komplexität und der Anzahl der damit verbundenen Vorgänge das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebes vermittelte.

Die weiteren Voraussetzungen der Wirksamkeit des vom Kläger erklärten Widerrufs sind erfüllt. Der Widerruf ist insbesondere nicht gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. verfristet. Zwar hat der Kläger seine Vertragserklärungen nicht innerhalb von zwei Wochen seit Aushändigung der Widerrufsbelehrung widerrufen. Dies ist jedoch unerheblich, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung gem. §§ 355 Abs. 2 S. 1, 312d Abs. 2 S. 1 u. Abs. 5 S. 2 BGB a. F. nicht zu laufen begonnen hat und das Widerrufsrecht gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. nicht erloschen ist. Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. muss die Widerrufsbelehrung einen Hinweis auf den Fristbeginn enthalten. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (BGH, Urteil vom 13.01.2009, Az. XI ZR 118/08, Rn. 14, juris). Die von der Beklagten erteilte Belehrung über den Fristbeginn genügt diesen Anforderungen nicht, da sie unvollständig und mithin unzutreffend ist. Nach §§ 312d Abs. 2 S. 1, 312d Abs. 5 S. 2 BGB a. F. beginnt bei im Fernabsatz zustande gekommenen Verbraucherkreditgeschäften die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB a. F. und nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses. Da hier der Darlehensvertrag unstreitig unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist, hätte die Beklagte den Kläger dementsprechend belehren müssen. Dies hat die Beklagte, die die Darlehensverträge üblicherweise im Filialgeschäft abschließt, jedoch nicht beachtet.

Anders als die Beklagte meint, setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 29.12.2015 – 17 W 50/15. Zwar war Gegenstand jener Entscheidung eine der hier streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung entsprechende Widerrufsbelehrung. Allerdings war der dortige Darlehensvertrag nicht unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen, so dass die Widerrufsbelehrung im Hinblick auf den Fristbeginn nicht zu beanstanden war.

Die Regelung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vom 08.12.2004 bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (a. F.) i. V. m. der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a. F. steht der Beklagten nicht zur Seite. Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F., wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. in Textform verwendet wird. Die Beklagte hat jedoch in Verkennung des Umstands, dass der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen worden ist, den Gestaltungshinweis Nr. 3 nicht beachtet und die nach Absatz b) bb) erforderlichen Zusätze nicht eingefügt. Im Übrigen beruft sich die Beklagte auch gar nicht auf § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F.

Die Berufung ist unbegründet, soweit sie die Abweisung der Klage im Feststellungsantrag zu 2) betrifft. Der Feststellungsantrag zu 2) hat in der Sache keinen Erfolg, da sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug befindet. Voraussetzung für den Annahmeverzug ist, dass der Gläubiger die ihm angebotene Leistung nicht annimmt, § 293 BGB. Der Schuldner muss die Leistung so anbieten, wie sie zu bewirken ist, wobei ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Gläubiger erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, §§ 294, 295 BGB. In einem Rückgewährschuldverhältnis muss die Rückgewähr der Leistung vollständig angeboten werden. Das Angebot, die empfangene Leistung zurückgeben zu wollen, genügt nicht, wenn weitergehende Ansprüche des anderen Teils bestehen. Der Rückgewährschuldner muss in diesem Fall zusätzlich die Herausgabe oder die Rückgewähr von Nebenleistungen, etwa gezogene Nutzungen sowie Wertersatz für nicht gezogene Nutzungen, Verwendungen und Aufwendungen nach §§ 346, 347 BGB mitanbieten (OLG Frankfurt, Urteil vom 27. April 2016 – 23 U 50/15 -, Rn. 77, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. September 2007 – 7 U 169/06 -, Rn. 21, juris; Kaiser in: Staudinger, BGB § 346, Rn. 299, juris). Daran fehlt es hier. Dem vorgerichtlichen Schreiben des Klägers vom 19.11.2013 lässt sich lediglich im Wege der Auslegung das Angebot auf Rückzahlung der Restdarlehensvaluta entnehmen. Der Kläger hat jedoch die gesamte empfangene Darlehensvaluta ohne Berücksichtigung der bereits erbrachten Tilgungsleistungen sowie die gezogenen Nutzungen bzw. Nutzungsersatz an die Beklagte zu zahlen. Auch mit der Klage hat der Kläger diese Leistungen nicht vollständig angeboten. Zwar geht er nunmehr davon aus, zur Rückzahlung der gesamten empfangenen Darlehensvaluta und zur Zahlung von Nutzungsersatz verpflichtet zu sein („Unstreitige Rechtsfolge ist wohl, dass die Kläger die erhaltene Darlehnsvaluta und die Beklagte die Tilgungszahlungen zurückzugeben haben … „). In Bezug auf den Nutzungsersatz lässt er jedoch völlig offen, in welcher Größenordnung er zur Zahlung bereit ist. Er deutet lediglich an, dass die Berechnung des Nutzungsersatzes auf der Grundlage eines niedrigeren Zinssatzes als dem vertraglichen Zinssatz zu erfolgen habe, ohne diesen Zinssatz zu beziffern.

Hinsichtlich des Feststellungantrages zu 3) hat die Berufung teilweise Erfolg. Das nach § 256 ZPO erforderliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung der Höhe des vom Kläger zu beanspruchenden Nutzungsersatzes besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich ein Feststellungsbegehren auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht, insbesondere auch auf einen streitigen Teil des Vertragsinhalts, beschränken (BGH, Urteil vom 19. November 2014 – VIII ZR 79/14 -, Rn. 24, juris). Nicht feststellungsfähig sind hingegen einzelne rechtserhebliche Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder bloße Grundlagen für die Berechnung eines Anspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1994 – II ZR 269/93 -, Rn. 6, juris). Hier begehrt der Kläger nicht die Feststellung einer Vorfrage, eines Elements des Rechtsverhältnisses oder der Grundlage für die Berechnung eines Anspruchs. Sein Interesse besteht vielmehr in der Feststellung des Bestehens des Nutzungsentschädigungsanspruchs selbst sowie dessen abstrakter Höhe. Dass der Kläger diesen Anspruch beziffern könnte, steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Auf die Ausführungen zur Zulässigkeit des Feststellungsantrags zu 1) wird Bezug genommen.

In der Sache hat der Feststellungsantrag zu 3) nicht in vollem Umfang Erfolg. Der von der Beklagten zu zahlende Wertersatz auf die vom Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen beläuft sich lediglich auf 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz und nicht, wie der Kläger meint, auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Darlehensgeber schuldet dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Hs. 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22.09.2015, Az. XI ZR 116/15, Juris Rn. 7). Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH a.a.O.; BGH, Urteil vom 10.03.2009, Az. XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123-134, Juris Rn. 29). Der gesetzliche Verzugszins beträgt im vorliegenden Fall nach § 497 Abs. 1 S. BGB in der bis zum 10.06.2010 gültigen Fassung bzw. nach § 503 II BGB in der ab 11.06.2010 gültigen Fassung 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, da das Darlehen durch die Bestellung von Grundpfandrechten gesichert war. Anhaltspunkte dafür, dass das Darlehen zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge unüblichen Bedingungen ausgereicht worden ist, bestehen nicht. Es ist daher von einem Immobiliardarlehen im Sinne des § 492 Abs. 1a S. 2 BGB a. F. bzw. § 503 Abs. 1 BGB n. F. auszugehen. Von der für Schadenersatzansprüche einer Bank entwickelten Rechtsprechung, nach der die Bank im Rahmen der abstrakten Schadensberechnung als Verzögerungsschaden Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe geltend machen kann, ohne Angaben zur Schadenshöhe machen zu müssen, sind Realkredite ausgenommen (BGH, Urteil vom 18.02.1992, Az. XI ZR 134/91, Juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 12.05.1998, Az. XI ZR 79/97, juris Rn. 23; OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, Az. 14 U 2439/14, Juris Rn. 47). Da die zugunsten einer Bank bei der Berechnung ihres Verzugsschadens geltenden Grundsätze auch im Rahmen der Schätzung der von ihr gezogenen Nutzungszinsen Beachtung finden (BGH, Urteil vom 12.05.1998, Az. XI ZR 79/97, juris Rn. 24), kann in Fällen des Realkredits nicht zum Nachteil der Bank eine Nutzungsziehung in Höhe des allgemeinen gesetzlichen Verzugszinses von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 S. 2 BGB) widerleglich vermutet werden, wenn die Bank ihrerseits in einem solchen Fall bei Kündigung des Kredits wegen Zahlungsverzugs vom Kunden nur einen Verzugszins nach § 503 Abs. 2 BGB n. F. – als abstrakt berechneten Verzugsschaden – verlangen dürfte (OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, Az. 14 U 2439/14, Juris Rn. 47).

Im Feststellungsantrag zu 4) ist die Berufung nicht begründet. Da sich die Beklagte mit der Annahme der vom Kläger zu erbringenden Leistungen nicht im Verzug befindet, kann der Kläger keinen Ersatz für die Kosten, die ihm für die Bereitstellung des Zahlungsbetrages durch die Bank1 entstehen, verlangen. Jedenfalls bestünde der Anspruch nicht in der geltend gemachten Höhe. Nach § 304 BGB kann der Schuldner im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für die Aufbewahrung des geschuldeten Gegenstands machen musste. Die Mehraufwendungen, die der Kläger für die Bereitstellung der zurückzuzahlenden Darlehensvaluta durch die Bank1 machen musste, belaufen sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf 3.150,- € monatlich (3 % p.a. aus 1.260.000,- €), sondern lediglich auf 283,50 € monatlich (0,27 % p.a. aus 1.260.000,- €). Sie entsprechen der Differenz zwischen dem an die Bank1 zu zahlenden Vertragszins in Höhe von nominal 2,73 % p.a. und dem Bereitstellungszins in Höhe von 3,00 % p.a. Hätte die Beklagte die von der Bank1 bereitgestellte Darlehensvaluta entgegengenommen, hätte der Kläger zwar nicht den Bereitstellungszins, aber den Vertragszins an die Bank1 entrichten müssen.

Soweit Gegenstand des Feststellungsantrags zu 4) auch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen eventueller, durch den Annahmeverzug entstandener Schäden ist, ist die Klage abgesehen davon, dass sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug befindet, auch deshalb unbegründet, weil das Gesetz lediglich für den Fall des Schuldnerverzugs, nicht jedoch des Gläubigerverzugs einen Schadensersatzanspruch gewährt (§ 286 Abs. 2 BGB).

Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlich aufgewendeten Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Die Voraussetzungen der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage der §§ 286, 280 BGB liegen nicht vor. Die anwaltliche Gebührenforderung ist zu einem Zeitpunkt entstanden, als sich die Beklagte noch nicht mit der Rückzahlung der aus dem Darlehensvertrag empfangenen Leistungen im Verzug befunden hat. Die aufgewendeten Rechtsanwaltskosten beruhen mithin nicht auf dem Verzug der Beklagten, so dass sie keinen Verzugsschaden bilden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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